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2010-04

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Inhaltsübersicht / Aus der Redaktion<br />

Aus der Redaktion 3<br />

Nachrichten aus dem Kreis Siegen-Wittgenstein 6<br />

SeniorenServiceStellen 10<br />

Rückblick 14<br />

Erinnerungen an Weihnachten 16<br />

Unvergessener Heiligabend 18<br />

Novembersonnenstrahl / Weihnachtszeit 18<br />

Heiligabend in der Familie 19<br />

Weihnachtsgedanken 20<br />

Min Hot es net min Hot 21<br />

Zum neuen Jahr 21<br />

Hilfe für Indien 22<br />

Buchbesprechung 23<br />

Zeichen, die zu mir gehören 26<br />

Das Poesiealbum meiner Mutter 29<br />

Liebenswerte „Fetische“ 30<br />

Ewige Liebe 32<br />

Selbstverteidigung für Senioren 33<br />

Mr bedanke os bi osem Meister 34<br />

Die Flaschenpost 36<br />

Linda (68) allein im Haus 37<br />

Schreibferien am Lago Maggiore 38<br />

Romantisch reisen 41<br />

Ein-Wort-Sätze 42<br />

Elisabeth 42<br />

Tango 44<br />

Denkmäler in Siegen 46<br />

Wie uns ein Schwein das Schlachtfest versaute 50<br />

Rechtssicherheit bei Behandlungsabbruch 55<br />

Gedächtnistraining 56<br />

Was kostet ein Leben? 58<br />

Engagement, Mitwirkung und Beteiligung 58<br />

Der Kommentar 60<br />

Essay: Depressionen im Alter 60<br />

Veranstaltungshinweise 67<br />

Leserbriefe 72<br />

Es fiel uns auf … 74<br />

Lösungen 74<br />

Zu guter Letzt 74<br />

Impressum 74<br />

Mit dieser Ausgabe halten Sie den umfangreichsten durchblick seiner 25-jährigen<br />

Geschichte in Händen. Obwohl wir unser letztes Geld „zusammengekratzt“ haben, um<br />

diese Auflage auf 76 Seiten zu erweitern, reichte der Platz für die vielen zugesandten<br />

Beiträge wieder nicht aus! An dieser Stelle möchten wir uns ganz herzlich für all Ihre<br />

wunderbaren Texte und Bilder bedanken, die den durchblick im letzten Jahr so bunt<br />

gemacht haben. Wir werten es als Anerkennung unserer Arbeit, so viele gute Artikel<br />

zur Veröffentlichung anvertraut bekommen zu haben. Bedanken möchten wir uns insbesondere<br />

aber bei den Autoren, deren Werke bisher nicht abgedruckt werden konnten.<br />

Soweit es der Platz zulässt, wird das im neuen Jahr nachgeholt.<br />

Ihnen eine schöne Vorweihnachtszeit, frohe Festtage, ein gutes neues Jahr und<br />

natürlich viel Freude beim Lesen des neuen durchblick.<br />

durchblick 4/<strong>2010</strong> 3


Fotos Gotfried Klör


Nachrichten aus Siegen-Wittgenstein<br />

Kleidung und Spiele gespendet<br />

Demenzranke profitieren<br />

Neunkirchen. Mit Unterstützung des<br />

Programms „Aktiv im Alter“ vom<br />

Bundesministerium für Familie, Senioren,<br />

Frauen und Jugend, an dem<br />

auch die Gemeinde Neunkirchen beteiligt<br />

ist, konnten für alle Helferinnen<br />

des Vereins „Hand in Hand“ hellblaue<br />

Polohemden mit dem Vereinslogo angeschafft<br />

werden. Gerade bei Menschen<br />

mit demenziellen Erkrankungen<br />

ist es hilfreich, wenn die Helferinnen<br />

von „Hand in Hand“ schon an ihrer<br />

Kleidung erkannt werden und deshalb<br />

möglicher Unsicherheit begegnet werden<br />

kann. Zusätzlich wurden für die<br />

Betreuung von an Demenz leidenden<br />

Patienten ein besonders geeignetes<br />

„Mensch-ärgere-dich-nicht-Spiel“,<br />

ein tragbarer CD-Spieler sowie verschiedene<br />

geeignete CDs für die Demenzbetreuung<br />

angeschafft.<br />

Begeistert nahmen<br />

die Helferinnen die<br />

Spenden in Empfang.<br />

„Sie werden sehr bald<br />

zum Einsatz kommen“,<br />

versprach die<br />

stellvertretende Vorsitzende<br />

von „Hand in<br />

Hand“ Bettina Großhaus-Lutz<br />

und fügt<br />

hinzu, „damit kann<br />

die Demenzbetreuung<br />

weiterhin abwechselungsreich gestaltet<br />

werden“. Die Anschaffung weiterer<br />

Spiele ist geplant.<br />

Mittlerweile werden von „Hand in<br />

Hand“ 25 hilfebedürftige Menschen<br />

regelmäßig unterstützt und neun Personen<br />

werden im Rahmen der Demenzbetreuung<br />

versorgt.<br />

Seit der Vereinsgründung vor 18<br />

Monaten wird die Arbeit der mittlerweile<br />

19 Helferinnen zunehmend in<br />

Anspruch genommen.<br />

„Die große Zufriedehnheit der betreuten<br />

Kunden spornt die Helferinnen<br />

an“, wie die „Hand in Hand“ – Einsatzleiterin<br />

Sybille Edelmann berichtet,<br />

die vormittags im Büro der Senioren-Service-Stelle<br />

im Neunkirchener<br />

Rathaus, Zimmer 207, 02735 767<br />

207 zu erreichen ist. •<br />

Foto: Bettina Großhaus-Lutz Foto: Archiv HsM<br />

Die Würde<br />

im Heimalltag<br />

Kreuztal. Am 6.10. folgten zweidrittel<br />

aller Bewohnerbeiräte aus dem<br />

Kreisgebiet der Einladung des Vereins<br />

HsM (Handeln statt Misshandeln) zu<br />

einer Informationstagung ins AWO-<br />

Seniorenzentrum nach Kreuztal.<br />

Schwerpunkt der Veranstaltung<br />

war, die besondere Situation im Heimalltag<br />

für den Einzelnen zu erfassen.<br />

Anhand von unterschiedlichen Fallbeispielen<br />

zur Würde des Menschen<br />

wurden spezifische, alltägliche Probleme<br />

aufgezeigt und Lösungen besprochen.<br />

„Das neue Wohn- und Teilhabegesetz<br />

hat vieles verbessert, jedoch ist<br />

der Personalschlüssel schon seit Jahren<br />

nicht mehr ausreichend“, so ein<br />

Sprecher eines Seniorenheimes unter<br />

anhaltendem Beifall. Tenor unter den<br />

Anwesenden war, dass viele Probleme,<br />

die für die Bewohner entstehen, durch<br />

fachlich gut qualifiziertes Personal in<br />

ausreichender Anzahl gelöst werden<br />

könnten bzw. erst gar nicht entstehen<br />

würden. <br />

bla<br />

Seniorenbeirat geht „über die Dörfer“<br />

Stärkere Akzentuierung der Arbeit in den Bezirken<br />

Siegen. Mit einem seniorengerechten<br />

„Kontrastprogramm“ will jetzt der Seniorenbeirat<br />

der Stadt Siegen den älteren<br />

Mitbürgerinnen und Mitbürgern<br />

der Krönchenstadt im wahrsten Sinne<br />

des Wortes „entgegenkommen“. Bei<br />

einer Sitzung des Vorstandes mit den<br />

Sprechern der einzelnen Arbeitskreise<br />

sowie den Leitern der Seniorenbeiratsgruppen<br />

in den fünf städtischen Bezirken<br />

(den sog. „Bezirksfürsten“) kam<br />

man überein, in Zukunft mit Informationsveranstaltungen<br />

stärker und immer<br />

öfter in die Randbezirke der Stadt<br />

Siegen zu gehen. Beiratsvorsitzender<br />

Bernd Alberts: „Viele alte Menschen<br />

sind gehbehindert und können die Angebote<br />

im Weidenauer Rathaus nicht<br />

wahrnehmen. Dem wollen wir jetzt<br />

mit Informationsveranstaltungen auch<br />

in den entlegeneren Gebieten der Stadt<br />

Siegen abhelfen. Wir wollen gleichsam<br />

über und in die Dörfer gehen.<br />

Von Oberschelden bis Dillnütten, von<br />

Meiswinkel bis Obersetzen werden<br />

unsere Beiratsmitglieder über ihre Arbeit<br />

informieren und die zahlreichen<br />

Initiativen des Seniorenbeirates vorstellen.<br />

Nur so können wir erfahren,<br />

wo unseren betagten Mitbürgern der<br />

Schuh drückt. Danach werden sich<br />

sodann unsere Informationsangebote<br />

mit Fachvorträgen namhafter Referenten<br />

richten“, gab der „Stammesälteste“<br />

der Siegener Senioren die neue<br />

Zielrichtung für die beiden letzten<br />

Jahre der laufenden Amtsperiode des<br />

Seniorenbeirats vor. Die erfolgreichen<br />

Aktivitäten im Weidenauer Rathaus<br />

werden nicht eingeschränkt. hoba<br />

6 durchblick 4/<strong>2010</strong>


Nachrichten aus Siegen-Wittgenstein<br />

Statt Altenheim e.V. wurde 25<br />

Konzept hat sich am Markt behauptet<br />

Siegen. Entstanden ist „Statt Altenheim<br />

e.V.“ aus einer Initiative junger<br />

Menschen, die 1985 den pflegebedürftigen<br />

Senioren eine Alternative zur damals<br />

oft üblichen Heimunterbringung<br />

bieten wollten. Heute noch hebt sich<br />

der Pflegedienst aus dem mittlerweile<br />

vielfältigen Pflegespektrum durch<br />

sein individuelles Angebot ab.<br />

Gustav Rinder, selbst schon seit<br />

1987 dabei, kann sich noch gut erinnern<br />

wie die häusliche Pflege in den 80er-<br />

Jahren, noch lange vor der Einführung<br />

der Pflegeversicherung, ablief: Die MitarbeiterInnen,<br />

voller Idealismus und Tatendrang,<br />

erreichten die zu betreuenden<br />

Senior(inn)en per Bus oder Fahrrad,<br />

sie blieben oft gegen geringes Entgelt<br />

stundenlang und gaben den alten Menschen<br />

Unterstützung und Hilfe bei allen<br />

Anforderungen des täglichen Lebens.<br />

Foto:Archiv Statt Altenheim e.V.<br />

Einmal die Woche traf man sich<br />

zur Mitarbeiterbesprechung, bei<br />

denen alle das gleiche Mitspracherecht<br />

hatten und diskutierte<br />

oft bis in die Nachtstunden über<br />

die Inhalte der Arbeit und organisatorische<br />

und politische Fragen.<br />

Dies, wie auch die tägliche Abdeckung<br />

der Bürosprechzeiten,<br />

geschah ehrenamtlich!<br />

Der Verein „Statt Altenheim e.V.“<br />

war in den 80er-Jahren Teil einer sozialen<br />

Bewegung, die wegwollte von eingefahrenen<br />

Hierarchien und Arbeitsbedingungen,<br />

hin zu mehr Menschlichkeit<br />

und Demokratie, auch im Pflegebereich.<br />

Da einige der damaligen Prinzipien<br />

weiterhin gepflegt und aufrechterhalten<br />

werden, kann der Verein fast als ein<br />

Fossil aus einer Zeit betrachtet<br />

werden, deren Ideen in<br />

Zeiten zunehmender Marktorientierung<br />

leider etwas in<br />

Vergessenheit geraten ist.<br />

Heute beschäftigt der<br />

vom Verein getragene Pflegedienst<br />

14 examinierte Alten-<br />

und Krankenpflegekräfte,<br />

vier Alltagshelferinnen,<br />

eine Sozialarbeiterin, eine<br />

Verwaltungskraft und einen<br />

Zivildienstleistenden. Mittlerweile sind<br />

die MitarbeiterInnen mit Firmenwagen<br />

unterwegs, der Dienstplan ist enger gestaltet,<br />

die Kassen erstatten nur noch<br />

Leistungen nach Katalog.<br />

Dennoch halten die Mitarbeiter-<br />

Innen des Pflegedienstes weitgehend<br />

an ihren Prinzipien fest: Wichtige Entscheidungen<br />

werden immer noch gemeinsam<br />

getroffen, alle ausgebildeten<br />

Fachkräfte erhalten weiterhin den gleichen<br />

Lohn, Einnahmen aus der Pflege<br />

fließen zurück in die Arbeit für die<br />

pflegebedürftigen Menschen. Es gibt<br />

keine Profitorientierung, da der Verein<br />

gemeinnützig tätig ist.<br />

Ziel der Arbeit ist heute wie damals,<br />

alten und kranken Menschen zu<br />

ermöglichen, trotz Pflegebedürftigkeit<br />

so lange wie möglich die Selbstständigkeit<br />

innerhalb der eigenen Wohnung<br />

zu erhalten und Angehörige bei der oft<br />

anstrengenden Pflege zu entlasten. bla<br />

Mitarbeiter und Gäste feierten das Jubiläum im<br />

schön gelegenen Geisweider Hotel Haus Patmos.<br />

Haus Herbstzeitlos<br />

wieder bezogen<br />

Siegen. Erstaunlich schnell sind die<br />

Sanierungsarbeiten in dem städtischen<br />

Senioren-Begegnungszentrum durchgeführt<br />

worden. Lediglich 6 Wochen<br />

benötigten die Handwerker, das Gebäude<br />

von den PCB-Spuren zu beseitigen.<br />

Bereits am 1. September zogen<br />

die ersten Gruppen wieder in ihre angestammten<br />

Räume. Jetzt präsentiert<br />

sich das Haus hell und frisch. Alle<br />

Gruppen, u. a. das Senec@fe mit ihren<br />

Computerkursen, die Malergruppe,<br />

das Trauercafé, Literaturkreis,<br />

Englischkurse, die Seniorenhilfe und<br />

andere können jetzt wieder ihren Aktivitäten<br />

nachgehen. <br />

bla<br />

durchblick 4/<strong>2010</strong> 7<br />

Foto:Archiv Statt Altenheim e.V.


Nachrichten aus Siegen-Wittgenstein<br />

KSG-Nachbarschaftscafé<br />

Neue Geisweider Begegnungsstätte im Wenscht<br />

Geisweid. Nach monatelangen Umbauarbeiten<br />

konnte am 9. Oktober die<br />

Nachbarschaftsbegegnungsstätte in<br />

der ehemaligen Wenscht-Apotheke<br />

im Fichtenweg 5 besichtigt werden.<br />

Es kamen Mitarbeiter der KSG (Kreiswohnungsbau-<br />

und Siedlungsgesellschaft<br />

Siegen), Mieter sowie Landrat<br />

Paul Breuer und die stellvertretende<br />

Bürgermeisterin Angelika Flohren<br />

in einer Feierstunde auf dem Hans-<br />

Böckler-Platz zusammen. Vorausgegangen<br />

war nicht nur der Umbau<br />

der Wenscht-Apotheke,<br />

sondern auch der Bau einer<br />

neuen Heizungsanlage.<br />

Besonders die Mieter<br />

im Hause Fichtenweg 5<br />

waren einige Monate ohrenbetäubendem<br />

Lärm,<br />

Dreck, Staub etc. ausgesetzt.<br />

Sie hoffen jetzt (ganz<br />

eigennützig), dass die Begegnungsstätte<br />

ein Erfolg<br />

wird. Das hofft auch Katharina Pokrzywa,<br />

die ortsnah für alle Mieter des<br />

Wenscht Ansprechpartnerin der KSG<br />

ist. Unter dem Leitmotiv „Gemeinsam<br />

statt Einsam“ wurde dann am 3. November<br />

das Café eröffnet. Das neue<br />

Kaffee fand solch regen Zuspruch,<br />

dass bereits nach einer halben Stunde<br />

alle 40 Sitzplätze belegt waren und<br />

die Kuchenplatten bereits nach einer<br />

Stunde leergefegt waren. Mit so viel<br />

Resonanz war nicht gerechnet worden.<br />

Für Unterhaltung sorgte ganz<br />

Foto:Archiv KSG<br />

unge plant ein älterer Nachbar, der auf<br />

seiner Mundharmonika spontan alte<br />

Weisen spielte. Für die musikalische<br />

Unterhaltung ist dem Café ein Harmonium<br />

gespendet worden. Besonders<br />

erfreut waren die Organisatoren, dass<br />

einige ausländischen Mitbürger den<br />

Weg ins Café gefunden haben.<br />

Das Café soll an jedem ersten Mittwoch<br />

im Monat geöffnet werden, in<br />

der dunklen Jahreszeit von 14–18<br />

Uhr.* Die Bewirtschaftung wird an<br />

diesen Tagen das Ehepaar Hübscher<br />

ehrenamtlich übernehmen. Wenn sich<br />

weitere Freiwillige melden, kann die<br />

Begegnungsstätte auch wöchentlich<br />

geöffnet werden. Es kann sich jeder<br />

einbringen und Vorschläge unterbreiten,<br />

welche Aktivitäten in Zukunft<br />

erfolgen können oder sollen. Informationen<br />

erteilt Katharina Pokrzywa<br />

0271/233 78 63, die ihr Büro am<br />

Hans-Böckler-Platz 9 hat. bla<br />

(s.a. Hinweise im Veranstaltungskalender in dieser Ausgabe ab S. 68)<br />

8 durchblick 4/<strong>2010</strong>


Nachrichten aus Siegen-Wittgenstein<br />

Thementage waren ein voller Erfolg<br />

Seniorinnen und Senioren nutzen die Angebote<br />

Zu den Klängen der Burbacher Seniorenband wurde heftig<br />

das Tanzbein geschwungen.<br />

Burbach. Als voller Erfolg können die<br />

zweiten Burbacher Thementage im September<br />

verbucht werden: Rund 1750<br />

Seniorinnen und Senioren besuchten die<br />

über 30 Veranstaltungen. Der Titel der<br />

Thementage „Angebote für Senioren –<br />

eine runde Sache“ war Programm.<br />

Der Themenschwerpunkt lag auf der<br />

Vorstellung von Angeboten, die in vielfacher<br />

Weise von Vereinen und Institutionen<br />

durchgeführt werden. Mit der<br />

Themensetzung war das Ziel verbunden,<br />

ältere Menschen in die Gemeinschaft<br />

zu integrieren und zum Mitmachen<br />

einzuladen. Soziale Kontakte und<br />

die Mitwirkung in einer Gruppe schützen<br />

vor Einsamkeit und Alleinsein.<br />

Darüber hinaus ging es während<br />

der Woche jedoch auch darum, die<br />

Vielfältigkeit der Gemeinde Burbach<br />

in diesem Bereich vorzustellen, Mitarbeiter<br />

für ein „aktives Alter“ zu<br />

gewinnen und das Miteinander, auch<br />

generationsübergreifend, zu stärken.<br />

Besonderen Zuspruch fand der<br />

Tanznachmittag des TV Holzhausen.<br />

Zum Kontakte pflegen und um<br />

neue Menschen kennenzulernen startete<br />

der von der Frauenhilfe Burbach<br />

organisierte Frühstückstreff. Zukünftig<br />

wird er zweimal im Jahr angeboten.<br />

Die Arbeitsgemeinschaft der Burbacher<br />

Chöre leistete einen stimmgewaltigen<br />

Beitrag.<br />

Das Angebote für Ältere von wachsender<br />

Bedeutung sind, zeigt sich in der<br />

demografischen Entwicklung. „Derzeit<br />

leben in der Gemeinde über 3500 Menschen,<br />

die mindestens 65 Jahre alt sind.<br />

Foto: Archiv SenirenServiceStelle Burbach.<br />

Bis zum Jahr<br />

2025 werden<br />

es noch einmal<br />

gut 1300<br />

mehr sein“, so<br />

B ü rgermeister<br />

Christoph<br />

Ewers.<br />

Von daher<br />

starten bereits<br />

die Vorbereitungen<br />

für die<br />

Thementage<br />

2011. „Der große Zuspruch lässt uns<br />

mit Motivation an die Neuauflage 2011<br />

unter dem Titel Gesundheitsvorsorge,<br />

Prävention und Pflege herangehen“,<br />

freut sich Christine Sahm von der Senioren-Service-Stelle,<br />

die gemeinsam<br />

mit Thomas Leyener und dem Arbeitskreis<br />

„SeniorenAktiv“ die „Burbacher<br />

Thementage“ organisiert hat. <br />

Spenden gewünscht<br />

für die Osterberg-Schule<br />

Freudenberg. Die Osterberg-Schule<br />

in der Büscher Straße 4, – Förderschule<br />

der Stadt Freudenberg – plant die<br />

Einrichtung eines neuen Betreuungsraumes.<br />

Bisher fand die Betreuung in<br />

den Räumlichkeiten der Schulbibliothek<br />

statt. Um zusätzliche Angebote<br />

bieten zu können, bittet die Förderschule<br />

um Sachspenden. Die Schülerinnen<br />

und Schüler würden sich über<br />

jegliche Art von Gesellschaftsspielen<br />

freuen. Darüber hinaus möchte die<br />

Schule ihren Bibliotheksbestand erweitern.<br />

Falls Sie Spielgeräte, Gesellschaftsspiele,<br />

Bastelmaterialien oder<br />

Kinderbücher besitzen, die Sie nicht<br />

mehr benötigen, nimmt die Schule<br />

diese gerne entgegen. Einzelheiten erfahren<br />

Sie unter der Telefonnummer<br />

02734 / 7342. Es holen die Mitarbeiter<br />

der Schule Ihre Sachspende nach<br />

vorheriger Terminvereinbarung auch<br />

bei Ihnen zu Hause ab. bla<br />

durchblick 4/<strong>2010</strong> 9


Ihr Ansprechpartner:<br />

Reiner Jakobs<br />

Zukunftsinitiative<br />

Siegen-Wittgenstein 2020<br />

Programmleitung<br />

„Leben und Wohnen im Alter“<br />

Servicezentrum für soziale Beratung,<br />

Betreuung und Prävention<br />

Bismarckstr. 45,<br />

57076 Siegen<br />

0271/333-2720 • E-Mail:<br />

lwa@siegen-wittgenstein.de<br />

Erstmals Beirat gewählt<br />

Seniorenvertretung nun auch in Freudenberg<br />

Freudenberg. Der Rat der Stadt Freudenberg<br />

beschloss auf Antrag der FDP-<br />

Fraktion am 23. September <strong>2010</strong> die<br />

Einführung eines Seniorenbeirates. Der<br />

Rat folgte dabei einer Empfehlung der<br />

durch den Familien-/Sozialausschuss<br />

eingerichteten Vorbereitungsgruppe<br />

und beschloss die Durchführung von<br />

Versammlungswahlen in sechs Bezirken<br />

des Freudenberger Stadtgebietes.<br />

(s.Bild lks.) Nachfolgend die Ergebnisse<br />

aus den Wahlen in der Woche<br />

vom 25. bis 28. Oktober:<br />

In den Seniorenbeirat wurden<br />

Günter Baumhof (Vertreterin Gertrud<br />

Giebeler), Hans-Jürgen-Helmes<br />

(Christiane Jung), Edith Holzapfel<br />

(Dr. Ingrid Leopold), Renate Kamper<br />

(Roswitha Schuhen), Klaus Neumann<br />

(Inge Appel), Paul Schmidt<br />

(Horst Siebel) und Ernst-Wilhelm<br />

Spies (Heinz Bohn) gewählt.<br />

Der Seniorenbeirat kam Ende November<br />

zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen<br />

und hat aus seiner Mitte einen Vorstand<br />

gewählt. Das Ergebnis lag bei Redaktionsschluss<br />

nicht vor.<br />

Olaf Smolny<br />

10 durchblick 4/<strong>2010</strong><br />

WR-Foto: Kuhn


Siegen. „Kinder gibt es immer“, hatte<br />

der greise Reichskanzler Otto von Bismarck<br />

schon im vorletzten Jahrhundert<br />

befunden. Sorgen um seine Untertanen<br />

brauchte sich der Reichsgründer in<br />

dieser Hinsicht auch keine zu machen,<br />

zauberten diese doch in der Regel nicht<br />

selten zweistellige Kinderzahlen aus<br />

dem Hut oder sonstwo her.<br />

In der Stadt Siegen sieht das heute<br />

freilich ganz anders aus. Darauf wies<br />

jetzt Anja Heiden, die Demografiebeauftragte<br />

der Krönchenstadt bei einer<br />

Sitzung des Seniorenbeirates im Rathaus<br />

Geisweid hin. Und die fachkundige<br />

Dame malte ein ganz düsteres Bild<br />

insbesondere von den „Südstaaten“ der<br />

Noch-Großstadt Siegen, namentlich<br />

vom Stadtteil Niederschelden. Dort<br />

geistert nämlich jetzt schon das grausame<br />

und mit den Händen zu greifende<br />

Wort „Leerstände“ durch die Gegend.<br />

Obwohl der Rückgang der Bevölkerungszahlen<br />

in Deutschland eigentlich<br />

schon seit dem 1.Weltkrieg „Konjunktur“<br />

habe und während der Weltwirtschaftskrise,<br />

im Zweiten Weltkrieg und<br />

mit Einführung der „Pille“ („Pillenknick“<br />

im Jahre 1974) besonders markant war,<br />

übertreffe der „Demografie-Schock“ aus<br />

dem Jahre 1992 doch alle Bevölkerungseinbrüche<br />

seit Bismarcks Zeiten, so Anja<br />

Heiden. Denn nur „1,3 Stück Kind“<br />

werden laut Beamtensprache in der deutschen<br />

Durchschnittsfamilie heutzutage<br />

noch aktenkundig gemacht.<br />

Das ist zu wenig, um die immer<br />

stärker zunehmende Zahl von älteren<br />

Menschen per Generationenvertrag zu<br />

„unterhalten“. Aber anscheinend für<br />

viele bedürftige und von Armut bedrohte<br />

Eltern immer noch zu viel, um<br />

mit den Kleinen betriebswirtschaftlich<br />

„über die Runden“ zu kommen.<br />

So wird die Einwohnerzahl Siegens<br />

im Jahre 2026 nur noch 96.000<br />

betragen. Der Nimbus der Großstadt<br />

sei damit futsch, so die Demografiebeauftragte.<br />

Heute seien im Stadtteil<br />

Niederschelden schon fast ein Drittel<br />

aller Häuser (30 %) nur noch von<br />

Menschen im Alter von über 60 Jahren<br />

Nachrichten aus Siegen-Wittgenstein<br />

Damoklessschwert „Leerstände“<br />

Niederschelden auf dem Weg zum „perforierten“ Stadtteil<br />

Foto:Dr. Horst Bach<br />

bewohnt. Anja Heiden: „Hier kommt<br />

nichts mehr nach. Leerstände en masse<br />

sind vorprogrammiert.“ Und die städtische<br />

Bedienstete zeichnete ein ganz<br />

düsteres Zukunftsbild rund um Siegtal<br />

und „Schossi“: „Da lebt vielleicht noch<br />

ein einzelner Mensch in einer Wohnung<br />

und sieht in der Nachbarschaft<br />

links und rechts nur leerstehende Häuser<br />

ohne jegliches Leben. Da kann sich<br />

ein älterer Bewohner über hundert Meter<br />

Entfernung und mehr nur noch per<br />

Megaphon bemerkbar machen.“<br />

Hier müssten sozialplanerische<br />

Konzepte her, so Anja Heiden, um einer<br />

„perforierten“, d.h. durchlöcherten<br />

Stadt entgegenzuwirken.<br />

Wer sehenden Auges durch Niederschelden<br />

und das benachbarte Niederschelderhütte<br />

wandert (manchmal weiß<br />

man gar nicht so genau, in welchem Ort<br />

bzw. in welchem Bundesland man sich<br />

gerade befindet), sieht viele Leerstände,<br />

heruntergelassene Rolläden, Vermietungshinweise<br />

in den Fenstern und<br />

heruntergekommene Bausubstanz.<br />

Dr. Jochen Münch, 73-jähriger<br />

Architekturstudent mit städtebauplanerischem<br />

Weitblick, sieht hier nur<br />

eine Lösung: „In solchen Gebieten<br />

wie Siegen darf einfach kein Bauland<br />

mehr ausgewiesen werden. Hier muss<br />

einzig und allein der Bestand saniert<br />

und modernisiert werden.“ hoba<br />

Herbst an der Sieg in Niederschelden: Nicht nur die Natur,<br />

auch der Ort hat seine Blütezeit hinter sich.<br />

Sie steppten für guten Zweck<br />

Mudersbacher Quiltfrauen tun „Gutes“<br />

Mudersbach. Schon sehnlichst erwartet<br />

wurde die nun schon zur Tradition<br />

gewordene Verkaufsausstellung von<br />

Arbeiten der Mudersbacher „Patchwork-Frauen“.<br />

Auf ihrem Basar war<br />

kein Durchkommen mehr! Die Besucher<br />

drängten sich von Stand zu Stand<br />

und waren sichtlich begeistert von den<br />

z.T. außergewöhnlichen Kunstwerken.<br />

Drei Jahre haben die fleißigen Näherinnen<br />

Stoffe ausgesucht, zugeschnitten,<br />

zusammengenäht, gesäumt und<br />

z.T. gefüttert. Hinter der Gruppe der<br />

„Patchwork-Frauen“ verbergen sich<br />

13 Damen, (derzeit) im Alter von 49<br />

bis 82 Jahren, die sich regelmäßig treffen,<br />

um ihrem gemeinsamen Hobby<br />

„Quilten“ nachzugehen. (Der durchblick<br />

berichtete darüber). Jeweils am<br />

dritten Samstag im Monat trefffen sie<br />

sich von 9–16 Uhr, um gemeinschaftlich<br />

die schönen Werke zu erstellen, die<br />

nun wieder einmal mit großem Erfolg<br />

verkauft wurden. Das ganz Besondere<br />

an ihren Aktivitäten ist aber, dass der<br />

komplette Überschuss von diemal ca.<br />

4.500 Euro an soziale Einrichtungen in<br />

dieser Region gespendet wird! <br />

durchblick 4/<strong>2010</strong> 11


Anzeige<br />

Verschwindend klein<br />

Neues, unsichtbares Hörgerät<br />

Siegen – Es klingt so irrsinnig und doch ist es die<br />

traurige Wahrheit: Trotz stark eingeschränktem<br />

Hörvermögen tragen viele Menschen kein Hörgerät.<br />

Hörgeräte-Akustiker Marcus Brungs aus Siegen berichtet:<br />

„Zu mir kommen immer wieder Menschen, die kaum noch<br />

hören können und deswegen<br />

schon ihr Privat- und<br />

Berufsleben total eingeschränkt<br />

haben – und das<br />

nur aus Scham, ein Hörgerät<br />

zu tragen, das andere sehen<br />

könnten“. Ein neues, unsichtbares Hörgerät macht jetzt<br />

Schluss mit dieser Angst.<br />

OtoLens ist ein neues HörSystem, das so im Gehörgang<br />

sitzt, dass es von außen nicht sichtbar ist. Weil jedes Ohr anders<br />

geformt ist, wird OtoLens wie ein Maßanzug in vielen<br />

Arbeitsgängen nach dem Ohrabdruck des Hörgeräteträgers<br />

handgefertigt. Durch die Positionierung des HörSystems<br />

direkt vor dem Trommelfell ist OtoLens nicht nur unsichtbar,<br />

sondern ermöglicht auch ein ganz natürliches Hörerlebnis<br />

und sehr gutes Richtungshören, was für das Verstehen<br />

von Sprache entscheidend ist. „Lästige Störgeräusche und<br />

Rückkopplungs-Pfeiftöne werden von OtoLens sofort erkannt<br />

und beseitigt“, erklärt Marcus Brungs. „Dieses intel-<br />

ligente HörSystem lernt auch noch Ihren Tagesablauf und<br />

wir können es entsprechend Ihrem individuellen Lebensstil<br />

programmieren“, erläutert Brungs die patentierte Technologie.<br />

Darüber hinaus erkennt OtoLens durch Selbsttests,<br />

wann zum Beispiel ein Batteriewechsel erforderlich ist<br />

und informiert den Hörgeräteträger<br />

darüber per<br />

Sprachansage. Aber nicht<br />

nur das HörSystem selber<br />

ist für andere unsichtbar,<br />

auch die Lautstärke und<br />

Hörprogramme lassen sich bei OtoLens erstmals ganz<br />

diskret per Mobiltelefon fernsteuern.<br />

Das neue, unsichtbare HörSystem OtoLens ist ab<br />

Dezember bei Hörgeräteakustik Marcus Brungs in Siegen<br />

und Kreuztal erhältlich. Weitere Informationen und<br />

kostenlose Beratung und Anpassung:<br />

57076 Si.-Weidenau, Weidenauer Str. 167<br />

Telefon 0271-7411705<br />

57223 Kreuztal, Roonstraße 2<br />

Telefon 02732-553977<br />

www.hoergeraete-brungs.de<br />

12 durchblick 4/<strong>2010</strong>


durchblick 4/<strong>2010</strong> 13


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durchblick 4/<strong>2010</strong> 15


Erinnerungen an Weihnachten<br />

War Weihnachten früher schöner?<br />

Ich denke noch gerne und jedes Jahr wieder an die<br />

Weihnachtszeit in meiner Kindheit zurück. War<br />

Weihnachten früher schöner oder anders? Aus meiner<br />

heutigen Sicht war es allerdings ruhiger, geheimnisvoller,<br />

feierlicher, und es lag immer Schnee – „weiße<br />

Weihnacht“ – die Weihnachtsnacht war meistens bitterkalt,<br />

der Schnee<br />

knirschte unter den<br />

Schuhen.<br />

Das ist aber alles<br />

schon lange her. Ich<br />

gehe jetzt mal bis ca.<br />

in die Jahre 1941/42<br />

zurück. In der Welt<br />

ging es zu dieser<br />

Zeit nicht friedlich<br />

zu – wir hatten<br />

Krieg. Zu der Zeit<br />

wohnte ich mit Eltern<br />

und Geschwistern<br />

in Neheim-Hüsten.<br />

Wir bewohnten<br />

eine großzügige<br />

Wohnung in einem<br />

Geschäftshaus, direkt<br />

gegenüber dem<br />

großen Dom. Das<br />

Glockenspiel dieser<br />

Kirche hörte ich<br />

jeden Abend, wenn<br />

„Bettzeit“ war, es<br />

läutete mich in den<br />

Schlaf. In den vier<br />

Wochen der Adventszeit<br />

vor Weihnachten<br />

läutete noch<br />

ein Glöckchen mehr,<br />

man konnte es gut<br />

heraushören, denn<br />

es war etwas heller – Mutter machte uns Kinder darauf<br />

aufmerksam. An Heiligabend und den darauffolgenden<br />

Weihnachtstagen war das Geläute dann so kräftig und<br />

in voller Lautstärke, dass es alles übertönte und man<br />

einfach zuhören musste. Von den Bombenangriffen<br />

blieben wir zu dieser Zeit noch verschont.<br />

Die Wochen vor Weihnachten waren sehr geheimnisvoll<br />

in unserer Familie. Das Christkind war immer<br />

und überall – unsichtbar – zugegen. Es beobachtete uns<br />

Kinder den ganzen Tag – im Haus – auf dem Schulweg –<br />

in der Schule. Es war da ja nicht nur das Christkind, sondern<br />

auch der Nikolaus mit dem Knecht Ruprecht hatte<br />

seine Aufgaben, denn der kam ja schon Anfang Dezember<br />

in die Häuser zu den Kindern, hatte das große Buch<br />

in der Hand, in dem alles geschrieben stand – sowohl<br />

die guten als auch die schlechten Taten. Es war wirklich<br />

nicht einfach für mich,<br />

da ich mich doch unbedingt<br />

von Zeit zu Zeit<br />

mit meinem größeren<br />

Bruder zanken musste.<br />

Schon stand Mutter da,<br />

hob den Zeigefinger<br />

und sagte: „Der Nikolaus<br />

und das Christkind<br />

sehen alles!“ Ja, ich hatte<br />

wirklich Angst vor<br />

dem Nikolaus und wir<br />

Kinder glaubten alles,<br />

was Mutter so erzählte.<br />

Foto:Fotolia<br />

Jetzt wurde es<br />

auch endlich Zeit, den<br />

Wunschzettel an das<br />

Christkind zu schreiben<br />

– ich hatte immer<br />

denselben Wunsch,<br />

eine Puppe mit neuen<br />

Kleidern und einen<br />

Puppenwagen. Diesen<br />

Zettel legte ich dann<br />

abends auf die Fensterbank<br />

und morgens war<br />

er weg – und wieder hatte<br />

ich nichts gehört und<br />

gesehen. Dieses lautlose<br />

Christkind!!! Es<br />

kommt geflogen durch<br />

geschlossene Fenster<br />

und verschwindet wieder<br />

mit dem Wunschzettel, um die Wünsche der Kinder<br />

zu erfüllen.<br />

Es wurde jetzt abends immer früher dunkel und der<br />

Monat Dezember nahte, am sechsten Dezember war und<br />

ist auch heute noch Nikolausabend. An dem Tag knisterte<br />

es im ganzen Haus – ob heute wohl wirklich der<br />

Nikolaus kommen wird? Mutter wusste natürlich auch<br />

nichts Genaues. Bei jedem Geräusch und lauten Schritt<br />

zuckten wir Geschwister zusammen. Nein, das war er<br />

wieder nicht. Doch da, auf einmal klingelte es Sturm<br />

und es pochte jemand an der Wohnungstür. Wir Kinder<br />

16 durchblick 4/<strong>2010</strong>


flitzten direkt ins Wohnzimmer und setzten uns vorbildlich<br />

auf die Stühle. Mutter öffnete die Tür, begrüßte<br />

den Nikolaus mit seinem Knecht Ruprecht und führte<br />

beide ins Wohnzimmer. Keiner von uns brachte einen<br />

Laut heraus, nur leise und ängstlich ein „guten Abend,<br />

lieber Nikolaus“. War das ein großer, starker Mann in<br />

einem langen, weißen Mantel und auf dem Kopf eine<br />

große, rote Mütze. Von seinem Gesicht konnte man nur<br />

die großen Augen durch die Brille sehen, alles andere<br />

war mit einem langen, weißen Bart bedeckt. Unter dem<br />

Arm trug er das dicke, Gold umrandete Buch, in dem<br />

alles geschrieben stand. Knecht Ruprecht sah etwas gefährlicher<br />

aus. In langer, schwarzer Hose und Jacke und<br />

mit einer wilden Haarfrisur stand er immer hinter dem<br />

Nikolaus und passte genau auf. Auf dem Rücken trug<br />

er einen braunen Sack und oben guckte die Rute heraus.<br />

Wir hatten eigentlich nichts zu befürchten – doch etwas<br />

war da doch in letzter Zeit öfters gewesen. „Wenn<br />

Mutter euch zu Bett gebracht hat,“ – so sprach der alte<br />

Mann – „wollt ihr nicht schlafen und kommt gerne aus<br />

den Betten zurück, das muss sich ändern, ich werde es<br />

noch eine Woche beobachten“! „Ja, Nikolaus“, versprachen<br />

wir hoch und heilig. Es gab noch ein paar Süßigkeiten<br />

und endlich ging er wieder. Eine ganze Woche<br />

schellte es abends, sobald wir im Bett lagen. Der Nikolaus<br />

machte seinen Kontrollgang, so wurde uns gesagt.<br />

Wir waren nun sehr erleichtert, dass der Nikolaus so<br />

langsam seinen Dienst auf der Erde beendet hatte, sich<br />

wieder auf seinen Schlitten setzte und mit seinem Gehilfen<br />

Richtung Himmel fuhr.<br />

Die Adventszeit war jetzt da. Ein großer aus frischen<br />

Tannenzweigen gebundener Kranz mit vier<br />

dicken, roten Kerzen und einem breiten, roten Band<br />

umbunden wurde unter die Decke im großen Wohnzimmer<br />

aufgehängt. Sobald es dämmerte, wurde erst<br />

eine Kerze und jeden Sonntag eine weitere angezündet.<br />

Eltern und Kinder versammelten sich im Zimmer<br />

und sangen Weihnachtslieder, Vater begleitete uns am<br />

Klavier. Manchmal roch es auch abends nach Weihnachtsgebäck.<br />

Mutter musste dem Christkind helfen -<br />

so hieß es – und über Nacht waren dann alle Plätzchen<br />

verschwunden. Wir Kinder machten uns natürlich auf<br />

die Suche nach all den Dingen, die nach und nach fehlten<br />

– für die Puppe sollte es ein neues Kleid geben - am<br />

Kinder-Dreirad fehlte eine Klingel. Alles das stand auf<br />

dem Wunschzettel - doch Puppe und Dreirad suchten<br />

wir vergebens. Es war Spannung pur. Manchmal verfärbte<br />

sich der Abendhimmel rot und es hieß: „Jetzt<br />

backt das Christkind Plätzchen!“<br />

Endlich war der 24. Dezember da, der „Heilige<br />

Abend“! Mutter hatte am Morgen noch alle Hände voll<br />

zu tun, und wir Kinder standen eigentlich immer im<br />

Weg, da wir ja auch so gespannt und neugierig waren.<br />

„Das Christkind fliegt jetzt durch alle Häuser und bringt<br />

die Gaben“, so hieß es – allerdings wieder mal durch<br />

die fest verriegelten Fenster. Wir hatten keine Chance,<br />

etwas zu sehen. Das Wohnzimmer war nun auch verschlossen.<br />

Endlich dämmerte es draußen. Mutter und<br />

wir Kinder standen frisch gebadet in Sonntagskleidung<br />

vor der Wohnzimmertür. Vater durfte im Zimmer sein<br />

und musste dem Christkind helfen. Da plötzlich, es klingelte<br />

das Weihnachtsglöckchen – wir durften eintreten.<br />

Nun sahen wir zum ersten Mal den mit Wachskerzen,<br />

Lametta und silbernen Kugeln geschmückten Weihnachtsbaum,<br />

der bis unter die Decke reichte. Unsere<br />

Augen strahlten mit dem Lichterbaum um die Wette.<br />

Wo waren denn nur die Geschenke? Unter dem Baum<br />

war alles mit einer weißen Decke zugedeckt. Vater stand<br />

im festlichen dunklen Anzug mit der aufgeschlagenen<br />

Bibel in der Hand vor dem Tannenbaum. Er las uns<br />

die Weihnachtsgeschichte vor, dann sangen wir „Stille<br />

Nacht, Heilige Nacht“, das Weihnachtslied, das um die<br />

Welt gegangen ist – wir Kinder wurden unruhig. Endlich<br />

kam die Erlösung – Vater zog das weiße Tuch von<br />

den Geschenken und da sahen wir nun die Bescherung.<br />

Es war für jeden etwas dabei.<br />

Nach all den Aufregungen versammelten wir uns um<br />

den Esstisch, der mit zwei roten Bändern geschmückt<br />

war. Es gab jedes Jahr „Kartoffelsalat mit Würstchen“,<br />

das war bei uns so Brauch. Als wir dann älter waren, besuchten<br />

wir nachts noch die Christmesse in der großen<br />

Kirche gegenüber. Dort war immer eine Weihnachtskrippe<br />

mit lebensgroßen Figuren aus Holz aufgebaut.<br />

Der Stall von Bethlehem – die Geburtsstätte Jesu – mit<br />

Maria und Joseph, dem Kind in der Krippe, den Tieren<br />

von der Weide und den drei Weisen aus dem Morgenland.<br />

Über allem leuchtete der Stern von Bethlehem, der<br />

allen Menschen den Weg zur Krippe zeigte.<br />

Und jetzt komme ich noch mal an den Anfang<br />

meiner Erinnerungen. War Weihnachten früher anders<br />

oder schöner? Ja, es war anders und schöner.<br />

Ohne Konsumrausch – ohne das Gedudel von Weihnachtsliedern<br />

in allen Kaufhäusern – ohne den bunten<br />

Schmuck an den Weihnachtsbäumen, ohne Girlanden<br />

in den Straßen von Laterne zu Laterne und ohne die<br />

vielen Süßigkeiten an allen Straßenecken, die man<br />

schon ab Oktober kaufen kann und noch vieles mehr,<br />

das die Menschen vergessen lässt, warum Weihnachten<br />

gefeiert wird. Helga Siebel-Achenbach<br />

Foto: Hartmut Reeh<br />

durchblick 4/<strong>2010</strong> 17


Unvergessener<br />

Heiligabend<br />

A<br />

lle Jahre wieder, so auch im Jahre 1959, fuhren<br />

meine Mutter und ich mit dem Zug zur Großmutter<br />

ins Oberhessen, genau nach „Trais-Horloff“.<br />

Ein Dörfchen, was wohl kaum bekannt ist. Wir<br />

machten uns erst gegen Abend auf den Weg in Richtung<br />

Gießen, da ich noch in der Lehre war und auch meine<br />

Mutter bis abends arbeiten musste.<br />

Die Geschenke waren bescheiden, aber liebevoll<br />

verpackt. Man hatte sich Gedanken gemacht, denn in<br />

dieser Zeit schenkte man sich meistens Praktisches.<br />

Die Freude war groß, denn wir wussten, dass uns Oma<br />

sehnlichst erwartete! Es gab bestimmt wieder ihren<br />

hessischen Kartoffelsalat mit Öl – Essig – Speck und<br />

dazu Würstchen. In Gießen mussten wir umsteigen in<br />

den Zug Richtung Gelnhausen. Auf dem Eingleis tuckerte<br />

der Bummelzug seinem Ziel entgegen. Endstation<br />

war „Nidda im Wetteraukreis“. Dazwischen lagen<br />

eine Handvoll Dörfer, so auch „Trais-Horloff“. Da wir<br />

beide schon sehr müde waren, sind wir auch prompt<br />

eingenickt und durch das eintönige Bahngeräusch fest<br />

eingeschlafen.<br />

So spät waren am „Heiligabend“ kaum noch Fahrgäste<br />

unterwegs oder sie waren schon nach und nach<br />

ausgestiegen. Plötzlich wurde einer von uns beiden<br />

hellwach und weckte den anderen geschockt auf. Der<br />

Zug hatte schon längst die Endstation erreicht, und wir<br />

saßen alleine im dunklen und eiskalten Abteil. Draußen<br />

ein unbeleuchteter Bahnhof in einer einsamen Schneelandschaft.<br />

Was nun? Weit und breit keine Menschenseele,<br />

kein Taxistand.<br />

Wir stapften durch den hohen Schnee, und es<br />

schneite auch immer weiter so stark, wie man es sich<br />

an Weihnachten eigentlich wünscht!<br />

Durch die Fenster der kleinen Fachwerkhäuser<br />

leuchteten die Weihnachtsbäume und hier und da klangen<br />

festliche Gesänge durch die winterlichen Gassen.<br />

Ratlos suchten wir eine Lösung. Da entdeckten wir eine<br />

Telefonzelle und meiner Mutter fiel spontan ein, dass<br />

ein früherer Bekannter hier wohnen musste.<br />

Im Telefonbuch fanden wir tatsächlich seine Anschrift.<br />

Fast zwanzig Jahre waren vergangen, und dieser<br />

Mann hatte längst eine Familie! Aber wir waren in<br />

Not, und kein Taxi war erreichbar. Mit Überwindung<br />

und Mut entschloss sich meine Mutter dort anzurufen.<br />

Prompt meldete sich eine Frau, die nach kurzem Gespräch<br />

ihren Mann zum Telefon rief. Er erkannte sofort<br />

unsere Situation, kam und fuhr uns mit seinem Wagen<br />

auf der verschneiten Landstraße ca. 25 km nach „Trais-<br />

Horloff“. Ein Engel in Not! Inzwischen war es schon<br />

22.30 Uhr und alles erschien uns wie ein Weihnachtsmärchen!<br />

Wir waren angekommen und mussten an der Haustüre<br />

klopfen, bis unsere Oma, die inzwischen längst<br />

enttäuscht in ihrem Bett lag, öffnete. Sie hatte doch auf<br />

den letzten Zug gewartet und bestimmt ein paar Tränen<br />

geweint, als wir nicht mitgekommen waren.<br />

Umso größer war nun unsere Weihnachtsfreude!<br />

(wahre Begebenheit)<br />

Helga Düringer<br />

Novembersonnenstrahl<br />

von Inge Göbel<br />

Gestern alles grau und trübe,<br />

matschig, regnerisch und kalt.<br />

Heute steht auf einmal golden<br />

Sonnenstrahl hoch überm Wald.<br />

Herrlich, herrlich, dich begrüß ich,<br />

hat´s im Sommer auch von dir<br />

tausend Sonnenstrahl´n gegeben,<br />

dieser hier gehört nur mir.<br />

Dieser hier soll mich begleiten<br />

durch die dunklen Tage heut,<br />

soll mir meine Wege zeigen,<br />

bis der Frühling mich erfreut.<br />

Weihnachtszeit<br />

von Helga Düringer<br />

Ein Teddybär sitzt schon bereit,<br />

die Puppe trägt ein neues Kleid,<br />

geheimnisvolles Flügelschwingen,<br />

von Ferne hört man Engel singen.<br />

Leise fallen weiße Flocken,<br />

die Stadt erstrahlt im Festtagskleid<br />

und die Weihnachtsmärkte locken<br />

mit Geschenken weit und breit!<br />

Ein Weihnachtsglöckchen in der Nacht,<br />

klingt ganz zart, klingt ganz sacht,<br />

es stimmt uns ein – drum seid bereit,<br />

zu spüren, es ist Weihnachtszeit!<br />

18 durchblick 4/<strong>2010</strong>


Heiligabend in der Familie<br />

Opas vier verheiratete Kinder und deren Nachwuchs<br />

wohnten in einem Haus. Großfamilie!<br />

Da mein Großvater in unserm Haushalt<br />

lebte, war es selbstverständlich, dass alle seine Kinder<br />

und Enkelkinder zu uns kamen, um an dem Festtag bei<br />

ihm zu sein.<br />

Die Zeit bis zur Bescherung verbrachten wir Kinder<br />

in Opas Zimmer. Opa spielte, wie an vielen anderen<br />

Tagen, auch dann mit uns. Doch wir fanden alle Spiele<br />

langweilig, waren viel zu viel abgelenkt mit Horchen.<br />

Denn sobald das Christkind in einer Wohnung fertig<br />

war, läutete es das Weihnachtsglöckchen. Wir wussten<br />

genau, in welcher Wohnung es geklingelt hatte und die<br />

so gerufenen Kinder verschwanden aus Opas Zimmer.<br />

Zuletzt saßen nur immer noch Opa und ich zusammen.<br />

Dann erzählte er mir die Weihnachtsgeschichte. Opa<br />

konnte prima erzählen und ich hörte ihm auch sonst<br />

gern zu.<br />

Endlich, es kam mir vor wie eine Ewigkeit, klingelte<br />

auch unser Weihnachtsglöckchen und bei dem Lied<br />

„Stille Nacht, Heilige Nacht“ öffnete sich die Tür zum<br />

Wohnzimmer und der Lichterbaum strahlte mir entgegen.<br />

Zu den Geschenken durfte ich jedoch erst, nachdem<br />

alle drei Strophen des Liedes gesungen waren. Ich<br />

sang nicht besonders andächtig.<br />

Es gab damals nicht so viel auszupacken, aber die<br />

Aufregung war bestimmt genauso groß wie heute.<br />

Nach dem Festessen warteten meine Eltern, Opa und<br />

ich auf die anderen Familienmitglieder. Sie trafen auch<br />

bald ein, denn sie wollten auch bei ihrem Vater bzw.<br />

Großvater sein. Die Erwachsenen brachten Stühle mit,<br />

da sie ja wussten, dass unsere für alle nicht reichten.<br />

Die Kinder hatten ihre Geschenke dabei und<br />

führten stolz ihre neuen Schätze vor. Zuerst war auch<br />

alles friedlich, aber Kinder tauschen gern, wollen<br />

manchmal das „fremde“ Spielzeug unbedingt haben.<br />

Trotz des weihnachtlichen guten Willens wurde die<br />

Stimmung dadurch gereizt.<br />

Opa kannte uns gut, rief meistens mich zu sich, legte<br />

den Arm um meine Schulter und fing an zu singen. Ich<br />

drückte dann meine Puppe in ihrem neuen Kleid fest an<br />

mich und half ihm. Die anderen Kinder kamen nach und<br />

nach zu uns und sangen mit. Bald spielte Onkel Heini<br />

auf seiner Mundharmonika und Vetter Willi begleitete<br />

ihn auf einem Kamm mit Silberpapier. Zuerst hörten<br />

die Erwachsenen zu, doch dann sangen sie auch.<br />

Mein Vater dirigierte. Er wünschte, dass sich Alt<br />

und Sopran auf die rechte Seite und Bass und Tenor<br />

auf die linke Seite setzten. Bereitwillig tauschten alle<br />

die Plätze.<br />

Wie in jedem Jahr begann auch diesmal das „Chorkonzert“<br />

mit „Oh Tannenbaum“. Danach kam vom<br />

Himmel hoch der Engel geschwebt und noch etwas später<br />

rieselte leise der Schnee in unserem Wohnzimmer.<br />

Es ging uns gut. Auch Tante Meta, obwohl sie nicht mitsang,<br />

sondern immer nur redete, gegen unseren Gesang<br />

anredete. Eigenartigerweise hörte ihr trotz des Singens<br />

immer jemand zu, lächelte sie an oder nickte zustimmend.<br />

Hätte sie niemand beachtet, wäre sie bestimmt<br />

gegangen und die beiden Cousinen und der Onkel mit<br />

ihr und das wollten alle nicht. Also nahmen wir die<br />

immer laut und gegen unser Singen anredende Tante in<br />

Kauf und ich hoffte jedesmal, dass sie Halsschmerzen<br />

von ihrem Geschrei bekäme.<br />

Wenn unser Repertoire an Weihnachtsliedern erschöpft<br />

war, sangen wir Wanderlieder. Feierlich war<br />

es jetzt nicht mehr, aber gemütlich.<br />

Tannennadeln, die ab und zu in die Kerzenflammen<br />

geworfen wurden, sorgten für Knistern, Flackern und<br />

den kräftigen würzigen Duft.<br />

Die Krippenfiguren schienen sich auch nach wie vor<br />

unter unserem Tannenbaum wohlzufühlen.<br />

Als die große Standuhr die halbe Stunde vor Mitternacht<br />

anzeigte, leerte sich unser Weihnachtszimmer<br />

im Nu. Kurze Zeit später trafen wir uns alle, eingemummelt<br />

gegen die Kälte, draußen vor der Haustür und<br />

gingen zusammen zur Christmette. <br />

Wilma Frohne<br />

Foto: Agnmes Spar<br />

durchblick 4/<strong>2010</strong> 19


Weihnachten<br />

Weihnachtsgedanken<br />

von Gottfried Klör und Horst Mahle<br />

Ist so Weihnachten?<br />

Für viele ein vom Kommerz vereinnahmter Brauch nach dem Motto mit<br />

Geld geht alles, ein paar freie Tage, eine wohlverdiente Urlaubsreise,<br />

gutes Essen, eine Gelegenheit sich lang ersehnte Wünsche zu erfüllen<br />

oder erfüllen zu lassen.<br />

Aber auch oder noch mehr ein Tag der Besinnung und Freude. Wenn ein<br />

kleines Mädchen sich über eine Puppe freut, oder der Großvater die lange<br />

ersehnten Kinder und Enkelkinder wiedersieht. Der Trompeter, der an<br />

Weihnachten mit seiner Musik die Menschen erfreut. Die Kerzen, die uns<br />

schon in der Adventszeit mit Ihrem flackernden Licht zur Ruhe ermahnt<br />

haben. Der Schneemann vor der Tür, der uns die Vergänglichkeit zeigt.<br />

Wenn es draußen wieder kälter und<br />

drinnen immer gemütlicher wird, dann<br />

steht Weihnachten vor der Tür. Das<br />

schillerndste Fest des Jahres zieht viele<br />

Menschen in seinen Bann und es hat in<br />

unserer Zeit viele Facetten. Die biblische<br />

Geschichte erzählt, dass sich Josph und<br />

Maria auf die beschwerliche Reise nach<br />

Bethlehem begeben und nicht gewusst<br />

haben, wo sie Unterkunft für sich und<br />

das zu gebärende Kind finden sollten.<br />

So wird der Retter der Welt in einem<br />

Stall geboren.<br />

Weihnachten ist ein christliches Fest,<br />

aber auch ein Fest der Familie und für<br />

die Familie. Die Kinder freuen sich auf<br />

Kerzenschein, den Weihnachtsbaum<br />

und die Geschenke. Für Oma oder Opa<br />

ist es eine Freude, die lange ersehnten<br />

Kinder und Enkelkinder wiederzusehen.<br />

Heutzutage verreisen immer mehr<br />

Menschen zur Weihnachtszeit, um dem<br />

Alltagsstress zu entfliehen und zu relaxen.<br />

Unterkunft und Versorgung?<br />

Längst gebucht im Vier-Sterne Hotel auf<br />

den Kanaren oder sogar in der Südsee.<br />

Aber was hat man aus Weihnachten<br />

gemacht? Spekulatius und Dominosteine<br />

stehen bereits ab September in<br />

den Regalen der Supermärkte, die Werbung<br />

sagt uns, was wir angeblich noch<br />

alles brauchen, um glücklich zu sein.<br />

Alles dreht sich ums Geld, ums Kaufen<br />

und Geschenke.<br />

Hier noch eine Vereinsadventsveranstaltung,<br />

dort eine Firmenweihnachtsfeier.<br />

Hektik und Kommerz soweit man<br />

sieht.<br />

Das alles zeigt unser – auf den ersten<br />

Blick befremdliches – Bild. Vielleicht<br />

regt es ein wenig zum Nachdenken an.<br />

So wünschen wir allen<br />

durchblick-Leserinnen und<br />

-Lesern ein besinnliches<br />

Fest der Freude und<br />

ein möglichst unbeschwertes<br />

Jahr 2011.<br />

20 durchblick 4/<strong>2010</strong><br />

Foto/Collage: Gottfried Klör


Weihnachten<br />

Min Hot es net min Hot<br />

orrer ferweaselt bim Gressdachskaffe<br />

E<br />

ch woar en dr‘ Gressdachszitt engelare fa de Froue<br />

fam Sealbicher katholische Kierchegrais uss zom<br />

Seniorndreffe.<br />

Wann ech no wohin well, main ech emmer – wi fast<br />

all Froue – ech messde e bessje wat foar<br />

mech do. Derwäje hadde ech mr‘ da och<br />

dr‘ Kobb gewäsche. Domet de Fri’suer net<br />

so duerjenanner kemmt, dochde ech m’r,<br />

setzt de net de Metsche of, nemmsde ho<br />

nommo din ale schwarze Hot, häsden och<br />

schoa lang neme ofgehat, on dusse woaret<br />

jo och kalt!<br />

Als ech a’kom, heng ech min Jacke on<br />

d’r Hot a’nen Hoach. De katholische Froue<br />

woarn noch en d’r Messe, on zom Kaffe<br />

drenke kom da d’r Pasdo’ar och met. Hä<br />

konn awer net de ganze Nommedach bliewe,<br />

„Hä hädde noch fel ze do“, wi hä säde.<br />

A däm Nommedach wuer gesonge,<br />

foargeläse on e bessje Dreja’der geschbelt.<br />

Dofoar bruchde en Ma no en<br />

schwarze Hot. „Fa mier uss ka hä dr‘<br />

minne nämme“, säde ech. On da kom<br />

dä Ma merrem schwarze Hot om Kobb. Dat es net min<br />

Hot, dochde ech, dä hät jo en Hearrn-Hot of, dä br’uch<br />

d’r minne jo garnet.<br />

Ech gräjet so schwinn net of de Räjj. Hennerhear heng<br />

och dusse nuer ain Hot. Dä Ma sälwer hadde kän. Ech säde:<br />

„Et hängt nuer en Hearrn-Hot am Hoach, dat es net dr‘ min-<br />

ne. Min Hot es ferduscht woarn!“ Usser d’m Pasdo’ar noch<br />

woar awer och sost kän Ma me dogewäse.<br />

No woar ech abselot net dr‘fa afzebrenge –<br />

dr‘ Pasdoar‘ hadde min Hot, on äm de sinne<br />

heng am Hoach.<br />

Ech gob aifach kän Roj. Da wuer da<br />

dr‘ Pasdoar‘ agerofe. Dr‘earscht woare net<br />

d‘rhaim; doch hennerhear schdallde sech<br />

russ, hä hadde ga kän Hot ofgehat. Merrem<br />

bedribbelde Gesechde geng ech nohaim, en<br />

Hot om Kobb, dä garnet d’r minne woar.<br />

So dochde ech.<br />

D’rhaim kom d’r Hot werrer of so en<br />

Koggel oawe am Glärerschdänner bim Fesder.<br />

Det Lecht schean droff on bi mier geng<br />

da och e Lecht of. Dat woar doch min Hot!<br />

D’r sälwe „Schdaub“ log noch droff, wi,<br />

Foto: Gerda Greis<br />

befoar ech d’r Hot do of.<br />

Min Nochbersch mainde d’rzo: „Mach<br />

doch dat Band met däm Schlobb ab on bejjel<br />

dr‘ dn ‘Kneff russ!“ – Itz es niks me dra. Min Hot sit<br />

neme uss wie‘ Hot fa nem Ma. <br />

Gerda Greis<br />

Zum neuen Jahr<br />

von Helga Düringer<br />

Zeitspiele<br />

Zeit kannst du schenken,<br />

ohne Bedenken.<br />

Zeit kannst du geben<br />

und in ihr leben.<br />

Zeit kannst du teilen,<br />

in ihr verweilen,<br />

Zeit kannst du haben,<br />

dich an ihr laben.<br />

Zeit kannst du messen<br />

und auch vergessen,<br />

Zeit kannst du dosieren<br />

oder verlieren.<br />

Zeit kannst du trennen<br />

oder auch nennen.<br />

Zeit kannst du greifen,<br />

um in ihr zu reifen.<br />

Zeit kannst du kürzen,<br />

um sie zu würzen,<br />

Zeit kann beginnen<br />

und auch zerrinnen.<br />

Zeit kannst du finden<br />

und überwinden,<br />

Zeit kannst du sparen<br />

und sie erfahren.<br />

Zeit kannst du stehlen<br />

und sie befehlen,<br />

Zeit kannst du planen<br />

und sie erahnen.<br />

Zeit kannst du sagen<br />

in Wochen und Tagen,<br />

Zeit kann dich treiben,<br />

nicht länger zu bleiben.<br />

Zeit kann heilen<br />

und dich ereilen,<br />

Zeit lässt dich hoffen,<br />

alles ist offen.<br />

Zeit kann zerrinnen<br />

oder beginnen,<br />

Zeit kann enden<br />

und alles wenden.<br />

Jahreswechsel<br />

Wieder neigt es sich, das Jahr,<br />

mit seinen Freud und Tücken,<br />

nichts ist mehr wie's im „Alten“ war,<br />

ein „Neues“ soll nun glücken!<br />

Gesundheit ist das höchste Gut,<br />

was man sich wünschen kann,<br />

drum geht das neue Jahr<br />

mit Mut und bestem Willen an!<br />

Fangt es an mit Zuversicht<br />

und denkt auch stets daran,<br />

dass manches schwere Schicksal,<br />

sich zum Guten wenden kann!<br />

durchblick 4/<strong>2010</strong> 21


Hilfe für Indien<br />

Marcus Brungs sammelt Hörgeräte<br />

E<br />

igentlich war ihm gar nicht wohl, als ihn ein ehemaliger<br />

Ausbildungskollege aus Schwerte fragte, ob er<br />

nicht mal einige Tage, abseits aller Touristenströme<br />

in Indien verbringen wolle? Nicht um Urlaub zu machen<br />

wohlgemerkt, sondern um den ärmsten Bedürftigen einer<br />

dortigen Region Hörgeräte anzupassen. Mit von der Partie<br />

sollten ein weiterer Hörgeräteakustiker und ein Ohrenarzt sein.<br />

Marcus Brungs bat sich Bedenkzeit aus, besprach sein Vorhaben<br />

mit Familie und Mitarbeitern, und entschied sich schnell!<br />

Am 26. März <strong>2010</strong> ging es dann<br />

los, von Düsseldorf mit dem Flugzeug<br />

über Dubai bis Kochi. Nach 14<br />

Stunden Flugzeit, dann noch weiteren<br />

vier Stunden („gefühlte 8 Stunden“<br />

so Marcus Brungs) mit dem Bus zum<br />

Zielort, dem Krankenhaus in Adimali,<br />

einem kleinen Ort im Südwesten<br />

Indiens. Der Empfang war überwältigend,<br />

eine Begrüßungsfeier durch<br />

Ankündigung der<br />

den dortigen Bürgermeister konnte<br />

Hilfsmaßnahme<br />

gerade noch abgewendet werden.<br />

Man hatte ja nur 10 Tage Zeit für seine<br />

neuen Patienten, und die warteten schon geduldig auf ihre<br />

Behandlung. Aus einem Umkreis von ca. 300 km kamen hörgeschädigte,<br />

vorwiegend Kinder und Jugendliche, mit ihren<br />

Eltern in die Klinik. Das Personal des Krankenhauses freute<br />

sich auf die Hilfe des deutschen Teams.<br />

Noch am Ankunftstag wurden die Behandlungsräume<br />

eingerichtet, um am nächsten Morgen sofort richtig loslegen<br />

zu können! Über 30 Patienten<br />

wurden in 12 Stunden<br />

untersucht, Hörgeräte für sie<br />

ausgewählt, Ohrstücke angepasst<br />

und die individuell eingemessenen<br />

Hörgeräte aufgesetzt.<br />

Obwohl die kostenlosen<br />

Behandlungen durch das deutsche<br />

Team den einheimischen<br />

Ärzten und Krankenschwestern<br />

ihren Verdienst nahm, haben<br />

sie vorbildlich die Arbeit<br />

der Gäste unterstützt. Während<br />

der gesamten Zeit war der indische<br />

HNO-Arzt in die Behandlungen<br />

eingebunden, ständig<br />

waren mehrere Schwestern<br />

und Schwesternschülerinnen<br />

hilfreich zugegen. Großes Ziel<br />

war ja auch, die einheimischen<br />

medizinischen Kräfte für die<br />

Marcus Brungs passt gespendete<br />

Hörgeräte an.<br />

Gesellschaft<br />

Weiterbehandlung<br />

der Patienten fit zu<br />

machen.<br />

Die Kosten für<br />

Flug und Unterkunft<br />

musste jeder<br />

Helfer selbst<br />

tragen. „Dafür<br />

werden von dem<br />

Organisationsverein<br />

‚Hilfe für<br />

4 Fotos: Marcus Brungs<br />

Die Weiterbehandlung der<br />

Patienten muss gewährleistet sein.<br />

Adimali‘ keine<br />

Spendengelder<br />

eingesetzt, die sind<br />

ausschließlich für Medikamente und Hilfsmittel!“ so Marcus<br />

Brungs und trotzdem: „Wenn nichts dazwischen kommt,<br />

werde ich im Herbst 2011 wieder fahren!“ Im Gespräch mit<br />

dem durchblick ist sehr deutlich geworden, dass der Hilfseinsatz<br />

zwar ehrenamtlich, aber nicht selbstlos war! Marcus<br />

Brungs spricht immer wieder davon, welch reiche Erfahrung<br />

der Einsatz in Indien ihm ganz persönlich gebracht hat!<br />

Heute schon sammelt Brungs Hörgeräte und entsprechendes<br />

Zubehör für seinen nächsten Aufenthalt in Adimali.<br />

Geld braucht er nicht, Flug und Unterkunft finanziert er, wie<br />

alle anderen Teilnehmer auch, wieder selbst. Möchte jemand<br />

aber Geld spenden, nimmt das die zuständige Hilfsorganisation<br />

„Hilfe für Adimali“ gerne an. Kontakt findet man im Internet<br />

unter: www.adimali-help.com.. Informationen senden<br />

wir Ihnen auf Anfrage aber auch gerne zu. Eugen Werner<br />

In seinen Werkstätten in Siegen und Kreuztal werden die<br />

gespendeten Geräte für den nächsten Einsatz vorbereitet.<br />

22 durchblick 4/<strong>2010</strong>


Buchbesprechung<br />

Die Taube<br />

Ich las Patrick Süskind 1985, als sein Roman „Das Parfum“<br />

veröffentlicht wurde, ein Buch das Furore machte<br />

und seinem Autor zum internationalen Durchbruch verhalf.<br />

In dieser Erzählung bedient er sich sowohl bei der<br />

schwarzen Romantik als auch bei dem Motiv-Kreis aus<br />

„Die Schöne und das Biest“, Nietzsches Einfluss ist ebenfalls<br />

unverkennbar.<br />

Mit dem Protagonisten in „Der Kontrabaß“, herausgegeben<br />

1984, hat er sich nach eigenen Angaben selbst ein<br />

Denkmal gesetzt. Auch er verbringt Zeiten seines Lebens<br />

in immer kleiner werdenden Zimmern, die zu verlassen ihm<br />

von Tag zu Tag schwerer fällt. Er wird sicherlich nicht enttäuscht<br />

in der Hoffnung, eines Tages einen Raum zu finden,<br />

der so klein ist und ihn so eng umschließt, dass er sich beim<br />

Verlassen selbst mitnimmt.<br />

Sein Roman „Die Taube“ hat mich überrascht. Ob er<br />

darin autobiografische Spuren hinterlässt, möge der Leser<br />

selbst entscheiden. Es bedarf vielleicht des Hinweises,<br />

dass Patrick Süskind, geboren 1949, zugespitzt formuliert,<br />

ein scheues Ich zu pflegen scheint. Als sensibler exzentrischer<br />

Mensch lebt er heute zurückgezogen in München<br />

und Paris. Er ist jeglichem Interview abhold und stellt<br />

sich keinem Kameraauge, er hat sogar den Literaturpreis<br />

abgelehnt.<br />

Die erstaunliche, zuerst gar etwas befremdlich anmutende<br />

Erzählung erschien 1987. Sie besticht durch wunderbare<br />

Poesie, ist atmosphärisch dicht gesponnen und psychologisch<br />

raffiniert unterfüttert. Sie ist sprachlich fein orchestriert<br />

und brillant formuliert, stellt ein verschwundenes verarmtes<br />

Leben in großer innerer Dramatik dar.<br />

Jonathan Noel ist die zentrale Figur in diesem Roman.<br />

Zwei weitere bemerkenswerte Charaktere treten auf, auch<br />

wenn ich sie nur kurz streife, welche da sind: Madame Rocard,<br />

die Concierge und ein namenloser Clochard. Jonathan<br />

Noel ist absoluter Minimalist, nimmt sich vom Leben<br />

mit all seinen Facetten nur das Allernötigste. Vielleicht ist<br />

so ein Leben leichter, die Bürde geringer, wenn man nur<br />

Zaungast ist. Kaum Kontakt zur Umwelt erspart einem<br />

das Gefangensein in seinen eigenen Befindlichkeiten. Er<br />

ist dennoch kein Lebensverweigerer, bis zu dem surrealen<br />

fast absurden Ereignis, welches den fatalistischen Ablauf<br />

seines Daseins in Frage stellt. Es ist die Konfrontation<br />

mit einer Taube, die für ihn fast zur Apokalypse wird.<br />

(das erinnert an Hitchcocks „Die Vögel“) Eine Taube,<br />

mag man einwerfen, Symbol des Friedens, für ein vereinsamtes<br />

überspanntes Gehirn, eine Ausgeburt der Hölle.<br />

Man kennt die Angst vieler Menschen vor Spinnen und<br />

Mäusen. Ich selbst bin der Auflösung nahe, wenn sich<br />

eine Schnecke durch das Metallgitter vor meinem Badezimmerfenster<br />

gequetscht hat und mir nun in der Dusche<br />

begegnet. Doch die Taube steht nur als Metapher für jedwedes,<br />

von außen kommendes Ereignis<br />

Ereignisreich waren bis jetzt nur seine Kindheit und Jugend.<br />

Wir begegnen ihm an einem Sommertag in Charenton<br />

1942, als er vom Angeln nach Hause kommt. Es hat ein Gewitter<br />

gegeben und es regnet. Auf dem Heimweg zieht er<br />

die Schuhe aus und läuft barfuß auf dem nassen Asphalt. Er<br />

patscht mit unwahrscheinlichem Vergnügen durch die Pfützen.<br />

Als er das Haus betritt, ist die Mutter nicht mehr da, auch<br />

der Vater verschwindet kurze Zeit später, deportiert. <br />

durchblick 4/<strong>2010</strong> 23


Buchbesprechung<br />

Ein Onkel hält ihn und seine Schwester auf einem Bauernhof<br />

in Puget bis zum Ende des Krieges versteckt. Danach<br />

arbeiten sie auf den Gemüsefeldern. Ihm gefällt diese Tätigkeit.<br />

Jedoch der Onkel besteht darauf, dass er sich zum<br />

Militärdienst meldet. Als er 1954 aus dem Lazarett zurückkehrt,<br />

ist seine Schwester nach Kanada ausgewandert. Der<br />

Onkel sucht für ihn eine Frau aus, die vier Monate später<br />

einem Knaben das Leben schenkt und kurz darauf mit einem<br />

tunesischen Obsthändler aus Marseille durchbrennt. Jonathan<br />

wird zum Gespött der Dorfbewohner. Er kommt zu dem<br />

Schluss, dass auf Menschen kein Verlass ist und trifft zum<br />

ersten Mal in seinem Leben selbst eine Entscheidung. Wir<br />

begleiten diese flüchtige Existenz nach Paris, wohin er nur<br />

sich selbst, seine Ersparnisse und einen Koffer mitnimmt.<br />

Er findet Arbeit als Wachmann bei einer Bank und eine<br />

bescheidene Bleibe in einem Mietshaus. Das Zimmer bietet<br />

ein Bett, einen Tisch, einen Stuhl, eine nackte Glühbirne<br />

und einen Kleiderhaken. In dem einzigen Waschbecken neben<br />

der Gemeinschaftstoilette auf dem Flur waschen alle<br />

Bewohner des Dachgeschosses ihre Socken, ihr Geschirr<br />

und sich selbst. Die sichere Bleibe streichelt seine Seele. So<br />

lebt er, glücklich und zufrieden, jahraus, jahrein, Jahrzehnt<br />

um Jahrzehnt. Seine Behausung verwandelt sich mit der<br />

Zeit in eine Luxuskabine, ausgestattet mit einem Teppich,<br />

einem neuen Bett, einer eigenen Koch- und Waschnische,<br />

mit Radio, Fernseher und einem Kühlschrank. Sie bleibt für<br />

ihn der innere Halt, ja, seine Geliebte, da sie ihn abends<br />

zärtlich umfängt. Er beschließt, sie käuflich zu erwerben.<br />

Das ist seine Situation bis zu einem Freitagmorgen im<br />

Jahre 1984. Ein einziges Mal, und zwar vor 25 Jahren, ist er<br />

auf seinem morgendlichen Gang zur Toilette einem Mitbewohner<br />

begegnet. Das war ihm schon peinlich. Und nun, an<br />

besagtem Morgen hält das Schicksal Schlimmeres für ihn<br />

bereit. Er hat das Bein schon gehoben, um den ersten Schritt<br />

vor seine Zimmertür zu setzen. Da sieht er sie. Im blassen<br />

Widerschein des Morgenlichtes hockt sie mit roten kralligen<br />

Füßen auf den ochsenblutroten Fliesen des Ganges,<br />

in bleichem glatten Gefieder: Die Taube. Sie glotzt Jonathan<br />

mit ihrem linken Auge an. Dieses Auge, eine kreisrunde<br />

Scheibe, ist fürchterlich anzusehen, ganz nackt, ganz<br />

schamlos, ein Auge ohne Blick. Er ist zu Tode erstaunt,<br />

verharrt wie gelähmt, fürchtet einen Herzinfarkt oder einen<br />

Schlaganfall. Er stürzt ins Zimmer zurück, verkriecht sich<br />

im Bett und harrt der Dinge, die da kommen sollen. Aber<br />

nichts geschieht. Trotzdem findet er sein Los hoffnungslos.<br />

Er faltet in seiner Not die Hände zum Gebet.<br />

Es krächzt und schreit in seinem Kopf. Er ruft sich<br />

ins Gedächtnis, dass er Situationen im Indochina-Krieg<br />

gemeistert hat. Das Verlassen des Raumes könnte er sich<br />

ja vielleicht noch vorstellen, aber die Rückkehr in denselben<br />

keinesfalls. Er entwirft einen Notfallplan, packt das<br />

Nötigste in einen Pappkoffer, nimmt sogar seine Preziosen<br />

mit, einen schmalen Armreif seiner Mutter, einen silbernen<br />

Kugelschreiber, Weihnachtsgeschenk seiner Firma, und das<br />

Transistorradio. Er wird im Hotel übernachten. Der Gedanke<br />

an einen möglichen Kontakt mit der Taube lässt ihn<br />

schaudern und zwingt ihn dazu dicke Handschuhe, Winterstiefel<br />

und den Wintermantel anzuziehen. Der Auszug<br />

gelingt. Die Taube sitzt abseits in einer Ecke. Er stürmt<br />

durch das Treppenhaus. Das nächste Hindernis türmt sich<br />

vor ihm auf in Gestalt von Madame Rocard, der Concierge.<br />

Diesem Zerberus* entkommt er nicht so ohne Weiteres. In<br />

weiser Voraussicht hat er sich der winterlichen Kleidung<br />

schon entledigt und schafft es sogar ihr zu berichten, dass<br />

ein Bewohner im sechsten Stock das Fenster aufgelassen<br />

und somit der Taube Einlass ermöglicht hat.<br />

Seine Tätigkeit als Wachmann besteht darin, gemeinsam<br />

mit Monsieur Vilman die Alarmanlage<br />

auszuschalten und dann<br />

die Angestellten einzulassen.<br />

Danach bezieht er auf den Marmorstufen<br />

vor dem Hauptportal<br />

seinen Posten. Die einzige Unterbrechung:<br />

Zweimal am Tag muss<br />

er für den Direktor das Stahlgitter<br />

im Hinterhof aufschieben.<br />

An diesem speziellen Tag ist<br />

er unkonzentriert, das Stehen<br />

strengt ihn an und das kurze Hupen<br />

der Limousine des Direktors<br />

dringt nicht in sein Bewusstsein.<br />

Er ist verzweifelt und in Schweiß<br />

gebadet ob seiner Verfehlung. Er<br />

muss sich, zum ersten Mal in seiner<br />

dreißigjährigen Tätigkeit, an<br />

eine Säule anlehnen und schämt<br />

sich. In der Mittagspause trifft<br />

er auf den Clochard, der sich<br />

24 durchblick 4/<strong>2010</strong>


Buchbesprechung<br />

schon ebenso lange in dem Viertel herumtreibt wie Jonathan<br />

selbst. Er ist ein Störfaktor. Als er ihn zum ersten Mal<br />

wahrnahm, beneidete er ihn um seine Freiheit und Unbekümmertheit,<br />

bis zu dem Tag, an dem er sah, wie dieser<br />

in aller Öffentlichkeit seine Notdurft verrichten musste.<br />

Ekelerregend. Von Stund an war in Jonathans Seele jedes<br />

Gefühl von Neid erloschen. Für ihn konkretisiert sich die<br />

menschliche Freiheit im Besitz einer Etagentoilette. Wie<br />

war es nur möglich, dass dieser verwilderte Mensch nach<br />

50 Jahren noch lebte und er selbst, der immer strebend sich<br />

bemüht, in eine Krise gestürzt war, die seinen fein ausgetüftelten<br />

Lebensplan erschütterte. Er hat Angst. So enden<br />

zu müssen, wie der verlotterte Mensch auf dieser Bank. Zu<br />

allem Unglück reißt er sich an einem Nagel auch noch ein<br />

Loch in die Hose, und nun bricht die Welt endgültig über<br />

ihm zusammen. Er findet den Weg zu einer Schneiderin, die<br />

seine Bedürftigkeit aber erst in ein paar Wochen befriedigen<br />

kann. So klebt er den Riss mit Tesafilm zu. Wieder auf<br />

Posten, kommt er sich wie ein verkrüppelter Wachtmeister<br />

vor, der irgendwie immer versuchen muss, seine Blöße zu<br />

verdecken. Er hätte aus der Haut fahren können, denn sie<br />

juckte ihn am ganzen Körper. Er leidet, das Wasser tropft<br />

aus den Nackenhaaren und er entwickelt einen Hass auf die<br />

ganze Welt. Er hätte sie in Schutt und Asche legen mögen<br />

wegen eines Loches in seiner Hose. Jedoch die Macht, die<br />

ihm seine Waffe gibt, lähmt ihn gleichzeitig. Er ist kein<br />

Täter, er ist ein Dulder. Er fühlt sich um zwanzig Jahre<br />

gealtert, würde hier zu Staub zerbröseln und vom Wind<br />

weggefegt werden, nicht enden als respektabler Rentner.<br />

Er wünscht sich, dass es sofort geschehen möge. Der letzte<br />

eigene Impuls lässt ihn die Stufen nehmen, um dem Direktor<br />

das Tor zu öffnen, dann erlischt sein Blick, er fühlt sich<br />

gefangen im riesigen Gebäude einer viel zu komplizierten<br />

Menschenmaschine.<br />

Er reiht sich in den Strom der Passanten ein. Gehen beschwichtigt<br />

ihn, lässt die Seele wachsen und sich weiten.<br />

Er marschiert lange. Es ist Abend geworden und ganz still<br />

in Paris. Die Stadt speist. Er kauft eine Dose Ölsardinen,<br />

einen kleinen Ziegenkäse, eine Birne, eine Flasche Rotwein<br />

und ein arabisches Brot. Just die Dinge, die er zuletzt den<br />

Clochard speisen sah. Das Hotelzimmer hat den Grundriss<br />

eines Sarges und ist auch nicht viel größer. Trotzdem speist<br />

Jonathan mit großem Appetit und vermeint, noch nie in seinem<br />

Leben so gut gegessen zu haben, auch weil er glaubt,<br />

dass dies seine letzte Mahlzeit sein würde. Er begibt sich<br />

zu Bett. Es ist sehr schwül im Raum. „Morgen bringe ich<br />

mich um“, sagt er, dann schläft er ein.<br />

In der Nacht gibt es ein Gewitter. Dieses nimmt sich Zeit.<br />

Die Stadt zittert unter der lähmenden Spannung. Endlich,<br />

gegen Morgen gibt es einen Knall, die Stadt explodiert. Jonathan<br />

schnellt hoch, der Knall ist ihm als Todesschreck durch<br />

die Glieder gefahren. Danach wird es totenstill. Er hat das<br />

Gefühl, ganz alleine übrig geblieben zu sein. Er krallt sich<br />

an der Matratze fest, um nicht den letzten Halt zu verlieren.<br />

Ein winzig kleiner Lichtschimmer fällt durch die Luke in ein<br />

Zimmer, die Öffnung markiert eine Grenze zwischen innen<br />

und außen. Aber in welchem Zimmer? Es ist nie und nimmer<br />

sein Zimmer. Es ist auch nicht das Zimmer im Hause des Onkels,<br />

nicht das Zimmer im Hause der Eltern. Es ist der Keller<br />

im Hause der Eltern. „Du hast nur geträumt, du seist erwachsen,<br />

seist ein ekelhafter, alter Wachmann in Paris. Draußen ist<br />

Krieg. Du bist verschüttet, vergessen. Warum retten dich die<br />

anderen Menschen nicht? Wo sind sie? Ich kann doch ohne<br />

die anderen Menschen nicht leben.“ Das greise Kind Jonathan<br />

will schreien in seiner Verlassenheit. Plötzlich vernimmt<br />

er ein Geräusch. Es wird stärker. Er erkennt das Rauschen<br />

des Regens. Jetzt fällt der Raum in seine Ordnung zurück. Er<br />

sitzt eine halbe Stunde und lauscht. Dann steht er auf, kleidet<br />

sich an und tritt hinaus ins Freie.<br />

Er geht nach Haus. Die nassen Sohlen prasseln gegen<br />

den Asphalt. Es ist wie barfuß gehen. Am liebsten würde er<br />

Schuhe und Strümpfe ausziehen. Er wechselt die Straßenseite,<br />

um durch die größeren Pfützen zu platschen. Es ist wie<br />

eine Choreografie. Die Loge von Madame Rocard ist noch<br />

verschlossen. Als er den letzten Treppenabsatz erreicht hat,<br />

wird ihm bange wegen der Taube. Er hält inne. Das Morgenlicht<br />

ist wärmer und gelber geworden, der vertraute Duft des<br />

Kaffees aus der Loge von Madame Rocard dringt in seine<br />

Nase. Er hat keine Angst mehr. Der Gang ist vollkommen<br />

leer. Die Taube ist verschwunden. <br />

Erika Krumm<br />

* Zerberus – Dämon der Grube; Höllenhund und Torhüter<br />

durchblick 4/<strong>2010</strong> 25


Kunst<br />

„Zeichen, die zu mir gehören“<br />

Prof. Dr. Ursula Blanchebarbe zum 70. Geburtstag von Uwe Pieper<br />

Selbstbildnis aus 1965<br />

vielerlei Hinsicht so anders ist als die<br />

späteren Arbeiten und in die Reihe<br />

der „blauen“ Phase gehört.<br />

Uwe Pieper gehört zum künstlerischen<br />

Leben der Region, er ist<br />

der Primus inter pares der Siegener<br />

Kunstszene, er weiß und hat am<br />

eigenen Leib erfahren, dass künstlerisches<br />

Schaffen härteste Arbeit<br />

bedeutet, um damit nicht nur die materielle<br />

Existenz sichern zu können.<br />

Die von Magdalena Kaiser-Pieper<br />

liebevoll zusammengestellte<br />

Retrospektive macht bei aller Unterschiedlichkeit<br />

in den Werkphasen<br />

eine Tatsache augenfällig: Die mit<br />

zeitgenössischer Kunst verbundene<br />

Vorstellung, das kann mein Kind<br />

auch, kommt bei Uwe Pieper erst<br />

gar auf. Aber wo gehört er hin, wie<br />

sollte man seinen Ort in der Kunstgeschichte<br />

bezeichnen? Aber solche<br />

Fragen erscheinen, gerade erst ausgesprochen,<br />

bereits wieder sinnlos,<br />

schlechthin widersinnig. Denn sie<br />

dienen eigentlich nur dazu, ein Werk<br />

Von der Stadt Siegen wurde der Künstler Uwe Pieper<br />

zu seinem „runden“ Geburtstag mit einer Retrospektive<br />

gewürdigt, die bis zum 21. November im Haus<br />

Oranienstraße, dem Ausstellungsforum des Siegerlandmuseums,<br />

zu sehen war.<br />

Uwe Pieper – siebzig,<br />

Das bedeutet<br />

konkret einen<br />

Überblick über seine jahrzehntelange<br />

künstlerische<br />

Arbeit. Zum ersten Mal<br />

gezeigt wurde eine Auswahl<br />

von Arbeiten aus den<br />

Akademiezeiten in München,<br />

Wien und Paris, die<br />

weit mehr als die handwerklichen<br />

Fähigkeiten<br />

des zukünftigen Malers und<br />

Zeichners erkennen lassen.<br />

Bewusst ausgewählt wurde<br />

auch das Hauptmotiv der<br />

Retrospektive, ein in Paris<br />

entstandenes Selbstbildnis<br />

aus dem Jahre 1965, das in<br />

in irgendeine Schublade zu stecken. Und der Überblick<br />

über das Werk zeigt, es gibt keine. Uwe Pieper in seiner<br />

Gänze ist immer wieder neu zu entdecken, in seiner Eigenart,<br />

seiner Bedeutung.<br />

Es beginnt damit, dass<br />

man Uwe Pieper mit keinem<br />

anderen Maler, nicht<br />

nur hier vor Ort, stilistisch<br />

vergleichen kann. Alle Verwandtschaften<br />

erweisen sich<br />

bei näherer Betrachtung als<br />

vordergründig. Keine der<br />

denkbaren Parallelen berührt<br />

die tieferen Schichten seiner<br />

Werke. Er ist kein Künstler<br />

der Neuen Sachlichkeit, er ist<br />

kein magischer Realist, kein<br />

Neo-Romantiker, kein Vertreter<br />

der Pop-Art und noch<br />

weniger ein Surrealist. Alle<br />

oberflächlichen Berührungspunkte,<br />

die man zur Charakterisierung<br />

heranziehen kann, Ein Lieblingsmotiv Piepers ist<br />

führen den Betrachter nicht Michelangelos David,<br />

weiter, enden<br />

in einer Sackgasse.<br />

Uwe Piepers Bildwelt wurzelt in der Vergangenheit<br />

und zeugt von seiner umfassenden<br />

Kenntnis der Geschichte der Kunst. Ein Lieblingsmotiv<br />

ist Michelangelos David, der um<br />

1500 entstandene, in Natura etwa 5 Meter<br />

hohe Koloss, der Kraft und gerechten Zorn<br />

symbolisieren sollte, Eigenschaften, die während<br />

der Renaissance als besondere Tugenden<br />

galten. Angriffsbereit schaut er nach links, ein<br />

Nachhall des mittelalterlichen Glaubens, dass<br />

die rechte Seite von Gott geschützt wird, während<br />

die linke dem Bösen ausgesetzt ist. Mit<br />

dem Kopf eines Apoll und dem Körper eines<br />

Herkules stellt er eine Apotheose der heldenhaftesten<br />

Eigenschaften aller Heroen dar, eine<br />

übermenschliche Vervollkommnung von<br />

Geist, Körper und Seele in menschlicher Gestalt.<br />

Dieser David ist das Porträt eines Ideals,<br />

für das der biblische David nur ein gängiges<br />

Symbol ist. Aber Uwe Piepers David trägt eine<br />

rote kurze Krawatte, den Schriftzug Coca-<br />

Cola und Armani, auf der anderen Seite ist<br />

4 Fotos: Gottfried Klör<br />

er mit Marlene Dietrich zusammengebracht<br />

– welch eine Zusammenstellung.<br />

26 durchblick 4/<strong>2010</strong>


Immer wieder taucht auch Laokoon auf, eine für Kaiser<br />

Tiberius geschaffene Kopie nach hellenistischem Vorbild.<br />

Er, der Priester des Apollon in Troja, warnte seine<br />

Landsleute vergeblich vor dem Trojanischen Pferd. Die auf<br />

Seiten der Griechen stehenden Götter schickten ihm zwei<br />

riesige Schlangen, die ihn selbst und seine beiden Söhne<br />

erdrosselten. Für Uwe Pieper wird der nach oben gereckte<br />

Kopf dieser Gestalt zum Inbegriff des Schmerzes. Wahrscheinlich<br />

zählt für den belesenen Künstler auch, dass diese<br />

berühmte Marmorgruppe im 18. Jahrhundert eine Diskussion<br />

über die Unterschiede von Malerei und Dichtung ausgelöst<br />

haben soll.<br />

Zitate der Kunstgeschichte sind Uwe Pieper wichtig. Da<br />

ist Leonardos Mona Lisa – aber auch als Putzfrau, Ingres<br />

Mademoiselle Rivière von 1806, oder der Journalist und<br />

Schriftsteller Max Hermann-Neise, 1925 von George Grosz<br />

im Bild festgehalten. Über ihn, den „Grünen Heinrich“<br />

schreibt Else Lasker-Schüler: „Seine Augen sind grün, sein<br />

Haar ein geschorener Wiesenfleck. Der ist ganz klein, trägt<br />

einen Hügel auf dem Rücken, sodass man ihn erst, wenn<br />

man mit ihm reden will, besteigen muss und es schwieriger<br />

fällt, zu ihm zu gelangen wie zu<br />

Uwe Pieper<br />

1940 geboren in Siegen<br />

1960–1962 München bei Prof. Blocherer<br />

1963–1963 Akademie der Künste in Wien,<br />

Meisterschüler von Prof. Dobrowsky<br />

1964–1965 École Supérieeure Nationale<br />

des Beaux Arts in Paris<br />

1966–1968 Studienaufenthalte in<br />

Spanien (Altea) und Berlin<br />

Gasthörer an der Academia de<br />

Bellas Artes in Valencia<br />

1969 Stipendium am Royal College of Art<br />

in London und Atelier im Abbey Centre<br />

and Museum in New Barnet<br />

Seit 1970 freischaffend in Siegen und Altea<br />

Viele Einzel- und Gruppenausstellungen<br />

Pieper hat heute seinen Lebensmittelpunkt<br />

wieder in Siegen<br />

Menschen, die alltäglich in die<br />

Höhe, manche nach unten aufgeschossen<br />

sind.“<br />

Auch wenn Ausflüge in andere<br />

Kunstepochen nicht ausbleiben,<br />

Uwe Pieper liebt die Renaissance,<br />

die Epoche der Wiedergeburt der<br />

Kunst aus dem Geiste der Antike<br />

und das Fundament für jede weitere<br />

Entwicklungsform europäischer<br />

Kultur. Beide, die Renaissance-<br />

Künstler wie Uwe Pieper beabsichtigen<br />

einen logischen Raum zu<br />

beherrschen, der in jedem Detail<br />

rationell vollendet ist. Außerdem<br />

streben beide nach Ordnung und<br />

Ausgewogenheit durch Vergleich<br />

und Verhältnismäßigkeit.<br />

Aber was haben Kermit, der<br />

hüpfende grüne Frosch, Blechspielzeuge,<br />

der Schriftzug Coca-Cola, Botticellis Venus<br />

mit rotem Rock, Pink Panther, Donald Duck und<br />

andere alltägliche Banalitäten damit zu tun?<br />

Für mich ist Uwe Pieper ein Symbolist ohne Symbole,<br />

denn er bleibt immer darauf bedacht, alles zu<br />

vermeiden, was als bewusst gesetztes Zeichen, als allegorischer<br />

Entwurf oder als Verbildlichung einer Idee<br />

gedeutet werden könnte. Und doch malt er alle zentralen<br />

Einheiten eines Bildes so, als ob ihm eine ungeheure<br />

Bedeutung zukäme. Er malt seine Gegenstände,<br />

so banal sie manchmal auch sein mögen, als wüsste<br />

er um ihre Rätselhaftigkeit und als wolle er diese lösen.<br />

Auch deshalb konfrontiert er uns mit oft absurd<br />

erscheinenden<br />

Kombinationen<br />

gänzlich unterschiedlicher<br />

Motive,<br />

die aber gleichwohl den<br />

Eindruck der Legitimität,<br />

des So-Richtigen<br />

vermitteln. Nirgendwo<br />

kommt Beklemmung<br />

auf, immer scheint der<br />

Schalk im Nacken zu<br />

sitzen. Es vermittelt<br />

sich das Gefühl eines<br />

intuitiven Verstehens,<br />

ohne dass man jedoch<br />

sagen könnte, wie<br />

es dazu kommt und<br />

welchen eigentlichen<br />

Sinngehalt dieses Verstehen<br />

hat. Oft entziehen sich die Bilder, besonders beim<br />

ersten oberflächlichen Betrachten unseren gedanklichen Erklärungsmustern.<br />

Das so offensichtlich Unwahrscheinliche<br />

in den Bildern nimmt uns für sich gefangen.<br />

Ein Symbolismus ohne Symbole – ein Paradoxon.<br />

Und doch liegt hier vielleicht der<br />

Schlüssel zum Werk von Uwe<br />

Pieper. Auch die Symbolisten<br />

des Fin du siècle waren den<br />

Welträtseln auf der Spur. Aber<br />

bei aller Liebe zu esoterischem<br />

Geheimwissen, konnten sie ihre<br />

Symbole rational steuern. Pieper<br />

dagegen lässt die Ratio ganz aus<br />

dem Spiel. Darin ist er eher ein<br />

Nachfolger der Surrealisten. So<br />

entstehen Bilder, die er in der realen<br />

Welt gesehen hat, die dann<br />

durch das Sieb der Erinnerung<br />

gesunken sind und die nun, als<br />

wären ihre Details wie aus einem<br />

Kaleidoskop durcheinandergeschüttelt<br />

worden, wieder sichtbar<br />

werden. Was da aus der Versenkung<br />

auftaucht und wieder ans<br />

Licht drängt, ist eine bunt <br />

durchblick 4/<strong>2010</strong> 27


Kunst<br />

gemischte Bildwelt starker Typen, wie u. a. die Serie der<br />

Objekte im Sieg-Carré heißt.<br />

Ein Symbolist ohne Symbole und eine Klassizist ohne<br />

Klassik – das zweite Paradoxon auf das<br />

man stößt. Uwe Pieper – ein Klassizist,<br />

dem von den Elementen der Klassik -<br />

Geist und Natur, die sich in Harmonie<br />

verbinden, die Natur verloren gegangen<br />

ist. So bekommt die Bildwelt des<br />

Uwe Pieper etwas Unwirkliches, oder<br />

um es mit dem Terminus der Kunstgeschichte<br />

zu beschreiben, etwas Surreales.<br />

Wobei er dadurch keineswegs<br />

zum Surrealisten wird, höchsten zum<br />

Surrealisten wider Willen.<br />

Eigentlich ist Uwe Pieper gar kein<br />

Maler, sondern ein Vertreter der konkreten<br />

Poesie. Wie seine Kollegen<br />

in der Literatur spielt er nämlich mit<br />

Details, lässt den übergreifenden Zusammenhang<br />

außer acht und fördert<br />

so, eine Formulierung von Max Bense<br />

aufgreifend, die „Hirndurchblutung“.<br />

In seinen Bildern spiegelt sich die Welt, sie enthalten das,<br />

was Menschen aufnehmen, was sie erleben und was sie<br />

daraus machen. Sie sind beladen mit Bedeutungen, die<br />

jedoch niemandem aufgezwungen werden, sondern ganz<br />

individuell bleiben. Jeder versteht beim Betrachten ganz<br />

gleich aus welchem Blickwinkel, dass da noch ein Geheimnis<br />

verborgen sein muss, das nur jeder<br />

für sich selbst finden kann. Denn erst<br />

im Betrachter selbst vollendet sich jedes<br />

Kunstwerk.<br />

Uwe Pieper: Ein Symbolist ohne<br />

Symbole, ein Klassizist ohne Klassik<br />

und ein Maler der Vergangenheit, dem<br />

die Vergangenheit abhanden gekommen<br />

ist. In dem Uwe Pieper nach den Visionen<br />

einer vergangenen Epoche greift,<br />

schafft er eine Bildwelt, die für immer<br />

mit seinem Namen verbunden sein wird<br />

– die Bildwelt des Uwe Pieper. Und es<br />

gibt nach wie vor viel zu entdecken.<br />

Wer zu Hause auf Entdeckungsreise gehen<br />

will, dem sei die limitierte Sonderedition<br />

„von A–Z“ ans Herz gelegt, die<br />

Foto: Hartmut Reeh<br />

drei mal dreizehn Musikgeschichten sowie<br />

Kunstgeschichten zeigt, aber auch<br />

starke Typen – eben wie Uwe Pieper,<br />

dem ich zusammen mit seiner Frau für die wunderbare Zusammenarbeit<br />

und die in fast 20 Jahren stetig gewachsene<br />

Freundschaft danken darf. <br />

<br />

28 durchblick 4/<strong>2010</strong>


Erinnerungen<br />

Das Poesiealbum meiner Mutter<br />

Da liegt es nun vor mir. Schwarz-braun geprägtes<br />

Leder. Auf der gepolsterten Vorderseite in Großbuchstaben<br />

– POESIE – vorsichtig, fast liebevoll<br />

streiche ich darüber. Dann schlage ich die erste Seite auf.<br />

Strenge, steile Buchstaben in Sütterlinschrift springen mir<br />

entgegen. Ein warmherziger Spruch. Zur steten Erinnerung<br />

an deinen dich liebenden Vater, lese ich. Ich sehe ihn vor<br />

mir, meinen Großvater. Als er das schrieb, zitterten seine<br />

Hände noch nicht. Später immer. Ich kannte ihn gar nicht<br />

anders. Bestimmt hat er seine einzige Tochter sehr geliebt.<br />

Er war ein Immerliebender. Auch ich habe noch viel von<br />

seiner Liebe gespürt. Ich blättere weiter. „Beklage nie den<br />

Morgen der Müh und Arbeit gibt, es ist so schön zu sorgen<br />

für Menschen die man liebt.“ In ewiger Liebe Deine Mutter.<br />

Januar 1918. Ja, Müh und Arbeit, zwei Worte welche<br />

die Oma richtig beschrieben. Sie kannte nichts anderes.<br />

Sie arbeitete immer und sorgte für alle. Sie war sich für<br />

nichts zu schade und alles, was sie tat, war für die Ihren.<br />

Sie war gewiss eine gute Mutter, für mich die beste Oma<br />

und für meine Kinder eine liebevolle, stolze Urgroßmutter.<br />

Ich liebte sie sehr. Ich blättere um. Ein lustiger Spruch von<br />

Mutters Onkel Otto. Als er das schrieb, war er noch jung<br />

und lebte zu Hause. Später wurde er ein Weitgereister. Unter<br />

anderem war er in Indien und hat dort beim Aufbau des<br />

großen Stahlwerkes in Rurkela mitgewirkt. Nächste Seite.<br />

Eine eindrucksvolle Schrift. Groß, aufwendig, genau. Genau<br />

wie sie selbst. Tante Martha. Unverheiratet. Sie war<br />

Verkäuferin im Schreibwarengeschäft Louis Thomas in der<br />

Kölner Straße. Wie gesagt, sie war groß, schlank, immer gut<br />

gekleidet. Ihre Sprache war gewählt. Mir kam sie immer<br />

etwas gestelzt vor. Nicht nur ihre Sprache, nein, die ganze<br />

Frau. Ihr Spruch im Album ermahnte an Arbeitsamkeit und<br />

Sparsamkeit. Es passte zu ihr. Nächstes Blatt. Fast die gleiche<br />

Schrift. Tante Hedwig, Schwester von Martha. Sie hatte<br />

eine gute Partie gemacht. Reich geheiratet. Sie gönnte sich<br />

was, und so war auch ihr Spruch. Lebe das Leben, stand da,<br />

denn wenn du tot bist kannst du nichts mehr nachholen. Interessant,<br />

wie die Verse, die da standen, auch immer etwas<br />

über den Schreiber aussagten. Jetzt folgten viele Seiten, in<br />

denen sich Nachbarn, Lehrer und Mitschüler verewigten.<br />

Alle drückten den gleichen Sinn aus. Liebe und Treue, Arbeit<br />

und Sparen, Beten und ganz viel Gottvertrauen. Oft sah<br />

ich aufgeklebte Blümchen und bunt ausgemalte Herzchen.<br />

In steter Erinnerung, in ewiger Freundschaft, in inniger Verbundenheit.<br />

Seite um Seite.<br />

Als Mutter das Album von ihrer Tante Martha zu Weihnachten<br />

bekommen hatte, war sie sieben Jahre alt. Mit jeder<br />

beschriebenen Seite wuchsen die Daten. Aus dem Kind<br />

war inzwischen eine junge Frau geworden, doch das Album<br />

ging weiter. Jetzt hatte – sehr ungewohnt – ein Schreiber<br />

gleich mehrere Seiten für sich in Anspruch genommen. Ich<br />

Foto: Inge Göbel<br />

lese und bin erstaunt. Diese Zeilen waren nicht von der<br />

gleichen, meist kindlichen Naivität wie die vorigen. – Nein<br />

– der Schreiber sprach eine andere Sprache.<br />

Und wenn die Nacht sich niedersenkt<br />

dann denk an mich<br />

Wird dir ein neuer Tag geschenkt<br />

dann denk an mich<br />

Auf allen deinen Wegen<br />

kommt dir mein Herz entgegen<br />

und flüstert inniglich<br />

„Oh, denk an mich!“<br />

durchblick 4/<strong>2010</strong> 29<br />

Oder:<br />

Das Leben ist Liebe<br />

aus Liebe entsteht es<br />

Liebe ist sein Inhalt<br />

in Liebe vergeht es<br />

Das ist kein Leben<br />

das keine Liebe kennt.<br />

Ich bin fasziniert. – Wer ist der Schreiber? –<br />

Es ist mein Vater! – Mutters erste und einzige Liebe.<br />

Hier endet das Album, obwohl noch viele leere Seiten zu<br />

beschreiben gewesen wären. Hier war die Kindheit vorbei.<br />

Jetzt begann eine andere Zeit. Fortan beschrieb das Leben<br />

die Seiten.<br />

Inge Göbel


Unterhaltung<br />

Liebenswerte „Fetische“<br />

Ja, mit der Liebe hat es schon eine besondere Bewandtnis,<br />

ich denke hier jetzt nicht an die Liebe, die zwischen<br />

Menschen entstehen kann. Ich denke unter anderem an<br />

die vielen Kuscheltiere, die von Kindern bis zur strapazierten<br />

Unkenntlichkeit immer noch und wieder geliebt werden.<br />

Heutzutage tummeln sich in Kinderzimmern Stofftiere aller<br />

Gattungen; doch meistens wird nur eines davon zum kuscheligen<br />

Liebling auserwählt, die anderen sind nur Statisten.<br />

Auch wir Erwachsenen haben unsere kleinen, liebenswerten<br />

Schwächen zu unseren „Fetischen“, die uns am Herzen<br />

liegen. Es sind Erinnerungsstücke aus vergangenen Zeiträumen,<br />

die wir einfach nicht missen möchten. Es hilft uns aber,<br />

das, was wir einmal liebten, in unseren Gedanken zu erhalten.<br />

Manchmal suchen wir aber auch an verlorengegangenen Dingen,<br />

die uns auf irgendeine Weise abhanden gekommen sind.<br />

Und das, was man nicht mehr hat, ist einem dann besonders<br />

wertvoll, obwohl es meist nur ideellen Wert besitzt.<br />

Kinder und Jugendliche bekommen in der heutigen<br />

Zeit auch nicht immer das, was sie so gerne haben, besitzen<br />

möchten. Wenn man älter wird, oft erst im fortgeschrittenen<br />

Alter, erfüllt man sich manchmal Wünsche<br />

aus vergangenen Kindheitstagen. So etwa Väter, die ihren<br />

Söhnen, sobald sie „Papa“ sagen und Sätze formulieren<br />

können, zum Geburtstag oder zu Weihnachten die Eisenbahn<br />

schenken, die sie sich selbst immer gewünscht und<br />

nie bekommen haben. Ja, und nun freut sich darüber Klein-<br />

Sohnemann „ganz toll”. Wer aber spielt damit?: „Papa“!<br />

Und der Sohn heult: „Papa, lass mich auch mal damit spielen,<br />

das ist doch mein Geschenk.“– Und Mama ist genervt!<br />

Und bei mir „ticken“ die Uhren in der Schatzkiste.<br />

Melodischer<br />

Stundenanzeiger<br />

Ich habe manchmal<br />

einen Hang fürs<br />

Komische oder sagen<br />

wir einfach für kleine,<br />

eigenartige Dinge,<br />

und dabei kam<br />

mir mal wieder der<br />

„Krimskrams-Katalog“<br />

zu Hilfe. Schon<br />

gleich nach dem Umblättern wusste ich: Da ist sie, meine<br />

„Neue Uhr“. Sie ist eine Wanduhr und meine jetzige, dreieckige,<br />

bebilderte mit „Dalis fallender Uhr“, braucht schon<br />

seit Jahren ein neues Batteriewerk.<br />

Foto: Gerda Greis<br />

Der Postbote brachte nur ein kleines Päckchen und ich<br />

war noch nicht einmal enttäuscht. Meine „Neue Uhr“ ist<br />

rund, hat einen leicht matt-silbrig glänzenden, rundgeformten<br />

ca. zwei cm breiten Rahmen mit einem Durchmesser<br />

von auch ca. zwei cm. Stunden-, Minuten- und Sekundenanzeiger<br />

sind gut sichtbar – auch für altersschwache<br />

Sehverhältnisse. Ob die Zahlen groß genug sind? Meine<br />

„Neue Uhr“ hat weder Zahlen noch Striche anstatt. Sie hat<br />

aber auch nicht „Nichts“, dafür sind über das ganze sogenannte<br />

Ziffernblatt zwölf gut sichtbare, verschiedene Musikinstrumente,<br />

den Stunden entsprechend, verteilt. Ich bin<br />

begeistert von meiner neuen „Spiel-Uhr“. Jede volle Stunde<br />

erklingt ein Musikinstrument mit einer kurzen Melodie –<br />

hier nachempfunden im Dreistundentakt:<br />

Freudig lockt die Klarinette<br />

morgens um sechs Frühaufsteher aus dem Bette.<br />

Jazz zu hören ist um neun<br />

aus einem Saxophon in sonorem Ton.<br />

Mittags um zwölf spielt leise<br />

die Violine eine altbekannte Weise.<br />

Keine leisen Töne schlägt rhythmisch<br />

an der Tambourin – die Uhr steht jetzt auf fünfzehn.<br />

Von der Mundharmonika ein lustiges Tralala gebracht<br />

sechs Stunden vor Mitternacht.<br />

Im nächsten Viertel der Zeitenrunde schlagen kleine<br />

Klöppel das Xylofon zur abendlich neunten Stunde.<br />

Um Mitternacht, drei Stunden später, bläst in sein<br />

Horn der Trompeter.<br />

Und kein Ohr hört mehr zur Schlafenszeit<br />

um drei die Klimperei.<br />

Eine Vorrichtung zum Ein- und Ausschalten wurde nicht<br />

vergessen; doch ein schriller Weckruf vergebens gesucht.<br />

30 durchblick 4/<strong>2010</strong>


2 Fotos: Gottfried Klör<br />

Dampflokgeräusche<br />

A<br />

ls unser jüngster Sohn seine Lehrzeit begann,<br />

muss te er zeitweise morgens um halb sechs Uhr<br />

aufstehen um rechtzeitig an seinem Arbeitsplatz zu<br />

sein. „Wohl, Mama, du weckst mich?“<br />

Keine Frage! Ich latschte dann schlaftrunken ins Obergeschoss<br />

und hatte meine liebe Not, den jungen Mann aus<br />

seinem Tiefschlaf ins Arbeitsleben zu nötigen. Das dauerte;<br />

doch nur meine müden Geister wurden dabei erweckt. Und<br />

die Weckuhr, in Reichweite zum Schläfer, bekam, wenn sie<br />

morgens zum „Aufstand“ rappelte, einen gezielt kräftigen<br />

Klaps – und – aus!<br />

Ich wollte dann irgendwann nicht mehr die liebe Mama<br />

sein. Ein Weihnachtsgeschenk fiel auch dementsprechend<br />

aus. „He, ich hab' doch einen Wecker!“, sagte unser Sprössling.<br />

Ja, das ist aber ein ganz Besonderes, interessantes<br />

Prachtstück, das holt dich aus tiefsten Träumen. „Lass hören!“<br />

Zuerst das Geräusch eines stampfenden, langsam anfahrenden<br />

Zuges, dann das immer schneller werdende Rattern<br />

der Räder auf den Schienen in einer Lautstärke, als ob ein<br />

langer Eisenbahnzug direkt neben dem Haus vorbeifahren<br />

würde, dazu kam dann auch noch das wiederholte Achtung-<br />

Pfeifen einer unter starkem Druck stehenden Dampflok. Es<br />

war fürchterlich – und so schön – laut.<br />

„Mit mir nicht, Mama, das Monstrum gehört eingestampft!“<br />

Er sieht zwar harmlos aus, hat's aber in sich, der<br />

neue Wecker, und nun soll er nur noch ticken? – bis zu<br />

Sylvester!<br />

Die Jungs feierten außer Haus, wir verbrachten das Jahresende<br />

bei Verwandten. Heimlich nahm ich den Wecker<br />

mit, fand ein günstiges Versteck und freute mich auf Mitternacht.<br />

Zeitgenau zum Jahreswechsel fuhr dröhnend, stampfend,<br />

ratternd und schrill pfeifend der imaginäre Zug vorbei,<br />

dazu das Gelächter der Party-Gesellschaft ob solcher<br />

„Spielerei“.<br />

Hühnerhofklänge<br />

Zu der Zeit, als ich morgens noch früh aufstehen<br />

wollte, aber meine Schwierigkeiten hatte, mich aus<br />

dem warmen Bett zu trollen, besorgte ich mir eine<br />

lustige „Weck-Uhr“. Für meinen kleinen, knapp zwei Jahre<br />

alten Enkel war das das tollste Spielzeug. Er schaffte es<br />

mit seinen kleinen pummeligen Fingerchen den Weckmechanismus<br />

immer und immer wieder neu einzustellen und<br />

hatte dann seine helle Freude daran, wenn der lange, laute<br />

Weckruf als schrilles „Kickeriki“ in Folge zu hören war.<br />

Die Vorstellung, auf einem Hühnerhof nur krähende Hähne<br />

anstatt Hühner vorzufinden, war nicht schwer. Mein kleiner<br />

Bengel saß dabei vergnüglich in Oma's Bett und wurde<br />

nicht müde, am laufenden Band den Hahn krähen zu lassen.<br />

Nach einiger Zeit aber war der Weckmechanismus überfordert,<br />

trotz neuer Batterien tat sich nichts mehr. „Oma<br />

Gerda, Kickeriki muss schlafen.“ So ein Schlingel! Kickeriki<br />

wurde nicht mehr wach. <br />

Gerda Greis<br />

Und irgendwann hat Sohnemann – die Mama geweckt.<br />

durchblick 4/<strong>2010</strong> 31


Gesellschaft<br />

Ewige Liebe<br />

2 Fotos: Tessie Reeh<br />

Liebesschlösser,<br />

jetzt auch am Rhein.<br />

Aufgerufen von der<br />

Band „Die Höhner“,<br />

„beschließen“<br />

viele Kölner ihre<br />

Verbindung. Die<br />

Schlüssel werden im<br />

Rhein versengt.<br />

Inzwischen wurde<br />

dieser Brauch auch<br />

vom WDR „geadelt“.<br />

Er gehört zu den 50<br />

Dingen, die nach Ansicht<br />

des Senders ein<br />

Nordrhein-Westfale<br />

in seinem Leben getan<br />

haben muss.<br />

Mein Mann hatte auf der Photokina in Köln-Deutz<br />

zu tun. Ich hatte nun einen freien Tag in der<br />

Domstadt und ging zu Fuß von der Messe über<br />

den Deutzer Bahnhof zur Hohenzollernbrücke. Diesen<br />

Weg bin ich schon oft gegangen, zuletzt vor zwei Jahren.<br />

Diesmal war es anders. Rechts sah ich wie immer die alte<br />

Messe und den Tanzbrunnen, drüben am Ufer des Rheins<br />

das Musical-Theater, daneben den Bahnhof und den Dom.<br />

Rheinaufwärts fuhren gemächlich Lastkähne und über den<br />

Strom ein Boot als Messezubringer vom Hauptbahnhof.<br />

Neben mir hinter den Gittern fuhren, jetzt schon gebremst,<br />

ICE und sonstige Züge langsam, aber mit vollem Getöse<br />

in den Hauptbahnhof ein. Ja, die Gitter irritierten mich.<br />

Denn da hatte sich einiges geändert. Da hingen vereinzelt<br />

Schlösser. Die waren neu und bunt und graviert. Erst wenig,<br />

dann wurden es immer mehr und ein dichtes Meer von<br />

Schlössern flinkerte in der Morgensonne. Was war das?<br />

Was bedeutet das? Aber ich konnte nicht in Ruhe schauen,<br />

immer klingelten Radfahrer und forderten mich auf,<br />

Platz zu machen. Und Gruppen von Japanern, Afrikanern<br />

und Menschen aus aller Herren Länder in dunklen Anzügen<br />

mit Rollkoffern kamen von der Bahnhofseite<br />

in Richtung Messe auf mich zu. Was waren das für<br />

Schlösser? Hier auf der klassizistischen Eisenbahnund<br />

Fußgängerbrücke, die um 1910 errichtet wurde<br />

und von vier Reiterstandbildern preußischer Könige<br />

flankiert wird.<br />

Erst im Café am Bahnhof konnte ich erfahren, das<br />

habe was mit Henning Krautmacher zu tun, mit den<br />

Höhnern. Die hätten die verliebten Kölner aufgefordert,<br />

ein Vorhängeschloss mit ihren Namen oder<br />

Initialen auf der Hohenzollernbrücke zu befestigen, sich<br />

ewige Liebe zu versprechen und dann den Schlüssel in<br />

den Rhein zu werfen: Mit dem Versprechen „für immer“.<br />

Eigentlich unglaublich in unserer Zeit der schnellen Trennungen,<br />

Scheidungen, Pachtworkfamilien, der Schnelllebigkeit,<br />

der Beliebigkeit, der Wegwerfbeziehungen. Die<br />

Sehnsucht nach ewiger Liebe ist geblieben. Freund und<br />

Freundin, Mutter und Tochter, Freund und Freund, Mann<br />

und Frau, allen Unkenrufen zum Trotz glauben sie an<br />

die Liebe, die es zu bewahren gilt. Hier wird sie für alle<br />

sichtbar und als Ziel für die Zukunft des Paares manifestiert<br />

und angestrebt. Als Symbol. Erst zusammengefügt<br />

– also Schlüssel und Schloss – gibt die Zusammengehörigkeit<br />

der Personen bekannt. Das Symbol ist sichtbares<br />

Zeichen einer unsichtbaren Wirklichkeit (hier: die Liebe).<br />

Der typisch kölsche Hit „Schenk mir dein Herz“ von den<br />

Höhnern befeuerte diesen für Köln neuen Brauch vom<br />

„Schloss am Rhein“, doch war er wirklich so neu?<br />

Ursprung des Brauches der Liebesschlösser ist wohl<br />

Italien. Die Absolventen der Sanitätsakademie San Giorgio<br />

in Florenz befestigten am Ende ihrer Ausbildung die<br />

Liebesschlösser,<br />

jetzt auch am<br />

Rhein. Aufgerufen<br />

von der Band<br />

„Die Höhner",<br />

„beschließen"<br />

viele Kölner ihre<br />

Verbindung. Die<br />

Schlüssel werden<br />

im Rhein versengt.<br />

32 durchblick 4/<strong>2010</strong>


Gesellschaft<br />

Vorhängeschlösser ihrer Spinde an der Brückenlaterne auf<br />

der Milvischen Brücke, die in Rom über den Tiber führt<br />

(Wikipedia). Oder liegt der Ursprung bei einem Ritual<br />

beim italienischen Militär, wie die Volkskundlerin Hänel<br />

vom Bonner Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte<br />

des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR)<br />

vermutet? Am Ende der Militärzeit hängen die Soldaten<br />

z. B. in Florenz die Vorhängeschlösser ihrer Spinde an<br />

Brückengeländern an, werfen den Schlüssel in den Fluss.<br />

Hier symbolisiert das Ritual die Freiheit. Dieser Brauch<br />

wurde dann von den Liebespaaren in Rom übernommen.<br />

Sie schworen und schwören sich ewige Liebe und werfen<br />

die Schlüssel der „Lucchetti dell'amore“ in den Fluss mit<br />

den Worten „per sempre“ (für immer). Federico Moccia<br />

hat diesen Brauch mit seinen Liebesromanen „Drei Meter<br />

über dem Himmel“ (1992) und „Ich steh auf dich“ (2006)<br />

und deren Verfilmung populär gemacht.<br />

Natürlich hat dieser neue romantische Brauch nicht nur<br />

Freunde. Die Deutsche Bahn ist Eigentümerin der Hohenzollernbrücke<br />

in Köln und kündigte schon öfters die Entfernung<br />

der Liebesschlösser mit dem Seitenschneider an.<br />

Doch vorerst werden sie noch geduldet, der allgemeine<br />

Protest hat erst einmal Wirkung gezeigt.<br />

Inzwischen gibt es diesen Brauch z. B. im ungarischen<br />

Pécs, in Moskau, in Deutschland in Dresden am „Blauen<br />

Wunder“, der Loschwitzer Brücke, in Berlin und Hamburg.<br />

Ob dieser Brauch wohl eines Tages vom Rhein auch<br />

an die Sieg finden wird?<br />

Tessie Reeh<br />

Quellen: Manfred Lurker „Wörterbuch der Symbolik“, Stuttgart 1985; Wikipedia, die freie Enzyklopädie; LVR-<br />

Fachbereich Kommunikation, Neuer Liebesschlösser-Hit der Höhner, 2009; Welt am Sonntag vom 01.03.09.<br />

Aktivitäten<br />

Selbstverteidigung für Senioren<br />

Sinngemäß hieß es in der Ausgabe 3/2009 des durchblick:<br />

„Fünf gutgelaunte Seniorinnen und Senioren,<br />

sportlich bequem gekleidet, beginnen nach Aufwärm-,<br />

Dehnungs- und Gleichgewichtsübungen mit gezielten<br />

Techniken zur Abwehr von körperlichen Angriffen<br />

und zu wirksamer Gegenwehr. ‚Combat‘, so heißt der Kurs<br />

unter Leitung von Schwarzgurt-Trainer Andreas Holz“.<br />

Das große Interesse an Abwehrtechniken und leicht erlernbaren<br />

Verteidigungsmaßnahmen lässt uns noch einmal über<br />

dieses Thema berichten und soll gleichzeitig Mut machen sich<br />

in Zukunft für einen derartigen Kurs anzumelden. Wer denkt,<br />

dass die mutigen Senioren nach dem ersten Kurs „Combat –<br />

moderne Selbstverteidigung“ aufgegeben oder gar schon alles<br />

gelernt hätten, der irrt sich gewaltig. Aus der anfänglich recht<br />

kleinen Gruppe ist inzwischen eine zweistellige<br />

Teilnehmerzahl geworden. Alle sind mit<br />

Eifer und Elan dabei. Übung und Ausdauer<br />

haben Abwehrverhalten und Reaktionsvermögen<br />

kontinuierlich weiter verbessert.<br />

Dass Neueinsteiger ohne Vorkenntnisse<br />

hinzukommen können, ist kein Problem<br />

für Andreas Holz. „Die Mischung macht<br />

es, wir alle können voneinander lernen<br />

und unterstützen uns gegenseitig“, so lautet<br />

seine Devise. Was an manchen Schulen<br />

erfolgreich praktiziert wird, trägt auch hier<br />

seine Früchte: Neue Teilnehmerinnen und<br />

Teilnehmer lernen von den Fortgeschrittenen<br />

und diese verbessern, verfeinern und<br />

vertiefen ihre bisherigen Kenntnisse und<br />

Foto: Ernst Göckus<br />

Fertigkeiten. Kein Wunder, dass weitere Interessierte herzlich<br />

willkommen sind.<br />

Auch der gesellige Teil soll neben getaner erfolgreicher<br />

Arbeit nicht zu kurz kommen. So trafen sich die Teilnehmer<br />

neulich mit ihrem Trainer zu einem gemeinsamen<br />

Abendessen in stilvoller Atmosphäre. Trainingskleidung<br />

wurde mit dem feinen Zwirn getauscht, silbernes Besteck<br />

und geschliffene Gläser ersetzten Kampfhandschuhe und<br />

Übungsmaterial.<br />

Bekanntlich löst ein Gedicht oft mehr Freude aus als lange<br />

Reden. Und genau deswegen wurde Andreas Holz an diesem<br />

Abend mit den nachfolgenden Versen geehrt, welche mögliche<br />

Gefahrensituationen, Kampftechniken und wöchentliche<br />

Trainingserfahrungen zum Gegenstand hatten <br />

durchblick 4/<strong>2010</strong> 33


Aktivitäten<br />

Mr bedanke os bi osem Meister<br />

Well du go secher op dr Stroase,<br />

dich nett zesame haue loase,<br />

da bruchste dir ken Knipp ze kaufe<br />

on och nett einfach wechzelaufe –<br />

du mosst nom Schwarzgurt-Andy go,<br />

da lehrst du nämlich schwinn verstoh,<br />

watt sich so op dr Stroase doht.<br />

Göb acht und nie verlier dr Moht.<br />

Go awer nie dörch donkle Ecke,<br />

wo sech manch kromme Hönn verstecke<br />

versoch dänn us dm Wäch ze go.<br />

Wenn dat da net meh klappt, verstoh<br />

Postier dich so, dat hä döt wesse<br />

Med demm is net god Kirsche esse.<br />

Kopp hoch on schwätz mit harter Stömm,<br />

vellechts kehrt da dä Klonk glich ömm.<br />

Stell dich strack op, guck watt hä well,<br />

3 Meter va’nem op dr Stell<br />

Sä em glich, ech will känn Krach,<br />

alles kloar on goare Dach.<br />

Behaal dän Driewes kloar em Bleck<br />

On hoff datt hä glich giert zereck,<br />

sich datt noch einmo öwerläht<br />

on da en annern Wäch ischläht.<br />

Grifft hä dich awer a, nett wahrde<br />

Da mosst schwinn op Agreff starde<br />

Behr em nie de breire Brost<br />

nur de Sidde – on dä Dost<br />

dä weiß net, dat du kahst Combat<br />

on eh hä sich verguckt noch hätt<br />

mit flacher Hand en op de Nas’<br />

da waggelt och det deckste Fass<br />

Da en Fußstoars, Trett mem Knee<br />

da döt dä ganz viel Sterne seh<br />

Scholler ronner, kömmt en Hoach<br />

gärt se rob, dat weiß mr doch,<br />

da schlährt dä Mäckes meistens strack<br />

on denkt hä hätt dich glich im Sack<br />

Ganz wechtich is dr erste Schlaach<br />

Datt präricht Andy jeder Daach.<br />

On wat for Denger eh’s gedoacht<br />

Hät os dr Andy bigebroacht:<br />

De Hän brosthoch on abgewarded,<br />

ob dä vellichts op Agreff started<br />

Lieh dr Schlach öm mit lechter Hand,<br />

trainier de Bein, dat macht gewandt.<br />

Dr Hals do ronner, stech de Aue<br />

Wovor de Fenger net all daue.<br />

Trett wie e Pard mem Kne en Stoaß<br />

ganz feste e dem Lomp sinn Schoaß.<br />

Ob Koppstoaß wie en Zejebock,<br />

Elleboje, Abwehrblock, zwiefach<br />

Nelson, Upper Cut<br />

va däm on meh hä Ahning hätt.<br />

On dat hätt hä och obgeschreewe<br />

E sinnem Booch, do döt dat blewe.<br />

Sinn Fach dat ka hä wahne rechdich<br />

on god verkleckern, dat is wechdich.<br />

On klappt et moa net ganz so god,<br />

macht hä os werer frescher Mod:<br />

„Dat is net schlimm, dot au net schänne<br />

Dat wird sich mit dr Zitt schoar finne.<br />

Klappt dat noch besser, sinn mr froh<br />

Dat woar schoar fröher so wie hoh.“<br />

Sinn Onnerecht es interessant<br />

hä hät die Zöjell eh dr Hand<br />

zeiht veel Gedold, kah god erklärn,<br />

domet mr ömmer bessern wärn.<br />

Nur ei, dat ka hä garnet liere<br />

Wenn Lü sich babbelnd verlustiere.<br />

„Ahl Surermull nu sie mo stell<br />

Du häst zemache wat ich well<br />

Sall ech ou noch e Kaffi kreje?<br />

Nu brängt de Fiste moa zom fleje!<br />

Ihr sid net he zom Schwadroniern<br />

Combat – dat sollt ihr trainiern.“<br />

So döht hä manchmoa luthals prätsche<br />

On meint domit dr meist de Mädche<br />

Dat Beste wat de Mädcher mache,<br />

Es, dat se stell doröwer lache.<br />

Zom Enn da loasst os all noch hoffe,<br />

dat Combat-Kurse bliewe offe<br />

for Lü, die sowat gern wonn mache<br />

weil dat is so en goore Sache.<br />

Dat Sensei jedem wat ka bere,<br />

ob Afänger ob Fortgeschrere,<br />

dat jeder he wat lehrn noch ka,<br />

ob Jong, ob Mädche, Frau or Mah.<br />

Itz häwe mir erstmoa det Glass<br />

On wönsche os noch hoo veel Spass.<br />

Gisela Rauch und Ernst Göckus<br />

Foto: Gottfried Klör<br />

Es geht nichts über Mund-zu-Mund Propaganda. Nachdem vorab genannter<br />

Kurs einen derart großen Zulauf hatte, gibt es nunmehr eine weitere Gruppe<br />

im Haus Herbstzeitlos, welche neben Strategien der Deeskalation nun auch<br />

die Fäuste fliegen lässt! Veranstalter des neuen Kurses ist die „Regiestelle<br />

Leben im Alter“ der Stadt Siegen, die auch weitere Informationen bereithält.<br />

34 durchblick 4/<strong>2010</strong>


Unterhaltung<br />

Die Flaschenpost<br />

M<br />

eine älteste Tochter Christiane (63) lebt seit ein<br />

paar Jahren in Irland. Als sie noch in Deutschland<br />

war, wohnte sie in der Nähe von Darmstadt.<br />

Dort betreute sie viele Jahre zwei kleine Kinder, damals<br />

zwei und vier Jahre alt. Maike war die Kleine und Uwe der<br />

Ältere. Er war ruhig, verschmust und liebebedürftig, Maike,<br />

seine kleine Schwester, genau das Gegenteil – flott,<br />

selbstständig und eine wilde Hummel. Die beiden liebten<br />

meine Tochter über alles und das war gegenseitig. Meine<br />

Tochter, die selbst zwei Kinder großgezogen hatte, sah<br />

in den beiden die Wiederkehr ihrer eigenen und so war<br />

auch das Verhältnis. Die Kinder machten ihre Christiane<br />

einfach zur „Omi“. Die Liebe ging sogar so weit, dass ich,<br />

die schon mal zu Besuch dort war, kurzerhand die „Oma<br />

Siegen“ wurde. Es war einfach eine wunderbare Zeit mit<br />

den Kindern, aber auch die Eltern der beiden wurden<br />

unsere Freunde.<br />

So hätte es weitergehen können bis ans Ende<br />

der Tage, aber das Schicksal wollte es anders.<br />

Meine Tochter musste mit ihrem Mann nach<br />

Irland gehen. Trauer über Trauer und Tränen<br />

auf beiden Seiten. „Omi, wir besuchen dich<br />

ganz bald“, und so wurde es gemacht. Die<br />

Zeit verging. Mit ständigen Telefonaten<br />

wurde die „Omi“ über alles in der<br />

Schule informiert. Uwe ging jetzt bereits<br />

auf das Gymnasium und auch<br />

Maike war eine gute Schülerin.<br />

Dann kamen die ersten großen<br />

Ferien und was lag da näher<br />

als die Reise nach Irland<br />

zu „Omi“. Es waren wunderschöne<br />

Tage. Viel gab<br />

es zu sehen und die<br />

Kinder staunten darüber,<br />

dass die Menschen<br />

dort wirklich alle<br />

englisch sprachen, allerdings<br />

anders, als sie es in der Schule<br />

lernten und sie konnten die Iren nicht<br />

verstehen.<br />

Foto: Gottfried Klör<br />

Natürlich fuhren sie auch an das Meer. Genau dafür<br />

hatten sich die Kinder etwas Besonderes ausgedacht: eine<br />

Flaschenpost! An einem schönen, sonnigen Tag warfen<br />

die beiden ihre verschlossenen Flaschen so weit sie konnten<br />

hinaus. Liebe Grüße und natürlich die Anschriften waren<br />

der Inhalt der Briefe, die sie mit Herzchen und Blumen<br />

bemalt hatten.<br />

Ganz langsam wabbelten die Flaschen los. Die Kinder<br />

waren enttäuscht, sie hatten es sich wohl stürmischer<br />

vorgestellt. „In dem Tempo brauchen sie bestimmt Jahre,<br />

bis die irgendwo ankommen!“, meinte Maike und auch<br />

Uwe ließ die Schultern hängen. So freudig und euphorisch<br />

wie auf der Hinfahrt verlief die Heimfahrt nicht. Nur die<br />

Aussicht auf das irische Konzert am Abend machte sie<br />

wieder fröhlich.<br />

Die Ferien gingen vorbei, sie waren wieder zu Hause<br />

und der Alltag ließ sie bald die Flaschenpost vergessen,<br />

bis zu jenem Tag. Das Telefon klingelte bei meiner<br />

Tochter in Irland. Am anderen Ende war eine<br />

total aufgelöste und erregte Maike.<br />

„Omi, Omi!“, rief sie, ihre Stimme<br />

überschlug sich. „Stell<br />

dir vor, meine Flasche ist gelandet.<br />

Heute habe ich einen<br />

Brief bekommen von einem<br />

Mädchen aus England. Maggi<br />

ist etwas älter als ich und lernt<br />

in der Schule Deutsch. Ihre Oma<br />

hatte die Flasche gefunden und weil<br />

sie kein Deutsch konnte, brachte sie<br />

die Flasche ihrer Enkelin Maggi mit.<br />

Omi, Omi, ist das nicht toll! Es ist das<br />

Tollste, was ich je erlebt habe. Ich bin so<br />

froh! Wie gut, Omi, dass wir immer mit dir<br />

Englisch gepaukt haben. Ich schreibe heute<br />

noch zurück. Stell dir vor, wir können voneinander<br />

die Sprache lernen. Besuchen werden<br />

wir uns dann bestimmt eines Tages auch. Stell<br />

dir vor, ich werde international!!. Eine Omi in<br />

Irland und eine Freundin in England!“ Maike war<br />

außer sich vor Freude. Es sprudelte nur so aus ihr<br />

heraus.<br />

Dann kam die Mutti an das Telefon und auf die Frage,<br />

wie es Uwe denn ginge, wurde ihre Stimme so traurig,<br />

wie es Uwe im Augenblick war. Zu meiner Tochter hatte<br />

Uwe dann gesagt: „Siehst du, Omi, wie ungerecht alles im<br />

Leben ist. Ich habe die besseren Noten in Englisch, aber<br />

Maike bekommt die englische Post!“ Obwohl ich selbst<br />

nicht an meine Worte glaubte, tröstete ich ihn zu warten,<br />

vielleicht käme ja seine Flasche auch noch irgendwo an,<br />

vielleicht viel weiter weg. „Gut“, sagte er, „Omi, wenn<br />

ich in den nächsten Ferien wieder zu dir komme, werfe<br />

ich noch einmal eine Flasche ins Meer!“ „So machen wir<br />

es Uwe“, antwortete meine Tochter und hörte im Hintergrund<br />

die immer noch jubelnde Maike, die jetzt gerade die<br />

Neuigkeit von der geglückten Flaschenpost ihrer Freundin<br />

erzählte.<br />

Inge Göbel<br />

36 durchblick 4/<strong>2010</strong>


„<br />

Kommt<br />

Linda (68) allein im Haus<br />

Hüttentalschule sucht Lesepaten<br />

die Linda heute nicht?“, fragt der kleine<br />

Abdull in der Geisweider Hüttentalschule seine<br />

Lehrerin Monika Becker nach der großen<br />

Pause. Der Junge mit<br />

türkischem Migrationshintergrund<br />

wartet<br />

mit einigen Mitschülern<br />

ein wenig ungeduldig<br />

in der kleinen<br />

Schulbücherei auf die<br />

„Lesepatin“. Doch Linda<br />

kommt. Und wenn<br />

sie kommt, kommt sie<br />

prompt, könnte man<br />

sagen. Denn Linda<br />

zieht es einmal in der<br />

Woche förmlich zu<br />

„ihren“ Kindern in die<br />

Hüttentalschule. Da<br />

eilt sie schnurstracks<br />

vom Schulhof durch<br />

die Flure vorbei an<br />

Schulleiter- und Lehrerzimmer<br />

direkt in die<br />

Lesestube im Erdgeschoss<br />

der Schule. Linda<br />

sucht den Direktkontakt, macht keine langen Umwege.<br />

Nicht alle Kinder nennen sie bei ihrem Vornamen, manche<br />

Foto: Dr. Horst Bach<br />

Ehrenamt<br />

Wahrverwandschaften: Linda Löser mit „ihren“<br />

Kinden am Vorlesetisch.<br />

sagen auch ganz einfach „Oma“ zu ihr, Kinder mit Siegerländer<br />

Migrationshintergrund eher „Omma“. Denn Linda<br />

Löser ist bereits 68 Jahre alt. Ihr Arbeitsgerät ist die Lesebrille.<br />

Mehr braucht<br />

sie nicht, um glücklich<br />

zu sein und ihre<br />

kleinen Leseratten<br />

glücklich zu machen.<br />

Sie berät die Kinder<br />

bei der Auswahl der<br />

Bücher, liest mit ihnen<br />

kleine Texte, erklärt<br />

Fremdwörter. Und für<br />

die Abdull, Mehmet,<br />

Hasan & Co. sind natürlich<br />

viele deutsche<br />

Begriffe zunächst<br />

einmal Fremdwörter.<br />

Als es zum Beispiel<br />

um den „Panzer“ der<br />

Schildkröte geht, da<br />

hat Linda alle Mühe,<br />

insbesondere die Jungen<br />

vom vermeintlichen<br />

Kriegspfade<br />

abzubringen.<br />

Leider ist Linda als Lesepatin im Augenblick allein im<br />

Haus. Denn Lesepaten werden zurzeit gesucht in der Hüttentalschule,<br />

deren Schulleiterin Müller-Jüngst<br />

ansonsten auf eine engagierte „Elternreserve“<br />

zurückgreifen kann. Eigentlich sollen immer<br />

nur ein oder zwei Kinder von einer Lesepatin<br />

betreut werden, doch mangels Masse an Patenschaften<br />

schart Linda auch schon einmal<br />

mehrere Kinder um sich.<br />

Zwei Söhne (40 und 42 Jahre alt) hat die<br />

rüstige Seniorin großgezogen. Die fünf Enkelkinder<br />

im Alter zwischen 10 und 13 Jahren<br />

wohnen weit weg, kommen nur selten zu<br />

Besuch ins Geisweider Wiesental 67, wo die<br />

Oma wohnt. So freut sich Linda über die kindlichen<br />

„Wahlverwandschaften“ in der Hüttentalschule.<br />

Zwei Studenten der Universität Siegen<br />

hatten im vergangenen Jahr in Kooperation<br />

mit Schulleitung und Kollegium das Leseprojekt<br />

gegründet. Sechs Lesepatinnen standen<br />

damals zur Verfügung. Jetzt lautet die Frage:<br />

„Wie lange ist Linda noch allein im Haus?“ <br />

Dr. Horst Bach<br />

durchblick 4/<strong>2010</strong> 37


Reisen / Aktivitäten<br />

Schreibferien am Lago Maggiore<br />

Texte aus dem Kreativkurs mit Crauss<br />

4 Fotos: Archiv Crauss<br />

Die beiden Siegenerinnen Hedwig Jung (*1932) und<br />

Lotte Thiemann (*1931) machten sich im Mai <strong>2010</strong><br />

auf den Weg nach Oberitalien, um am südlichen<br />

Ende des Lago Maggiore an einem vom Siegener Dichter<br />

Crauss (*1971) geführten Schreibkurs teilzunehmen, aber<br />

auch, um die wunderschöne Landschaft rund um den See<br />

zu genießen: die dicht bewaldeten Berge der Voralpen, die<br />

beschaulichen Hafenstädtchen Luino und Laveno sowie<br />

die Preziosità da Vivere – die Kostbarkeit des Lebens – in<br />

einem alten, ganz liebevoll restaurierten Gästehaus.<br />

Während der Schreibwoche in Casalzuigno entstanden<br />

romantische, sehr poetische, aber auch ein wenig verrückte<br />

Texte, die den beiden Damen Lust auf mehr gemacht haben.<br />

Hier folgen einige Beispiele.<br />

in der ferne<br />

von Hedwig Jung<br />

in der ferne blauer himmel,<br />

die bäume bringen schatten<br />

über die grüne wiese.<br />

zwischen büschen ein bett<br />

zum ausruhen. es ist eine<br />

wohltuende ruhe, die mir<br />

da entgegenstrahlt.<br />

Das versteckte Gespenst<br />

von Lotte Thiemann<br />

Ein Sommertag, ein Garten in Oberitalien, 12 Uhr. Der<br />

Kirchtum hinter der Mauer ist halb verdeckt durch einen<br />

düster und unheimlich wirkenden Schlangenbaum. Ein Ton<br />

durchreißt die Mittagsstille: nicht ein Ton, jetzt mehrere, so<br />

unmelodisch und unrhythmisch wie es nur geht. Glocken,<br />

die eigentlich die Mittagsruhe einläuten sollen. Sie reißen<br />

mich aus meinen Gedanken, ich kann keine mehr fassen.<br />

Naja, das Gebimmel, nein, das Geläute beruhigt sich auch<br />

wieder.<br />

Ich durchstreife den Garten, entdecke Sträucher, Büsche<br />

und Blumenbeete, die verzaubernd auf mich wirken, dieser<br />

Duft, diese Farben! Mein heimatlicher Garten kommt mir<br />

in den Sinn. Kümmerlich wachsen dort die Pflanzen vor<br />

sich hin. Die Wurzeln müssen auf felsigem Boden nach<br />

Nahrung suchen. Der nahe Wald streut Schatten aus, nur<br />

kurz genießen sie die Sonne.<br />

Hier gedeihen sie in einer üppigen Pracht, die Rosen,<br />

Weigelien, Pfingstrosen, Schwertlilien und der von mir so<br />

geliebte Hartriegelstrauch. Natürlich auch Kamelienbäume<br />

entdecke ich. Zu Hause muss ich mir Mühe geben, wenn ich<br />

sie über den Winter bringen will! Eine komplizierte Pflanze<br />

in unseren heimatlichen Breiten. Ich habe die Hoffnung<br />

noch nicht aufgegeben.<br />

38 durchblick 4/<strong>2010</strong>


Reisen / Aktivitäten<br />

Unter einem hohen Walnussbaum finde ich eine Bank.<br />

Gelegentlich macht es „pong“. Eine unreife, grüne Nussfrucht<br />

hat sich vom Ast gelöst und knallt auf den Tisch.<br />

Automatisch ziehe ich den Kopf ein. — Da entdecke ich<br />

es, das kleine weiße Gespenst.<br />

Hat mich der Jasminduft<br />

betört, oder sehe<br />

ich richtig? Ein Gespenst<br />

am helllichten Tag? Klein,<br />

weiß, kaum kniehoch steht<br />

es zwischen Efeublättern,<br />

die über den Zaun ranken.<br />

Es schaut mich an mit kleinen<br />

schwarzen, schräg stehenden<br />

Augen. Beobachtet<br />

es mich? Nein, ich habe<br />

nicht vor, Pfingstrosen abzupflücken,<br />

auch keine der<br />

wunderschön blühenden<br />

Ein Gespenst<br />

am hellichten Tag?<br />

Schwertlilien! Vielleicht<br />

wacht es nur darüber, dass<br />

keine Schnecken oder Karnickel<br />

sich über den nahen Gemüsegarten hermachen. Gibt<br />

es hier auch Maulwürfe? Ziemlich sicher ist, es sagt den<br />

Knospen der Blumen im rechten Moment, sie sollen sich<br />

öffnen. Einer muss ja schließlich den Garten über Nacht<br />

verzaubern! Ich atme! Ich genieße!<br />

Der Garten, der vom Hausherrn bearbeitet wird, ist<br />

ebenfalls eine herrliche Anlage. Die meisten Kräuter und<br />

Gemüse, die den Gästen serviert werden, wachsen hier, außerdem<br />

strahlen einem viele Blumen und blühende Büsche<br />

entgegen. Ein Walnussbaum, unter dem eine Bank steht,<br />

lädt zur Ruhe ein. Der gepflegte Rasen ist eine Augenweide.<br />

Das Haus ist mit Blauregen und anderen blühenden Blumen<br />

umrankt und geschmückt. Im Weinkeller liegt mancher<br />

gute Wein aus der Umgebung, der den Gästen mundet.<br />

Sie sind in „Il Cortile“ gut aufgehoben.<br />

Sprechendes Gemäuer<br />

von Lotte Thiemann<br />

Antonio und Veronika kannten sich schon aus der Kinderzeit.<br />

Je älter sie wurden, desto mehr wuchs ihre Zuneigung.<br />

Besonders Antonio dachte an die Zukunft. Veronika erbte<br />

Felder in der Lombardei, ihre Großeltern lebten in einem Dorf<br />

dort, in Casalzuigno, nicht weit vom Lago Maggiore. Die Besitzer<br />

der Villen in der Lombardei mussten, um an den Lago,<br />

an die Orte dort zu kommen, durch diese kleine Ansammlung<br />

von Häusern, damals natürlich mit ihren Kutschen.<br />

Antonios Gedanken kreisten immer wieder um eine Osteria.<br />

Sie war aber dort eben noch nicht vorhanden. War das<br />

eine Idee? Eine Veronika und eine Osteria? Wie konnte er<br />

ohne viel Geld diesen Plan verwirklichen? Er hatte einmal<br />

in den Keller solch einer Osteria geschaut: die großen <br />

Die Abendsonne<br />

von Hedwig Jung<br />

Die Abendsonne spiegelt sich im<br />

Bachlauf neben einer Bank wider.<br />

Eine herrliche Stimmung in der Natur.<br />

Am Rande zwischen Felsen und<br />

kleinen Steinen blühen Blumen,<br />

die dem Wanderer Ruhe geben.<br />

Garten der Ruhe<br />

von Hedwig Jung<br />

Die Gastgeber des Bed & Breakfast „Il Cortile“ in<br />

Casalzuigno wohnen in einer wunderschönen Heimstadt.<br />

Das Haus wird liebevoll gepflegt und mit vielen von der<br />

Besitzerin Elisabetta Borsari gearbeiteten Glaskunstarbeiten<br />

eingerichtet. So wird die rustikale Schlafstätte besonders<br />

gemütlich. Auch das Frühstück die Mittagsmahlzeit<br />

und das Abendgericht sind mit Liebe- und gefühlvoll<br />

hergerichtet, Elisabettas ideenreiche Kochkünste regen<br />

den Appetit an.<br />

durchblick 4/<strong>2010</strong> 39


Reisen / Aktivitäten<br />

Weinfässer, dickbauchigen Glasflaschen und eine richtige<br />

Weinpresse. Er hatte alles gesehen, das Gewölbe aus Feldsteinen<br />

und den Boden aus Flusskieseln; der war besser zu<br />

reinigen als Lehmboden. Für seinen Plan brauchte er Steine,<br />

Steine, Steine. Ohne Arbeit und viel Schweiß würde es nicht<br />

gehen, und Steine gabs ja genug. Wo, war keine Frage.<br />

Bei seinen Streifzügen durch die Felder bis an die nahen<br />

Berge zuckte ihm einmal beim Überspringen eines Bergbachs<br />

der Gedanke an die Flusskiesel durch den Kopf. Jede Menge,<br />

alle Größen sammelten sich in kleinen Buchten. Sie hatten<br />

einen jahrtausendelangen Weg von den Bergen hinunter zur<br />

Ebene hinter sich. Sie rieben sich und scheuerten aneinander,<br />

weiße, graue, schwarze und rötliche, sogar gesprenkelte<br />

Granitsteine, im Frühling vom Frost von den Felswänden<br />

abgesprengt und von der Schneeschmelze mitgerissen. Ohne<br />

Rast und Ruhe vorangetrieben, umgedreht, an Felsbrocken<br />

entlanggescheuert und mit anderen Steinen übereinandergewälzt<br />

und gerieben, veränderten sie ihre Form und wurden<br />

immer runder. Ein lustiges Poltern und Klackern! In den<br />

Buchten kamen sie dann, große und kleine, zur Ruhe.<br />

Hier entdeckte Antonio sie. Er sah den Boden schon vor<br />

sich, die Kugeln in Reih und Glied nebeneinander oder schräg<br />

versetzt. Er brauchte sie eigentlich nur aufzusammeln. Der<br />

Transport würde nicht einfach sein, in einer stabilen Kiepe<br />

vielleicht? Die Steine für das Kellergewölbe zu finden<br />

war schon schwieriger, abgesprengt von den Felswänden als<br />

Bruchsteine oder im Gelände. Sie sollten möglichst ähnlich<br />

in der Größe sein. Er wird eine Zeit lang suchen und sammeln<br />

müssen und sie zu Haufen aufstapeln. Später würde er sich<br />

Ochsenkarren leihen, denn das Material sollte ja in Casalzuigno<br />

verarbeitet werden.<br />

Veronika war von der Idee der Osteria auch angetan. Sie<br />

sah sich schon als freundliche, Wein ausschenkende Frau.<br />

Antonio machte sich voll Eifer ans Werk. Seine kameradschaftliche<br />

Art fand bald Helfer im Dorf, die sich natürlich<br />

schon auf ein Gläschen Wein nach getaner Arbeit freuten.<br />

Selbst Generationen nach Antonio und Veronika kehren<br />

Gäste ein, wenn auch heute als Autofahrer, und genießen die<br />

Gastfreundschaft der Besitzer bei einem Gläschen Wein.<br />

Mulinexgedicht<br />

von Lotte Thiemann<br />

Hilfe, der Affenhund hat am Brillenmus genascht!<br />

Haben die Hasenhörner ihn verpiept?<br />

Nein, nein, der Dampfkopf hat's gesehen.<br />

Seine Schwester, die Zitronenbirne,<br />

beschnulzt in ihren Kuchenschuhen<br />

mit der Rasenflöte pausenlos alles weiter.<br />

So kommt Wasserlicht in die Angelegenheit.<br />

Und wo bleibt in dem Gedicht das Hühnersofa?<br />

Unterwegs<br />

von Lotte Thiemann<br />

Kilometerstein, Kilometerstein<br />

weiter, Durst<br />

Kilometerstein, Kilometerstein<br />

weiter, Durst, Wasser<br />

Kilometerstein, Kilometerstein<br />

weiter, Durst, Wasser, Bach<br />

Kilometerstein, Kilometerstein<br />

weiter, Durst, Wasser, Bach, Quelle<br />

Kilometerstein, Kilometerstein<br />

weiter, Durst, Wasser, Bach<br />

Kilometerstein, Kilometerstein<br />

weiter, Durst, Wasser<br />

Kilometerstein, Kilometerstein<br />

weiter, Durst<br />

Kilometerstein, Kilometerstein<br />

Kneipe<br />

Wasser, Wasser, Wasser<br />

Weitere Informationen über den Kurs unter:<br />

www.schreibferien.crauss.de<br />

40 durchblick 4/<strong>2010</strong>


Buchbesprechung<br />

Romantisch reisen – Typisch speisen<br />

E<br />

rlebnisse mit<br />

Hoteliers, Prominenten,<br />

Touristen<br />

und ganz gewöhnlichen<br />

Menschen<br />

erzählt das Buch „Romantisch<br />

reisen – typisch<br />

speisen“ von Gerd<br />

Marianczyk. Der Autor<br />

wohnt im Siegerland<br />

und war viele Jahre als<br />

Reiseleiter vorwiegend<br />

im spanischen Sprachraum<br />

tätig. Er berichtet<br />

Erstaunliches und Unbekanntes,<br />

was man oft<br />

in einem gängigen Reiseführer<br />

nicht findet.<br />

Die Stärke des Buches<br />

Erschienen im Verlag<br />

„Books on Demand GmbH“,<br />

Norderstedt<br />

machen die Schilderungen der persönlichen Begegnungen<br />

aus sowie das Schauen hinter die Kulissen, abseits von den<br />

gewöhnlichen touristischen Trampelpfaden.<br />

Ein Beispiel mag das verdeutlichen: Granada mit seiner<br />

weltberühmten Alhambra. Marianczyk gibt Informationen<br />

über Name, Baustil, Entstehung und Geschichte (wie andere<br />

Reiseführer auch), aber hier gibt es weitere Informationen<br />

wie die Geschichte mit dem Flüsterkeller, der bei normalen<br />

Führungen nicht gezeigt wird. Wenn sich in diesem Keller<br />

zwei Personen unter dem gewaltigen Kreuzgewölbe in<br />

einem Abstand von 17 Metern gegenüberstehen und Sätze<br />

in die ausgefugten Rillen flüstern, so sind die Worte deutlich<br />

zu verstehen. Oder er erzählt von der Begegnung mit der<br />

Zigeunerkönigin „Maria la Canastera“ (Korbflechterin). Sie<br />

thronte am Ende einer großen Höhle auf einem kunstvoll<br />

geflochtenen Korbsessel mit hoher Lehne und ließ sich von<br />

den Besuchern über das Leben der Zigeuner befragen.<br />

Seine profunde Kenntnis von Land und Leuten zeigt<br />

der Autor an vielen Beispielen. Im Kapitel „Caballero –<br />

eine Anrede und ihre Bedeutung“ führt er aus, dass diese<br />

freundliche Anredeform bei Kellnern, Hoteldirektoren,<br />

Taxifahrern und Bankern gleichermaßen gut ankommt,<br />

während die Anrede Señor eher unpersönlich und etwas<br />

steif rüberkommt.<br />

Das Buch ist leicht zu lesen und bietet viele Informationen<br />

und die Schilderung interessanter Begegnungen aus<br />

den Jahren der Tätigkeit des Reiseleiters in diesen Gebieten.<br />

Ärgerlich an dem Buch sind seine vielen Rechtschreibfehler,<br />

besonders bei der Kommasetzung. Horst Mahle<br />

durchblick 4/<strong>2010</strong> 41


Ein-Wort-Sätze<br />

V<br />

or einiger Zeit, wieder einmal angeregt durch einen<br />

„Guten Morgen“ – Artikel von Florian Adam in der<br />

Westfälischen Rundschau über „Ein-Wort-Sätze“,<br />

erinnerte ich mich an eine Busfahrt mit meinem gerade zwei<br />

Jahre alt gewordenen Enkel Yannik, der zu der Zeit die bunte<br />

Farbenwelt in seinen Sprachschatz aufgenommen hatte.<br />

Kinder plappern unentwegt, sobald sie sprechen können.<br />

Sie haben so viel zu sagen und zu fragen, dass es für sie viel<br />

zu lange dauert, in vollständigen Sätzen zu kommunizieren.<br />

Sie denken schneller, als sie sich mitteilen können und nehmen<br />

ihr Umfeld anders wahr als Erwachsene.<br />

An der Bushaltestelle:<br />

„Oma guck, weißer Bus kommt! Bus hält! Türe auf!<br />

Einsteigen! Oma komm, setzen! Türe zu! Bus fährt!“ Alles<br />

genauestens kommentiert und während er neben Oma<br />

am Fenster sitzt, entgeht nichts seinen wachsamen Augen.<br />

„Oma!“ „Ja!“ „Stuhl blau.“ „Ja-a!“ „Frau Haare rot, Mann<br />

Schuhe schwarz!“ „Ja-a-a!“, und ein ständiges Kopfnicken<br />

von Oma dazu.<br />

Kurz darauf: „Bus hält! Ampel rot!“ Während der Fahrer<br />

auf der Busspur warten muss, bis für ihn die Ampel wieder auf<br />

Grün umschaltet, fahren Autos langsam am Bus vorbei. Plötzlich<br />

klatscht der Kleine mit seinen pummeligen Händen auf die<br />

Fensterscheibe und jubelt lauthals: „Da! Da! Pobel Golf! Pobel<br />

Golf! Pobel Golf!“ Er war so begeistert von dem Opel, dass die<br />

Farbe für ihn wohl unwichtig zu sein schien. Er war weiß!<br />

Vor der nächsten Haltestelle: „Oma, guck, da! Grüner<br />

Mann! Bus hält! Türe auf! Grüner Mann steigt ein! Türe<br />

zu! Grüner Mann kommt! Grüner Mann sitzt!“ War das eine<br />

Aufregung für den Kleinen.<br />

Eine kunterbunte Busfahrt, die den Ablauf eines Geschehens<br />

präzise wiedergab, kurz, knapp, mit wenigen Worten<br />

verständlich, wenn auch nicht ganz dem Titel entsprechend.<br />

Übrigens, kein Alien, kein grünes Marsmännchen, nur ein<br />

netter älterer Herr in einem tollen grünen Outfit war zugestiegen<br />

– ein Förster in seiner Weidmannstracht.<br />

Und wie Florian Adam sagt: „Eine großartige Erfindung:<br />

Ein-Wort-Sätze. Einfach – Gut – Punktgenau. Bei Erwachsenen<br />

sind diese Perlen des Satzbaus allerdings anders<br />

als bei Kindern nur mäßig beliebt. Kinder wissen genau,<br />

worum es geht und was der Satz soll. Irgendwie ein Zeichen<br />

dafür, dass Erwachsene manchmal zu kompliziert denken.<br />

Schade eigentlich.“ Ich stimme dem zu. Gerda Greis<br />

Elisabeth<br />

Noch recht früh schlendert das Mädchen die Straße<br />

an diesem Morgen hinab.<br />

Kalt ist es, dämmrig und der missmutig gelaunten<br />

Mantelträger, die so wenig für Montage übrig haben,<br />

sind zahlreich. Das Mädchen hat noch etwas Zeit, muss<br />

nicht hetzen wie die Mantelträger. Für sie scheint die Zeit<br />

stehengeblieben zu sein. Die umliegenden Häuser und deren<br />

Gärten streichelt ein grauer, kühler, nebeliger Morgenwind.<br />

Manch einen der Mantelträger würde er erschauern<br />

lassen, da er zu Hause oft diese Zärtlichkeit vermisst.<br />

Elisabeth empfindet den dünnen Morgennebel, der das<br />

Licht der langsam aufgehenden Sonne bricht, in abertausende<br />

kleine Glitzerkristalle spaltet und dem Betrachter wie<br />

ein vom Himmel herabhängendes Seidentuch erscheint, als<br />

angenehm.<br />

Die heller werdenden Strahlen der Sonne, die durch die<br />

leeren Äste der knorrigen Bäume rundum nach Halt und<br />

Schatten greifen, lassen sie fasziniert stehen bleiben und<br />

nach Umrissen gucken, die der junge, im Osten noch rötlich<br />

schimmernde Feuerball nun schon werfen könnte.<br />

Vorsichtig tastet Elisabeth sich weiter, Angst habend,<br />

die Stille um sie herum durch eine unbedachte Bewegung<br />

brechen zu können. Ihr stierer Blick wandert langsam nach<br />

Norden zwischen den grauen Wänden der umliegenden<br />

Häuser hindurch. Dort kann sie die sanften, grünen Hügel<br />

auf der anderen Seite des Tales sehn, wo das Lager einst<br />

lag. Fünf Jahre. Fünf lange Jahre für sie ein Zuhause:<br />

Bistro rabotu i skoro domoi!<br />

Dann wünscht sie sich nichts mehr, als dort auf einem<br />

dieser Hügel zu sein, durch das von Tau feuchte Gras zu<br />

streifen und zuzusehen, wie die Sonne die dünnen, fast<br />

durchsichtigen Fäden eines Spinnennetzes in silbern schimmernde<br />

Seide webt und den Tau, der auf ihnen liegt, in<br />

strahlenden Perlen glitzern lässt.<br />

Die Vögel möchte sie sehen und hören ihren leisen Gesang,<br />

wenn der Tag anbricht und Wassertropfen Licht in<br />

Spektralfarben wandeln. Auch Bäume und Äste und Blätter<br />

ringsum gehören dazu.<br />

Noch einmal schaut Elisabeth sehnsüchtig nach Norden,<br />

schließt ihre Augen, nimmt Abschied. Dann verhärtet sich<br />

ihr Blick. Ihre Gesichtszüge werden prägnant und die sie so<br />

auf ihrem weiteren Leben begleiten. Jetzt lässt sie keinen<br />

mehr an ihre Gefühle heran, ist für alle unerreichbar.<br />

Für die Sonne bleibt sie empfänglich … gefühlvoll.<br />

Für die Welt ein gebrochener Haufen Mensch.<br />

PS: Um 10 Uhr 27 bestieg die 24-jährige Elisabeth den Zug,<br />

um dahin zu fahren, wo es für sie – genau wie für Hunderttausende<br />

andere – kein Zuhause mehr gab.<br />

Uwe Engelmann<br />

42 durchblick 4/<strong>2010</strong>


durchblick 4/<strong>2010</strong> 43


Aktivitäten<br />

Tango –<br />

ein trauriger Gedanke, den man tanzen kann<br />

3 Fotos: Gottfried Klör<br />

Tango Milonga im Siegener Lÿz. Wer Tango hören oder tanzen möchte, kann sich beim Veranstalter, dem<br />

Tanzverein Krönchen Siegen e.V. informieren: 0271-371431, www.krönchen-siegen.de<br />

A<br />

ls ich vor einigen Monaten montagsabends am<br />

Lÿz vorbeiging, bemerkte ich staunend die Beleuchtung,<br />

die das Foyer in schummriges rotes<br />

Licht tauchte. Meine Assoziationen: Rotes Licht, Rotlicht,<br />

Hafenkneipenatmosphäre. Ich wurde neugierig und näherte<br />

mich dem Eingang. Was für eine Veranstaltung erforderte<br />

ein derartiges Ambiente?<br />

Noch bevor ich das Lÿz betrat, sah ich durch die großen<br />

Glasscheiben tanzende Paare. Frauen in engen Kleidern<br />

und Stöckelschuhen. Die Tanzhaltung der Paare erinnerte<br />

mehr an eine Umarmung als an die von den üblichen<br />

Tanzveranstaltungen gewohnten Bilder.<br />

Nachdem sich meine Augen an das dämmerige Licht<br />

angepasst hatten und ich die Personen näher betrachten<br />

konnte, bemerkte ich, dass Tanzende jeglichen Alters anwesend<br />

waren. Neben jungen Paaren und Einzelpersonen<br />

auch ältere Tänzer. Die Ältesten waren, wie ich später erfuhr,<br />

über siebzig Jahre alt.<br />

„Wir treffen uns hier seit einigen Jahren regelmäßig zum<br />

Tangotanz, einer Milonga, wie die Tanzabende, bei denen<br />

Tango Argentino getanzt wird, genannt werden“, erfuhr ich<br />

im Gespräch von einem der Anwesenden. Seit etwa zehn<br />

Jahren existiert nämlich auch im Siegerland eine Fangemeinde.<br />

Im weiteren Verlauf der Gespräche erfuhr ich, dass der<br />

Tanz, geboren Anfang des vorigen Jahrhunderts in den<br />

Hafenvierteln, Kneipen und Bordellen von Buenos Aires,<br />

in den 40er Jahren des letzten Jahrhunderts die Bühnen<br />

eroberte. Er wurde dann auch in Europa zur Modeerscheinung<br />

und pendelt seither zwischen Südamerika und Europa.<br />

Dabei entwickelt er sich durch neue musikalische Einflüsse<br />

stetig weiter, erneuert sich und bleibt auch für nachfolgende<br />

Generationen interessant. So nahm der Tango Elemente des<br />

Jazz und anderer Musikrichtungen in sich auf, ohne seinen<br />

ursprünglichen Charakter zu verlieren. Darauf beruht seine<br />

Faszination, die ihn hat alt werden lassen, ohne dass er<br />

seine Jugend verloren hat.<br />

In diesem Sinne ist der Tango auch Vorbild und Wegweiser<br />

für alle, die zwar in die Jahre gekommen, im Herzen<br />

aber jung geblieben sind.<br />

Während der Unterhaltung mit den Anwesenden lausche<br />

ich der Musik. Was gibt ihr den unverwechselbaren<br />

Charakter? Schwermütig sei die Musik, eben ein trauriger<br />

Gedanke, den man tanzen könne. Das erkläre sich daraus,<br />

dass in der Musik und dem Tanz die schwarzen Sklaven und<br />

Einwanderer aus Europa ihre Erinnerung an die Musik der<br />

Heimat, aber auch ihre Verzweiflung und Heimatlosigkeit<br />

ausgedrückt hätten. Argentinien habe ihnen und den vielen<br />

44 durchblick 4/<strong>2010</strong>


Aktivitäten<br />

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Einheimischen, die vom Land in die Metropole strömten,<br />

nämlich nicht das geboten, was es versprochen habe. Statt<br />

Arbeit und Wohlstand erwartete diese Unglücklichen nur<br />

ein Leben in Hinterhofkasernen in bitterster Armut.<br />

Während sich wieder Paare auf der Tanzfläche finden,<br />

erfahre ich, dass vor allem das von dem Deutschen Heinrich<br />

Band gebaute Bandoneon der Musik ihren ganz eigenen<br />

Klang verleiht.<br />

Plötzlich ändert sich jedoch der Charakter der Musik.<br />

Zwar wird immer noch Tango gespielt, aber jetzt sind andere<br />

Instrumente beteiligt, erfordern schnellere Tanzbewegungen.<br />

Die umarmende Haltung wird aufgelöst, zwischen<br />

den tanzenden Paaren bleibt mehr Raum. Tango nuevo oder<br />

Elektrotango ist angesagt.<br />

Das, so höre ich, seien jedoch nur einige Zwischenstücke.<br />

Bald kehre man wieder zur klassischen Tangomusik zurück,<br />

der sogenannte Salontango prägt wieder die Tanzfläche.<br />

Einer der Großen des argentinischen Tango hat einmal<br />

gesagt: „Ich kann dir die Schritte beibringen. Das Licht musst<br />

du selbst anzünden.“ Das weist<br />

auf die Philosophie des Tanzes<br />

hin. Mit ihm sollen Gefühle in<br />

Bewegung umgesetzt und im<br />

tanzenden Paar eine gemeinsame<br />

Harmonie erreicht werden. Deshalb<br />

besteht der Tanz auch nicht<br />

aus einer Aneinanderreihung<br />

von Schrittfolgen, sondern die<br />

Paare improvisieren. Leidenschaft<br />

gepaart mit Einsamkeit,<br />

Erinnerungen, Sehnsucht, aber<br />

auch die Hoffnung auf bessere<br />

Zeiten, Fantasien und Träume<br />

sind die „Gedanken“ des Tangotanzes.<br />

Nach einem Abend in zwar<br />

eigentümlicher, aber gemütlicher<br />

Atmosphäre verlasse ich das Lÿz<br />

und gebe mir das Versprechen<br />

wiederzukommen. ramk<br />

Was wäre der Tango ohne das Bandoneon?<br />

W<br />

er ahnt schon, dass dieses Instrument seinen<br />

Weg vom Niederrhein zum südamerikanischen<br />

Kontinent fand?<br />

Heinrich Band wurde 1821 in Krefeld geboren, übernahm<br />

das kleine Musikaliengeschäft seines Vaters und<br />

war ebenfalls als Musiklehrer tätig. Es ist unstrittig, dass<br />

er Instrumente aus Sachsen bezog, daran Veränderungen<br />

vornahm, was den Absatz sprunghaft steigerte.<br />

Das Bandoneon entstand aus einer „Concertina“, an der<br />

Heinrich Band – jene kleinen, aber entscheidenden Änderungen<br />

zu diesem – entstandenen „Erfolgsinstrument“<br />

hinzufügte.<br />

Der Name Bandonion oder Bandoneon wurde zu<br />

einer Qualitätsbezeichnung innerhalb der Harmonika-<br />

Instrumente. In Argentinien wird Heinrich Band heute<br />

noch verehrt, denn er schuf die Grundlage für den melancholischen<br />

Tango.<br />

Eva Herrmann<br />

durchblick 4/<strong>2010</strong> 45


Historisches<br />

Denkmäler in Siegen<br />

Ein Leben ohne Kunst ist wie eine Landschaft ohne<br />

Blumen. Würde es keine geben, wäre unser Dasein nicht<br />

nur leer, auch aggressiver. Heiderose Elisabeth Nolde, Schriftstellerin<br />

Siegen ist eine Stadt von herber Schönheit. Verschiedene<br />

Kulturepochen – Gotik, Barock, verschnörkeltes<br />

Rokoko – haben hierzulande kaum Spuren<br />

hinterlassen. Vielleicht ist es darauf zurückzuführen, dass<br />

Siegen ein bescheiden-beschauliches Dasein abseits der<br />

großen Kunstzentren des Mittelalters und des 17. und 18.<br />

Jahrhunderts führte, und auf die sachliche, nüchterne, erdverbundene<br />

Einstellung der Siegener zum Arbeits- und<br />

Alltagsleben in der ehemaligen Bergstadt. Der Bergbau<br />

und das Verhüttungswesen waren in früherer Zeit prägend<br />

für Mensch und Landschaft. Dennoch hat die Stadt ein bemerkenswertes<br />

Erbe an Baudenkmälern wie Schlössern,<br />

Kirchen, Fachwerkbauten und anderen Kulturdenkmälern.<br />

In diesem Beitrag möchte ich Sie, liebe Leserinnen und Leser,<br />

zu einem Spaziergang durch die Stadt einladen, um die<br />

Kunstwerke, die in freier Natur stehen, neu zu entdecken,<br />

ihnen zu mehr Aufmerksamkeit verhelfen und Sie zum<br />

Nachdenken anregen. Standbilder, Brunnenfiguren, Kriegerdenkmäler,<br />

Prachtbauten, Gedenksteine und Gedenktafeln,<br />

wir gehen an ihnen vorüber, immer wieder, bisweilen<br />

achtlos, gedankenversunken, geschäftig und nehmen uns<br />

kaum Zeit sie zu betrachten. Denkmäler sind Spuren der<br />

Geschichte in der Gegenwart, sie sind Ausdruck unserer<br />

Kultur.<br />

Beginnen wir unseren Spaziergang am Bahnhof, vorbei<br />

am Kugelbrunnen zur Siegbrücke. Hier steht wohl das<br />

bekannteste Siegener Denkmal, der Bergmann und der<br />

Hüttenmann von den Siegenern „Henner“ und „Frieder“<br />

getauft. Sie sind Schöpfungen des in der Siegener Poststraße<br />

geborenen Friedrich Reusch, der sich zu seiner Zeit<br />

einen außerordentlich guten Ruf als Bildhauer erwarb.<br />

Viele Auszeichnungen und Ehrungen wurden ihm zuteil.<br />

Henner und Frieder sind Symbolfiguren der jetzt nicht mehr<br />

vorhandenen Industriezweige, die den wirtschaftlichen guten<br />

Ruf des Siegerlandes gründeten. Sie stehen auch als schöne<br />

Sinnbilder fleißiger, redlicher Arbeitserfüllung. Auf dem Sockel<br />

des Hüttenmanns steht ein Wort von Friedrich Schiller<br />

„Arbeit ist des Bürgers Zierde, Segen ist der Mühe Preis“.<br />

Wir gehen weiter über die Siegbrücke und kommen zum<br />

Kölner Tor. Da steht ein Bär aus Stahlbeton. Zwei Meter<br />

ist er groß. Am Sockel hat er zwei kaum erkennbare Wappen<br />

– das Siegener Stadtwappen und das Spandauer Bezirkswappen.<br />

Er wurde der Stadt Siegen anlässlich ihrer<br />

750-Jahr-Feier vom Bezirk Spandau Berlin geschenkt, als<br />

Dank für eine Hilfsaktion des Landkreises Siegen für Berliner<br />

Kinder, die nach dem Krieg in wirtschaftlicher Not<br />

waren. Die Plastik wurde am 7. Mai 1974 enthüllt.<br />

Vom Kölner Tor gehen wir die Treppen hoch zur Martinikirche.<br />

Sie war die Keimzelle der Stadt Siegen. Dieser bedeutendste<br />

Sakralbau des Siegerlandes, im spätromanischen<br />

Stil errichtet, ist der älteste und ehrwürdigste Zeuge der Vergangenheit.<br />

Vermutlich ist die Kirche um das 9. Jahrhundert<br />

entstanden, wurde aber erst 1311 urkundlich erwähnt. In<br />

ihrer heutigen äußeren Gestalt besteht sie unverändert seit<br />

den Umbauarbeiten in der Zeit von 1511 bis 1516.<br />

Im Park der Martinikirche steht das Diesterweg-<br />

Denkmal, enthüllt am 29. Oktober 1890. Adolf Diesterweg<br />

wurde am 29. 10. 1790 in Siegen geboren. Er war<br />

damals der führende Pädagoge Deutschlands und auch<br />

als Sozialreformer, Politiker und Publizist international<br />

bekannt. Er kämpfte für die Volksschule und ihre Lehrerschaft<br />

in Deutschland, für eine einheitliche nationale<br />

liberale Erziehung. Er starb in Berlin am 7. 7. 1866.<br />

Schöpfer des Denkmals ist der Meister Eduard Reusch,<br />

der Bruder des Bildhauers Friedrich Reusch. Die von dem<br />

Siegerländer Künstler Adolf Saenger geschaffene Gedenktafel,<br />

die in der Kölner Straße an dem wiedererrichteten<br />

Geburtshaus Diesterwegs angebracht wurde, erinnert an<br />

ihn als eine der bedeutendsten Siegerländer Persönlichkeit.<br />

Ein überdachter Durchgang führt uns vom Park der<br />

Martinikirche zum Unteren Schloss, ein markantes und<br />

monumentales Bauwerk im Siegener Stadtbild. Die evangelische<br />

Landesherrschaft, welche 1743 in der männlichen<br />

Henner und Frieder<br />

Adolf Diesterweg<br />

4 Fotos: Tessie Reeh<br />

46 durchblick 4/<strong>2010</strong>


Historisches<br />

Linie ausstarb, bewohnte bis 1781 das Untere Schloss.<br />

Danach wurde es Behördensitz und Wohnung der nassauoranischen<br />

Beamtenschaft und ist heute Sitz von Landesbehörden.<br />

Fürst Johann Moritz (16<strong>04</strong> –1679) entwickelte<br />

die Baupläne für das Schloss. 1668 begann er zunächst mit<br />

dem Bau einer Begräbnisstätte mit Gruft und zwei Seitenflügeln.<br />

Die zweiflügelige, gusseiserne Tür der Gruft<br />

ist mit dem Wappen des Erbauers, (Johanniter-Kreuz und<br />

dänischer Elefantenorden), Symbole von Tod und Vergänglichkeit<br />

und der Jahreszahl 1669 versehen. Sie ist<br />

ein Kunstwerk und ein Beispiel dafür, zu welch meisterhaftem<br />

Können die Siegerländer Eisengießer fähig waren.<br />

Johann Moritz starb 1679 und wurde seinem Wunsch<br />

entsprechend hier beigesetzt. Seine Nachfolger verwirklichten<br />

erst ab 1680 die weitergehenden Baupläne des<br />

Fürsten zur Errichtung eines prachtvollen Schlosses, das<br />

1721 fertiggestellt wurde. Der Dicke Turm, in dem sich<br />

eine Ehrenstätte für die Gefallenen beider Weltkriege befindet,<br />

überragt den ganzen Gebäudekomplex des Unteren<br />

Schlosses und prägt in besonderer Weise das Bild der Stadt<br />

mit. Die Turmkrone trägt ein Glockenspiel, das heute noch<br />

mehrfach täglich zu hören ist. Am Tag des „Offenen Denkmals“<br />

kann die Gedenkstätte von innen besichtigt werden<br />

und ermöglicht den Besuchern einen Einblick in das Gedenkbuch,<br />

das mit großer Sorgfalt zusammengestellt ist.<br />

Auch die von unserem heimischen Bildhauer Hermann<br />

Kuhmichel geschaffene Plastik die „Ausschauende“, die<br />

an der Gedenkstätte beim Dicken Turm 1959 ihren endgültigen<br />

Platz fand, soll als Symbol des Erinnerns gelten.<br />

Sie sollte erinnern an das harte Los der Menschen, die nach<br />

Kriegsende in Gefangenschaft lebten. Heute steht sie als<br />

Symbol für die Sehnsucht nach Frieden in unserer Welt.<br />

Verlassen wir den Hof des Schlosses, kommen wir zur<br />

Alten Poststraße. Eine Brunnenanlage, bestehend aus drei<br />

Kühen, einem Kalb und einem Hirten mit Hund, gegossen<br />

aus Bronze, spiegelt eine typische Siegerländer Szene<br />

vergangener Zeiten wieder. Die offizielle Einweihung des<br />

20 Meter langen „Kuhdamms“ fand am 24. November 1983<br />

statt. Es ist ein Kunstwerk des Bildhauers Wolfgang Kreutter.<br />

Am Ende der Poststraße beginnt die Löhrstraße mit der<br />

Marienkirche. Sie wurde 1702 bis 1725 erbaut und ist der<br />

einzige Sakralbau aus der Barockzeit in Siegen. Zu beachten<br />

ist der schöne Platz neben der Marienkirche, umstanden von<br />

Fachwerkhäusern und mit einem Brunnen versehen. Ein Gedenkstein<br />

erinnert an den katholischen Pfarrer Wilhelm Ochse<br />

(1878–1960), der ähnlich wie sein protestantischer Amtsbruder<br />

Theodor Noa gegen den Nationalsozialismus gekämpft<br />

hat.<br />

Wir gehen die Löhrstraße hoch und kommen zum Marktplatz.<br />

Der Marktplatz als Urzelle der Stadtgründung war<br />

und ist heute noch der Mittelpunkt der Stadt. Hier stehen<br />

jahrhundertealte Baudenkmäler – die Nikolaikirche, das<br />

Rathaus – das Kriegerdenkmal „Germania“ und ein Brunnen,<br />

der heutzutage als Kunst eine Definitionssache ist.<br />

Die Nikolaikirche wurde wahrscheinlich im 13. Jahrhundert<br />

gebaut, aber erst 1317 urkundlich erwähnt. Seit<br />

der Reformation ist die Nikolaikirche Hauptpfarrkirche<br />

der Stadt. Bis zum Bau der Fürstengruft wurden die Mitglieder<br />

der evangelischen Linie des Hauses Nassau-Siegen<br />

hier beigesetzt. Eine besondere Rolle in der Geschichte der<br />

Nikolaikirche spielte der Fürst Johann Moritz. Er veranlasste<br />

einen neuen Innenausbau der Kirche, stiftete einige<br />

wertvolle Gegenstände, die heute noch in der Kirche<br />

bewundert werden können, und ließ eine goldene Krone<br />

anfertigen und 1658 auf die Turmspitze setzen. Die Bürger<br />

der Stadt betrachten und pflegen das „Krönchen“<br />

als ein ehrenwürdiges Zeichen der Siegener Vergangenheit.<br />

Es ist ein Symbol unserer Siegerländer Heimat.<br />

Das Rathaus wird urkundlich erstmals 1303 als „Kaufhaus“<br />

erwähnt, da die Verwaltungsgeschäfte und der Handel damals<br />

unter einem Dach stattfanden. Nach 1534 sind keine städtischen<br />

Rechnungen mehr für das Kaufhaus zu finden. Man<br />

spricht nur noch vom Rathaus. Im Laufe der Jahrhunderte erfolgten<br />

Um- und Neubauten am alten Rathaus. Letzter Neubau<br />

mit Erweiterung folgte nach dem Zweiten Weltkrieg.<br />

Eine Gedenktafel am Rathaus weist auf den großen Barockmaler<br />

Peter Paul Rubens hin, der berühmteste Sohn der<br />

Stadt Siegen. Der Text auf der Tafel lautet:<br />

In dieser Stadt wurde am 29. Juni 1577 geboren Peter<br />

Paul Rubens. Zur Feier des 300-sten Geburtstages<br />

widmeten diese Gedenktafel Bürger der Stadt Siegen.<br />

Seine Gemälde hängen heute in allen großen Museen der<br />

Welt. Das Siegener Museum hat neben zahlreichen <br />

Siegens „Kuhdamm“<br />

Rubensbrunnen<br />

durchblick 4/<strong>2010</strong> 47


Historisches<br />

Kopien auch Originalgemälde<br />

des Meisters erworben.<br />

Ein sehr schönes<br />

Denkmal am Marktplatz<br />

neben der Nikolaikirche<br />

ist das „Germania-<br />

Denkmal“ geschaffen von<br />

dem Bildhauer Friedrich<br />

Reusch. Es steht als Erinnerungsmal<br />

an die Siegener<br />

Bürger, die in den<br />

Germania<br />

Kriegen von 1864 (gegen<br />

Dänemark), 1866 (gegen<br />

Österreich), 1870 bis<br />

1871 (gegen Frankreich) gefallen sind. Es wurde<br />

am 6. August 1877 auf dem unteren Marktplatz enthüllt.<br />

Heute steht es auf dem oberen Marktplatz in einer<br />

gepflegten Grünanlage, Fissmerplatz genannt.<br />

Foto: Hartmut Reeh<br />

Unser Spaziergang setzt sich fort durch die Hundgasse<br />

zum Oberen Schloss. Im Schlosspark zwischen Hainpforte<br />

und Jugendherberge steht die von Hermann Kuhmichel aus<br />

Tuffstein geschaffene Statue des Grafen Johann zu Nassau<br />

auch „Johann der Mittlere“ genannt. Der Landesherr<br />

(1561–1623) war der Begründer der Dynastie Nassau-<br />

Siegen, der universitären Tradition in Siegen, der ersten<br />

Militärakademie auf europäischem Boden. Er war ein bedeutender<br />

Staatsmann, Feldherr und Militärreformer.<br />

In der Nähe des Armesündertors steht der Rubensbrunnen<br />

geschaffen von Hermann Kuhmichel. Es ist eine Figurengruppe<br />

drei in sitzender Haltung zu einer Einheit zusammengedrängte<br />

Frauen und ein Kindes, das in den Armen<br />

der mittleren, der Mutter, ruht. Die Brunnengruppe wurde<br />

vom Künstler selbst Mitte November 1934 auf den Sockel<br />

gesetzt. Sie stellt die Geburt des Malerfürsten symbolisch<br />

dar. Bekanntlich erhoben die drei Städte Antwerpen, Köln<br />

und Siegen lange Zeit den Anspruch Geburtsstadt des be-<br />

rühmten Malers zu sein, bis durch endgültige Sicherstellung<br />

des geschichtlichen Beweismaterials zugunsten Siegens<br />

entschieden wurde. Die Gruppe ist eine würdige Ehrung<br />

des großen Meisters und eine schöne Bereicherung des<br />

öffentlichen Bildschmuckes unserer Stadt. Auch weitere<br />

neuzeitliche Plastiken wie „Tanz“ (Josef Salomon), oder<br />

„Sonne“ (Dietrich Mohr), schmücken den Schlosspark.<br />

Das Schloss selbst ist ein steinerner Zeuge der Landesgeschichte<br />

und steht im natürlichen, wirtschaftlichen und kulturellen<br />

Mittelpunkt des Landes und gilt als das „bedeutendste<br />

weltliche Baudenkmal“ und als „Herz des Siegerlandes“.<br />

Seine Entstehung wird in die Zeit um oder nach 1200 gesetzt.<br />

Urkundlich wird es zuerst 1259 als Burg erwähnt. Bis<br />

zum Ausgang des 16. Jahrhunderts war sie Mittelpunkt der<br />

gräflichen Macht im Siegerland und Verwaltungssitz des<br />

Amtes Siegen. Erst 1606, nachdem die Linie Nassau-Siegen<br />

gegründet war, wurde das Gebäude zur Residenz ausersehen.<br />

Im Laufe der Jahrhunderte entwickelte sich aus dem Burgkern<br />

ein Schlossgebäude. Ab 1670 wird das Bauwerk als<br />

das „Alte“ oder das „Obere“ Schloss bezeichnet. Von hier<br />

aus regierte die katholische Linie Nassau-Siegen. Von 1743<br />

an, nach dem Aussterben dieser Linie, wurde das Schloss<br />

Sitz und Wohnung der nassau-oranischen Landesbeamten.<br />

1815 ging es in preußischen Besitz über; 1888 wurde es an<br />

die Stadt Siegen verkauft. Die Stadt richtete 1905 hier das<br />

„Museum des Siegerlandes“ ein.<br />

Hier beenden wir unseren Spaziergang durch die Geschichte<br />

der Stadt. Denkmäler sind nicht nur eine Zierde<br />

der Stadt, sie sind Zeugen von dem, was einst gewesen ist,<br />

sie erzählen Geschichte.<br />

Es ist wichtig, dass wir die Naturschönheiten und kulturellen<br />

Schätze unserer Stadt und Region kennen, damit wir uns<br />

für sie einsetzen können, um deren Erhalt zu sichern. Denkmäler<br />

und Kulturgüter bereichern die Schönheit, die Vielfalt<br />

und die Geschichte unserer Region und unseres Landes.<br />

Dorothea Istock<br />

Quellen: Unser Krönchen, Band 3, 1896. Zeitschrift Siegerland, Band 50, 1973.<br />

Unser Heimatland, 1964. Heimatland Nr. 8, 1931<br />

Denkmäler, die dem Zeitwandel zum Opfer gefallen sind:<br />

Das „Bismarck-Denkmal“, im<br />

Oktober 1900 enthüllt. Es beherrschte<br />

die Parkanlage vor<br />

dem Unteren Schloss.<br />

3 Bilder: Stadtarchiv Siegen<br />

Das „Kaiser-Wilhelm-Denkmal“, enthüllt im Oktober<br />

1892. Es stand am unteren Marktplatz. Beide Denkmäler<br />

waren Werke des Siegener Bildhauers Friedrich Reusch<br />

(1843–1906). Sie kamen im Zweiten Weltkrieg in die<br />

Schmelzöfen der Rüstungsindustrie.<br />

Der „Marktbrunnen“,<br />

enthüllt 1938 in der<br />

Alten Poststraße, an<br />

der Stelle an der jetzt<br />

die Brunnenanlage mit<br />

Kühen steht.<br />

48 durchblick 4/<strong>2010</strong>


durchblick 4/<strong>2010</strong> 49


Wie uns ein Schwein das Schlachtfest<br />

versauen wollte<br />

Erzählung über eine ereignisreiche Hausschlachtung<br />

zu Beginn der fünfziger Jahre<br />

wagte ich zu sagen und erntete für mein vorlautes Mund-<br />

anstarrte. „Opa, guck mal, dieses Säuchen sieht gut aus“,<br />

werk einen dermaßen vernichtenden Blick des Großvaters,<br />

dass ich fortan lieber schwieg. „Der Junge hat Ahnung“,<br />

V<br />

on unserem Fenster zum Hof konnte man nicht meinte freilich der schmunzelnde Händler. „Hat er nicht!<br />

nur diesen überblicken, sondern das Gesichtsfeld Deine Hungerleider sind doch alle viel zu kurz geraten.<br />

reichte über die Hauptverkehrsstraße bis hin zum Du solltest dich schämen, mit solch krüppeligem Viehzeug<br />

fast 100 Meter entfernten Bach und sogar noch über diesen hier aufzukreuzen. Was sollen die Missgestalten denn kosten?“<br />

Der Beel nannte einen Preis, der ein lautes Gelächter<br />

hinaus. Unumschränkte Regentin über das Fenster zum<br />

Hof war die Großmutter. Mit ihrem Handarbeitszeug saß meines Großvaters hervorlockte: „Bist du denn narrisch?!<br />

sie hinter den Scheiben und weil sie ihre Häkel- und Strickbewegungen<br />

weitgehend auswendig be-<br />

Meinst du, wir schwimmen im Geld?! Das ist doch nicht zu<br />

herrschte, konnte sie beinahe unentwegt<br />

ihre Blicke nach draußen richten. Und<br />

so darf ich mit Fug und Recht behaupten,<br />

dass ihr nichts entging. Ob Schäfers<br />

anstatt mit den üblichen zwölf Broten<br />

diesmal nur mit elf auf ihrer Schubkarre<br />

zum Backhaus unterwegs gewesen waren,<br />

ob sich Meiers Luise mitten in der<br />

Woche mit einem neuen Kleid auf den<br />

Schulweg begeben hatte oder ob Nachbars<br />

Katze dreimal an einem Tag mit<br />

einer Maus im Maul heimkehrte – die<br />

Großmutter erspähte alle wichtigen Dinge<br />

und an den zumeist unerhörten Neuigkeiten<br />

von mitunter durchaus weltgeschichtlichem<br />

Rang ließ sie abends ihre<br />

Familie teilhaben.<br />

Die Ferkel, ein Gewimel in hellrosa, liefern laut quiekend hin und her.<br />

Es war also kein Wunder, dass sie an<br />

einem kalten Januarmorgen weit und breit<br />

als Erste beobachtete, dass der Ferkelhändler im Ort auftauchte.<br />

„Richard, der Beel ist da!“, rief sie mit schriller Palaver wurden die beiden sich endlich doch noch einig und<br />

bezahlen!“ Nach weiterem Hin und Her und mächtig viel<br />

Stimme und weil ihr Richard nicht gleich reagierte, wiederholte<br />

sie die wenigen Worte – nun aber so kräftig, dass Großvater kaufte zwei Ferkel für etwas mehr als hundert<br />

schlugen sich gegenseitig in die ausgestreckten Hände. Der<br />

ihr Angetrauter mit hastigen Schritten ins Zimmer stürmte Mark und ich durfte eines davon zum Stall tragen.<br />

und sich am Fenster zum Hof von der Richtigkeit der Beobachtung<br />

überzeugte. Danach schritt er eilends ins Schlaftüre<br />

eine geschosshohe Steintreppe, die überaus breit war.<br />

Wegen der Hanglage unseres Hauses führte zur Hauszimmer,<br />

steckte sich einige Geldscheine ein, nahm wortlos Die ungewöhnliche Abmessung hatte einen Grund, denn<br />

die unmissverständliche Weisung entgegen: „Bring bloß unterhalb dieser Treppe befand sich der mit einer Holztüre<br />

abgeriegelte Schweinestall. Unmittelbar hinter diesem<br />

was Vernünftiges mit!“, und zog mit mir im Schlepptau los.<br />

Auf der Ladefläche von Beels Lastauto herrschte ein Eingang befand sich eine zweite Türe, aus eisernen Gitterstäben<br />

gefertigt und ebenfalls mit Scharnieren und Riegeln<br />

ungeheures Gewimmel. Mehrere Dutzend Ferkel liefen<br />

laut quiekend hin und her – ein Gewimmel in Hellrosa. versehen. In der wärmeren Jahreszeit stand die Holztüre<br />

„Nur beste Qualität!“, rief uns der Beel, dessen grauer durchweg offen und jeder, der am Haus vorbeiging, konnte<br />

somit die Fortschritte bei der Mästung der Borstentiere<br />

Kittel trotz der Kälte nicht zugeknöpft war, aufmunternd<br />

zu. Der Großvater verzog keine Miene, ging einmal um beobachten. Diese indes konnten ihrerseits zwischen den<br />

die Ladefläche herum, kam wieder zurück und knurrte: Gitterstäben hindurch den Blick auf den Hof bis zum Bach<br />

„Nichts Vernünftiges dabei.“ Dieser Meinung war ich nicht, und sogar noch darüber hinaus genießen – nur eine Etage<br />

zumal mich eines der Ferkel mit großen Augen neugierig tiefer als die Großmutter.<br />

2 Fotos: www.Fotolia.de<br />

Unterhaltung<br />

50 durchblick 4/<strong>2010</strong>


Unterhaltung<br />

Wer nun etwa meint, dass sich hierdurch eine Art Seelenverwandtschaft<br />

zwischen diesen Parteien gebildet hätte,<br />

der irrt. Im Gegenteil! Die Großmutter übernahm zwar die<br />

Fütterung der Ferkel, doch sie tat dies keineswegs, damit<br />

diese ein schönes Leben führten. Die Aufzucht der Tiere<br />

gestaltete sich mental in etwa so wie das Aussäen und die<br />

Düngung von Getreide. Irgendwann wurden die hieraus<br />

entstandenen Halme abgemäht und das gewonnene Korn<br />

der Nahrungskette zugeführt. Und weil die Schweine ebenfalls<br />

als eine Art “Lebensmittel auf Abruf “ angesehen und<br />

am Schlachttag quasi „geerntet“ wurden, bekamen sie auch<br />

keine Namen – ganz im Gegensatz zu unseren Kühen und<br />

der Katze.<br />

Die Hauptkost der Allesfresser bestand aus kleinen Kartoffeln,<br />

die in einem Kessel gekocht und anschließend mit<br />

einem Stampfer zermanscht wurden. Schon bei der Ernte<br />

Das Schwein wog nach zehn Monaten gut und gerne 200 Pfund.<br />

wurden die als minderwertig angesehenen Knollen aussortiert<br />

und kamen im Keller in einen separaten Verschlag.<br />

Natürlich landeten neben einiger Hände voll Schrot auch<br />

alle Küchenabfälle im Schweinetrog. Die Tiere wuchsen<br />

schnell, wogen nach zehn Monaten gut und gerne 200 Pfund<br />

und hatten nun in höchstem Grad den Metzger zu fürchten.<br />

In der Regel entwickelten sich die beiden Schweine unterschiedlich.<br />

Das stärkere setzte sich bei der Nahrungsaufnahme<br />

rücksichtslos durch und wurde dementsprechend<br />

schneller fett. Doch was am steinernen Trog ein Vorteil gewesen<br />

war, geriet jetzt zum Nachteil, denn es musste als<br />

Erstes dran glauben. Das andere Schwein indes setzte als<br />

Alleinherrscher im Stall nun die bislang aus Gründen höherer<br />

Gewalt versagt gebliebene Speckschicht rasch an und<br />

war etwa vier bis sechs Wochen später schlachtreif.<br />

„Am Samstag kommt der Erwin“, sagte der Großvater<br />

an einem trüben Novembertag und jeder im Haus wusste,<br />

was dieser Satz bedeutete. Das erste von zwei Schlachtfesten<br />

stand an. Hektik hielt Einzug in der Großfamilie,<br />

denn es galt allerlei Vorbereitungen zu treffen. Der große<br />

Kupferkessel in der Waschküche, der das ganze Jahr über<br />

zum Kochen der Wäsche diente, musste gründlich gesäubert<br />

werden, damit die Wurst später nicht nach Persil schmeckte.<br />

Dazu galt es, die Räucherkammer auf Vordermann<br />

zu bringen. Allerlei Gewürze von der Muskatnuss bis zum<br />

schwarzen und weißen Pfeffer mussten herbei und auch<br />

Kleinigkeiten wie die Kordel zum beidseitigen Abbinden<br />

der Würste durften nicht vergessen werden. Der Schlachttag<br />

war so mit Arbeit ausgefüllt, dass für eine nachträgliche<br />

Besorgung einfach keine Zeit da war.<br />

Schon am Vorabend des wichtigen Tages traf vom letzten<br />

Benutzer ein blecherner Trog ein, darin lagen neben<br />

zwei eisernen Ketten allerlei Gerätschaften, deren Wichtigkeit<br />

noch zur Sprache kommen wird. Auch der Erwin<br />

war mitgekommen, um ein abschließendes Gespräch mit<br />

dem Großvater zu führen. In seiner Bluse mit den<br />

schma len blauen und weißen Streifen, dazu der<br />

steifen Gummischürze sah er aus wie ein richtiger<br />

Metzger. Doch er war keiner, jedenfalls hatte er keine<br />

Lehre mit abschließender Gesellenprüfung hinter<br />

sich gebracht. Stattdessen war er mit seinem Vorgänger<br />

einige Jahre als Schlachtgehilfe von Haus zu<br />

Haus gezogen. Als dieser dann plötzlich starb, hatte<br />

Erwin sich so viele Kenntnisse angeeignet, dass er<br />

mit stillem Einverständnis der Dorfgemeinschaft<br />

wie selbstverständlich die Aufgabe übernahm.<br />

Ausnahmsweise kochte die Großmutter am nächsten<br />

Morgen nicht den üblichen „Kathreiner's Malzkaffee“,<br />

sondern es kam richtiger Bohnenkaffee auf<br />

den Tisch. Schlachter Erwin erschien nämlich schon<br />

zum Frühstück, das auch ansonsten reichhaltiger als<br />

sonst ausfiel. Als er eintraf, war es draußen noch<br />

dunkel. An seiner Seite baumelte ein Köcher mit etlichen<br />

sehr scharfen Messern und einem Wetzstab.<br />

Schließlich verleibten sich die Erwachsenen noch<br />

einen Klaren ein und dann ging es noch bei Dämmerlicht<br />

hinaus in die kalte Novemberluft. Die Stalltüren wurden<br />

geöffnet und der erste Akt des Schlachtfestes begann. Es<br />

sollte ein besonders aufregender Auftakt werden. <br />

durchblick 4/<strong>2010</strong> 51


Unterhaltung<br />

Mein Onkel band dem auserkorenen Schwein einen<br />

Strick um das linke Hinterbein und versuchte es mit einigen<br />

aufmunternden Worten, leichtem Druck und sanften<br />

Beinstößen aus dem Stall hinauszutreiben. Das war für die<br />

Sau etwas ganz Neues. Schließlich hatte sie ein Leben wie<br />

im Schlaraffenland geführt, musste ihre Behausung so gut<br />

wie nie verlassen, war nicht zuletzt wegen der mangelnden<br />

Bewegung dick und fett<br />

geworden. Nein, freiwillig<br />

wollte sie nicht auf den Hof<br />

und sie begann zu quieken.<br />

Mein Großvater sah, dass es<br />

so nichts wurde und ging nun<br />

auch noch in den Stall. Mit<br />

vielen Schubsern und Schlägen<br />

auf das Hinterteil gelang es schließlich, das zum Tode<br />

verurteilte Tier zur vorgesehenen Schlachtstelle auf den<br />

Hof zu bringen.<br />

Das Gequieke der Sau war inzwischen so jämmerlich<br />

und durchdringend geworden, dass man es im gesamten<br />

Dorf hörte. Etliche Männer aus der Nachbarschaft eilten<br />

sogar auf die Straße, um das Ende eines kurzen Schweinelebens<br />

zu verfolgen. Ich war mir damals sicher, dass das<br />

Tier um seinen nahen Tod wusste, fühlte aber ebenso wie<br />

der Rest der Familie und auch die Maulaffen feilhaltenden<br />

Beobachter auf der Straße keinerlei Mitleid.<br />

Nun nahte die Stunde des Schlachters. In der einen Hand<br />

ein Bolzengerät, in der anderen den schweren Holzhammer<br />

näherte er sich dem Tier von hinten. Mein Onkel zog so<br />

fest am Strick, dass das hieran befestigte Bein sich vom<br />

Boden löste und schräg nach oben zeigte. Durch die ungewohnte<br />

Stellung auf drei Beinen unsicher geworden, blieb<br />

das Tier starr stehen und stellte seine Befreiungsversuche<br />

und plötzlich auch sein Gequieke ein. Erwin setzte sein<br />

Bolzengerät an eine bestimmte Stelle des Kopfes, holte mit<br />

dem Hammer aus und schlug zu. Alle starrten wie gebannt<br />

auf den Vorgang und weil der Onkel nur auf den Rücken<br />

des Schlachters sehen konnte, nicht aber auf dessen Hände<br />

mit den Gerätschaften, wechselte er seine Stellung. Dabei<br />

lockerte sich der Strick und das linke Schweinebein sackte<br />

nach unten. So kam es, dass die hierdurch neugierig gewordene<br />

Sau, just in dem Moment als der Hammer sich<br />

senkte, eine unerwartete Bewegung mit dem Kopf nach<br />

hinten machte. Der Hammer traf daher nicht den Bolzen,<br />

sondern streifte das Tier seitlich in der Nähe des Ohrs. Der<br />

Schmerz muss unbeschreiblich gewesen sein. Es ertönte ein<br />

Quiekschrei, wie man<br />

ihn bisher noch nicht<br />

gehört hatte und mit<br />

So war der Sau<br />

nicht beizukommen<br />

einer gewaltigen<br />

Kraftanstrengung riss<br />

das Schwein sich los<br />

und raste reichlich benommen<br />

in Richtung<br />

der Straße auf die gaffenden Nachbarn zu. Alles war so<br />

schnell geschehen, dass man die einzelnen Bewegungen<br />

kaum voneinander zu unterscheiden wusste.<br />

Als das Schwein durch die auseinanderspritzenden Beobachter<br />

hindurch die andere Straßenseite gewonnen hatte,<br />

wurden seine Schritte immer kürzer. Endlich vollführte<br />

es noch zwei, drei kleine Hopser mit den Hinterfüßen und<br />

dann stand es still. Langsam drehte sich das durch den ungewohnten<br />

Sprint sichtlich erschöpfte Tier um und glotzte<br />

in die Richtung, aus der es gekommen war. Es erblickte<br />

eine Handvoll Männer, die sich vorsichtig näherten und<br />

wich daraufhin ebenso vorsichtig weiter zurück. So war der<br />

Sau nicht beizukommen. Doch der Großvater wusste Rat,<br />

rief die mutigen Schweinefänger zurück und beorderte sie<br />

über einen Nebenweg in den Rücken des Tiers. Dank dieser<br />

List gelang es meinem Onkel schließlich und endlich, das<br />

immer noch am Hinterbein befindliche Seil wieder in die<br />

Hände zu bekommen. Als die Delinquentin nach vielem<br />

Hin und Her und ständigem Gequieke endlich wieder den<br />

Richtplatz auf dem Hof eingenommen hatte, war es hell<br />

geworden. Allgemein herrschte die Meinung vor, dass zur<br />

Beruhigung der Sau eine Pause und zur Entspannung aller<br />

sonstigen Beteiligten die Einnahme eines zweiten Klaren<br />

angebracht sei.<br />

52 durchblick 4/<strong>2010</strong>


Unterhaltung<br />

Einen weiteren Misserfolg wollte sich der sichtlich verärgerte<br />

Erwin nicht erlauben. Eindringlich gab er jedem<br />

Helfer noch einmal genau seine Aufgabe bekannt und diesmal<br />

klappte es. Nach dem tiefen Eindringen des Bolzens ins<br />

Gehirn fiel das Schwein<br />

wie vom Blitz getroffen<br />

um. Ich war damals der<br />

felsenfesten Meinung, das<br />

Tier sei nun tot. Aber der<br />

Bolzen hatte lediglich die<br />

Aufgabe, es zu betäuben.<br />

Der Schlachter holte nun<br />

fix eines der Messer aus<br />

seinem Köcher und öffnete<br />

mit schnellem Schnitt<br />

die Halsschlagader. Meine<br />

Tante fing das als dicker<br />

Strahl herauspulsierende<br />

Blut in einer angewärmten<br />

Schüssel auf und entleerte<br />

Foto: Archiv Helga Düringer<br />

diese in einen Eimer.<br />

Nun kam meine erste<br />

Aufgabe, denn ich musste<br />

mit einem Holzlöffel das<br />

Blut im Eimer umrühren,<br />

damit es nicht gerann und damit unbrauchbar wurde. Der<br />

Schlachter hatte sich auf den heftig zuckenden Körper gesetzt<br />

und unterstützte mit rhythmischem Pumpen am Vorderbein<br />

erfolgreich das Auslaufen des Blutes. Endlich bewegten<br />

sich nur noch die Hinterbeine. Ich hatte so viel zu<br />

beobachten, dass meine Rührbewegungen dem Zucken des<br />

Tieres entsprachen und immer langsamer wurden. „Junge,<br />

rühr!“, fuhr man mich von allen Seiten an und der Löffel<br />

im Eimer bewegte sich wieder schneller.<br />

Mit vereinten Kräften hoben die Männer das am Blutverlust<br />

verendete Tier in den Trog auf die Eisenketten, deren<br />

Enden beidseitig heraushingen. Meine Mutter hatte inzwischen<br />

im Kupferkessel viele Eimer voll Wasser erhitzt.<br />

Schlachter Erwin goss dieses über den Schweinekörper, der<br />

danach mit den Ketten mehrmals im Trog hin und her gewälzt<br />

wurde – und schon war der größte Teil des leblosen Körpers<br />

dauerhaft enthaart. Mit glockenförmigen Schellen wurden<br />

die verbliebenen<br />

Borsten<br />

abgeschabt.<br />

Am geschlossenen<br />

Ende<br />

besaßen<br />

die Schellen<br />

einen kleinen<br />

Haken,<br />

mit dem der<br />

S c h l a c h ter<br />

die Hornklauen<br />

von<br />

den Füßen<br />

entfernte. Sobald<br />

die Haut<br />

haarlos war,<br />

band man die<br />

freigelegten<br />

Sehnen der<br />

Hinterbeine<br />

weit auseinander an einen kräftigen Holzbügel, Hebholz genannt.<br />

Mit dessen Hilfe wurde das Schwein von kräftigen<br />

Männerhänden an einer an der Hauswand stehenden Leiter<br />

aufgehängt. Erwin teilte nun den kopfüber hängenden Körper<br />

vom Ringelschwänzchen bis zum Rüssel in zwei Hälften,<br />

wobei die Innereien in eine parat stehende Wanne fielen. Nur<br />

noch durch die Haut am Rücken miteinander verbunden hingen<br />

zwei Schweinehälften aufgeklappt an der Leiter und man<br />

konnte nun endlich die Dicke der Speckschicht begutachten.<br />

Das war nicht unwichtig, denn die Qualität der gesamten<br />

Schlachtung wurde von den Beteiligten und den Nachbarn<br />

vor allem hiernach eingeschätzt.<br />

Wegen der geschilderten Verzögerung durch die Hatz<br />

Mit einem Hebholz wurde das Schwein von kräftigen Männerhänden an<br />

einer an der Hauswand stehenden Vorrichtung aufgehängt.<br />

war der für eine bestimmte Uhrzeit bestellte Fleisch-<br />

<br />

durchblick 4/<strong>2010</strong> 53


Unterhaltung<br />

beschauer schon eingetroffen und konnte ohne Verzögerung<br />

seine Arbeit aufnehmen. Er entnahm von einigen Körperstellen<br />

Gewebeproben und untersuchte diese unter dem Mikroskop<br />

auf Krankheitserreger. Es galt also zu warten und man<br />

war so klug, die Zeit zu nutzen, um sich noch einen Klaren zu<br />

genehmigen. Dies geschehe nur wegen der Kälte, versicherte<br />

man sich gegenseitig. Und<br />

weil einer vielleicht nicht<br />

Heil, Heil und dreimal<br />

Heil dem Schwein und<br />

seinem Hinterteil!<br />

ausreichte, um einer Erkältung<br />

wirksam zu trotzen,<br />

gab es gleich danach einen<br />

weiteren Klaren.<br />

Endlich kam die erlösende<br />

Meldung des Fleischbeschauers:<br />

„Das Schwein<br />

ist für den menschlichen Verzehr geeignet!“ Er druckte Freigabestempel<br />

unter anderem auf die beiden Hinterschinken, kassierte<br />

seine Gebühr und zog von dannen. Nun erst durfte die<br />

Zerlegung der Schweinehälften beginnen. Diese erfolgte im<br />

Haus. Unter der geübten Hand des Schlachters verwandelten<br />

sich das Schnitzel- und Kotelettfleisch, die Stücke für Leber-,<br />

Blut- und Mettwurst, Kopf, Zunge und die Beine mit den daran<br />

hängenden Schinken in Einzelteile.<br />

Hiervon bekam ich freilich wenig mit, denn mir war eine<br />

weitere bedeutsame Aufgabe zuteil geworden. Mit meiner<br />

Mutter war ich nämlich zum Bach unterwegs. Sie schob<br />

eine Schubkarre, auf der die Wanne mit einem Teil der Innereien<br />

stand. Es handelte sich um den Zinkzuber, in dem<br />

wir ansonsten samstags badeten. Am Bach angekommen<br />

begannen wir, den Inhalt der Därme, der Blase und des<br />

Magens aus diesen herauszudrücken. Das schnell fließende<br />

Wasser nahm die unerträglich stinkenden Klumpen rasch<br />

mit sich. Dann hielten wir ein Ende der Därme ins Wasser<br />

und ließen eine Zeit lang das Nass am anderen Ende wieder<br />

herausfließen. Endlich wurde unter Zuhilfenahme eines<br />

hölzernen Kochlöffels das Innere der Därme nach außen<br />

gewendet und mit den Fingern gründlich gereinigt. Später<br />

im Haus wurden alle Innereien mit einem Metalllöffel noch<br />

sauber ausgeschabt und in Salzwasser gelegt. Unsere Finger<br />

indes wurden steifer und steifer, das Bachwasser war<br />

eisig kalt und wir froren erbärmlich.<br />

„Hoffentlich erkältest du dich nicht“, sagte die Mutter und<br />

mir kam prompt der rettende Gedanke.<br />

„Mutti“, sagte ich „hast du einen Klaren mitgenommen?“<br />

„Ich? Einen Klaren? Wie kommst du denn darauf?“<br />

„Der Erwin hat gesagt, ein Klarer sei gut gegen Erkältungen!“<br />

„Junge, du bist acht Jahre alt. Klare trinken nur die Großen.“<br />

„Aber ich bin doch schon groß und werde im nächsten<br />

Monat schon Neun.“<br />

Das sei kein großer Unterschied, meinte sie und ergänzte,<br />

dass besagter Klarer ein Schnaps sei, der betrunken<br />

mache. Manche Leute würden danach lustig, andere<br />

hingegen auch sehr böse. Kinder dürften niemals Schnaps<br />

trinken. Uns würde gleich im Haus schon wieder warm<br />

werden. So war es auch.<br />

Und wie mir warm wurde. Es war eine Zeit lang später, da<br />

beorderte man mich nämlich in die Waschküche. Die Därme<br />

waren in der Zwischenzeit gefüllt worden und wurden nun als<br />

Leber-, Blut- und Bratwurst wie zuvor schon das deren Hauptinhalt<br />

bildende Fleisch im kupfernen Waschkessel gekocht.<br />

Sobald sich bei den Würsten eine Luftblase bildete, musste<br />

ich, auf einem altersschwachen<br />

Hocker stehend, mit einer spitzen<br />

Nadel in diese stechen. Einige<br />

Würste platzten trotz aller Vorsichtsmaßnahmen<br />

dennoch auf<br />

und ein Teil ihres Inhalts trat aus<br />

und verteilte sich. Man schimpfte<br />

aber nicht mit mir, denn die aus<br />

dem Kochwasser entstehende<br />

Wurstsuppe schmeckte durch die Beilagen noch besser.<br />

Endlich kam der Abend und mit ihm als Höhepunkt des<br />

Schlachtfests das durch ein Gebet des Großvaters eingeleitete<br />

gemeinschaftliche Essen. Nach dem Verzehr der<br />

Wurstsuppe stellten die Frauen Schüsseln mit Kartoffelpüree<br />

und selbst gefertigtem Sauerkraut auf den Tisch. Danach<br />

servierten sie das vor allem bei den Männern beliebte<br />

Wellfleisch und die frischen Würste.<br />

Ehe wir freilich zulangen konnten, gab es eine Unterbrechung.<br />

Jemand klopfte von außen heftig an eine der<br />

Fensterscheiben.<br />

Nach dem Öffnen des Fensters steckten unsichtbaren Gestalten<br />

einige Holzstöcke mit angebundenen Papiertüten ins<br />

Hausinnere. Die Tüten enthielten Zettel mit kurzen Gedichten.<br />

Schreiber waren die Nachbarskinder, die dem Schlachtfest<br />

ein gutes Gelingen wünschten und sich bei dieser Gelegenheit<br />

eine Wurst erbaten. Fast immer lautete der Text:<br />

„Ich hab gehört, ihr hätt' geschlacht' und hätt' so gute Wurst<br />

gemacht. Gebt mir eine von den Langen, die Kurzen lasset<br />

hangen.” Dem Wunsch nach einer Wurst wurde entsprochen<br />

– aber von den Langen gab es nichts. Extra für diesen Zweck<br />

waren nämlich einige kleinere Würste geformt worden. Ich<br />

beschloss spontan, beim nächsten Schlachtfest in der Nachbarschaft<br />

in der geschilderten Art und Weise ebenfalls wegen<br />

einer Wurst vorstellig zu werden.<br />

Nach dem Essen, bei dem alle mit großem Appetit kräftig<br />

und ausdauernd zugelangt hatten, gab es für die Erwachsenen<br />

einen weiteren Klaren. Aber nachdem man tagsüber<br />

erfolgreich einer Erkältung getrotzt hatte, diente das Getränk<br />

nun plötzlich zur besseren Verdauung. Als alle nun<br />

so gemütlich beisammen saßen, ergriff Schlachter Erwin<br />

das Wort. Nach einigen einleitenden Sätzen, in denen er die<br />

Juden und die Muselmanen bedauerte, denen das Schwein<br />

ein Gräuel sei, trug er ein Gedicht vor, das mit den Worten<br />

endete: „Heil, Heil und dreimal Heil dem Schwein und<br />

seinem Hinterteil!“ Man hob die erneut gefüllten Gläser,<br />

stieß ein weiteres Mal an und meine Mutter fand, dass es<br />

nun höchste Zeit sei, dass ich ins Bett ging und mit den<br />

Worten: „Vergiss nicht zu beten!“, wurde ich eine Etage<br />

höher geschickt. <br />

Ulli Weber<br />

54 durchblick 4/<strong>2010</strong>


Gesellschaft<br />

Rechtssicherheit bei Behandlungsabruch<br />

RA Kringe zum BGH-Urteil zur Sterbehilfe<br />

§<br />

Schon in seiner letzten Ausgabe<br />

hat der durchblick auf das wegweisende<br />

Urteil des Bundesgerichtshofs<br />

(BGH ) vom 25.6.<strong>2010</strong><br />

zur Sterbehilfe hingewiesen. Der<br />

Wilnsdorfer Rechtsanwalt und<br />

Notar, Michael Kringe, Fachanwalt<br />

für Familienrecht, schreibt<br />

für den durchblick dazu:<br />

Erkrankung. Der Behandlungsabbruch muss notwendig<br />

auf die Verhinderung oder Rückgängigmachung einer medizinischen<br />

Maßnahme gerichtet sein. Erfasst werden von<br />

erlaubten Behandlungsabbrüchen daher das Unterlassen<br />

einer lebenserhaltenden medizinischen Maßnahme, der<br />

Abbruch einer begonnenen Behandlung und die Inkaufnahme<br />

eines vorzeitigen Todes, wenn er als Nebenfolge einer<br />

palliativmedizinischen Behandlung, wie etwa der Schmerzlinderung,<br />

eintritt.<br />

Das Gericht musste über die Strafbarkeit eines Anwalts<br />

urteilen, der einer Mandantin empfohlen hatte,<br />

den Schlauch der Magensonde durchzutrennen,<br />

mit welcher deren Mutter, die sich in einem nicht mehr<br />

rückgängig zu machenden Wachkoma befand, ernährt wurde.<br />

Die Vorinstanzen hatten den Rechtsanwalt wegen versuchten<br />

Totschlags verurteilt.<br />

In der Entscheidung, mit der der BGH diese Urteile<br />

aufgehoben und den Anwalt freigesprochen hat, ergriff er<br />

die Gelegenheit, um die Grenzen zwischen erlaubter und<br />

unerlaubter Sterbehilfe neu zu definieren.<br />

Das Gericht diskutiert die Problematik im Spannungsverhältnis<br />

zwischen dem Selbstbestimmungsrecht des<br />

Patienten und dem Gebot des Schutzes menschlichen Lebens.<br />

Es berücksichtigt außerdem das seit 2009 geltende<br />

sog. Patientenverfügungsgesetz. Dieses Gesetz ordnet<br />

eine am Patientenwillen orientierte Begrenzung der Behandlung<br />

bei zum Tode führenden Erkrankungen an. Der<br />

tatsächliche oder mutmaßliche Wille des Patienten ist unabhängig<br />

von Art und Stadium der Erkrankung Ausgangspunkt<br />

und Maß aller Behandlungsmaßnahmen.<br />

Der BGH stellt fest, dass die bisherige Unterscheidung<br />

zwischen bloßem Unterlassen, also passiver Sterbehilfe,<br />

die straffrei möglich ist, einerseits und aktivem Tun, also<br />

strafbarer aktiver Sterbehilfe, untauglich sei. Diese Unterscheidung<br />

habe in der Vergangenheit zu juristischen Kunstgriffen<br />

geführt, die zu Recht kritisiert worden seien.<br />

So hätten Gerichte beispielsweise das Abschalten<br />

eines Beatmungsgerätes als Unterlassen im juristischen<br />

Sinne interpretiert und seien so zur gewünschten Straffreiheit<br />

gekommen.<br />

Nun ersetzt das Gericht diese Unterscheidung durch<br />

den Begriff des „Behandlungsabbruchs“, der regelmäßig<br />

aus Elementen aktiven Handelns und passiven Unterlassens<br />

bestehe.<br />

Handlungen, die das Leben unabhängig von<br />

einem schweren Krankheitsprozess beenden,<br />

sind weiterhin strafbar.<br />

Ausführlich setzt das Gericht sich mit der Problematik<br />

des mutmaßlichen Patientenwillens auseinander. Es<br />

verweist für den Fall, dass der Patient seinen Willen nicht<br />

mehr äußern kann und ihn auch in der Vergangenheit nicht<br />

schriftlich geäußert hat auf die Regeln des Patientenverfügungsgesetzes,<br />

die Anhaltspunkte zur Ermittlung eines<br />

solchen Willens geben.<br />

Lob haben die Richter erhalten für die Deutlichkeit, mit<br />

der sie die Grenze zwischen strafbarer Tötung und strafloser<br />

Sterbehilfe, neu definiert haben. Sie erlaubt dem juristischen<br />

Laien, also Ärzten, Pflegekräften, Betreuern und<br />

Angehörigen eindeutig zu bestimmen, wie weit Eingriffe,<br />

die das Leben beenden, gehen dürfen bzw. wo die Strafbarkeit<br />

anfängt.<br />

Ein Behandlungsabbruch liegt nur dann vor, wenn er im<br />

Zusammenhang mit Sterbehilfe steht. Er setzt die Einwilligung<br />

des Betroffenen voraus sowie eine lebensbedrohliche<br />

durchblick 4/<strong>2010</strong> 55


Gib jedem Tag die Chance, der Schönste deines Lebens zu werden. Mark Twain<br />

Konzentriertes Lesen<br />

Die ungewohnte Schreibweise des Textes fordert<br />

erhöhte Aufmerksamkeit<br />

Wortfindung – Wissen<br />

Wie heißt die Redensart?<br />

Alle Übungen gefunden beim „Schweizerischer Verband für Gedächtnistraining“, zusammengestellt von Barbara Kerkhoff und Anja Freundt<br />

Logisches Denken<br />

Suchen Sie für die drei Bilder in einer Zeile einen<br />

Oberbegriff! Welches Bild gehört nicht dazu?<br />

Wer ---- sagt muss auch ---- sagen<br />

Es --- ist noch --- aller Tage ---.<br />

--- Antwort ist --- --- Antwort.<br />

In den --- Apfel ---.<br />

Wie --- sich --- so liegt man.<br />

Der --- lebt nicht vom --- allein.<br />

Lückentext<br />

Sie trainieren besonders:<br />

Wortfindung.<br />

Es fehlen die Selbstlaute ü = ue.<br />

-s -st b-ss-r --n- K-rz- -nz-z--nd-n,<br />

-ls --b-r d-- D-nk-lh--t z- kl-g-n.<br />

56 durchblick 4/<strong>2010</strong>


Kreatives Denken – Alternativen<br />

Versuchen Sie bei, „was wäre, wenn ...“ möglichst<br />

viele Alternativen zu finden als Oberbegriff!<br />

Was wäre, wenn ...<br />

Sie für eine Woche dreißig Jahre alt wären:<br />

___________________________________________<br />

Was wäre, wenn ...<br />

Sie plötzlich den Hauptgewinn im Lotto gezogen hätten?<br />

___________________________________________<br />

Was wäre, wenn ...<br />

Sie einen Artikel für den durchblick schreiben<br />

müssten?<br />

___________________________________________<br />

Was wäre, wenn ...<br />

Sie Bürgermeister von Siegen sein dürften?<br />

___________________________________________<br />

Konzentration<br />

Versteckte Wörter:<br />

Im Buchstabenfeld finden Sie zehn Tiere<br />

Ein Paar auf die Ohren?<br />

Viel hören – Wenig verstehen?<br />

Von diesem Problem mit dem Gehör ist annähernd jeder<br />

Siebte betroffen. Der Anfang: Angestrengtes Verstehen und<br />

Verwechselung bei Nebengeräuschen,<br />

wobei es bei<br />

Einzelgesprächen oft noch<br />

geht. Meist sind beide Ohren<br />

gleichermaßen betroffen.<br />

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Versorgung mit Hör- und<br />

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durchblick 4/<strong>2010</strong> 57


Gesellschaft<br />

Was kostet das Leben?<br />

I<br />

m Monat 364 Euro an Einkommen – die Bundesregierung<br />

hat das Arbeitslosengeld II „Hartz IV“ neu<br />

berechnet. Kann man davon ein menschenwürdiges<br />

Leben führen? Die Diskussion um das Existenzminimum<br />

ist neu entfacht, seit die Regierungskoalition<br />

dem Auftrag<br />

des Bundesverfassungsgericht<br />

nachgekommen ist und die<br />

Grundsicherung neu berechnet<br />

hat. Das Ergebnis der Neuberechnung:<br />

fünf Euro mehr.<br />

Kann man davon leben?<br />

Die se Frage stellt sich dem, der<br />

länger als ein Jahr arbeitslos ist<br />

(Lebensalter über 50 Jahre: länger<br />

als zwei Jahre), seinen Kindern<br />

und Geringverdienenden.<br />

Laut Auskunft der Bundesagentur<br />

für Arbeit lebten im April<br />

fast 6,9 Millionen Menschen in „Hartz IV“-Haushalten.<br />

916 000 Menschen waren im September länger als ein<br />

Jahr ohne Arbeit, fast die Hälfte davon sogar länger als<br />

zwei Jahre. Selbst wenn man einen gewissen Prozentsatz<br />

für die nicht Vermittelbaren abzieht, so ist das eine erschreckende<br />

Zahl. Diese Menschen bekommen nun auf<br />

den Cent vorgerechnet, wie ein menschenwürdiges Leben<br />

zu finanzieren ist. Dabei sind 128,46 für Nahrungsmittel<br />

und Getränke angesetzt – das sind 4,28 Euro am Tag. Für<br />

Kleidung und Schuhe gibt es 30,40 Euro, 1,39 Euro für<br />

Bildung.<br />

Hartz IV ist grundsätzlich<br />

gesehen ein gute Sache,<br />

um zu überleben. Aber aus<br />

der Nothilfe für den Ausnahmefall<br />

ist für immer mehr<br />

Menschen in unserem Land<br />

ein Dauerzustand geworden.<br />

Umso dringender stellt sich<br />

die Frage: Reicht die finanzielle<br />

Grundsicherung für ein<br />

menschenwürdiges Leben?<br />

Deutschlands riesiger Sozialverband, der VdK, verurteilt<br />

mit einer großen Plakataktion den Missstand.<br />

Mehrere Sozialverbände<br />

haben darauf hingewiesen,<br />

dass besonders für Kinder<br />

neu gerechnet werden muss. Es stellt sich die Frage nach<br />

einer solidarischen Gesellschaft; diese muss bereit sein Verantwortung<br />

mit zu tragen. Das kostet Geld. Aber hier dürfen<br />

die Reichen nicht weiterhin geschützt werden und die<br />

Belastungen immer mehr den ohnehin schon Schwachen<br />

aufgebürdet werden.<br />

Horst Mahle<br />

Engagement, Mitwirkung<br />

und Beteiligung Älterer<br />

Foto: Dr.Horst Bach<br />

In Deutschland<br />

leben<br />

mehr<br />

als 20 Millionen<br />

ältere<br />

M e n s c h e n .<br />

Ihr Anteil an<br />

der Gesamtbevölkerung<br />

steigt. „Grufti“,<br />

Die „Alten“ bringen sich vielfach in die Gesellschaft<br />

„Schrapp-<br />

ein. Hier Lesepatin Linda Löser. nelle“ oder<br />

„alter Sack“<br />

„altes Eisen“<br />

oder „UHU“ (= Unter Hundert): Die Bezeichnungen für<br />

diese Bevölkerungsgruppe, für das Alter und Altern sind<br />

vielfältig und teilweise verletzend. So gibt es junge und alte<br />

Alte, fitte Alte, ältere Mitbürger und natürlich Senioren<br />

sowie hochaltrige und betagte Menschen. Im Blick auf den<br />

demografischen Wandel ist oft von einer „Alterslast“ und<br />

„ergrauten Welt“ die Rede.<br />

Aber als Konsumenten sind die Älteren heftig umworben<br />

und eine bei Wahlen entscheidende Zielgruppe. Vor<br />

allem wird ihr Engagement in der Gesellschaft zunehmend<br />

als unverzichtbar erkannt. Es ist zu beobachten, dass sich<br />

die gesellschaftliche Einstellung zur älteren Generation und<br />

auch das Lebensgefühl der älteren Menschen verändert.<br />

Das Selbstbewusstsein – vor allem der sogenannten „jungen<br />

Alten“ – ist erheblich gestiegen. Diese Bevölkerungsgruppe<br />

zeichnet sich aus durch ausgeprägte Lebenserfahrungen<br />

und Biografien sowie durch vielseitige Interessen<br />

und Handlungsmöglichkeiten bei relativ guter Gesundheit.<br />

Aktuellen Umfragen zufolge sind in dieser Bevölkerungsgruppe<br />

37 von 100 Personen ehrenamtlich engagiert.<br />

58 durchblick 4/<strong>2010</strong>


Gesellschaft<br />

Mit steigender Tendenz. Kann dieses Potenzial intensiver,<br />

vielleicht in organisierter Form genutzt werden? Etwa als<br />

Ersatz oder in Nachfolge der Zivildienstleistenden, zum<br />

Beispiel als „soziales Jahr“ für Senioren? Begriffe wie<br />

„Dienst“ oder „Pflicht“ werden jedenfalls kaum vermittelbar<br />

sein. Auch mit Hinweisen auf Engpässe der Sozialkassen<br />

dürfte die Überzeugungsarbeit erfolglos bleiben.<br />

Aber es stellt sich die Frage, ob die gesellschaftlichen<br />

Altersbilder entsprechenden Erwartungen an ältere Menschen<br />

unterstützen oder einschränken. Denn Altersbilder<br />

haben Einfluss darauf, inwieweit ältere Menschen ihre<br />

Potenziale verwirklichen können und inwieweit es ihnen<br />

gelingt, Grenzsituationen zu bewältigen. Anders ausgedrückt:<br />

Welche sozialen Rollen älteren Menschen in einer<br />

Gesellschaft offen stehen und was von ihnen in diesen<br />

Rollen erwartet wird, hängt nicht zuletzt von den vorherrschenden<br />

Altersbildern ab. Sie haben auch Einfluss darauf,<br />

was ältere Menschen sich zutrauen, was sie erreichen<br />

wollen und erreichen können.<br />

Die vielschichtigen Interessen älterer Menschen werden<br />

in Deutschland von zahlreichen Organisationen, Verbänden<br />

und Initiativen der freien Altenarbeit vertreten.<br />

Dazu gehören zum Beispiel die politischen Parteien, die<br />

Kirchen, Wohlfahrts- und Sportverbände. Alle können<br />

jedoch oft nur in den sie betreffenden Teilgebieten wirken.<br />

Die gemeinsamen Anliegen werden in der Öffentlichkeit<br />

und gegenüber den politisch Verantwortlichen<br />

von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen<br />

(BAGSO) e.V. vertreten. Über ihre zurzeit<br />

102 Mitgliedsorganisationen vertritt die BAGSO etwa<br />

13 Millionen ältere Menschen in Deutschland mit dem<br />

Hauptziel, jedem Menschen ein selbstbestimmtes Leben<br />

im Alter zu ermöglichen und die dafür notwendigen<br />

Rahmenbedingungen zu schaffen. Die BAGSO setzt sich<br />

dafür ein, dass auch alte Menschen die Chance zu einer<br />

aktiven Beteiligung am gesellschaftlichen Leben haben<br />

und sich das im öffentlichen Meinungsbild über „die Alten“<br />

widerspiegelt. Seitens der BAGSO wurde dafür die<br />

Fachkommission „Freiwilliges Engagement und gesellschaftliche<br />

Teilhabe“ eingerichtet.*<br />

Vor diesem Hintergrund hat das Bundesministerium für<br />

Familie, Senioren, Frauen und Jugend gemeinsam mit der<br />

BAGSO am 8. November <strong>2010</strong> in Berlin eine Fachveranstaltung<br />

durchgeführt. Überschrift: „Altersbilder und Engagement<br />

in der Zivilgesellschaft“.<br />

Engagement, Mitwirkung und Beteiligung von Bürgerinnen<br />

und Bürgern könne die Politik nicht verordnen, erklärte<br />

Bundesfamilienministerin Kristina Schröder in ihrer<br />

Eröffnungsrede. „Aber wir können günstige Bedingungen<br />

und Räume schaffen, wo sich Alt und Jung außerhalb von<br />

Familie, Schule und Arbeitswelt begegnen, wo sie sich gemeinsam<br />

für ihr Umfeld und für eine gute Zukunft verlässlich<br />

bürgerschaftlich engagieren.“<br />

Foto: Archiv BAGSO<br />

Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und<br />

Jugend Kristina Schröder auf einer Fachveranstaltung zum<br />

Thema „Altersbilder und Engagement in der Zivilgesellschaft“.<br />

Entsprechende Aktionszentren auf kommunaler Ebene<br />

werden vermutlich in absehbarer Zeit von der Bundesregierung<br />

– wiederum unter Beteiligung der BAGSO – finanziell<br />

gefördert. Das entspricht außerdem den Zielen<br />

des Europäischen Jahres der Freiwilligentätigkeit 2011.<br />

Die Europäische Kommission will ebenfalls dazu beitragen,<br />

dass mehr Menschen sich ehrenamtlich engagieren<br />

und dass das Bewusstsein für den Mehrwert dieses Engagements<br />

gesteigert wird.<br />

Meiner persönlichen Erfahrung zufolge sind Menschen<br />

für ein Engagement am ehesten zu gewinnen, wenn sie ein<br />

realistisches Bild vom eigenen Alter(n) erarbeitet und verinnerlicht<br />

haben. Und wenn es sich tatsächlich um ein freiwillig<br />

gewähltes befristetes Engagement handelt. Nach der<br />

Devise: „Die Chancen nutzen, die Zumutungen annehmen,<br />

die Erfüllungen auskosten“ (Alfons Auer). <br />

Erich Kerkhoff<br />

* Der Autor ist Mitglied der Fachkommission.<br />

durchblick 4/<strong>2010</strong> 59


Der Kommentar<br />

Künstliche Ernährung am Ende des Lebens<br />

Immer noch ist dieser Satz: „Sie wollen ihn/sie doch<br />

nicht verhungern und verdursten lassen“ in Krankenhäusern<br />

und Pflegeheimen zu hören, auch in unserer<br />

Region. Diese Aussage soll das Anlegen einer Magensonde<br />

(PEG = perkutane endoskopische Gastrostomie) für eine<br />

künstlicher Ernährung mit Sondernahrung durch die Bauchdecke<br />

rechtfertigen und zur Einwilligung der Angehörigen<br />

führen, wenn der Patient selbst nicht mehr in der Lage ist<br />

dadurch seine Zustimmung zu geben. Und welcher Angehörige<br />

will sich diesem Vorwurf schon ausgesetzt sehen<br />

und sieht sich dadurch genötigt zuzustimmen. Das Anlegen<br />

und die Ernährung über eine PEG-Sonde ist ein ärztlicher<br />

Eingriff in die Körperintegrität des Menschen und bedarf<br />

deshalb immer der Einwilligung des Patienten bzw. dessen<br />

Angehörigen oder Betreuers.<br />

Aber hier ist genau hinzuschauen, insbesondere bei der<br />

Indikation in der terminalen Lebensphase. Von ihr spricht<br />

die Medizin dann, wenn eine zwangsläufig tödlich verlaufende<br />

Krankheit vorliegt und der Tod kurzfristig d. h.<br />

innerhalb von Tagen oder wenige Wochen erwartet wird.<br />

Die künstliche Ernährung über eine PEG-Sonde in dieser<br />

Phase ist eine lebensverlängernde Maßnahme, die im Sinne<br />

des Sterbenden wohl bedacht werden muss. Die gefühlsmäßige<br />

Annahme, dass dadurch das körperliche und geistige<br />

Wohlbefinden erhalten bleibt und die Lebenserwartung erhöht<br />

werden kann, nach dem bekannten Motto: Essen und<br />

Trinken hält Leib und Seele zusammen, ist nach neuesten<br />

Studien widerlegt. Von Verhungern sprechen heute Wissenschaftler<br />

und Mediziner in der Regel nur dann, wenn ein<br />

Mensch durch ein objektiv erhöhtes Kaloriendefizit auch<br />

an einem subjektiven Hungergefühl leidet. Empfindet und<br />

leidet ein Mensch keinen Hunger, verhungert er auch nicht.<br />

Das Gleiche gilt für das „Verdursten“. Ohne ein Durstgefühl<br />

und daran zu leiden, gibt es kein Verdursten.<br />

Die Reduzierung des Bedürfnisses<br />

nach Nahrung und<br />

Flüssigkeit ist Bestandteil eines<br />

natürlichen, oft langen und<br />

langsamen Sterbeprozesses.<br />

Deshalb kann bei einem alten<br />

Menschen, der am Ende seines<br />

Lebens angekommen ist und<br />

kein Ess- und Durstbedürfnis<br />

mehr entwickelt, auch von<br />

keiner bewussten Nahrungsverweigerung<br />

gesprochen wer-<br />

Eberhard Freundt<br />

den, die eine Zwangsernährung<br />

rechtfertigt. Ganz besonders<br />

problematisch und nicht gerechtfertigt ist die Ernährung über<br />

eine PEG-Sonde, z. B. bei Demenzkranken, um die zeitraubende<br />

Essprozedur und damit Personalkosten einzusparen.<br />

Je nach Krankheitsbild kann die künstliche und nicht<br />

selten zwangsweise Zuführung von Nahrung und Flüssigkeit<br />

für den Patienten und sein Wohlbefinden sogar kontraproduktiv<br />

sein. Insbesondere durch die vermehrte Zuführung<br />

von Flüssigkeit kann der Sterbeprozess erschwert und<br />

der Leidensdruck erhöht werden. Eine Lebensverlängerung<br />

um jeden Preis kann für den Betroffenen im wahrsten Sinne<br />

des Wortes eine Folter sein, wenn mit einer künstlichen<br />

Ernährung zwar sein Leben, in erster Linie aber sein unerträgliches<br />

Leiden unnötig verlängert wird. Deshalb, es<br />

stellt sich bei der Entscheidung über eine künstliche Ernährung<br />

mithilfe einer PEG-Sonde in der terminalen Phase des<br />

Lebens nicht die Frage nach Verdursten und Verhungern,<br />

sondern nach der Vermeidung einer oft langen Tortur unnötigen<br />

Leidens. Im Übrigen kann ich mir nicht vorstellen,<br />

dass ich, in der letzten Phase meines Lebens angekommen,<br />

noch ein großes Verlangen nach Essen und Trinken habe,<br />

schon gar nicht nach einer PEG-Mahlzeit, so ohne jegliches<br />

sinnliches Geruchs- und Geschmacksempfinden. <br />

Essay<br />

Depressionen im Alter<br />

Dr. med. Wolfgang Bauch<br />

In jedem Alter erkranken Menschen an Depressionen,<br />

im Kindesalter, in der Jugend, während der Zeit des<br />

Erwerbslebens und auch im höheren Alter. Frauen und<br />

Männer sind in unterschiedlicher Häufigkeit betroffen, die<br />

Ursachen sind nicht bekannt, es gibt interessante Spekulationen<br />

darüber. Etwa jede 5. Frau muss damit rechnen,<br />

irgendwann im Laufe ihres Lebens an einer Phase einer Depression<br />

zu erkranken, bei den Männern ist die Krankheit<br />

nicht so häufig, hier erkrankt etwa jeder 8. Mann.<br />

Bekannt sind Depressionen in der Pubertät, vor dem<br />

Eintritt der Menstruationsblutungen, in der Schwangerschaft,<br />

unmittelbar nach einer Geburt, in den Wechseljahren<br />

und während der Menopause. Auch bei den älteren Männern,<br />

wenn der Testosteronspiegel absinkt, sollen gehäuft<br />

Depressionen vorkommen. Hier wird also induziert, der<br />

Hormonspiegel könnte bei der Entstehung einer Depression<br />

eine Rolle spielen. Direkt sicher nicht, indirekt wahrscheinlich<br />

doch insofern, als die Sexualhormone auf andere<br />

60 durchblick 4/<strong>2010</strong>


Essay<br />

Hormone im Gehirn bei der Informationsübertragung von<br />

Zelle zu Zelle eine fördernde oder hemmende Auswirkung<br />

haben könnten. Auch für das Testosteron ist es möglich,<br />

dass es auf diese Weise bei der Entstehung einer Depression<br />

alter Männer mitwirken kann, sicher aber in einer untergeordneten<br />

Rolle. Das Frauengehirn reagiert auf hormonelle<br />

Änderungen empfindlicher, ist labiler. Frauen werden dann<br />

gleich depressiv. Männer machen meist einen Umweg über<br />

eine Sucht; sie fliehen in den Alkohol oder werden tablettensüchtig,<br />

und wenn das dann nicht mehr hilft, gleiten sie<br />

in die Depression ab. Hormone spielen also bei der Entwicklung<br />

und Manifestation einer Depression eine gewisse<br />

Rolle. Zur Manifestation einer ausgewachsenen Krankheit<br />

müssen aber noch andere Faktoren hinzukommen. Hier ist<br />

es meist eine innere Veranlagung.<br />

Die Depression, das häufigste Gemütsleiden überhaupt,<br />

hat also ganz unterschiedliche Ursachen und Auslöser. Sie<br />

kann z. B. reaktiv ausgelöst werden, das bedeutet, die Niedergeschlagenheit<br />

wird durch ein äußeres einschneidendes<br />

Ereignis angestoßen. Sie kann eine endogene Ursache haben,<br />

das heißt, sie entsteht aufgrund einer inneren Veranlagung, ist<br />

also erblich bedingt, oder sie hat eine körperliche Ursache,<br />

will heißen, eine akute oder chronische körperliche Krankheit<br />

löst die Depression aus, z. B. ein Krebsleiden, ein Herzinfarkt.<br />

Eine umfassende, gut verständliche Formulierung der<br />

Definition einer Depression ist nicht so einfach. Wir alle<br />

kennen die Depressionskrankheit, kennen Menschen mit<br />

Depressionen, aber was ist nun wirklich eine Depression?<br />

Lexika und anerkannte Lehrbücher der Neurologie und<br />

Psychiatrie geben oft genug nicht ausreichend umfassende<br />

und befriedigende Definitionen. Eine Depression ist also<br />

eine seelische Krankheit, die akut oder chronisch in Schüben<br />

verläuft, die sich aus Symptomen aus unterschiedlichen<br />

Bereichen zusammensetzt, aus psychischen, psychomotorischen,<br />

körperlichen und psychosozialen. Im Vordergrund<br />

stehen aber immer die seelisch-psychischen Symptome. Wir<br />

wissen sicher alle, was eine Depression ist, aber wir können<br />

diese komplizierte seelische Krankheit nicht in Worte fassen.<br />

Psychische Symptome sind: traurige Verstimmung, Unfähigkeit<br />

zur Freude, Denkhemmung, Entschlussunfähigkeit,<br />

Apathie, innere Leere, Angst, Hoffnungslosigkeit. Psychomotorische<br />

Symptome sind: motorische Unruhe, innere Getriebenheit<br />

(= Plus-Symptomatik ), Antriebs-hemmung und<br />

Stupor (= Minus-Symptomatik). Somatische Symptome<br />

sind: Störung des Lebensgefühls mit verschiedenen organbezogenen<br />

Beschwerden, wie Herz, Lunge, Leber, Magen-<br />

Darm-Trakt, Unterleib etc. Psychosoziale Störungen sind<br />

Verhaltensweisen, die sich im Zusammenleben mit anderen<br />

Menschen ergeben, dem Lebenspartner, den Kindern, Freunden,<br />

Nachbarn oder Kollegen am Arbeitsplatz.<br />

Noch etwas zur Häufigkeit: Statistiken sind hier schwierig<br />

erstellbar. Man kann von einer Häufigkeit zwischen<br />

10 % und 30 % ausgehen, in der Allgemeinpraxis kann man<br />

sicher 30 % annehmen. Die WHO geht von 5 % der Weltbevölkerung<br />

aus, entsprechend 200 Mio. Betroffene.<br />

Versuche einer Definition der Depression: Kardinalsymptome<br />

sind gedrückte Stimmung, traurige Stimmungslage.<br />

Weiter findet man Interessenverlust, Freudlosigkeit, Verminderung<br />

des Antriebs mit Ermüdbarkeit und Aktivitätseinschränkung.<br />

Daneben treten auf: Verminderte Konzentration<br />

und Aufmerksamkeit, vermindertes Selbstwertgefühl, negative<br />

Zukunftsperspektiven, Suizidgedanken, Schlafstörungen<br />

und ein verminderter Appetit mit Gewichtsabnahme, aber<br />

auch das Gegenteil, deutliche Gewichtszunahme ist möglich.<br />

Weiterhin bestehen Interessenverlust und Verlust der Freude<br />

an angenehmen Aktivitäten, mangelnde Fähigkeit, auf eine<br />

freundliche Umgebung oder ein freudiges Ereignis emotional<br />

zu reagieren, ein frühmorgendliches Erwachen, zwei oder<br />

drei Stunden vor der üblichen Zeit, ein Morgentief in der<br />

Stimmung. Es kann der objektive Befund einer psychischen<br />

Hemmung oder aber auch einer Agitiertheit bestehen. Es lassen<br />

sich noch verschiedene Schweregrade der depressiven<br />

Episoden (leicht, mittelgradig, schwer, mit oder ohne psychotische<br />

Symptome) unterscheiden und noch drei verschiedene<br />

Erscheinungsbilder: überwiegende Antriebsarmut (gehemmt,<br />

ängstlich), agitierte Depressionen und larvierte somatisierte<br />

Depressionen, die sich hinter körperlichen Krankheiten verstecken,<br />

wie eben so oft bei Depressionen im Alter.<br />

Welches sind nun die Kriterien, die die Diagnose Depressionen<br />

im Alter kennzeichnen? Der alte Mensch sagt ja<br />

von sich aus nicht, er sei depressiv. Die Lebensumstände,<br />

die individuelle Biografie und die Gesellschaft haben den<br />

alten Menschen in besonderer Weise geprägt. Innerhalb der<br />

Familie hat er seinen Angehörigen gegenüber dankbar zu<br />

sein, demütig und unterwürfig, „er geht den unteren Weg“,<br />

hat nichts zu fordern, allenfalls etwas zu erbitten, so auch<br />

dem Staat mit seinem sozialen Netzwerk gegenüber zu Dank<br />

verpflichtet zu sein, soll seine eigene Persönlichkeit zurücksetzen<br />

bis zum völligen Verlust dieser Persönlichkeit. Er sagt<br />

also nicht, er sei depressiv, das verbietet ihm seine Vergangenheit.<br />

Depression ist in dieser Denkweise ein Makel, eine<br />

Schwäche, die man nicht zugeben kann. Bei der Diagnosefindung<br />

ergeben sich also gewisse Schwierigkeiten. Die Verhaltensweise<br />

des Kranken muss besonders beobachtet werden,<br />

die Gesamtpersönlichkeit, das Auftreten, die Mimik, die <br />

durchblick 4/<strong>2010</strong> 61


Essay<br />

Gestik, die Art des „Kommunizierens“, die äußere Erscheinung.<br />

Der Kranke wird von äußeren Umständen erzählen, von<br />

seiner Vergangenheit, seiner gegenwärtigen Situation, die ihn<br />

einschränkt, ihn überfällt, bevormundet, ihn niederdrückt und<br />

ihn ausschließt. Er wird vordergründig körperliche Beschwerden<br />

aufzählen, das Herz, das schwach ist und ihm Schmerzen<br />

macht, die allgemeine körperliche Schwäche und die Schmerzen aller<br />

Glieder, er wird sagen, er sei appetitlos, sei immer müde, er würde<br />

am liebsten morgens gar nicht erst aufstehen, warum auch? Er habe<br />

Verdauungsbeschwerden, ekele sich schon vor dem Essen, das ihm<br />

sowieso nicht schmecken würde. Er habe oft Kopfschmerzen, könne<br />

nicht mehr schlafen, sei dennoch immer müde, habe eine innere<br />

Unruhe, könne<br />

keine klaren Gedanken<br />

fassen,<br />

sich nichts vornehmen,<br />

nichts<br />

planen, habe<br />

oft Herzklopfen<br />

oder Atembeschwerden.<br />

Also, er sagt alles Mögliche, nur nicht, er sei depressiv<br />

und leide darunter. Er redet aber auch schon mal über Angst oder<br />

Lustlosigkeit, es sei ihm alles egal, es brauche ihn ja ohnehin niemand<br />

mehr. Das sind immerhin erstmals psychische Symptome!<br />

Er erzählt weiter über seine Appetitlosigkeit, seine Verdauungsbeschwerden<br />

und seinen Problemen mit dem Wasserlassen, von<br />

Kopfschmerzen, von Schwindelgefühl, dass er auch schon mal etwas<br />

grantig sei, ihm gewisse Dinge gegen den Strich gingen, ihm<br />

nicht passten, dass er nicht immer die Dinge machen möchte, die<br />

andere von ihm verlangten und von ihm erwarteten, das sei für ihn<br />

ein Normalfall, das komme vor, sei aber jeden Tag anders, dafür sei<br />

er ja auch schließlich alt geworden, habe sein ganzes Leben lang<br />

gearbeitet, er habe es ja auch zu etwas gebracht!<br />

Wie schon vorher betont, gibt es Depressionen in jedem<br />

Alter. Ob die Krankheit im fortgeschrittenen Alter an Häufigkeit<br />

zunimmt, darüber gibt es widersprüchliche Aussagen,<br />

jedenfalls ist es keine Seltenheit, wenn eine Depression erst<br />

jenseits des 60. Lebensjahres erstmals in Erscheinung tritt. In<br />

den Altersheimen werden Zahlen von etwa 40 % Depressionskranker<br />

beschrieben und in den Krankenhäusern, wo auch das<br />

Durchschnittsalter der Patienten ganz erheblich ansteigt, werden<br />

in den somatischen Stationen sehr viele Depressionskranke<br />

behandelt. Man nimmt manchmal an, dass Depressionen<br />

nach schweren körperlichen Krankheiten beginnen, oder dass<br />

die Depression selbst als bedeutsamer eigenständiger Risikofaktor<br />

für koronare Herzkrankheit oder Herzinfarkt betrachtet<br />

wird. Für viele chronische somatische Krankheiten ist die Depression<br />

ein tatsächlicher Risikofaktor. Sie verzögert z. B. die<br />

Heilungsphase bei einem Herzinfarkt, verlängert den Krankenhausaufenthalt<br />

und erhöht die Sterblichkeit beim Infarkt. Da<br />

aber die Zahl der alten Menschen infolge des demografischen<br />

Wandels ebenso wie die Phase des „Alt-Seins“ zugenommen<br />

hat, ist sicher auch das Vorkommen der Depressionskrankheit<br />

erhöht. Wissenschaftlich wird diese Tatsache erst ernsthafter<br />

erforscht und gewinnt an Bedeutung, hat sich doch erst in den<br />

letzten Jahren das Fachgebiet der „Gerontopsychiatrie“ in der<br />

Medizin etabliert.<br />

Krisen im Alter<br />

Weil Krisenerlebnisse besonders im Alter oft als Auslöser<br />

handfester Depressionen angesehen werden, sollen<br />

im Anschluss solche Krisen kurz charakterisiert werden.<br />

Eigentlich sollte man meinen, man habe im Alter genügend<br />

Strategien, Fähigkeiten, Erfahrungen und Ressourcen, mit<br />

Problemen fertig zu werden, aber dem ist offensichtlich nicht<br />

so. Jede Krise ist ein akuter Schock, eine Erschütterung, die<br />

die als selbstverständlich<br />

Die körperliche Kraft lässt nach,<br />

der Tagesrhythmus ist verändert<br />

empfundene<br />

eigene Identität<br />

ins Wanken<br />

bringt.<br />

Hier sollen<br />

also Krisen<br />

im Alter erwähnt werden, die Depressionen auslösen können.<br />

Es sind folgende:<br />

das Alter selbst als Krise<br />

der Tod des Partners als Krise<br />

körperliche Erkrankungen als Krise<br />

Vereinsamung als Krise<br />

Demenz als Krise<br />

Berentung als Krise<br />

Wohnungswechsel als Krise<br />

Altern als Krise<br />

Erlebt wird das Altern an sich als Krise. „Ich kann nicht<br />

mehr alles, was ich will und wie ich es will, überall gibt es<br />

Grenzen der Belastbarkeit, manches muss ich mir verbieten“.<br />

Die körperliche Kraft lässt nach, der Tagesrhythmus<br />

ist verändert. Das Problem überhaupt ist, einen vernünftigen<br />

Rhythmus für sich selbst zu finden. Der gesamte Lebensablauf<br />

ist verändert, die Dinge haben ein anderes Gewicht,<br />

eine andere Wertigkeit. Man wird von den Menschen nicht<br />

mehr so gefordert, wird verschont, es wird einem nicht mehr<br />

viel zugetraut, man wird schon mal mit Samthandschuhen<br />

angefasst, man wird nicht mehr für „voll“ genommen. Hinzu<br />

kommen der normale körperliche Abbau, das Nachlassen<br />

der physischen Kräfte und der geistigen Fähigkeiten. Man<br />

hat einen Altersbonus, bekommt bei Veranstaltungen verbilligte<br />

Eintrittskarten, hat einen Rentnerausweis. Alles Dinge,<br />

die natürlich nicht unbedingt aufbauend wirken. Das ist also<br />

das bisher allgemein anerkannte negative Bild vom Alter.<br />

Man hat jung, elastisch, zukunftsorientiert, aufgeschlossen<br />

und flexibel zu sein, so jedenfalls sagt es uns die Werbung.<br />

Dennoch gibt es auch ein positives Bild vom Alter, das sind<br />

die „jungen Alten“, aber eben doch die Alten.<br />

Das Ende des Lebens rückt näher, man kann sich darauf<br />

besinnen, welchen Sinn man seinem Leben noch geben kann,<br />

62 durchblick 4/<strong>2010</strong>


Essay<br />

welche Werte noch verwirklicht werden sollen, für welche<br />

Ziele man sich in freiheitlicher Gesinnung noch einsetzen<br />

soll. Man hat Muße, in sich hineinzuschauen, seine Innenwelt<br />

besser kennenzulernen, ob sich nicht doch eine schöpferische<br />

Phase noch auftut. Positiv ist weiter: Die Abhängigkeit<br />

vom Urteil der Außenwelt ist geringer. Hier wird man wahrscheinlich<br />

nicht depressiv<br />

Der Tod des Partners als Krise<br />

Der Tod des Lebenspartners ist sicher die größte Krise für<br />

einen alten Menschen. In der Bewältigungsphase kommt es<br />

häufig zu Suizidversuchen oder Suiziden. Es treten diffuse<br />

körperliche Symptome auf; Unruhe, Schlafstörungen kommen<br />

hinzu. Folge ist dann manchmal ein Medikamentenmissbrauch<br />

oder eine Alkoholabhängigkeit. Depressionen<br />

nach dem Tode eines Partners sind häufig, vorausgegangen<br />

ist meist eine Trauerreaktion unterschiedlicher Dauer. Sie<br />

kann mehr als ein Jahr andauern, sollte aber auch nicht mit<br />

Medikamenten künstlich beeinflusst und verkürzt werden.<br />

Statistiken weisen nach, dass der überlebende Partner innerhalb<br />

des ersten Vierteljahres über doppelt so häufig als in der<br />

entsprechenden Vergleichsgruppe an einer rasch fortschreitenden<br />

Herzerkrankung verstirbt, weil der Wille zum Leben<br />

nicht mehr da ist.<br />

Wenn allerdings die persönliche Beziehung zum Partner<br />

problematisch war, kann nach einiger Zeit der Unruhe, Verwirrung<br />

und Trauer doch eine Erleichterung eintreten, ein<br />

Wiederaufleben des Überlebenden, der dann eine neue Aufgabe<br />

und andere Anforderungen findet und sich einen neuen<br />

Lebensrhythmus, einen neuen Lebenssinn schaffen kann. Die<br />

„lustige Witwe“, die dann wieder aufblüht, ist wohl sicher ein<br />

Ausnahmefall.<br />

Körperliche Erkrankung als Krise<br />

Regelhaft führt im Alter die eigene körperliche Erkrankung<br />

mit Einschränkung der Beweglichkeit und Lebensqualität<br />

zu Krisen. Die gewohnten sozialen Beziehungen können<br />

nicht mehr selbst gestaltet werden, man ist abhängig, isoliert,<br />

wird bevormundet. Die Folgen des Herzinfarktes z. B. führen<br />

zur Einschränkung der Bewegungsfreiheit, Übertretungen<br />

oder Leichtsinnigkeit werden sofort geahndet, Schmerzen<br />

und Atemnot sind die unmittelbare Strafe. Schmerzen bei<br />

Arthrose oder Osteoporose begleiten den gesamten Tagesablauf,<br />

sie nehmen die Nachtruhe. Wer hat nun wen im Griff?<br />

Die Bewältigung einer schweren unheilbaren Krankheit<br />

stößt gerade bei progredienten Krankheitsverläufen immer<br />

wieder an Grenzen menschlicher Bewältigungsfähigkeiten.<br />

Wenn solche Lebenskrisen von gedrückter Stimmung, intensiven<br />

Gefühlen von Schmerz, Niedergeschlagenheit und<br />

Verzweiflung begleitet sind, handelt es sich um eine normale<br />

und unvermeidliche Reaktion, der Schwere der Krise angemessen.<br />

Während es vielen Patienten gelingt, dieses Tief<br />

aus eigener Kraft zu überwinden und ein neues seelisches<br />

Gleichgewicht zu finden, entwickeln andere eine anhaltende<br />

depressive Störung. Die schwere Depression ist eine Zweiterkrankung,<br />

z. B. die Folge der Bewältigungskrise nach Eröffnung<br />

einer Karzinomdiagnose. Was wird aus mir? Wer<br />

kümmert sich um mich? Ist das mein Ende? In diesem Zusammenhang<br />

ist die Depression jetzt verständlich.<br />

Vereinsamung als Krise<br />

Eine bedeutsame Krise im Alter ist die Einsamkeit. Es<br />

gibt, wie vorher schon beschrieben, ein positives und ein<br />

negatives Bild vom Altern. Bei ersterem ist der Mensch leistungsfähig,<br />

selbstständig und integriert. Männer und Frauen<br />

können Potenziale und Kompetenzen erwerben und dürfen<br />

darauf hoffen, dass ihnen neue Lebensoptionen zurVerfügung<br />

stehen. Das Gegenteil, das negative Bild vom Alter<br />

bedeutet, die Menschen sind alt, einsam, allein lebend in unserer<br />

Gesellschaft, abhängig, hilfebedürftig. In diesem Sinne<br />

ist also die Einsamkeit das negative Erleben des Alleinseins,<br />

der Vereinzelung, des Nicht-Kontakt-Finden-Könnens, die<br />

Einsamkeit in der Gemeinschaft. die Unfreiwilligkeit, Hilflosigkeit,<br />

das Erfahren der eigenen Schwäche und Unfähigkeit,<br />

der Selbstunsicherheit, Selbstabwertung, die Sehnsucht nach<br />

sozialer Eingebundenheit und Wertigkeit. Einsamkeit ist immer<br />

ein subjektives Erleben der eigenen sozialen Situation.<br />

Einsam ist, wer sagt, er sei es. Frauen sind mehr einsam als<br />

Männer, je älter, umso mehr, Ledige mehr als Verheiratete,<br />

ohne Kinder mehr als mit Kindern. Aber es kommt immer<br />

auf die innere Bindung zu diesen Kindern an, ob der<br />

Betroffene das Gefühl hat, diese Kinder erfüllen nicht nur<br />

eine Pflicht, sondern es besteht eine innere Bindung, eine<br />

engagierte Beziehung, überzeugte Beobachtung. Anderseits<br />

können Kontakte zu Freunden oder Nachbarn größere Bedeutung<br />

für das psychische Wohlbefinden haben als die Kontakte<br />

zu den erwachsenen Kindern oder Verwandten. Man<br />

braucht das Gefühl, dass es mindestens eine Person gibt, der<br />

man vertrauen, auf die man sich verlassen kann, wenn man<br />

emotionalen Trost braucht.<br />

Wenn ein Mensch in ein Pflegeheim umzieht, begibt er<br />

sich in zunehmende Einsamkeit und Isolation. Das <br />

durchblick 4/<strong>2010</strong> 63


Essay<br />

ist ein starker Satz! Aber der Lebensraum im Pflegeheim<br />

begünstigt eben das Isoliertsein, die Einsamkeit, weil die<br />

Bewohner meist in einem schlechten Gesundheitszustand<br />

sind, weil sie überdurchschnittlich alt sind, weil man in diesem<br />

Alter nicht mehr so schnell Bindungen eingeht, weil<br />

die Menschen schon vorher überwiegend allein lebend waren,<br />

weil sie deutlich weniger informelle Hilfen oder soziale<br />

Beziehungen haben und weil sie hier in ihrer physischen<br />

und geistigen Betätigung mehr eingeschränkt sind als in<br />

ihrer früheren eigenen Wohnung. Sie haben hier weniger<br />

Wahlmöglichkeiten, weniger Entscheidungsmöglichkeiten,<br />

haben das Gefühl des Kontrollverlustes, die Empfindung<br />

ihrer Hilflosigkeit, haben keine Motivation zu sozialer Teilhabe.<br />

Demenz als Krise<br />

„Ich beginne jetzt eine Reise in den Sonnenuntergang meines<br />

Lebens“, sagte R. Reagan 1994 und trat danach nie mehr in der<br />

Öffentlichkeit auf. Wenn Menschen, die bislang ihr Leben souverän<br />

im Griff hatten, jetzt unauffällig und langsam ihre Kontrolle<br />

und Verstandesorientierung<br />

verlieren,<br />

praktisch<br />

ohne Chancen<br />

und ohne Gegensteuerung,<br />

sind die ersten<br />

Folgen Sprach- und Ratlosigkeit. Die Demenz raubt dem<br />

Menschen den Überblick, die Planungsfähigkeit. Der Betroffene<br />

ist anfangs sich voll seiner Veränderungen bewusst,<br />

muss aber auch anfangs, da er es nur jetzt noch<br />

kann, alle seine Kräfte zusammennehmen und mobilisieren,<br />

um sich nicht selbst zu verlieren, sein Leben in den<br />

gewohnten Bahnen zu belassen und sich die komplexen<br />

Veränderungen, die jetzt eine Eigendynamik besitzen,<br />

nicht anmerken zu lassen, was gelingt, wenn er wortgewandt<br />

und humorvoll ist, wenn er gut schauspielern kann.<br />

Dennoch kommen Wutattacken auf, erschütternde Zusammenbrüche,<br />

Gefühlschaos. Lange versucht er, die Fassade<br />

aufrechtzuerhalten, vieles zu vertuschen, herunterzuspielen,<br />

zu verharmlosen, so lange die inneren Kräfte noch da<br />

sind, so lange die inneren Kontrollinstanzen noch funktionieren<br />

und die Fassade stehen bleibt. Wie viel Kraft hat<br />

der Mensch noch, wann bricht er zusammen,wo er doch<br />

genau vor sich den Weg in die Dunkelheit des Geistes<br />

und der Seele sieht? Hier ist die Gefahr eines Suizids sehr<br />

groß, die Möglichkeit, selber sein Leben zu beenden und<br />

nicht in die beschämende Abhängigkeit abzugleiten.<br />

Es entstehen tiefe Depressionen, weil der Kampf<br />

aussichtslos ist und man dieses schon vorher weiß. Hier<br />

hilft kein guter Arzt, helfen keine Medikamente, hilft das<br />

Umsorgen durch die Familie nicht, man steht allein in<br />

dem schmalen, langen Gang ohne Schutz und Ausweichmöglichkeiten.<br />

Wenn man dann aber in die andere Welt<br />

hin übergetreten ist, sind alle Probleme gelöst, es gibt nur<br />

noch eine Welt, und das ist die, die man gerade betreten<br />

hat, für immer.<br />

Berentung als Krise<br />

Eine weitere nicht zu unterschätzende Krise im Alter ist<br />

die Berentung. Der Zeitpunkt dieses Ereignisses ist zwar<br />

bekannt und kommt nicht überraschend, aber wenn dann<br />

der Termin vor der Tür steht, ist es doch ein entscheidendes,<br />

einschneidendes Ereignis. Ein neuer Lebensabschnitt beginnt<br />

mit vielen Plänen und Vorhaben. Ungewiss ist, wie<br />

viele davon verwirklicht werden können, sicher ist aber,<br />

dass vieles, was bisher das Gefühl der Zusammengehörigkeit<br />

am Arbeitsplatz, das Gefühl, nur gemeinsam bestimmte<br />

Leistungen erbracht zu haben, die Anerkennung durch die<br />

Kollegen, der geregelte Tagesrhythmus, alles ist nicht mehr,<br />

alles war gestern. Die Partnerschaft zu Hause in der gemeinsamen<br />

Wohnung ändert sich durch die dauernde Anwesenheit<br />

beider Partner, das Zusammenleben ändert sich,<br />

es kommt zu einem gewissen Rollentausch, den nicht jeder<br />

immer verträgt<br />

und akzeptiert.Wie<br />

oft genug<br />

können sich<br />

die vielen<br />

Pläne für die<br />

Zukunft nicht verwirklichen lassen, der Lebensrhythmus ist<br />

völlig gestört, der Lebensfluss hat neue Klippen, ungeahnt<br />

und bisher unvorstellbar. Die neuen Aufgaben gelingen<br />

nicht immer wie erwartet, es stellen sich Unzufriedenheit<br />

ein, Launenhaftigkeit, Spannungen in der Partnerschaft<br />

durch Enttäuschungen, nicht erfüllte Erwartungen, es ergeben<br />

sich auch völlig neue Probleme, zum Beispiel Geldschwierigkeiten,<br />

alles Dinge, mit denen man vorher nie<br />

gerechnet hätte.<br />

Was wird aus mir?<br />

Wer kümmert sich um mich?<br />

Wohnungswechsel als Krise<br />

Wenn im Alter ein Wohnungswechsel erforderlich<br />

wird, ist immer schon eine andere Krise vorausgegangen.<br />

Wenn bestimmte Voraussetzungen gegeben sind,<br />

möchten alte Menschen so lange wie irgend möglich in<br />

ihrer angestammten Wohnung bleiben, im Quartier mit<br />

der geordneten Nachbarschaft, den Freundschaften, dem<br />

bequemen Ohrensessel am Fenster, mit dem Treffen am<br />

Stammstich oder in den Vereinen. Die auslösende Krise<br />

kann eine eigene schwere Krankheit sein, die zu Hause mit<br />

noch so vielen Hilfen von außen nicht mehr behandelbar<br />

ist, kann der Tod des Lebenspartners sein, wo dann die<br />

eigenen Fähigkeiten für die Versorgung des Haushaltes<br />

nicht ausreichen, kann der Auszug der Kinder aus der gemeinsamen<br />

Wohnung oder dem eigenen Hause sein. Es<br />

muss vieles aufgegeben werden, nicht nur dass die Seele<br />

64 durchblick 4/<strong>2010</strong>


Essay<br />

im Hause bleiben muss, viele Gegenstände mit individuellem<br />

Erinnerungswert bleiben zurück, an denen Gefühle<br />

und Geschichten hängen, mit Schmerzen wird eine<br />

Trennungslinie gezogen für eine ungewisse Zukunft. Wie<br />

wird die Aufnahme im Heim sein? Werden dort vielleicht<br />

Bekannte von früher wohnen, wäre das ein Glücksfall.<br />

Aufgegeben wird die Freiheit, die Selbstständigkeit, die<br />

ganze Persönlichkeit, das Selbstwertgefühl, die Autonomie.<br />

Anpassungsleistungen werden erforderlich sein, Bewältigungsstrategien.<br />

Wenn das keine Krise ist?<br />

Therapie der Depressionen im Alter<br />

Wenn die Diagnose der Depression im Alter gesichert<br />

und die differenzialdiagnostisch abgeklärt ist, und wenn<br />

dann die Indikation zur Behandlung angenommen wird,<br />

gibt es zwei Behandlungs-möglichkeiten. Die eine ist die<br />

medikamentöse Therapie, die andere die Psychotherapie.<br />

Was die zweite Möglichkeit betrifft, so ist die Psychotherapie<br />

– hier meist als Kurzzeitbehandlung konzipiert – auch<br />

bei betagten Patienten indiziert und erfolgversprechend im<br />

Gegensatz zu der Annahme von Sigmund Freud, weil die<br />

notwendige aktive Mitarbeit und Kooperation in ausreichendem<br />

Maße gegeben ist. Hier werden gerade für ältere<br />

Menschen besondere Erfolg versprechende Therapieverfahren<br />

entwickelt, nur fehlt es oft an den Behandlern mit<br />

der erforderlichen Spezialausbildung und Erfahrung.<br />

Die Einzelheiten der medikamentösen Behandlung sind<br />

in diesem Zusammenhang uninteressant. Prinzipiell werden<br />

alle Psychopharmaka verordnet, die auch jüngere Patienten<br />

einnehmen, das Geheimnis ist immer die einschleichende<br />

Dosierung mit langsamer Steigerung bis zur gewünschten<br />

Individualdosierung. Beachten soll man natürlich bei der<br />

großen Auswahl die Nebenwirkungen, zum Beispiel die<br />

Aktivierung oder die Sedierung oder die Beeinflussung anderer<br />

Organfuntionen wie die des Herzens, der Leber, der<br />

Atmungsorgane oder der Nieren. Neben der Psychopharmakatherapie<br />

und der Psychotherapie als wichtige Glieder<br />

des Gesamtbehandlungsplanes sollen als Unterstützung<br />

z. B. psycho-hygienische wie auch präventive Maßnahmen<br />

erwähnt werden. Hierzu gehören z. B. die Anpassung der<br />

Wohnung, die Gestaltung des Umfeldes, Pflege von Hobbies,<br />

von Kontakten mit Angehörigen oder Freunden.<br />

in unübersichtlicher Weise überlagern sich bei den meist<br />

chronischen Verläufen die Ursachen, die also aufgrund<br />

einer inneren Ursache entstehen, mit reaktiven oder organisch<br />

ausgelösten Krankheitsursachen. Auch unterschätzen<br />

sehr häufig die Angehörigen oder die behandelnden Hausärzte<br />

den Schweregrad der Krankheit, halten sie für nicht<br />

behandlungsbedürftig, als eine nachvollziebare Reaktion<br />

auf die betrüblichen Lebensumstände. Anderseits werden<br />

psychische Krankheiten in unserer Gesellschaft oft genug<br />

tabuisiert, sodass die Hausärzte die Depression nicht fachgerecht<br />

eruieren und behandeln können. Weiter bestehen<br />

oft Defizite in der hausärztlichen Diagnostik und fachgerechten<br />

Behandlung der Depressionen im fortgeschrittenen<br />

Alter. Sicher ist es kompliziert, bei älteren Patienten die<br />

Indikation zur medikamentösen Behandlung mit allen möglichen<br />

Nebenwirkungen zu stellen. Notwendig ist daher eine<br />

konsequente Nutzen-Risiko-Abwägung bei den älteren<br />

Kranken mit den verschiedenen zusätzlichen ebenfalls medikamentös<br />

behandlungspflichtigen Erkrankungen (Multimorbidität<br />

der alten Menschen), aber auch dem Risiko<br />

einer nicht medikamentös behandelten Depression (Suizidgefahr<br />

und negative Beeinflussung anderer Erkrankungen).<br />

Immerhin kann eine Depression als sicherer Risikofaktor<br />

für einen Herzinfarkt angenommen werden. Im Zweifelsfall<br />

muss die medikamentöse Behandlung mit den behandelnden<br />

Kollegen anderer Fachgebiete abgestimmt werden.<br />

Ein weiteres Problem ist Folgendes: Auf dem Markt gibt<br />

es zahlreiche neue Antidepressiva, die gut verträglich, in<br />

ihrer Wirksamkeit gut kontrolliert und in ihrem Nebenwirkungsspektrum<br />

fast zu vernachlässigen sind. Aber gerade<br />

das große Angebot führt bei den Behandlern zu ebenfalls<br />

großer Unsicherheit. So weit, so gut.<br />

Was können wir selber als mitleidende Menschen bei<br />

den Kranken in unserer Familie, den Freunden, den Nachbarn<br />

und Bekannten tun? Da kommt große Ratlosigkeit auf!<br />

Wir sollten dem Kranken Empathie entgegenbringen, Geduld,<br />

ihn in seinem Leiden verstehen und ihn so, wie er ist<br />

annehmen. Ihn motivieren von einem Tag zum anderen, ihn<br />

aber nicht bedrängen, ihm seine kleinen Erfolge aufzeigen<br />

und vor allem, immer für ihn da sein. <br />

Nachrede<br />

Es ist leider ein Missstand, dass bei vielen depressiven<br />

Menschen die reichlich vorhandenen pharmakatherapeutischen<br />

Möglichkeiten in der Grundversorgung nicht ausreichend<br />

genutzt werden. Bezüglich dieses Defizites gibt<br />

es mehrere Gründe. Ein wesentlicher Grund ist, dass die<br />

Depressionen beim alten Menschen häufig nicht erkannt<br />

werden, weil sich hier meist mehrere Faktoren überlagern.<br />

Es handelt sich nicht um klar abgrenzbare Krankheitsbilder<br />

der endogenen oder reaktiven Depressionen, sondern<br />

durchblick 4/<strong>2010</strong> 65


66 durchblick 4/<strong>2010</strong>


Veranstaltungen Veranstaltungshinweise<br />

im Seniorenzentrum der Stadt Siegen<br />

Seniorenhilfe Siegen e.V.<br />

Telefon 02 71/ 6 61 03 35<br />

durchblick e.V.<br />

02 71/6 16 47 + 01 71/6 20 64 13<br />

AlterAktiv e.V. Siegen-Wittgenstein<br />

Senecafé 02 71/ 2 50 32 39<br />

montags<br />

10:00 -12:00 Sprechstunde der<br />

Seniorenhilfe<br />

09:00 -12:00 SeniorenServiceStelle<br />

geöffnet 0271-3846108<br />

10:00 -12:00 Werkstatt geöffnet<br />

14:00 -18:00 ALTERAktiv<br />

Senecafé<br />

dienstags<br />

10:00 -12:00 Sprechstunde der<br />

Seniorenhilfe<br />

10:00 -12:00 Redaktionsbüro des<br />

durchblick geöffnet<br />

10:00 -12:00 Malgruppe<br />

18:00 -20:00 durchblick-Photo-Shop-<br />

Club (für Fortgeschritte)<br />

ALTERAktiv-Computerkurse<br />

und Englischkurse<br />

auf telefonische Anfrage<br />

Haus Herbstzeitlos<br />

57074 Siegen, Marienborner Str. 151<br />

Café „Unter der Linde“ 02 71 / 5 64 10<br />

Englischkurse 02 71 / 8 74 39<br />

oder 02 71/2 50 15 00<br />

Film- und Video-Club 027 32/1 24 60<br />

mittwochs<br />

10:00 -12:00 Redaktionsbüro des<br />

durchblick geöffnet<br />

10:00 -12:00 SeniorenServiceStelle<br />

geöffnet 0271-3846108<br />

09:00 -12:00 ALTERAktiv<br />

Senecafé<br />

15:00 -17:00 Singen mit der<br />

Seniorenhilfe<br />

15:00 -17:00 Handarbeiten mit der<br />

Seniorenhilfe<br />

15:00 -17:00 Werkstatt geöffnet<br />

14:00 -18:00 ALTERAktiv<br />

Senecafé<br />

19:00 -21:00 Regenbogentreff<br />

19:30 -22:30 Film und Videoclub<br />

(außer an jedem ersten<br />

Mittwoch im Monat)<br />

Gedächtnistraining 02 71 / 8 49 99<br />

Malgruppe 02 71 / 3 73 87<br />

Seniorenbeirat 0271/4<strong>04</strong>-2434<br />

SeniorenServiceStelle 0271/4<strong>04</strong>-2434<br />

SeniorenTheaterSiegen 02 71 / 5 65 28<br />

Trauercafé 02 71/ 5 34 46<br />

Werkstatt 02 71 / 6 27 76<br />

donnerstags<br />

10:00 -12:00 Sprechstunde der<br />

Seniorenhilfe<br />

10:00 -12:00 Redaktionsbüro des<br />

durchblick geöffnet<br />

15.30 -16:45 „Easy Conversation“<br />

Englischstunde<br />

freitags<br />

10:00 -12:00 Sprechstunde der<br />

Seniorenhilfe<br />

samstags<br />

09:00 -12:00 Wandergruppe<br />

der Seniorenhilfe<br />

Wegen möglicher Änderungen<br />

einzelner Termine (Ferien,<br />

Krankheit usw.) empfiehlt sich<br />

die telefonische Anfrage.<br />

Das Haus Herbstzeitlos befindet sich auf dem Gelände der alten „Hainer Schule“, Ecke Marienborner Straße / Blumenstraße<br />

Anfahrt: Ab Hauptbahnhof, ZOB Bussteig B 1-2: Linien R 12, R 13, R 17, L 109 (Bushaltest, Blumenstraße). Parkplatz: Kostenlose am Haus<br />

„Wandern und Schauen, Hobby mit Tempo 3“<br />

Kneppe/Gottschalk (79516/79154)<br />

14.00 Uhr ab Weidenau Finanzamt<br />

18.00 Uhr Rückkehr<br />

- 15.02 Anzhausen<br />

- 01.03 Golfplatz, Rundweg<br />

- 15.03 Dörnschlade<br />

- 29.03 Biggesee, Kessenhammer<br />

Fugler (Tel. 870315/870305)<br />

14.00 Uhr ab Geisweid, Klaf. Markt<br />

18.00 Uhr Rückkehr<br />

- 01.03 Wenden<br />

- 15.03 Helgersdorf<br />

- 29.03 Elkhausen<br />

Fritz/Hartzer (Tel. 42616/75801)<br />

13.45 Uhr ab Wdn., Humboldt-Pl.<br />

14.00 Uhr ab Weidenau, A.d. Hütten<br />

18.00 Uhr Rückkehr<br />

- 22.02 Salchendorf-Deuz<br />

- 08.03 Irlenhecken<br />

- 22.03 Fleckenberg<br />

Hövelmann/Flender (75980/82733)<br />

14.00 Uhr Abfahrt Weidenau, Bhf.<br />

14.15 Uhr Abf. Marktpl. Geisweid<br />

18.00 Uhr Rückkehr<br />

- 22.02 Salchendorf-Deuz-<br />

- 08.03 Golfplatz Mittelhees<br />

- 22.03 Dörnschlade<br />

Am 21. Februar 2011<br />

ab 14.30 Uhr<br />

Seniorenball der<br />

Wandergruppen<br />

Leonhard-Gläser-Saal<br />

der Siegerlandhalle<br />

Eine Sonderleistung der Stadt Siegen<br />

durchblick 4/<strong>2010</strong> 67


Weihnachtsmärkte<br />

im Siegerland<br />

Dezember <strong>2010</strong><br />

bis 23.12. täglich, in Siegen,<br />

Bahnhofstraße bis Schlossplatz,<br />

Unteres Schloss.<br />

bis 9.1.2011 täglich, „Winterzauber“<br />

im Innenhof der Sparkasse<br />

Siegen, Morleystraße.<br />

bis 23. 12. täglich in Weidenau,<br />

Siegerlandzentrum.<br />

Fr., 3. Laasphe, „Weihnachtsmarkt<br />

auf Schloss Wittgenstein“, auch<br />

Sa., 4. Ahrfeld, „Weihnachtsmakrt“<br />

11-18 Uhr, Ortsmitte.<br />

Sa., 4. Freudenberg, Weihnachtsmarkt<br />

im „Alter Flecken“, auch So., 5.<br />

Sa., 4. Freudenberg, „Sterncafé“<br />

zum Weihnachtsmarkt von 11-18<br />

Uhr, Alte Schmiede, Am Silberstern<br />

auch Sonntag, 5.12.<br />

Sa., 4. Erndtebrück, „30. Adventsmarkt“,<br />

„Im Teich“, auch So., 5.12.<br />

Sa., 4. Burbach,Weihnachtsmarkt,<br />

von 11-18 Uhr, in der Ortsmitte /<br />

Nassauische Straße, auch So., 5.12.<br />

Sa., 4. Netphen Weihnachtsmarkt<br />

in der Ortsmitte, auch So., 5.12.<br />

Do., 9. Hachenburg, „Nostalgischer<br />

Weihnachtsmarkt“ ab 10 Uhr in der<br />

Innenstadt, bis Sonntag, 12.12.<br />

Fr., 10. Littfeld, „Adventsmärktchen“,<br />

17-20 Uhr, Sa., von 8-18 Uhr,<br />

So., 11-16 Uhr, Kappellenschule<br />

Sa., 11. Hilchenbach, „Chresdagsmärktche“<br />

auf dem Marktplatz, ab<br />

15 Uhr, auch So., 12.12.<br />

Sa., 11. Bad Berleburg, „Weihnachtszeitreise“,<br />

11-21 Uhr, an<br />

verschiedenen Plätzen, auch So.,<br />

12.12. 11-19 Uhr.<br />

Die WeihnachtsZeitreise startet auch in<br />

diesem Jahr wieder Freitagabend mit einer<br />

Andacht auf dem Schlosshof und ab 19.30<br />

Uhr mit dem „Weihnachtsoratorium“ von<br />

J. S. Bach in der ev. Stadtkirche. Bürgermeister<br />

Bernd Fuhrmann freut sich, dass<br />

Bewährtes mit einer Vielzahl von neuen<br />

Beiträgen die diesjährige Weihnachts-<br />

Zeitreise zu einer gelungenen Mischung<br />

werden lassen. Der Mittelaltermarkt mit<br />

Marketendern, Rittern und Gauklern<br />

empfangen ihre Gäste im Schlossgarten.<br />

Der historische Goetheplatz lockt in diesem<br />

Jahr mit dem Schwerpunkt internationale<br />

Weihnachten.<br />

Backestage <strong>2010</strong><br />

01.12./ 16 -19 Uhr, Fbg. - Hohenhain<br />

11.12./ 10 -15 Uhr, Fbg. - Oberheusli.<br />

15.12./ 16 -19 Uhr, Fbg. - Hohenhain<br />

18.12./ 09 -15 Uhr, Sgn. - Setzen<br />

18.12./ 11 -13 Uhr, Fbg. - Alchen<br />

Termine für Januar und Februar standen<br />

bei Redaktionsschluss noch nicht fest.<br />

68 durchblick 4/<strong>2010</strong>


1. Mittwoch<br />

14:00 KSG - Offenes-Café, Siegen-<br />

Geisweid, Fichtenweg 5, Im Wenscht<br />

19:30 Gesprächskreis für pflegende<br />

Angehörige, Sitzungszimmer der Stiftung<br />

Diakoniestation Kreuztal, Anm.<br />

vormittags: Frau Sadelkow-Geßner <br />

02732-582470<br />

2. Donnerstag<br />

9:30 Kurs Selbstverteidigung,<br />

Haus Herbstzeitlos Siegen<br />

20:00 Erzählungen – mit Lilo Wanders<br />

„Sex ist ihr Hobby“, Kulturhaus Lÿz<br />

20:00 Buntes Burbach – Bernd Gieseking-„Ab<br />

dafür“, der satirische Jahresrückblick<br />

<strong>2010</strong>, Heimhof-Theater auf<br />

der Wasserscheide 02736/5096850<br />

19:30 Konzert – „Russische Weihnacht“<br />

mit den Zarewitsch Don Kosaken, Bad<br />

Berleburg – Kath. Kirche St. Marien<br />

4. Samstag<br />

20:00 Konzert – mit „Wise Guys“, Großer<br />

Saal der Siegerlandhalle, Siegen<br />

20:00 Kabarett – Daubs Melanie, „Siegen<br />

heißt gewinnen“! Kulturhaus Lÿz<br />

Siegen (auch am 11.12.)<br />

5. Sonntag<br />

15:00 Trauercafé „Café Regenbogen“<br />

Haus Ernsdorf, Ernsdorfer Str. 3 Kreuztal<br />

17:00 Kreuztal Musikschule: „Heute<br />

tanzt der Nikolaus, Stadthalle Kreuztal<br />

6. Montag<br />

9:30 Gedächtnistreaining, Haus<br />

Herbstzeitlos Siegen<br />

19:00 Geschlossene Gesprächsgruppe<br />

für Trauernde, Haus Ernsdorf, Ernsdorfer<br />

Str. 3-5 Kreuztal<br />

7. Dienstag<br />

10:00 Kreativ-Gruppe Hausfrauenbund,<br />

Haus Herbstzeitlos Siegen<br />

14:30 Adventfeier der Seniorenwandergruppen,<br />

Bismarckhalle Si.-Weidenau<br />

8. Mittwoch<br />

14:30 KSG „Kochstudio International“,<br />

Geisweid, Fichtenweg 5, Im Wenscht<br />

9. Donnerstag<br />

9:30 Kurs Selbstverteidigung, Haus<br />

Herbstzeitlos Siegen<br />

14:00 KSG-Senioren-Café, Geisweid,<br />

Fichtenweg 5, Im Wenscht<br />

15:00 Literaturcafé der Seniorenhilfe,<br />

Haus Herbstzeitlos Siegen<br />

20:00 Improvisationstheater „Die<br />

Springmaus“ spielt „Merry Christmaus“<br />

Gebr.-Busch-Theater, Hi.-Dahlbruch<br />

20:00 Markus Hering liest Jan Paul,<br />

Medien- und Kulturhaus Lÿz Siegen<br />

Veranstaltungshinweise<br />

D e z e m b e r 2 0 1 0<br />

Die Kantorei Siegen ist im Weihnachtsmonat am 18. um 17 Uhr in der Evangelischen<br />

Kirche Erndtebrück und am 24. um 23 Uhr in der Nikolaikirche Siegen zu hören.<br />

10. Freitag<br />

20:00 Mike Krüger:„Is' das Kunst oder<br />

kann das weg“? Stadthalle Kreuztal<br />

11. Samstag<br />

20:00 Jürgen Becker: „Der dritte Bildungsweg“,<br />

Stadthalle Kreuztal<br />

12. Sonntag<br />

18:00 Bach-Chor Siegen – Werke von<br />

Bach und Rutter, Martinikirche Siegen<br />

13. Montag<br />

10:00 Trauercafé, Hospizhilfe Siegen<br />

e.V. Haus Herbstzeitlos Siegen<br />

16:00 KSG-Lesepatin, Geisweid, Fichtenweg<br />

5, Im Wenscht<br />

14. Dienstag<br />

19:30 Treffen Wohnprojekt „Wahlverwandte“,<br />

Haus Herbstzeitlos Siegen<br />

16. Donnerstag<br />

9:30 Kurs Selbstverteidigung, Haus<br />

Herbstzeitlos Siegen<br />

20:00 Martin-Luther-King-Konzert<br />

„Ich habe einen Traum“, Apollo-Theater<br />

18. Samstag<br />

17:00 Weihnachtskonzert mit der Kantorei<br />

Siegen, Ev. Kirche Erndtebrück<br />

20:00 Theater - Dieter Nuhr „Ich habe<br />

einen Traum“, Siegerlandhalle Siegen<br />

19. Sonntag<br />

14:30 Sonntagscafé, Haus Herbstzeitlos<br />

18:00 Kantorei Siegen „The Messiah“<br />

Leitg: Ute Debus, Nikolaikirche Siegen<br />

19:00 Siegener Christmas Comedy,<br />

Kulturhaus Lÿz Siegen<br />

20. Montag<br />

9:30 Gedächtnistreaining, Haus Herbstzeitlos<br />

Siegen<br />

14:00 KSG-Café Malen/Basteln für Erwachsene,<br />

Siegen-Geisweid, Fichtenweg<br />

5, Im Wenscht<br />

20:00 Milonga „Tango Argentino“ Kulturhaus<br />

Lÿz Siegen (auch am 27.12.)<br />

23. Donnerstag<br />

9:30 Selbstverteidigung, Haus Herbstzeitlos<br />

Siegen<br />

15:00 Trauercafé, Hospizhilfe Siegen<br />

e.V. Haus Herbstzeitlos Siegen<br />

15:00 Literaturcafé der Seniorenhilfe,<br />

Haus Herbstzeitlos Siegen<br />

20:00 Sinfoniekonzert-PhilSW, Dirigat:<br />

Russell N. Harris, Apollo Siegen<br />

24. Freitag<br />

23:00 Kantorei Siegen, Christmette,<br />

Leitg: Ute Debus, Nikolaikirche Siegen<br />

26. Sonntag<br />

18:00 Bach-Chor Siegen, Weihnachtskonzert<br />

bei Kerzenschein, Martinikirche<br />

Siegen<br />

27. Montag<br />

10:00 Seniorenfrühstück der Seniorenhilfe<br />

e.V., Haus Herbstzeitlos Siegen<br />

30. Donnerstag<br />

9:30 Kurs Selbstverteidigung, Haus<br />

Herbstzeitlos Siegen<br />

31. Freitag<br />

20:00 Philharmonie Südwestfalen: Barock-Trompeten-Doppelkonzert,<br />

ev. Kirche Hilchenbach, Kirchplatz<br />

durchblick 4/<strong>2010</strong> 69


Veranstaltungshinweise<br />

J a n u a r 2 0 1 1<br />

1. Samstag<br />

16:00 + 20:00 Neujahrskonzert – Philharmonie<br />

Südwestfalen, Dirigat: Russell N.<br />

Harris, Apollo Theater Siegen<br />

2. Sonntag<br />

15:00 Trauercafé – Café Regenbogen,<br />

Haus Ernsdorf, Ernsdorfer Str. 3-5<br />

Kreuztal<br />

3. Montag<br />

19:30 Neujahrskonzert - Philharmonmie<br />

Südwestfalen, Dirigat: Russell N. Harris,<br />

Bürgerhaus am Markt, Bad Berleburg<br />

19:00 Geschlossene Gesprächsgruppe<br />

für Trauernde, Haus Ernsdorf, Ernsdorfer<br />

Str. 3-5 Kreuztal<br />

4. Dienstag<br />

10:00 Kreativ-Gruppe Hausfrauenbund,<br />

Haus Herbstzeitlos Siegen<br />

19:30 Neujahrskonzert – Philharmonie<br />

Südwestfalen, Dirigat: Russell N. Harris,<br />

Aula des städtischen Gymnasiums<br />

Bad Laasphe<br />

5. Mittwoch<br />

14:00 KSG-Nachbarschafts-Café, Geisweid,<br />

Fichtenweg 5, Im Wenscht<br />

19:30 Gesprächskreis für pflegende Angehörige,<br />

Sitzungszimmer der Stiftung<br />

Diakoniestation Kreuztal, Anmeldung<br />

vormittags: Daniela Sadelkow-Geßner<br />

02732-582470<br />

6. Donnerstag<br />

15:00 Literaturcafé der Seniorenhilfe,<br />

Haus Herbstzeitlos Siegen<br />

7. Freitag<br />

18:00 Theaterführung-Blick hinter die<br />

Kulissen, Apollo-Theater Siegen<br />

9. Sonntag<br />

17:00 Neujahrskonzert – Philharmonmie<br />

Südwestfalen, Dirigat: Russell N. Harris,<br />

Stadthalle Kreuztal<br />

20:00 WDR 2 – Lachen Live! „Radiosatieren“<br />

Kulturhaus Lÿz Siegen, St.-<br />

Johann-Straße<br />

10. Montag<br />

10:00 Trauercafé, Hospizhilfe Siegen<br />

e.V. Haus Herbstzeitlos, Siegen<br />

16:00 KSG-Lesepatin, Geisweid, Fichtenweg<br />

5, Im Wenscht<br />

20:00 Neujahrskonzert – Philharmonie<br />

Südwestfalen, Dirigat: Russell N. Harris,<br />

Apollo-Theater Siegen (auch Dienstag,<br />

11.01.)<br />

12. Mittwoch<br />

14:30 KSG-Café „Kochstudio International“,<br />

Geisweid, Fichtenweg 5<br />

13. Donnerstag<br />

14:00 KSG- Senioren- Café, Geisweid,<br />

Fichtenweg 5, Im Wenscht<br />

15. Samstag<br />

19:30 Neujahrskonzert - Philharmonie<br />

Südwestfalen, Dirigat: Russell N. Harris,<br />

Festhalle Wilnsdorf<br />

20:00 Daubs-Melanie, „Siegen heißt gewinnen“,<br />

Heimhof-Theater, 02736/5577<br />

16. Sonntag<br />

14:30 Sonntagscafé, Haus Herbstzeitlos<br />

Siegen, Marienborner Str. 151<br />

17:00 Sonntags um Fünf – Neujahrskonzert<br />

mit Musikern der Philharmonie<br />

Südwestfalen, ev. Kirche Erndtebrück<br />

17. Montag<br />

14:00 KSG-Café Malen/Basteln für<br />

Erwachsene, Geisweid, Fichtenweg 5,<br />

Im Wenscht<br />

18. Dienstag<br />

16:00 Öffentliche Redaktionssitzung<br />

durchblick, Haus Herbstzeitlos Siegen<br />

20. Donnerstag<br />

15:00 Literaturcafé der Seniorenhilfe,<br />

Haus Herbstzeitlos Siegen<br />

20:00 Schauspiel – „Prinz Friedrich von<br />

Homburg“, Gebrüder-Busch-Theater,<br />

Hilchenbach-Dahlbruch<br />

21. Freitag<br />

20:00 Kreuztal Kultur – Konzert Salut<br />

Salon: „klassisch zu verführen“, Stadthalle<br />

Kreuztal, Am Erbstollen 7<br />

Do.20.Dez. ab 20 Uhr: Schauspiel - „Prinz<br />

Friedrich von Homburg“, im Gebrüder-<br />

Busch-Theater, Hilchenbach-Dahlbruch<br />

WDR 2<br />

Radiosatiren<br />

20:00 Gerd Köster& Frank Hocker,<br />

„Cash zo Äsch“, Heimhof-Theater<br />

Burbach 02736/5096850<br />

Lachen<br />

Live<br />

„Von der<br />

Leyens"<br />

& „Sarko<br />

de Funes“<br />

„Angie“<br />

auf Tour<br />

am 9. Jan.<br />

ab 20 Uhr<br />

im Kulturhaus<br />

Lzÿ<br />

Siegen<br />

22. Samstag<br />

20:00 „Boogie Woogie & Blues – piano<br />

& drums“, Stadthalle Kreuztal<br />

23. Sonntag<br />

17:00 Dia-Panoramavision mit Dieter<br />

Freigang, „Berchtesgaden und Königssee“,<br />

Heimhof-Theater 02736/5577<br />

24. Montag<br />

10:00 Seniorenfrühstück der Seniorenhilfe<br />

e.V., Haus Herbstzeitlos Siegen<br />

27. Donnerstag<br />

15:00 Trauercafé, Hospizhilfe Siegen e.V.<br />

Haus Herbstzeitlos Siegen<br />

28. Freitag<br />

20:00 Kantorei Siegen – Konzert mit dem<br />

Arton-Ensemble, Nikolaikirche Siegen<br />

29. Samstag<br />

20:00 Ottfried Fischer– „Wo meine Sonne<br />

scheint“ Kulturhaus Lÿz, Siegen<br />

70 durchblick 4/<strong>2010</strong>


Veranstaltungshinweise<br />

F e b r u a r 2 0 1 1<br />

1. Dienstag<br />

10:00 Kreativ-Gruppe Hausfrauenbund,<br />

Haus Herbstzeitlos Siegen<br />

2. Mittwoch<br />

14:00 KSG-Offenes-Café, Siegen<br />

Geisweid, Fichtenweg 5, Im Wenscht<br />

19:30 Gesprächskreis für pflegende<br />

Angehörige, Sitzungszimmer der Stiftung<br />

Diakoniestation Kreuztal, Anmeldung<br />

vormittags: 02732-582470<br />

3. Donnerstag<br />

15:00 Literaturcafé der Seniorenhilfe,<br />

Haus Herbstzeitlos Siegen<br />

20:00 Theater „Fettes Schwein“, Gebrüder-Busch-Theater,<br />

Hi.-Dahlbruch<br />

20:00 LÿzMixVarieté, Kabarett, Musik,<br />

Akrobatik und Zauberei, Kulturhaus<br />

Lÿz Siegen (auch am 24.2.)<br />

5. Samstag<br />

20:00 Kabarett: „Liebe“ mit Hagen<br />

Rether, Stadthalle Kreuztal,<br />

6. Sonntag<br />

15:00 Trauercafé - Café Regenbogen,<br />

Haus Ernsdorf, Kreuztal<br />

7. Montag<br />

16:00 Dämmerstunde der Seniorenhilfe,<br />

Filmvortrag „Große Donau-Kreuzfahrt“,<br />

Haus Herbstzeitlos Siegen<br />

19:00 Geschlossene Gesprächsgruppe<br />

für Trauernde, Haus Ernsdorf Kreuztal<br />

8. Dienstag<br />

20:00 Kammermusik mit dem Minguet<br />

Quartett, Gebrüder-Busch-Theater,<br />

Hilchenbach-Dahlbruch<br />

9. Mittwoch<br />

20:00 WDR 3-Kammerkonzert, „Asasello<br />

Quartett“,Apollo-Theater Siegen<br />

14:30 KSG-Café „Kochstudio „International“,<br />

Geisweid, Fichtenweg 5<br />

10. Donnerstag<br />

14:00 KSG-Seniorencafé, „mit Programm“<br />

Geisweid, Fichtenweg 5<br />

11. Freitag<br />

20:00 Carlos Nunez - Das Vierte Konzert,<br />

„Alborada do Brasil“, Ev. Kirche<br />

Hilchenbach, Kirchplatz<br />

13. Sonntag<br />

18:00 Kreuztal Kultur – Django Asül:<br />

„Fragil“, Stadthalle Kreuztal<br />

20:00 „Mehr Liebe“ Heikle Geschichten<br />

mit Frank Schulz & Harry<br />

Rowohlt, Kulturhaus Lÿz Siegen<br />

14. Montag<br />

10:00 Trauercafé -Hospizhilfe Siegen<br />

e.V. Haus Herbstzeitlos, Siegen<br />

16:00 KSG-Café, Lesepatin, Geisweid,<br />

Fichtenweg 5, Im Wenscht<br />

15. Dienstag<br />

16:00 Öffentliche Redaktionssitzung<br />

durchblick, Haus Herbstzeitlos Siegen<br />

20:00 Konzert – Martin-Luther-King<br />

„Ich habe einen Traum“, Apollo-Theater<br />

17. Donnerstag<br />

15:00 Literaturcafé der Seniorenhilfe,<br />

Haus Herbstzeitlos Siegen<br />

20:00 Theater-Bülent Ceylan „Ganz<br />

schön turbülent“, Siegerlandhalle Siegen<br />

20. Sonntag<br />

14:30 Sonntagscafé, Haus Herbstzeitlos<br />

Marienborner Str. 151, Siegen<br />

17:00 Sonntags um Fünf – Lieder- und<br />

Balladenabend, ein „Best Of“, Stift<br />

Keppel, Hilchenbach-Allenbach<br />

21. Montag<br />

14:30 Seniorenball der Wandergruppen,<br />

Leonhard-Gläser-<br />

Saal, Siegerlandhalle Siegen<br />

16:00 SeniorenTheater Siegen, „Die<br />

Siegener Stadtmusikanten“ Kultur- und<br />

Medienhaus Lÿz Siegen<br />

14:00 KSG-Café, Malen/Basteln für<br />

Erwachsene, Geisweid, Fichtenweg 5<br />

„Milonga<br />

im Lÿz“,<br />

immer<br />

montags<br />

steht für<br />

Tangofreunde<br />

ab 20<br />

Uhr das<br />

Kulturhaus<br />

Lÿz<br />

in Siegen<br />

offen.<br />

22. Dienstag<br />

19:30 Konzert „Senta“, Popsongs im<br />

Opern-Stil, Siegerlandhalle Siegen<br />

23. Mittwoch<br />

19:00 SeniorenTheater Siegen, „Die<br />

Siegener Stadtmusikanten“ Kultur- und<br />

Medienhaus Lÿz Siegen<br />

24. Donnerstag<br />

15:00 Trauercafé, Hospizhilfe Siegen<br />

e.V. Haus Herbstzeitlos Siegen<br />

20:00 Konzert - PhilSW, „Serenaden<br />

Sinfonisch“ Gebrüder-Busch-Theater,<br />

Hilchenbach-Dahlbruch<br />

26. Samstag<br />

20:00 „Olé - The Flamenco Comedy<br />

Show“ Stadthalle Kreuztal<br />

20:00 Daubs Melanie – Siegen heißt<br />

gewinnen! Kulturhaus Lÿz Siegen<br />

27. Sonntag<br />

17:00 Dia-Panoramavision mit D. Freigang,<br />

„Provence – zwischen Alpen und<br />

Meer“, Heimhof-Theater, 02736/5577<br />

18:00 Kantorei Siegen – Brass Symphony<br />

– 100 Jahre Jan Koetsier, Nikolaikirche<br />

Siegen<br />

28. Montag<br />

10:00 Seniorenfrühstück der Seniorenhilfe<br />

e.V., Haus Herbstzeitlos Siegen<br />

12. Samstag<br />

20:00 Arnulf Tating „Aufwärts!“, Heimhof-Theater<br />

Burbach-Wasserscheide <br />

02736/5096850<br />

Frank Schulz und Harald Rowohlt am 13. im Lÿz<br />

durchblick 4/<strong>2010</strong> 71


Leserbriefe<br />

db 3/<strong>2010</strong> Menschenwürde, was ist das?<br />

Würde ist, die eines Menschen kraft seines inneren Wertes<br />

zukommende Bedeutung. (Lt. Brockhaus).<br />

Etymologisch: mhd: wirde, ahd: wirdi, Ableitung: voller<br />

Würde, der Ehrung wert (ahd: „wirdig“).<br />

Der obige ausgezeichnete Artikel von Herrn Eberhard<br />

Freundt bezieht sich im Schwerpunkt auf das Christentum,<br />

wobei die Kreuzigung Christi als die qualvollste und<br />

schändlichste Hinrichtung bezeichnet wird. – Die Menschenwürde<br />

ist im Internet auf englischen und deutschen<br />

Sprachraum beschränkt. – Dieser Artikel hat auch vorchristliche<br />

Bezüge. Athener Bürger haben sehr wohl ihre<br />

Würde. Aber Bedienstete dieser Bürger wurden wie Ware<br />

gehandelt, auch als Galeerensklaven zum Rudern geeignet.<br />

Die Leibeigenschaft, insbesondere bei Landarbeitern, galt<br />

ja immer noch zur russischen Zarenzeit. Oder wie verfuhr<br />

Stalin in Katyn und mit seinen „Bürgern“ in den Gulags?<br />

Was hat das Christentum noch durchstanden bei aller<br />

Nächstenliebe? >> Die Kreuzzüge, die Inquisition<br />

mit Vernichtung der Templer 1312, Hexenverbrennungen<br />

in Hilchenbach und die letzte in Düsseldorf 1738, Hinrichtung<br />

durch den Strang an den drei Pfosten in Siegen<br />

seit 1516 – 1765, (Dillenburg bis 1778) auch für kleinere<br />

Diebstähle u.a, sowie die Französischen Revolution 1789<br />

für Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, oder die Vernichtung<br />

von Juden im Zweiten Weltkrieg. Die Christenheit<br />

mit 33 % ist die größte Religionsgruppe und ist heute<br />

vorwiegend friedlich.<br />

Der Islam mit 21 % der Weltreligionen befehden sich<br />

als Shiiten und Sunniten gegeneinander. Die Ereignisse<br />

im Irak, Pakistan und Afganistan sind mehr als grausam.<br />

Man meint mit dschihad sei es an der Zeit. – Mord ist im<br />

Koran nicht erlaubt. Das gilt auch gegen Christen am 11.<br />

September 2001 in New York. > Wie sieht es im Islam mit<br />

der Würde des Menschen aus?<br />

Die UN-Mitgliedsstaaten haben 1948 die allgemeinen<br />

Menschenrechte formal verankert. In Artikel 1 gilt „Alle<br />

Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren“.<br />

– Das Grundgesetz der BRD wurde am 23. 5. 1949<br />

mit Artikel 1.1 Die Würde eingesetzt. Die Grundrechte Artikel<br />

1–19 entsprechen im Wesentlichen den 30 Artikeln der<br />

allgemeinen Menschenrechte. Die Würde ist das erste und<br />

wichtigste „Menschenrecht“.<br />

Was ist aber daraus geworden? In 2007 geschah: 45<br />

Staaten verhängen politische Haft, 24 Staaten vollziehen<br />

1252 Hinrichtungen (auch USA), 54 Staaten führen unfaire<br />

Gerichtsverfahren (Guantanamo, Iran, u. a.), 23 Staaten<br />

diskriminieren Frauen (im alten, bisherigen Wahlrecht der<br />

Schweiz). – Über all diese Sünden wacht (und schwärzt an)<br />

die „Amnesty International“.<br />

72 durchblick 4/<strong>2010</strong>


Leserbriefe<br />

Wie geht es nun weiter? Am Genfer See steht die LHC-<br />

Weltmaschine. Kleinste Teilchen rasen mit Lichtgeschwindigkeit<br />

durch den 27-km-Kreis und suchen den Urknall ><br />

„Wir machen Zukunft > Was die Welt zusammenhält“. –<br />

Oder suchen wir nicht besser erst mal im Kleinen bei uns<br />

Menschen, was uns zusammenhält!<br />

Hartmut Gerkan, Siegen<br />

db 2/<strong>2010</strong><br />

Danke für Ihr tolles Heft 3/<strong>2010</strong>! Wie immer wunderbar<br />

der Essay von E. Freundt! Zum Thema „Würde“ möchte ich<br />

noch betonen, dass diese nur möglich ist, wenn es einen geschützten,<br />

privaten Raum gibt. Nicht alles muss an die Öffentlichkeit<br />

(vgl. z.B. das gegenwärtige Cyber-Mobbing!).<br />

Jedes Lebewesen hat das Recht auf sein „Geheimnis“!<br />

Anne Stötzel-Rinder, Vlissingen, Niederlande<br />

Das Porzellan in der Tischkultur db 3-<strong>2010</strong><br />

Vielen Dank für Ihren erhellenden Artikel über das Porzellan.<br />

Ergänzend darf ich anmerken, dass Herr Böttcher im<br />

Dienst von August dem Starken eigentlich beauftragt war,<br />

aus unedlen Metallen Gold zu machen. Dokumentiert war das<br />

seinerzeit im Eingangsbereich der Meißener Albrechtsburg.<br />

Hier befand sich ein Türbalken mit der Inschrift: „Schaffe er<br />

mir Gold, Böttcher“. Mittlerweile ist dieser Türbalken nicht<br />

mehr aufzufinden. Erst auf dem Weg zur Goldherstellung,<br />

quasi als Nebenprodukt, erfand Böttcher, gemeinsam mit<br />

Walter von Tschiernhaus das Porzellan.<br />

Helmut Kritzler, Siegen<br />

Einen Brief ganz eigener Art erhielten wir von unserem<br />

Leser Heinz Bohlmann aus Kirchen. Auf seine Weise<br />

drückt er die Freude an zumindest zwei Artikeln aus dem<br />

durchblick aus. Das Bild des Beitrags Antilopengesicht<br />

von Gerda Greis und einen Text von Inge Göbel – beide<br />

aus dem Heft 2-<strong>2010</strong> – dienten als Vorlage für eine Collage,<br />

die er gekonnt mit einem Computer hergestellt hat.<br />

Die Redaktion hat sich sehr über diese Arbeit gefreut!<br />

Vielen Dank!<br />

db 3-<strong>2010</strong> db 3-<strong>2010</strong> Wenig Hilfe<br />

Frau Inge Göbel beschreibt in der letzten Ausgabe ihre<br />

Erfahrungen mit den Unzulänglichkeiten des Bahnhofs<br />

Siegen. Leider kenne ich schon etliche Erlebnisse dieser<br />

Art, sei es aus Erzählungen anderer oder aus eigener<br />

Erfahrung.<br />

Für viele Menschen, insbesondere für diejenigen, die zur<br />

Fortbewegung einen Rollstuhl benötigen, ist dieser Bahnhof<br />

wirklich eine Zumutung! Selbstständiges Reisen oder<br />

gar spontane Fahrten werden erschwert bzw. unmöglich gemacht.<br />

Wer kann, vermeidet es, von oder nach Siegen die<br />

Bahn zu nutzen. Wer jedoch auf den ÖPNV angewiesen ist,<br />

hat das Nachsehen ...<br />

Birgit Rabanus, Siegen, Vorsitzende der MS-Selbsthilfegruppe<br />

Siegen e.V.<br />

Ihre Zeitung finde ich durchweg gelungen, sehr gut gefallen<br />

mir die Rezeptseiten und die Dialekt-Beiträge von Gerda<br />

Greis. Die Schrift in einigen Spalten würde ich mir größer<br />

wünschen. Zufällig bekam ich Ihre CD zu hören und möchte<br />

Ihnen auch dafür ein dickes Kompliment aussprechen.<br />

Birgit Bergmann, Freudenberg<br />

durchblick 4/<strong>2010</strong> 73


Unterhaltung / Impressum<br />

Es fiel uns auf …<br />

… dass die Familie für die meisten Deutschen am wichtigsten<br />

ist. Eine neue Umfrage des Instituts für Demoskopie<br />

Allensbach ergab, dass die Familie für 76 der Deutschen am<br />

wichtigsten ist. „Familie verbinden 87 Prozent der Befragten<br />

mit Solidarität. Viele Singles zählen auch enge Freunde<br />

zur „Familie“.<br />

… dass neue Mogelpackungen die Käufer reinlegen.<br />

Dass sich die Menge reduziert hat, ist vielen Packungen nicht<br />

anzusehen. Sie werden meist nicht kleiner, sondern werden<br />

einfach mit weniger Inhalt und mehr Luft befüllt. So enthält<br />

jetzt zum Beispiel der Frischkäse „Philadelphia“ nur noch<br />

265 statt 300 Gramm, der Preis aber ist gleich geblieben.<br />

… dass Eier doch gesund sind. Während man bisher<br />

annahm, dass der Verzehr von Eiern den Cholesterinspiegel<br />

erhöht, haben mittlerweile große Studien gezeigt, dass das<br />

Essen eines Hühnereies pro Tag keinen Einfluss auf den<br />

Cholesterinspiegel hat – ebenso wenig auf die Entstehung<br />

von Herz-Kreislauf-Erkrankungen.<br />

… dass wer jünger aussieht länger lebt. Es ist kaum zu<br />

glauben, aber eine Forschergruppe in Dänemark hat herausgefunden,<br />

dass jemand, der jünger aussieht, länger lebt.<br />

Umgekehrt soll es so sein, dass Menschen, die nach ihrem<br />

Aussehen älter geschätzt werden, früher sterben. homa<br />

Gedächtnistraining: Lösungen von Seite: Seite 56/57<br />

Wortfindung-Wissen: Wer A sagt, muss auch B sagen. Es ist noch<br />

nicht aller Tage Abend. Keine Antwort ist auch eine Antwort. In den<br />

sauren Apfel beißen. Wie man sich bettet, so liegt man. Der Mensch<br />

lebt nicht vom Brot allein. Konzentration: Huhn, Fisch, Storch, Kalb,<br />

Gnu, Leopard, Geier, Frosch, Pfau, Igel. Konzentriertes Lesen: Der<br />

Optimist sieht bereits die Narbe über der Wunde, der Pessimist immer<br />

noch die Wunde unter der Narbe. (Ernst Schröder). Logisches Denken:<br />

Essgeschirr-Hundenapf, Fussbekleidung-Kappe, Zwiebelgewächse-<br />

Enzian. Lückentext: Es ist besser eine Kerze anzuzuenden, als über<br />

die Dunkelheit zu klagen.<br />

Zu guter Letzt:<br />

Das schlechte Gewissen treibt seine Blüten. Als Kind war<br />

es eine meiner schönsten Untaten, an unbekannten Haustüren<br />

zu schellen und auf die Reaktionen der Hausbewohner zu warten.<br />

In einem Fall verharrte ich nach dem Schellen noch einige<br />

Sekunden, als ein Bär von Mann die Haustür aufriss und direkt<br />

auf mich zulief. Ich bekam mächtig Angst und rannte um mein<br />

Leben, – der Mann hinter mir her. Ich glaube, ich hätte eine<br />

Medaille für den schnellsten „Hundertmeterlauf“ aller Zeiten erhalten,<br />

hätte es sich um einen Wettbewerb gehandelt. Nach den<br />

besagten einhundert Metern war es hinter mir still, der Verfolger<br />

war wie vom Erdboden verschluckt, nicht mehr zu sehen. Mein<br />

Herz raste, wo war der Mensch? Wenige Sekunden später fuhr<br />

die Straßenbahn an mir vorbei und durchs Fenster sah ich ihn,<br />

meinen Verfolger. Ich trottete nachdenklich nach Hause. Von<br />

dieser Art Lausbubenstreichen war ich geheilt. Jürgen Ritter<br />

durchblick<br />

Gemeinnützige Autorenzeitschrift<br />

für Siegen und Umgebung<br />

Herausgeber:<br />

durchblick-siegen Information und Medien e.V.<br />

Anschrift der Redaktion:<br />

„Haus Herbstzeitlos“, Marienborner Str. 151, 57074 Siegen<br />

Telefon 0271 61647, Mobil: 0171-6206413<br />

E-Mail: redaktion@durchblick-siegen.de<br />

Internet: www.durchblick-siegen.de<br />

Öffnungszeiten:<br />

dienstags bis donnerstags von 10.00 bis 12.30 Uhr<br />

dienstags auch von 15.00 bis 17.00 Uhr<br />

Redaktion:<br />

Maria Anspach; Friedhelm Eickhoff (v.i.S.d.P.); Fritz Fischer;<br />

Eberhard Freundt; Inge Göbel; Gerda Greis; Dorothea Istock;<br />

Erich Kerkhoff; Erika Krumm; Brigitte Lanko; Horst Mahle;<br />

Ulli Weber; Helga Siebel-Achenbach<br />

Bildredaktion:<br />

Thomas Benauer; Friedhelm Eickhoff; Gottfried Klör (verantwortlich.);<br />

Tessie Reeh; Agnes Spar; Peter Spar;<br />

Hörbuch-Redaktion:<br />

Helmut Drabe (verantwortlich); Hans-Peter Gebhardt;<br />

Kruno Schmidt; Ingrid Drabe; (Sprecher auf CD-Beilage)<br />

Veranstaltungskalender: Ingrid Drabe<br />

Internet: Thomas Benauer<br />

An dieser Ausgabe haben ferner mitgewirkt:<br />

Anja Freundt; Barbara Kerkhoff; Dr. Horst Bach; Nicole Fahrenkamp;<br />

Wilma Frohne; Uwe Erwin Engelmann; Helga Düringer;<br />

Edith Maria Bürger; Crauss; Hedwig Jung; Lotte Thiemann;<br />

Jürgen Ritter; Reiner Jakobs; Michael Kringe; Dr. Wolfgang Bauch;<br />

Eva Herrmann; Gisela Rauch, Ernst Göckus; Eugen Werner;<br />

Bettina Großhaus-Lutz; Christine Sahm; Olaf Smolny;<br />

Prof. Dr. Ursula Blanchebarbe<br />

Fotos/Zeichnungen/Grafik:<br />

F.Fischer, A.Spar, Dr.H.Bach; G.Klör; H.Mahle, Julian Felgitsch,<br />

T. Reeh; P.Spar; Florian Adam; Hartmut Reeh; www.Fotolia;<br />

durchblick-Photoshop-Club<br />

Gestaltung, Satz und Layout:<br />

db-Lektorat<br />

Herstellung und Druck:<br />

Vorländer, Obergraben 39, 57072 Siegen<br />

Erscheinungsweise: März, Juni, September, Dezember<br />

Verteilung:<br />

Helga Siebel-Achenbach (Ltg.) Hannelore Münch; Paul Jochum;<br />

Dr. Horst Bach; Helga Sperling; Hermann Wilhelm; Renate Tietze;<br />

Rotraud Ewert; Ursula Gloger; Waltraud Gottschalk; Monika Müller;<br />

Marie Oude-Henger; Christel Mahle; Helga Düringer; Dieter Haas;<br />

alle Redakteure;<br />

Auflage: 15 000 – Der durchblick liegt kostenlos aus: in Sparkassen,<br />

Apotheken, Arztpraxen und Zeitungsverlagen, in der City-Galerie,<br />

in den Geschäften des Siegerlandzentrums und bei unseren Inserationskunden,<br />

in öffentlichen Gebäuden und vielen sozialen Einrichtungen<br />

der Wohlfahrtsverbände und Kirchen, in allen Rathäusern<br />

und Senioren-Servicestellen des Kreises Siegen-Wittgenstein. Für<br />

die Postzustellung berechnen wir für vier Ausgaben jährlich 8 Euro.<br />

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die<br />

Meinung der Redaktion wieder. Die Redaktion behält sich vor, eingesandte<br />

Beiträge und Leserbriefe zu kürzen. Unverlangte Beiträge<br />

werden nicht zurückgeschickt.<br />

Es gilt die Anzeigenpreisliste 11/2009.<br />

74 durchblick 4/<strong>2010</strong>


durchblick 4/<strong>2010</strong> 75

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