KUNSTINVESTOR AUSGABE NOVEMBER 2017
Kunst als Kapitalanlage AUSGABE DEZEMBER 2017 Chefredakteur: Michael Minassian
Kunst als Kapitalanlage
AUSGABE DEZEMBER 2017
Chefredakteur: Michael Minassian
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KUNST.INVESTOR Kunsthalle Wien<br />
Publishing as an Artistic Toolbox: 1989–<strong>2017</strong> entfaltet<br />
sich in einem Zusammenspiel von elf verschiedenen<br />
Sektionen, die sich sowohl im Ausstellen materieller<br />
Exponate als auch in einem Off-Site-Projekt und einer<br />
Vielzahl von Veranstaltungen manifestieren: So wurden<br />
für einen Bereich der Ausstellung Künstler/innen, in<br />
deren Werk das Publizieren eine bedeutende Rolle<br />
spielt, eingeladen, Titel zu nennen, die ihre<br />
Wahrnehmung von Büchern sowie ihre künstlerische<br />
Praxis beeinflusst haben. In den Erklärungen zur<br />
jeweiligen Auswahl finden sich so intime Passagen wie<br />
die von Michael Dean, der über das Collins Mini Gem<br />
English Dictionary von 1989, das als Promo-Giveaway<br />
Waschpulverboxen beigelegt war, meinte: „Ganze<br />
Nachmittage verbrachte ich damit, an den Seifenduftgeschwängerten<br />
Seiten zu schnüffeln … dieses<br />
Lexikon war das einzige Stück Literatur, das ich in die<br />
Finger kriegen konnte. Eine ganze Scheiß-Ewigkeit<br />
lang.“ Martin Beck wiederum führt Die Passion nach<br />
G.H. (aus Clarice Lispector, The Complete Stories, New<br />
Directions, New York 2015) an und erklärt „…<br />
verwirrend und auf seltsame Weise faszinierend –<br />
tatsächlich berauschend. Ich markierte Phrasen, Sätze<br />
und Passagen und verwendete einen Auszug in einem<br />
zeitschriftenartigen Kunstwerk, an dem ich damals<br />
arbeitete.“<br />
Und Nathalie Du Pasquier hebt in allen genannten<br />
Publikationen die Parallelen bzw. spannenden<br />
Abweichungen zwischen dem Präsentieren von Kunst<br />
im Ausstellungsraum und zwischen zwei Buchdeckeln<br />
hervor. Die Bibliothek als Medium sowie als Porträt<br />
einer Persönlichkeit wird in einer kleinen, temporär<br />
zugänglichen Satelliten-Ausstellung thematisiert: Franz<br />
West hatte seine Bibliothek im Wiener Studio in selbst<br />
gebauten Regalen untergebracht. Die dort<br />
gesammelten Bücher dienten in vielen Fällen auch als<br />
Notizbücher. Für die Ausstellung wurde eine Gruppe<br />
von Künstler/innen eingeladen, eines dieser Bücher zu<br />
wählen und – ganz im West‘schen Sinne – diesem eine<br />
künstlerische Intervention hinzuzufügen. Ein vom<br />
Sammler/Verleger Gregorio Magnani kuratierter<br />
Buchladen ist ebenso Teil der Ausstellung wie eine vom<br />
Kunstbuch-Sammler Christoph Schifferli ko-kuratierte<br />
Sektion, die sich der Geschichte künstlerischer<br />
Interventionen in Zeitschriften und Zeitungen widmet.<br />
Denn neben dem Kunstbuch sind auch die von<br />
Künstler/innen herausgegebenen Zeitschriften für das<br />
Thema relevant. Hat doch die Zeitschrift als wichtiges<br />
Instrumentarium künstlerischer Produktion bereits eine<br />
lange Tradition. Die Autorin und Journalistin Filipa<br />
Ramos lädt vor Ort zur Diskussion mit Verleger/ innen<br />
von Zeitschriften, die ihren Arbeitsbereich auf das<br />
Verlegen von Büchern erweitert haben. In einem<br />
separaten Bereich der Ausstellung stellt Filipa Ramos<br />
Projekte vor, die zwischen Druck und Digitalität<br />
oszillieren und Mischformen zwischen Kunstbuch und<br />
kuratorischem Experiment darstellen. Publishing as an<br />
Artistic Toolbox: 1989–<strong>2017</strong> verwandelt den<br />
Ausstellungsraum nicht in eine Bibliothek, einen<br />
Lesesaal oder eine begehbare Enzyklopädie, sondern<br />
versteht sich als räumlicher Index, der die<br />
Besucher/innen einlädt, die ausgestellten Materialien in<br />
der Ausstellung zu erleben. [Kunsthalle Wien. Dauer:<br />
8.11 - 28/1 2018]