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motor<br />
Das Original: die BMW C evolution<br />
Rolf Reick, der schon als Junge nur Motorrad und nicht Auto fahren<br />
wollte, zerlegt das Elektromotorrad der Bayerischen Motoren<br />
Werke und erschafft daraus ein spektakuläres E-Custom-Bike, das<br />
er passend zur Großmutter und zum Elektroantrieb E-LisaBad<br />
tauft. Bei dem in der Szene berühmtem Rennen „Glemseck 101“<br />
über eine Achtelmeile wird er sich mit seinem Geschöpf der Konkurrenz<br />
stellen. Für das Sprintrennen baut Reick das BMW-Original<br />
von Grund auf um. Die kantige, dunkle Verkleidung des<br />
Elektro-Custom-Bike erinnert an Science-Fiction-Filme der<br />
Sechziger. „Beim Entwurf habe ich mich von den Landschaften<br />
und der Deko in Raumschiff Enterprise inspirieren lassen“, erzählt<br />
Reick. „Außerdem besaß meine Oma ein Polygon-Kaffeeservice<br />
aus den Zwanzigerjahren, welches auch in das Design reingespielt<br />
hat.“ Bewusst hat der leidenschaftliche Motorradbauer die Zukunftstechnologie<br />
des C evolution in eine Hülle der Vergangenheit<br />
gekleidet. „Die Leute können mehr mit etwas völlig Neuem<br />
anfangen, wenn es bekannte, gelernte Elemente hat.“<br />
Dann geht es auf eine Teststrecke. Reick sitzt auf seinem Bike<br />
wie ein Jockey auf einem Rennpferd. Beim Start produzieren<br />
die durchdrehenden Reifen eine dicke Wolke aus Gummi. Der<br />
C evolution zieht ab wie eine Rakete und hängt auf den ersten<br />
Metern den angetretenen Konkurrenten ab. Elektro bedeutet<br />
bei Motorrädern wie bei den Automobilen Beschleunigung pur.<br />
Allerdings mit einer Umstellung. „Du schaust zu deinem Gegner<br />
rüber, willst brumm brumm machen, und es passiert natürlich<br />
gar nichts.“ Elektro ist leise, auch beim dicksten Bike. „Das ist<br />
mein neues Gute-Laune-Fahrzeug“, sagt Reick. „Ich habe es<br />
schon liebgewonnen.“ Dem Industrie-Designer geht es auch<br />
darum zu zeigen, was mit neuer Technik alles möglich ist.<br />
Seine große Premiere vor einem Fachpublikum hat Reick mit<br />
E-LisaBad beim Pure&Crafted Festival 2017 in diesem Sommer<br />
am Postbahnhof in Berlin. Bevor die Band Interpol auf der Bühne<br />
rockt, lenkt Rolf Reick seinen Selbstbau-Dragster die steile<br />
Rampe hoch direkt ins Rampenlicht. Wie vom anderen Stern<br />
glänzt E-LisaBad – das Pure&Crafted Signature Bike 2017 – in<br />
der Abendsonne.<br />
Wenig später findet „Glemseck 101“, das Achtelmeilen-Rennen<br />
auf der ehemaligen Start-Ziel-Geraden der Solitude-Rennstrecke<br />
in der Nähe von Stuttgart statt. Kurven fahren kann keines<br />
der Bikes mehr so wirklich. Alles ist kompromisslos ausgerichtet<br />
auf geradeaus und Feuer frei. Da nimmt sich E-LisaBad nicht<br />
aus. Aber sie ist die Erste ihrer (Elektro-)Art auf dem Dragstrip.<br />
Still und leise schleicht das Motorrad von Reick an den Start. Bei<br />
seinen Gegnern auf den Parallelbahnen grollt und donnert es,<br />
E-LisaBad ist leise. Das Publikum lacht, Rolf Reick lacht mit. Fast<br />
bis zum Ende der Achtelmeile ist er mit den Gegnern auf Augenhöhe,<br />
erst hinten raus verliert er den Anschluss. „Scooter-Technologie“,<br />
sagt Reick schulterzuckend, „bei 120 ist Schluss“. Mehr<br />
gibt die C evolution nicht her. E-LisaBad hinterlässt dennoch<br />
Eindruck. Rolf Reick, der zahlreiche traditionelle Prachtexemplare<br />
gebaut hat, ist ein Mann der Zukunft. „Elektromobilität ist nicht<br />
mehr wegzudenken“, sagt er. „Bald gehst Du zum Händler und<br />
sagst, ich will ein Custom-Bike. Und er wird fragen: Elektrisch<br />
oder Verbrenner?“ Reick muss es wissen. Der Experte wurde von<br />
BMW beauftragt, ein traditionelles Motorrad zu elektrifizieren.<br />
Es wird für eine Aufführung der Staatsoper in Berlin gebraucht.<br />
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