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Digital Storytelling. Geschichten erzählen mit digitalem Video

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Autor: Glaap, Dieter.<br />

Titel: <strong>Digital</strong> <strong>Storytelling</strong>. <strong>Geschichten</strong> <strong>erzählen</strong> <strong>mit</strong> <strong>digitalem</strong> <strong>Video</strong>.<br />

Quelle: medien concret, Ausgabe 1/2000, JFC Medienzentrum Köln.<br />

http://www.mediaculture-online.de<br />

http://www.akademieremscheid.de/ars/publikationen/aufsaetze/glaapstorytelling.pdf<br />

Die Veröffentlichung erfolgt <strong>mit</strong> freundlicher Genehmigung der Akademie Remscheid.<br />

Dieter Glaap<br />

<strong>Digital</strong> <strong>Storytelling</strong>. <strong>Geschichten</strong> <strong>erzählen</strong> <strong>mit</strong><br />

<strong>digitalem</strong> <strong>Video</strong><br />

Man nehme zwecks <strong>Digital</strong>isierung alte <strong>Video</strong>s, Briefe, Fotos oder Lieblingssongs und<br />

setze <strong>mit</strong> deren Hilfe ein paar <strong>erzählen</strong>swerte Erfahrungen und Erinnerungen frei. Dazu<br />

produziere man neues digitales Material. Anschließend verarbeite man im Multimedia-<br />

Computer alles zu einer sehr persönlichen Bild-<strong>Video</strong>-Toncollage. Eigentlich verblüffend<br />

einfach, bietet das „<strong>Digital</strong> <strong>Storytelling</strong>“ vielfältige Möglichkeiten für die<br />

Jugendmedienarbeit.<br />

Neue Medien werden auch in medienpädagogischen Zusammenhängen mehr und mehr<br />

akzeptiert. Was auffällt, ist ein Defizit an Unbefangenheit und kreativem Potential im<br />

Umgang <strong>mit</strong> den sich daraus ergebenden Möglichkeiten: Noch wird praktische<br />

Medienarbeit <strong>mit</strong> digitalen Bildern, Tönen oder <strong>Video</strong>s vielfach als technisches Phänomen,<br />

als technische Aufgabenstellung, wenn nicht gar als technische Spielerei wahrgenommen.<br />

Zugegeben: Es sind vielfach die technischen Probleme und Fragestellungen, die bei der<br />

Arbeit im Detail in den Mittelpunkt rücken und einen produktiven und kreativen Prozess<br />

beeinflussen und oft auch belasten. Falsch wäre es aber, darüber die inhaltlichen und<br />

gestalterischen Konzepte aus den Augen zu verlieren. Dies aufzufangen ist offensichtlich<br />

eine der aktuellen Aufgaben, <strong>mit</strong> der sich innovative Ansätze des pädagogisch orientierten<br />

Arbeitens <strong>mit</strong> neuen Medien auseinandersetzen müssen; denn die technischen Grenzen<br />

verändern sich fast täglich und werden wohl zu immer geringeren Einschränkungen in der<br />

alltäglichen Arbeit führen. Die Möglichkeiten, die kreative Prozesse voraussetzen, werden<br />

so immer offensichtlicher, die ebenso notwendige Begrenztheit von Ressourcen und<br />

1


http://www.mediaculture-online.de<br />

Perspektiven muss sich genau aus diesen inhaltlich-gestalterischen Grundlegungen<br />

ergeben. Neben der Entwicklung neuer und eigenständiger Produktions- und<br />

Gestaltungsformen spielt dabei die Verbindung von traditionellen kulturellen Techniken<br />

und Arbeitsweisen eine entscheidende Rolle. Nicht ohne Grund steigt die Zahl von<br />

medialen Experimenten in Verbindung <strong>mit</strong> Musik, Theater und Tanz 1 ; im Rahmen von<br />

Fortbildungsangeboten der Akademie Remscheid für Multiplikatorinnen und<br />

Multiplikatoren der kulturellen Bildung wurden Ansätze herausgearbeitet, die neue Medien<br />

in spielpädagogische oder literarische Zusammenhänge setzen. 2<br />

Im Projekt „Globe Opera“ wurde im Rahmen eines mehrtägigen Rollen- bzw. Planspiels eine interaktive<br />

Geschichte entwickelt, die parallel dazu jeweils abends ins Internet gesetzt wurde. Von dort konnten sich<br />

Interessentinnen und Interessenten von außen am Fortgang beteiligen. Die hier abgebildeten Grafiken<br />

stammen aus einer Szene, in der sich „Eprompunk“ und „Miles“ an einen anderen Ort beamen.<br />

Eine Verbindung von multimedialer Arbeit <strong>mit</strong> Computern, <strong>Video</strong> und <strong>Storytelling</strong> soll hier<br />

komprimiert vorgestellt werden: „<strong>Digital</strong> <strong>Storytelling</strong>“ nennen Dana Atchley, Joe Lambert<br />

und Nina Mullen das Konzept, das sie im San Francisco <strong>Digital</strong> Media Center entwickelt<br />

und erprobt haben und derzeit an der Universität Berkeley, California 3 fortführen. In den<br />

USA ist es so erfolgreich, dass seit 1995 das <strong>Digital</strong> <strong>Storytelling</strong> Festival 4 <strong>mit</strong> Beteiligung<br />

aus ganz Nordamerika durchgeführt wird. 5<br />

1 http://www.vief.de/krimi<br />

2 http://www.akademieremscheid.de/globeopera<br />

3 Center for <strong>Digital</strong> <strong>Storytelling</strong>, http://www.storycenter.org/<br />

4 Im Jahr 2000 6th Annual <strong>Digital</strong> <strong>Storytelling</strong> Conference & Festival vom 28. November bis 2. Dezember in<br />

Monterey, California<br />

5 http://www.dstory.com/<br />

2


Vom Rezept<br />

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Die praktische Umsetzung basiert auf <strong>Geschichten</strong> <strong>mit</strong> autobiographischem und<br />

persönlichem Material (Fotos, 8mm- und <strong>Video</strong>filme, Tondokumente, Erinnerungsstücke<br />

wie alte Briefe, Postkarten, Milchzähne, Urkunden und was immer Anlass zum Erzählen<br />

von eigenen Erinnerungen und Erlebnissen sein kann).<br />

Diese werden <strong>mit</strong> den aktuellen technischen Möglichkeiten in digitale Form gebracht<br />

(gescannt, gegrabt, gesampelt, digital fotografiert...) und erschließen sich so einer<br />

Bearbeitung auf neuen technischen Plattformen <strong>mit</strong> ihren spezifischen gestalterischen<br />

Möglichkeiten. Angereichert <strong>mit</strong> gezielt zusammengetragenen bzw. produzierten, auch<br />

inszenierten, aktuellen Materialien, die die Handlung oder die Idee der <strong>Geschichten</strong><br />

unterstützen, werden Bild-<strong>Video</strong>-Toncollagen erstellt.<br />

Dabei kommt Hard- und Software zum Einsatz, die geeignet ist, diese unterschiedlichen<br />

Materialien möglichst flexibel zusammenzusetzen und als Computervideo auf CD-Rom<br />

oder als Internetpräsentation darzustellen oder auf eine <strong>Video</strong>kassette zu übertragen.<br />

Flachbett- und Diascanner, <strong>Digital</strong>kameras und einfache <strong>Video</strong>- und Audiokarten<br />

gehören zum Standardwerkzeug, um die Materialien zu digitalisieren. Adobe Photoshop<br />

und Paintshop Pro sind für die Aufbereitung besonders geeignet, da sie über<br />

Möglichkeiten des Arbeitens <strong>mit</strong> Layern, also des schichtweisen Übereinanderlegens von<br />

Bildelementen verfügen. Aus dem gleichen Grunde ist Adobe Premiere ein besonders<br />

geeignetes Werkzeug für die Erstellung von Bild-Ton-Collagen aus den so aufbereiteten<br />

Materialien.<br />

Aber auch <strong>mit</strong> geringerem finanziellen Aufwand und weniger Voraussetzungen, bezogen<br />

auf Know-How im Handling von Programmen, lassen sich inzwischen Lösungen für die<br />

Montage finden, etwa Mediator Pro als einfaches und sehr flexibles Autorensystem oder<br />

Slides & Sound Plus. Mit Cool Edit Pro steht ein sehr einfach zu bedienendes<br />

Programm zur Verfügung, um Klänge, Geräusche, Sprache und Musik angemessen<br />

einzulesen und zu bearbeiten.<br />

3


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Ausschnitte aus zwei <strong>Digital</strong> <strong>Video</strong>s, in denen Fotos und Postkarten aus einem persönlichen Archiv als<br />

Ausgangsmaterial verwendet wurden.<br />

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Eine Bilderfolge, in der dokumentarisches Material (Tuffis Sturz aus der Schwebebahn) und eine, in der<br />

gezielt inszenierte Bilder (Legosteine) verwendet wurden. Die inszenierten Fotos weisen meist eine hohe<br />

symbolische Dichte auf, um die <strong>mit</strong> dokumentarischen Materialien erzählte Geschichte zu unterstützen.<br />

Ein Beispiel für das Arbeiten <strong>mit</strong> Layern: Die gezeichnete Krähe bewegt sich im <strong>Video</strong> über die<br />

dokumentarischen Fotos der Berliner Mauer im Bereich der Bernauer Straße.<br />

5


.... und den Zutaten<br />

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Die wichtigsten gestalterisch-dramaturgischen Möglichkeiten werden durch sieben<br />

Elemente charakterisiert, die für das Erzählen von <strong>Geschichten</strong> von grundlegender<br />

Bedeutung sind 6:<br />

Der Standpunkt definiert den Grund, die Intention eines Autors, eine Geschichte zu<br />

<strong>erzählen</strong>. Die Moral im Märchen ist hierfür ein Beispiel. <strong>Geschichten</strong> von heute<br />

favorisieren weniger platte und aufdringliche Standpunkte, fordern mehr Nachdenken vom<br />

Rezipienten; sie sind aber genauso wichtig für die Geschichte, bestimmend für die<br />

verwendeten Gestaltungselemente, und der Zuhörer oder Zuschauer mag die Geschichte<br />

vergessen, nicht aber die Intention, die da<strong>mit</strong> verbunden ist.<br />

Die (dramatisierende) Fragestellung ist für die hier beschriebene kurze Form einer<br />

Geschichte das zentrale Element, um einen Spannungsbogen zu erzeugen. Dabei spielt<br />

die Tiefgründigkeit und Komplexität dieser Frage im Hinblick auf die Rezeption der<br />

Geschichte nicht die entscheidende Rolle. Vielmehr kann man davon ausgehen, dass<br />

bestimmte Fragen bestimmte Erwartungen provozieren, und eine solide ausgearbeitete<br />

Geschichte spielt <strong>mit</strong> diesen Erwartungen, weist überraschende Plots auf und beantwortet<br />

die Frage am Ende.<br />

Der emotionale Bezug ist ein weiteres Element, um den Zuhörer oder Zuschauer an die<br />

Geschichte zu binden. In der Regel wird von einer Geschichte erwartet, dass sie die<br />

Möglichkeit bietet, auch einen „emotionalen Standpunkt“ zu beziehen, z.B. <strong>mit</strong> einem<br />

Protagonisten zu hoffen oder einen Antagonisten zu hassen. Je persönlicher solche<br />

<strong>Geschichten</strong> sind, umso klarer muss es dem Autor werden, dass es seine eigene explizite<br />

Entscheidung ist, bis zu welchem Punkt er Gefühle preisgibt und wie er sie dramatisiert.<br />

Die eigene Stimme spielt beim <strong>Geschichten</strong><strong>erzählen</strong> eine wichtige Rolle. Insbesondere in<br />

Situationen, in denen nicht <strong>mit</strong> ausgebildeten Sprecherinnen und Sprechern gearbeitet<br />

werden kann oder soll, ist es von besonderer Bedeutung, dass der Autor oder die Autorin<br />

die Geschichte selber erzählt. Dabei ist eine Form herauszuarbeiten, die zwischen<br />

6 Eine ausführlichere Darstellung hierzu findet sich in „Joe Lambert and Nina Mullen, Memory`s Voices, A<br />

Guide to <strong>Digital</strong> <strong>Storytelling</strong>“, herausgegeben vom Center for <strong>Digital</strong> <strong>Storytelling</strong> der University of<br />

California, Berkeley, in Zusammenarbeit <strong>mit</strong> dem California Arts Council und dem California CultureNet<br />

Project. Eine Online- sowie eine PDF-Version sind verfügbar über:<br />

http://www.storycenter.org/cookbook.html<br />

6


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einfachem Ablesen und oft pathetisch anmutendem Rezitieren angesiedelt ist. Als<br />

handhabbarer Kompromiss hat sich in dieser Beziehung ein Lesen in einem alltäglichen<br />

Konversationsstil herauskristallisiert, was durch die vielen Möglichkeiten der aktuellen<br />

digitalen Aufnahmetechniken (vor allem wiederholtes Probieren und einfaches<br />

Zusammenschneiden von Auszügen aus verschiedenen solcher Versuche) erleichtert<br />

wird.<br />

Der Soundtrack ist das Element eines <strong>Digital</strong> <strong>Storytelling</strong> <strong>Video</strong>s, das von den meisten<br />

Autorinnen und Autoren durch konkrete Vorstellungen geprägt ist – kein Wunder in einer<br />

Zeit, in der Musik allgegenwärtig geworden ist, in der Musikvideos wichtige<br />

Sozialisationsinstanz bezogen auf Bild-Ton-Erfahrungen sind und in der Filmmusik als<br />

wirksames Gestaltungs<strong>mit</strong>tel für die Erzeugung von Emotionen ständig präsent sind.<br />

Wahrscheinlich wird in keinem anderen Lebensbereich von einer breiten Öffentlichkeit so<br />

bereitwillig experimentelle oder zumindest nicht-populäre Musik rezipiert wie beim<br />

Schauen von Filmen und <strong>Video</strong>s. Dennoch spielen musikalische Stereotypen hier eine<br />

entscheidende Rolle und in der Regel kann man sich davon nicht lösen, sei es, dass man<br />

sie implizit mehr oder weniger vordergründig einsetzt, sei es, dass man explizit<br />

Kontrapunkte setzt. In das Konzept des hier vorgestellten <strong>Digital</strong> <strong>Storytelling</strong> fügt sich<br />

selbstverständlich am besten solches Material ein, das den gleichen<br />

„Autenthizitätscharakter“ aufweist, wie die visuellen Elemente und die Geschichte selber,<br />

das also z.B. aus dem gleichen „persönlichen Archiv“ entnommen ist. Darüber hinaus<br />

bieten digitale Medien <strong>mit</strong>tlerweile zahlreiche „Kompositionstools“ 7 an, <strong>mit</strong> denen es<br />

möglich ist, selber dem eigenen Geschmack entsprechende Musik ohne spezifische<br />

musikalische Kenntnisse zu erstellen. Dadurch kann auch Problemen begegnet werden,<br />

die sich aus dem Urheberrecht ergeben.<br />

Die Ökonomie des Arbeitens <strong>mit</strong> audiovisuellen Medien fordert ein sparsames Umgehen<br />

<strong>mit</strong> Bildern und Tönen. In der Regel kann von einem Primat des Bildes ausgegangen<br />

werden, was bedeutet, dass Sprache, Geräusche und Musik dann gezielt eingesetzt<br />

werden, wenn das Bild nicht ausreicht. Der Soundtrack gewinnt umso mehr an<br />

Bedeutung, wenn <strong>mit</strong> bereits vorhandenem Bildmaterial umgegangen wird, das nicht<br />

gezielt für das <strong>Digital</strong> <strong>Video</strong> produziert wurde. In dieser Beziehung werden von Autorinnen<br />

7 z.B. Hip-Hop-, Dance oder Techno-E-Jay sind bei Jugendlichen beliebt.<br />

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und Autoren die häufigsten Fehler gemacht, wenn z.B. alles irgendwie verfügbare Material<br />

geradezu zwanghaft einbezogen wird. Es hat sich als sinnvoll erwiesen, hier klare<br />

Begrenzungen – in Abhängigkeit von der Komplexität der Geschichte und der zur<br />

Verfügung stehenden Produktionszeit – vorzugeben.<br />

Der Rhythmus, <strong>mit</strong> dem eine Geschichte erzählt wird, ist ein wichtiges<br />

Gestaltungselement, um Form und Inhalt <strong>mit</strong>einander zu verbinden, aber auch, um das<br />

Interesse der Rezipienten wach zu halten. Eine gut erzählte Geschichte soll einen ihr<br />

angemessenen Grundrhythmus aufweisen, aber sie muss Raum lassen für Pausen, zum<br />

Durchatmen, oder für gesteigertes Tempo, um Action und Spannung zu erhöhen.<br />

Kreativ und pädagogisch innovativ<br />

Im Fachbereich Medien der Akademie Remscheid werden Werkstattkurse für<br />

Multiplikatorinnen und Multiplikatoren der kulturellen Jugendbildung zum hier skizzierten<br />

Konzept von <strong>Digital</strong> <strong>Storytelling</strong> seit 1998 durchgeführt. Dabei wurde eine breite Palette<br />

von Einsatzmöglichkeiten in verschiedenen Feldern medienpädagogischen Arbeitens <strong>mit</strong><br />

Jugendlichen herauskristallisiert. Das Neue an diesem Ansatz ist zweifellos die veränderte<br />

Reichweite und die da<strong>mit</strong> zusammenhängenden Grenzen und Möglichkeiten von so<br />

verstandenem <strong>Digital</strong> <strong>Video</strong>. Es ist zwischen der traditionellen Form von Medienarbeit, die<br />

von einem Verständnis von AV-Medien als öffentliche Medien ausgeht, und den durch<br />

PCs („persönlichen“ Computern) nahe gelegten eher privaten Anwendungsfeldern von<br />

medialer Arbeit angesiedelt.<br />

In dieser Hinsicht bieten sich andere inhaltliche Schwerpunkte an, als dies in der<br />

sonstigen praktischen Medienarbeit <strong>mit</strong> Jugendlichen üblich ist. Der beschriebene Zugang<br />

über Materialien und <strong>Geschichten</strong> aus dem „persönlichen Archiv“ ist daher nicht zufällig<br />

gewählt, vielmehr ist er den Stärken des Mediums angepasst. Dabei tritt die eigene<br />

Person, die eigene Geschichte in den Vordergrund, was durchaus neue pädagogische<br />

Möglichkeiten impliziert. Dadurch ist es möglich, dass das medienpraktische Arbeiten für<br />

Jugendliche noch einmal attraktiver wird und eine mögliche Motivationssperre, die durch<br />

die anonyme Öffentlichkeit und den da<strong>mit</strong> verbundenen hohen Anspruch an die Qualität<br />

des Produktes entsteht, gemindert werden kann. Mögliche Genres, die einen verstärkten<br />

Eingang in die medienpädagogische Praxis finden können, sind z.B. <strong>Video</strong>briefe oder<br />

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<strong>Video</strong>poems. Es gehört zum pädagogischen Geschick der Betreuerinnen und Betreuer<br />

solcher Projekte, einer weitergehenden Individualisierung und der ohnehin vorhandenen<br />

Tendenz von Jugendlichen zur Entpolitisierung entgegen zu treten. Dabei kann durchaus<br />

unterstützend sein, dass das Medium eine große Affinität zur Kooperation und<br />

Präsentation im Internet aufweist.<br />

Die hohe persönliche Bedeutung der zu <strong>erzählen</strong>den <strong>Geschichten</strong> und der verwendeten<br />

Materialien sorgt in der Regel für ein ebenso hohes Engagement im<br />

medienpädagogischen Prozess und eine weitreichende Identifikation <strong>mit</strong> dem Produkt. Im<br />

Gegenzug geht die in bisherigen medienpädagogischen Projekten praktisch automatisch<br />

einsetzende Gruppenorientierung leicht verloren. Dies kann durch gezielte pädagogische<br />

Betreuung ausgeglichen werden, erfordert aber einige neue Überlegungen und<br />

Experimente seitens der da<strong>mit</strong> befassten Pädagoginnen und Pädagogen.<br />

Durch die enge Verbindung von persönlichen narrativen Elementen <strong>mit</strong> Computern kann<br />

durchaus eine Zielgruppe erreicht werden, die sonst eher Distanz zu neuen Medien hält.<br />

Auch in der Arbeit <strong>mit</strong> Jugendlichen, die vorwiegend als Technikfreaks bezeichnet werden<br />

können, bietet dieses Konzept Chancen, stellen sich doch deren Aktivitäten sonst vielfach<br />

als sinn- und bedeutungsarme Spielereien dar.<br />

Insbesondere bezüglich der immer weiteren Integration von <strong>Video</strong> und neuen Medien<br />

bietet sich <strong>Digital</strong> <strong>Storytelling</strong> als ein viel versprechendes Konzept auf der zweifellos in<br />

Zukunft an Relevanz zunehmenden Ebene des pädagogischen Arbeitens <strong>mit</strong> Multimedia<br />

an.<br />

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der<br />

Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch<br />

Photokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des<br />

Rechteinhabers reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme<br />

weiterverarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.<br />

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