Was freut und so am Mord? - Mediaculture online
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Autor: Friedrichs, Reiner.<br />
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Titel: <strong>Was</strong> <strong>freut</strong> uns <strong>so</strong> <strong>am</strong> <strong>Mord</strong>? Wir planen, gestalten <strong>und</strong> produzieren ein Feature.<br />
Quelle: Praxis Deutsch, Nr. 44. 1980.<br />
Die Veröffentlichung erfolgt mit fre<strong>und</strong>licher Genehmigung des Autors.<br />
Reiner Friedrichs<br />
<strong>Was</strong> <strong>freut</strong> <strong>und</strong> <strong>so</strong> <strong>am</strong> <strong>Mord</strong>? Wir planen,<br />
gestalten <strong>und</strong> produzieren ein Feature<br />
A. Thema<br />
Projekt Feature<br />
Feature, engl., Gesicht, Gesichtszug, Gesichtsausdruck. Gesichtszüge sind wandelbar.<br />
Sie können Freude <strong>und</strong> Trauer ausdrücken, Sorge oder Heiterkeit, Milde oder Strenge,<br />
Erregtheit oder Gelassenheit. So das Feature im R<strong>und</strong>funk.<br />
Diese Hörspielform, die Hermann Keckeis 1 dem "Montageprinzip" zurechnet, trägt Züge<br />
eines literarischen Journalismus. Der Hörer <strong>so</strong>ll über bestimmte, oft aktuelle, Themen<br />
informiert werden. Die Information wird nicht wissenschaftlich-distanziert verfaßt, <strong>so</strong>ndern<br />
bewußt engagiert. Motivierende "Aufmacher" (Musik, Interviews, Kommentare,<br />
provokative Textstellen, die zum zuvor Gesagten einen Oppositionswert bilden u. a. m.)<br />
<strong>so</strong>rgen für ständige Abwechslung <strong>und</strong> fesseln den Zuhörer. Für Otto Heinrich Kühner ist<br />
das Feature eine Form des Hörspiels, die im Gr<strong>und</strong>e formlos ist, "wie ein Mosaik aus<br />
farbigen Steinchen, aus vielen Einzelteilen <strong>und</strong> Stilelementen zus<strong>am</strong>mengesetzt, das<br />
Ganze facettenhaft <strong>und</strong> vielseitig erfaßt" 2 .<br />
1 Keckeis, Hermann: Das deutsche Hörspiel. 1923 bis 1973. – Frankfurt/M.: Athenäum 1973, S. 80 ff.<br />
2 Kühner, Otto Heinrich: Mein Zimmer grenzt an Babylon (1954). In: Scheffner, Horst (Hrsg.): Theorie des<br />
Hörspiels. Arbeitstexte für den Unterricht. – Stuttgart: Recl<strong>am</strong> 1978 (Nr. 9546), S. 32.<br />
1
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Es ist nicht ganz ehrlich, dem Feature lediglich informative Intentionen zuzuschreiben. Die<br />
meisten Features, auch das vorliegende "Krimi-Feature", haben einen stark appellativen<br />
Charakter. Im genannten Fall <strong>so</strong>llen die Hörer zum Lesen bestimmter Texte angeregt<br />
werden; andere Features wollen vor Rauschmitteln warnen, zur Toleranz aufrufen u. ä.<br />
Features sind keine festen Gattungen. Sie sind einmal mehr dokumentarisch, ein<br />
andermal mehr fiktonal-literarisch orientiert, oder sie spielen intensiver mit Original-Ton-<br />
Montagen.<br />
Kreative Kombinationsmöglichkeit, Mehrdimensionalität des Gegenstandes der<br />
Untersuchung, seiner "Verpackung", Vielfältigkeit der Untersuchungs- <strong>und</strong><br />
Darstellungsmöglichkeiten machen den Reiz des Features in Rezeption <strong>und</strong> – darin liegt<br />
seine zentrale unterrichtliche Bedeutung- in Produktion aus.<br />
<strong>Was</strong> Features wirklich sind, läßt sich – mit allen Vorteilen <strong>und</strong> Zwängen einer<br />
projektorientierten Arbeitsweise, mit allen Freuden <strong>und</strong> Mängeln der laienhaften<br />
Produktion erst in der Realisierung erfahren. Das gilt gleichermaßen für Schüler wie für<br />
Lehrer.<br />
Besser als theoretische Definitionsversuche, wie ich sie andernorts unternommen habe 3 ,<br />
dokumentiert eine Textauswahl des von Schülern einer neunten Hauptschulklasse<br />
(Vorlaufklasse zum 10. Schuljahr) realisierten "Krimi-Features'' die Intentionen dieses Hör-<br />
Spiels. Einen Aufmacher hatten die Schüler rasch gef<strong>und</strong>en: eine Meldung aus der<br />
Tageszeitung.<br />
(Der abgedruckte Schülertext stellt nur einen kleinen Ausschnitt aus dem Feature dar. Er<br />
ist allein schon deshalb nicht repräsentativ für das ges<strong>am</strong>te Featuremanuskript, weil aus<br />
Raumgründen auf Schülerreferate <strong>und</strong> Stellungnahmen zu den gelesenen Krimis<br />
verzichtet werden mußte.)<br />
SPRECHER (hart/neutral):<br />
Meldung in der Pfingstausgabe der Koblenzer Rhein-Zeitung von 1980:<br />
SPRECHERIN (neutral):<br />
3 Friedrichs, Reiner: Hörspiel. in: Watzke, Oswald/ Friedrichs, Reiner: Umgang mit Texten in der<br />
Sek<strong>und</strong>arstufe 1. – München: List 1975, S. 48 f.<br />
2
Touristin ermordet.<br />
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Izmir. Eine Touristin aus West-Berlin ist in der Nähe der türkischen Hafenstadt Izmir von<br />
zwei unbekannten Tätern erst vergewaltigt <strong>und</strong> dann ermordet worden.<br />
Beim Versuch, der jungen Frau zu helfen, wurde der Ehemann verletzt. Er k<strong>am</strong> in ein<br />
Krankenhaus. Der Überfall ereignete sich in der Nacht zum Freitag, als die Touristen mit<br />
ihrem Mini-Bus 48 Kilometer vor der Hafenstadt eine Rast einlegen wollten.<br />
ANDERE SPRECHERIN (fragend): Macht das Freude?<br />
Aufblenden Tatortmelodie (ARD-Fernsehen)<br />
ERSTE SPRECHERIN:<br />
Die meisten Menschen freuen sich unbewußt über den <strong>Mord</strong> an einer Per<strong>so</strong>n, gleich, ob<br />
es sich um Taschenbücher, Heftromane, Fernsehfilme oder Hörspiele handelt.<br />
Daß die Freude meist unbewußt ist, haben wir durch mehrere Umfragen festgestellt.<br />
Themenmelodie "Der Alte" (ZDF-Serie) ein- <strong>und</strong> nach den Schüssen ausblenden<br />
In allen Medien liest, hört, sieht man kriminelle Handlungen, <strong>so</strong>mit auch <strong>Mord</strong>e.<br />
Wir werden al<strong>so</strong> täglich d<strong>am</strong>it konfrontiert.<br />
<strong>Was</strong> bereitet <strong>so</strong>lche Freude <strong>am</strong> Krimi? Das hat uns interessiert. Unsere Eindrücke wollen<br />
wir in diesem Feature weitergeben.<br />
SPRECHER:<br />
Wie kann man herausbekommen, was <strong>so</strong>lche Freude macht?<br />
SPRECHERIN:<br />
Natürlich haben wir uns selbst Gedanken gemacht. Die werden wir nachher mitteilen.<br />
ANDERER SPRECHER:<br />
Und was macht man <strong>so</strong>nst noch?<br />
ANDERE SPRECHERIN:<br />
Man verschafft sich Informationen!<br />
ERSTE SPRECHERIN:<br />
3
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Wir sind mit einem Kassettenrecorder durch die Stadt gegangen <strong>und</strong> haben Leute<br />
unterschiedlichen Alters nach ihren Meinungen gefragt.<br />
Einblenden der Interviews<br />
[...]<br />
SPRECHER:<br />
Wie reagieren eigentlich die direkt Betroffenen auf Kriminalfilme <strong>und</strong> Kriminalromane? Wir<br />
haben Be<strong>am</strong>te der Schutzpolizei <strong>und</strong> der Kriminalpolizei auf dem Polizeipräsidium<br />
Neuwied dazu befragt. Die Interviewer waren: Claudia Withum, Frank Polch, Heiko<br />
Lindenlauf. Hier ihr Bericht.<br />
SPRECHERIN:<br />
Alle Befragten machen folgende Aussagen: Die Arbeit bei uns ist ganz anders, als sie im<br />
Krimi dargestellt wird. Sie besteht hauptsächlich aus Schreibtisch- <strong>und</strong> Schreibarbeiten.<br />
Wir haben keinen Star-Kommissar <strong>und</strong> arbeiten im Te<strong>am</strong>work. Der Kommissar ist nur da,<br />
um den Oberblick zu behalten <strong>und</strong> die Arbeit einzuteilen.<br />
An einem einzigen <strong>Mord</strong>fall können bis zu 40 Mann arbeiten.<br />
Es gibt ganz selten vorsätzliche <strong>Mord</strong>fälle in Neuwied, ein- bis zweimal im Jahr kommt <strong>so</strong><br />
etwas vor. Etwa 50 Prozent der Fälle werden aufgeklärt.<br />
70 Prozent aller Delikte sind Diebbstahl <strong>und</strong> ähnliches, 30 Prozent Sitte, Betrug,<br />
Rauschgift usw.<br />
Es dauert mindestens ein paar Monate, bis ein <strong>Mord</strong>fall aufgeklärt ist, Unheimlich viel<br />
Kleinarbeit. Nie wird einer nachts verhört. In Kriminalfilmen ist das unheimlich oft der Fall.<br />
Kriminalfilme sind wirklichkeitsfremd, unrealistisch <strong>und</strong> bestehen aus Fantastereien. Nur<br />
ganz wenige Kriminalfilme, z. B. "Sonderdezernat K 1", stellen die Arbeit der Polizei real<br />
dar.<br />
Kriminalfilme sind nur zur Unterhaltung da. Das Leben von uns Kriminalbe<strong>am</strong>ten ist<br />
meistens langweilig <strong>und</strong> stupide.<br />
Die Uniformierten werden in den Kriminalfilmen oft als "dumm" dargestellt. Das stimmt in<br />
der Wirklichkeit auch nicht.<br />
Ein Leiter der Schutzpolizei schaute sich Krimis nur an, um mit Menschen über seine<br />
Arbeit diskutieren zu können <strong>und</strong> dann mit Argumenten zu beweisen, daß die<br />
Kriminalfilme von der Wirklichkeit stark abweichen.<br />
4
Kein Polizeibe<strong>am</strong>ter hielt be<strong>so</strong>nders viel von Krimis.<br />
Themenmelodie "Derrick" (ZDF-Serie)<br />
[...]<br />
SPRECHERIN:<br />
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Der gefahrlose Nervenkitzel zieht al<strong>so</strong> die meisten Zuschauer beim Kriminalfilm an. Die<br />
Spannung interessiert die meisten Leser.<br />
Allgemeine Freude <strong>am</strong> Krimi bereitet die Tatsache, daß alles gut ausgeht.<br />
Die "Bösen" werden bestraft <strong>und</strong> die "Guten" werden belohnt. So einfach ist es in<br />
Wirklichkeit nicht, wie wir im Interview mit der Kriminalpolizei gehört haben.<br />
Sind Krimis al<strong>so</strong> Märchen für Erwachsene?<br />
Endmelodie – Hintergr<strong>und</strong><br />
Vordergr<strong>und</strong>: N<strong>am</strong>en der Mitwirkenden <strong>und</strong> Sprecher<br />
B. Intentionen<br />
Die Arbeit an dem Feature "Freude <strong>am</strong> Krimi"-die Formulierung "<strong>Mord</strong>" steht als<br />
provokatives Reizwort – von den Vorarbeiten bis zur auditiven Produktion stellt eine<br />
projektorientierte "komplexe" Schreib Lesesituation 4 dar. Mit geringen, themenbedingten,<br />
Varianten folgt dieser projektorientierte Unterricht den Gedanken von Nündel <strong>und</strong><br />
Röseler 5 . Projektorientiert kann diese Situation genannt werden, weil sie<br />
– sich bemüht, von den Interessen <strong>und</strong> Bedürfnissen der Schüler auszugehen,<br />
– verschiedene Lernbereiche des Faches Deutsch (mündliche/schriftliche<br />
Kommunikation, Sprachreflexion, Textrezeption) miteinander verbindet,<br />
4 Vgl. hierzu: Weinmann, Siegfried: Schaffung komplexer Schreibsituationen. In: Pielow, W./ Sanner, R.<br />
(Hrsg.). Kreativität <strong>und</strong> Deutschunterricht. – Stuttgart: Klett 1973, S. 88- 104. Die Komplexität dieser<br />
Situation ist auf die Textrezeption ausgeweitet. Ähnliche Versuche der Realisierung "komplexer<br />
Schreibsituationen" hat auf dr<strong>am</strong>atischem Gebiet Winfried Pielow unternommen. Vgl. W. Pielow: Der<br />
dr<strong>am</strong>atische Text als "komplexe Schreibsituation". In: Göbel, Klaus (Hrsg.): Das Dr<strong>am</strong>a in der<br />
Sek<strong>und</strong>arstufe. – Kronberg: Scriptor 1977, S. 126-138.<br />
5 Vgl. Nündel <strong>und</strong> Röseler in Behr/Gronwoldt et al: Folgekurs für deutschlehrer. Didaktik <strong>und</strong> methodik der<br />
sprachlichen kommunikation. – Weinheim: Beltz 1975, S. 21-134 u. 547-696.<br />
5
– die Schüler als curriculare Instanz ernst nimmt,<br />
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– die <strong>so</strong>ziale <strong>und</strong> kommunikative Integration der Schüler inner- <strong>und</strong> außerhalb des<br />
Unterrichtes in Kleingruppen fördert,<br />
– eine aus eigenen Interessen betriebene Beschäftigung mit einem Thema auch<br />
außerhalb des Unterrichtes ermöglicht, begünstigt, fördert,<br />
– starre statische Lernprozesse auflöst <strong>und</strong> die Selbsttätigkeit der Schüler auf<br />
verschiedenen Arbeitsgebieten produktiv/rezeptiv, allein <strong>und</strong> in Gruppen anregt <strong>und</strong><br />
die Schüler zu vielfältigen Aktivitäten motiviert.<br />
Die Schülererfahren den Lernbereich "Textproduktion" als eine kommunikative<br />
Notwendigkeit für sich selbst, untereinander <strong>und</strong> für andere. Das Feilen <strong>am</strong> "Werkstück<br />
Text" verliert den faden Geschmack der schulischen Übung, weil dieses "Werkstück"<br />
seinen Platz im späteren "Produkt", dem Feature, hat, al<strong>so</strong> – um im Bild zu bleiben – in<br />
die "laufende Produktion" eingebaut wird.<br />
Die Tatsache, daß in der Schlußphase, der Featureproduktion, eine Textauswahl unter<br />
den Schülertexten erfolgt, schwächt (<strong>so</strong> meine Erfahrungen) bei entsprechenden<br />
pädagogischen Hinweisen die Motivation nicht. Die Schüler fügen sich in diese<br />
"Wettk<strong>am</strong>pf"-Bedingungen ein. Sie haben außerdem vielfältig Gelegenheit, über<br />
Diskussionen, Revisionen, Umfragen, Auswertungen <strong>und</strong> technische Arbeiten zum<br />
Gelingen des Projektes beizutragen.<br />
Im vorliegenden Feature geht es darum,<br />
– anderen (nicht nur) jugendlichen Lesern/Hörern die Gründe der Freude <strong>am</strong> Krimi ins<br />
Bewußtsein zu heben,<br />
– den Gründen der Freude an der Darstellung des Verbrechens, dem Entspannungswert<br />
der Krimis <strong>und</strong> dem Identifikationsangebot nachzuspüren,<br />
– die Strukturen verschiedener gedruckt <strong>und</strong>/oder medial vermittelter Krimis zu<br />
untersuchen <strong>und</strong> die Ergebnisse anderen unterhalts<strong>am</strong> mitzuteilen,<br />
– Untersuchungen über Lese- <strong>und</strong> Fernsehgewohnheiten im Blick auf Krimis anzustellen<br />
<strong>und</strong> zu analysieren,<br />
– erstarrte Lese- <strong>und</strong> Fernsehgewohnheiten zu verändern <strong>und</strong> Leseanregungen zu<br />
geben.<br />
6
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Diese Ziele, die sich recht anspruchsvoll anhören, lassen sich nur realisieren, wenn der<br />
Besprechung <strong>und</strong> Durchführung antizipierender Hausaufgaben ein qualitativ <strong>und</strong><br />
quantitativ breiter Raum gegeben wird. 6 Eine "Hausaufgaben"-Besprechung von 30 bis 45<br />
Minuten Länge darf nichts Ungewöhnliches sein. In häuslicher Arbeit läßt sich allein, mit<br />
Partnern oder in Kleingruppen, dies trotz räumlicher Entfernungen, vieles erledigen:<br />
– die Lektüre verschiedener Krimitexte,<br />
– die Analyse von Zeitungen, Hörspielen, Fernsehsendungen,<br />
– die Auswertung <strong>und</strong> Kommentierung von Umfragen,<br />
– die Produktion der Protokolle, Kommentare, Referate, Begleittexte zum Feature u. ä.<br />
Textauswahl, Ausweitung oder Verkürzung des Projektes richten sich nach Bedürfnissen<br />
<strong>und</strong> Interessen der Schüler <strong>und</strong> dem klassenspezifischen Leistungsniveau. Wesentlich<br />
zum Gelingen des Projektes tragen Fähigkeit <strong>und</strong> Bereitschaft der Lehrerin/des Lehrers<br />
bei, sich als primus inter pares in die Entscheidungsfindungs-, Planungs-, Durchführungs-<br />
<strong>und</strong> Gestaltungsprozesse zu integrieren. Andererseits sind gewisse behuts<strong>am</strong>e<br />
"Lenkungsmaßnahmen" (zur Berücksichtigung der Lernziele, der Optimierung<br />
gesellschaftsnotwendiger Qualifikationen in den Lernbereichen des Deutschunterrichts)<br />
unumgänglich. Beispielsweise ist bei der freiwilligen Verteilung der Schreibaufträge darauf<br />
zu achten, daß alle Schüler im Laufe des Projektes <strong>so</strong>lche Aufgaben übernehmen.<br />
Der Vergleich zweier Krimis als Klassenlektüre (z. B. Dürrenmatt: "Der Richter <strong>und</strong> sein<br />
Henker" <strong>und</strong> Hoffmann: "Das Fräulein von Scuderi") kann arbeitsteilig vorgenommen<br />
werden: Jeweils die "Hälfte- der Klasse (freiwillige Entscheidung!) liest <strong>und</strong> analysiert<br />
einen Text <strong>und</strong> unterrichtet als "Experten" mündlich <strong>und</strong> schriftlich die andere Hälfte.<br />
Auf diese Weise lassen sich innerhalb des Projektes reale Schreibsituationen schaffen.<br />
Inhaltsangaben <strong>und</strong> Exzerpte <strong>so</strong>rgen dafür, daß alle einen vergleichbaren<br />
Informationsstand über den Handlungsverlauf <strong>und</strong> die Per<strong>so</strong>nen haben.<br />
6 Vgl. Derschau, Dietrich von (Hrsg.): Hausaufgaben als Lernchance. Zur Verknüpfung schulischen <strong>und</strong><br />
außerschulischen Lernens. – München: Urban & Schwarzenberg 1979, be<strong>so</strong>nders: S. 20 ff- 47 ff- 64 ff 70<br />
ff.<br />
7
C. Realisierung<br />
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Die folgende Verlaufsbeschreibung des Projektes (Varianten sind bei der Realisierung<br />
möglich) basiert auf den (erfreulich positiven) Erfahrungen, die bei der experimentellen<br />
Erprobung in einer 9. Hauptschulklasse gemacht wurden. Die Be<strong>so</strong>nderheit dieser Klasse<br />
bestand darin, daß es sich um die Vorlaufklasse zum "freiwilligen zehnten Schuljahr"<br />
handelte. Vergleichbare Projekte in anderen neunten Hauptschulklassen bestärken mich<br />
jedoch in der Ansicht, daß dieses Projekt mutatis mutandis in den neunten <strong>und</strong> zehnten<br />
Klassen (teilweise bereits ab Ende der Klasse 8) der S 1 zu realisieren ist.<br />
Aus der folgenden Auswahlliteraturliste <strong>so</strong>llten Schüler <strong>und</strong> Lehrer gemeins<strong>am</strong> ihre<br />
speziellen Untersuchung<strong>so</strong>bjekte zus<strong>am</strong>menstellen.<br />
Literaturvorschläge:<br />
Burger, Thomas: Die Messer-Ballade. In: Th. Burger: Das Gespenstergespenst.<br />
Würzburg: Arena 1963, S. 108 f. (in zahlr. Lesebüchern f. d. Orientierungsstufe).<br />
Jerry Cotton: Du lebst zu lange, G-man. Stuttgart: Klett 1980 ff. (Leseheft Nr. 26059).<br />
Jerry-Cotton-Romane aus dem Bastei-Verlag.<br />
Doyle, H. A. C.: Sherlock Holmes <strong>und</strong> der verschw<strong>und</strong>ene Bräutig<strong>am</strong>. – München: Heyne<br />
4 1973 (Nr. 1544).<br />
Doyle, H. A. C.: Sherlock Holmes <strong>und</strong> die Spuren im Moor. – München: Heyne 1976 (Nr.<br />
1684).<br />
Doyle, H. A. C.: Das gefleckte Band. u. H. S. Harri<strong>so</strong>n., Miss Hinch. – Stuttgart: Klett<br />
(Leseheft Nr. 26031) 14 1980.<br />
Dürrenmatt, Friedrich: Der Richter <strong>und</strong> sein Henker. – Reinbek: Rowohlt 1955 ff. (rororo<br />
150.)<br />
Finckh, Eckhard (Hrsg.): Theorie des Kriminalromans. Stuttgart: Recl<strong>am</strong>. 1974 (RUB<br />
9512.)<br />
Gruhl, Hans:, Fünf tote alte D<strong>am</strong>en. Reinbek: Rowohlt 1971. (rororo 1423.)<br />
Hoffmann, E. T. A..- Das Fräulein von Scuderi. – Stuttgart: Klett 1979 ff. (Leseheft Nr.<br />
26021.)<br />
8
Hottinger, Mary. (Hrsg.): <strong>Mord</strong>e. – Zürich: Diogenes 6 1972.<br />
dies. (Hrsg.): Mehr <strong>Mord</strong>e. – Zürich: Diogenes 4 1972<br />
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dies. (Hrsg.): Noch mehr <strong>Mord</strong>e. – Zürich: Diogenes 2 1972. (Auswahl ab 9. Klasse.)<br />
Kemelman, Harry: Quiz mit Kemelman. Kriminalstories. – Reinbek: Rowohlt 4 1971. (rororo<br />
2172.)<br />
Martin, Hansjörg: Gefährliche Neugier. Reinbek: Rowohlt 4 1970. (rororo 2069.)<br />
ders.: Einer fehlt beim Kurkonzert. – Reinbek: Rowohlt 9 1974. (rororo 2109.)<br />
ders.: Feuer auf mein Haupt. – Reinbek: Rowohlt 1972. (rororo 1423.)<br />
Randow, Thomas von: "Der Kommissar" <strong>und</strong> "Derrick". Griechische Tragödien für den<br />
Kleinen Mann. Herbert Reinecker ist der erfolgreichste deutsche Fernsehkrimi-Autor. In:<br />
Die Zeit, Nr. 8, 15. 2. 1980, S. 62 (ab Klasse 9/10).<br />
Sayers, Dorothy: Kriminalgeschichten. Frankfurt/M.: Fischer 1966. (Nr. 739.)<br />
Schmidt Jochen: Die Einbürgerung des Kriminalromans. Die deutschen Schriftsteller<br />
wollen ihr gestörtes Verhältnis zur Spannung überwinden. In: FAZ, Nr. 275, 6. 12.1976, S.<br />
19. (Ab Klasse 10.)<br />
Wallace, Edgar: Der rote Kreis. – München: Goldmann o. J. 13. Aufl. (Nr. 35.)<br />
Willschrei, Karlheinz: Die Lust <strong>am</strong> Krimi. In: IWZ. Illustrierte Wochenzeitung (Beilage der<br />
Koblenzer Rhein-Zeitung), Nr. 10, 8. 3.1980, S.- 10 (Stuttgart: IWZ-Verlag).<br />
Kurzkrimis oder Fortsetzungskrimis in Tageszeitungen, Zeit-Magazin, Brigitte, Illustrierten<br />
usf.<br />
Analyse der laufenden Fernsehkrimis <strong>und</strong> der Sendung "Aktenzeichen XY- ungelöst"<br />
1. Initiativ- <strong>und</strong> 2.Planungsphase (1-2 Unterrichtsst<strong>und</strong>en)<br />
Die Initiativphase dient der Bedürfnisermittlung <strong>und</strong> der Problemauslotung. Der Anstoß<br />
zur allgemeinen Diskussion kann von einem stummen Tafelimpuls ausgehen: "<strong>Was</strong> <strong>freut</strong><br />
uns <strong>so</strong> <strong>am</strong> <strong>Mord</strong>?"<br />
Die provokative Formulierung <strong>so</strong>ll die Schüler zur Diskussion über die möglichen<br />
Ursachen der Freude an der Darstellung des Schrecklichen in Krimis anregen. Um das<br />
9
Interesse an einer detaillierteren Untersuchung zu wecken, kann eine kurze<br />
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Zeitungsmeldung über einen <strong>Mord</strong> vorgelesen werden. Wenn dies "keine Freude" bereitet,<br />
was ist es dann, das <strong>am</strong> Krimi <strong>so</strong> interessiert? Im Experiment wurde eine Meldung aus der<br />
Pfingstausgabe der Koblenzer Rhein-Zeitung von 1980 benutzt: "Touristin ermordet"<br />
(s.S.42).<br />
Signalisieren die Schüler Interesse an einer Untersuchung von Krimis in den Print- <strong>und</strong><br />
elektronischen Medien, <strong>so</strong> kann die weitere Planung anhand. eines vorbereiteten<br />
Arbeitsblattes, das Literaturangaben <strong>und</strong> einige Untersuchungshinweise in Frageform<br />
enthält, durchgeführt werden. In diesem Zus<strong>am</strong>menhang kann der Vorschlag der<br />
Gestaltung eines Features eingebracht werden.<br />
Die Schüler <strong>so</strong>llten darüber informiert werden, daß zahlreiche reale Schreibsituationen zu<br />
bewältigen sind, die nur sek<strong>und</strong>är eine heuristische Funktion erfüllen.<br />
Sobald die Schüler ihre Bedürfnisse artikuliert haben, kann mit der Planungsphase<br />
begonnen werden. Zwei Protokollführer halten getrennt oder in Partnerarbeit die<br />
Untersuchungsvorschläge, Fragen <strong>und</strong> Ergebnisse dieser Planungsarbeit fest. Die<br />
Planungsarbeit im Unterricht kann nach Neigungsgruppen arbeitsteilig vorgenommen <strong>und</strong><br />
später im Plenum diskutiert werden. Den Schülern <strong>so</strong>llte bewußt sein, daß sie selbst<br />
Adressaten des Ergebnisprotokolls sind, das sie später hektographiert für ihre<br />
Arbeitsunterlagen (es empfiehlt sich, eine Mappe anzulegen) benötigen. Die Intentionen<br />
dieses Textes <strong>so</strong>llten anhand des folgenden Kommunikationsmodells erarbeitet werden<br />
(siehe oben).<br />
Die Interessen der Schüler konzentrierten sich im Experiment auf folgende Problemweise:<br />
– Wer liest, hört, sieht mit weichen Absichten Krimis?<br />
– Welche Romane <strong>und</strong> Fernsehkrimis werden aus welchen Gründen bevorzugt?<br />
– Mit welchen Absichten wird die Sendung "Aktenzeichen XY-ungelöst" gesehen? <strong>Was</strong><br />
bereitet im Detail Freude <strong>am</strong> Krimi: Struktur, Sprache, Handlungsführung, Figuration;<br />
Milieu, (bei Filmen: Schauspieler), die Art des Identifikationsangebotes usw.?<br />
– Welche Untersuchung<strong>so</strong>bjekte (fiktionale <strong>und</strong> expositorische Print- <strong>und</strong><br />
Elektronikmedien) werden ausgewählt <strong>und</strong> wie von wem bearbeitet?<br />
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– Wer führt wie die Umfragen (auch technisch) durch?<br />
– Wie wird die ges<strong>am</strong>te Organisation des Projektes gestaltet?<br />
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Die Planungsphase mündet in eine antizipierende Hausaufgabe: Ihren Interessen<br />
entsprechend verschaffen sich die Schüler Informationen zu Teilbereichen des Projektes<br />
<strong>und</strong> arbeiten stichwortartig <strong>und</strong> als Kurzinformation einen Plan zur Untersuchung der von<br />
ihnen gewählten Details (Romane, Filme, Hörspiele, Texte, Interviews usw.) aus.<br />
Planungen <strong>und</strong> Realisierungen können einzeln, in Partnerarbeit oder Kleingruppen<br />
ausgeführt werden <strong>und</strong> werden in der folgenden Unterrichtsst<strong>und</strong>e (<strong>am</strong> Folgetag oder<br />
nach einigen Tagen) vorgestellt.<br />
3. Akzentuierungsphase (1-2 Unterrichtsst<strong>und</strong>en)<br />
In diese Phase bringen die Schüler ein<br />
– das hektographierte Ergebnisprotokoll der ersten beiden Phasen,<br />
– die Planungsvorschläge aus der antizipierenden Hausaufgabe,<br />
– neue Ideen <strong>und</strong> Diskussionsvorschläge.<br />
Im Laufe der Diskussion werden (Kreisanordnung der R<strong>und</strong>e ist wünschenswert)<br />
inhaltliche <strong>und</strong> per<strong>so</strong>nale Akzente für die weitere Durchführung des Projektesgesetzt:<br />
– Welche Texte werden für die "arbeitsteilige Klassenlektüre" ausgewählt <strong>und</strong> wie<br />
verteilt?<br />
– Wer liest, sieht <strong>und</strong> untersucht welche Kriminalromane <strong>und</strong> -filme? (Jeder Schüler<br />
<strong>so</strong>llte neben der Klassenlektüre mindestens noch einen weiteren Roman <strong>und</strong> Film<br />
intensiv analysieren.)<br />
– Wer untersucht expositorische Texte?<br />
– Wer führt schriftliche/mündliche Umfragen durch?<br />
In dieser Phase sind die Intentionen der Texte/Text<strong>so</strong>rten im Blick auf Produktion <strong>und</strong><br />
Rezeption zu besprechen. Es ist zu klären, welche schriftlichen Texte nach den Analysen<br />
der Krimis von welchen Gruppen angefertigt werden müssen/können/<strong>so</strong>llten. Die Modi der<br />
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Information der übrigen Projektteilnehmer sind zu klären (Arbeitspapiere, hektographierte<br />
Protokolle, Inhaltsangaben usw., mündliche Informationen u. a. M.).<br />
Projektpause zur Bewältigung der gemeins<strong>am</strong>en Klassenlektüre: 8-14 Tage<br />
Innerhalb dieser "Pause" <strong>so</strong>llten in den übrigen Deutschst<strong>und</strong>en "Kurzinformationen" (3-<br />
10 Minuten) über den bisherigen Verlauf der privaten Arbeiten gegeben werden. So wird<br />
die Motivation aufrecht erhalten, <strong>und</strong> es können anfallende Probleme erläutert werden.<br />
4. Durchführungsphase (ca. 9 Unterrichtsst<strong>und</strong>en)<br />
1. St<strong>und</strong>e: Ich-bezogenes Schreiben:<br />
Sich selbst Rechenschaft ablegen über seine Gedanken – Erste Eindrücke zu ...<br />
(Friedrich Dürrenmatt: "Der Richter <strong>und</strong> sein Henker"/E. T. A. Hoffmann: "Das Fräulein<br />
von Scuderi")<br />
Die Texte werden mit zwei Gr<strong>und</strong>intentionen geschrieben:<br />
– Festhalten der Spontaneindrücke für das spätere Feature,<br />
– Ermittlung von Zentralfragen <strong>und</strong> -problemen, die die Schüler <strong>am</strong> Text <strong>und</strong> dem<br />
Kontext interessieren.<br />
Von diesen, von den Schülern gesetzten, Signalen <strong>so</strong>llte die Plenumsdiskussion ihren<br />
Ausgang nehmen. Die erarbeiteten Schülertexte werden für alle Projektteilnehmer<br />
hektographiert.<br />
2./3. St<strong>und</strong>e (Doppelst<strong>und</strong>e): Inhaltliche Informationen zur Lektüre 1 <strong>und</strong> Analyse<br />
Die Schüler tauschen hektographierte Inhaltsangaben <strong>und</strong> Kurzreterate (einschließlich der<br />
schriftlichen Spontaneindrücke) über ihre "Klassenlektüre" aus. Im Zus<strong>am</strong>menhang des<br />
biographischen <strong>und</strong> historischen Kontextes werden erste Informationen über beide<br />
Lektüren ausgetauscht. Die Schüler entscheiden, welcher Text zunächst intensiver<br />
besprochen werden <strong>so</strong>ll.<br />
12
Nach der Festlegung der ersten Lektüre werden anhand einer vorbereiteten<br />
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Strukturskizze (Overheadprojektor) Figuration <strong>und</strong> Handlungsführung erarbeitet. Die<br />
Lektüre wird <strong>so</strong> im Plenum verteilt, daß alle Schüler Einsicht haben. Anhand von<br />
Exzerpten werden Detailprobleme <strong>und</strong> sprachliche Fragen geklärt. Die eingangs<br />
erwähnten zentralen Untersuchungsfelder des Projektes werden zur Analyse<br />
herangezogen. Die Ergebnisse werden wiederum von zwei Protokollführern festgehalten,<br />
eben<strong>so</strong> die offenen Fragen. Die "textfremden" Schüler fordern die "Experten" durch<br />
inhaltliche <strong>und</strong> Problemfragen zur Analyse <strong>und</strong> Interpretation heraus. Es <strong>so</strong>llte nicht<br />
vergessen werden, auch zu klären, was der Themenaspekt Freude (oder auch keine) an<br />
der Lektüre bereitet hat.<br />
4./5. St<strong>und</strong>e (Doppelst<strong>und</strong>e): Inhaltliche Informationen zur Lektüre 2, Analyse <strong>und</strong><br />
Vergleich<br />
Analysen, Interpretationen <strong>und</strong> Vergleich der Lektüren können auch – wenn notwendig –<br />
um ein bis zwei Unterrichtsst<strong>und</strong>en ausgeweitet werden. Mit denen sich aus der<br />
unterrichtlichen Arbeit ergebenden Varianten kann hier wie bei der Analyse von Lektüre 1<br />
verfahren werden. Innerhalb dieser Arbeit haben auch Referate oder Gruppenarbeiten zur<br />
Untersuchung strukturaler, figuraler, sprachlicher <strong>und</strong> rezeptionsästhetischer Probleme an<br />
den ausgewählten Texten ihren Platz.<br />
5./6. oder 6./7. St<strong>und</strong>e: Analysen <strong>und</strong> Interpretationen<br />
Vorausgegangen sein <strong>so</strong>llten antizipierende Hausaufgaben, die anhand von Leitfragen<br />
angefertigt wurden. in arbeitsteiligen Gruppenarbeiten können untersucht <strong>und</strong> im Plenum<br />
diskutiert werden:<br />
– Darstellung <strong>und</strong> Wirkung der Figuration (Charakteristiken, Typisierung,<br />
Identifikationsangebot, Realitätsbezug),<br />
– sprachliche Be<strong>so</strong>nderheiten <strong>und</strong> ihre Wirkung auf den Leser (Stil, Pausieren der<br />
Handlung, Verheimlichung durch sprachliche Umschreibungen, Verb- <strong>und</strong><br />
Attributgebrauch, sprachliche Beschreibung des Milieus <strong>und</strong> Vergleich mit der<br />
gesellschaftlichen Realität des Lesers),<br />
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– Struktur <strong>und</strong> Handlungsführung (Aufbau, Pausen, Erzählstil, Erzählformen, Wirkung<br />
von erzählter Zeit <strong>und</strong> Erzählzeit u. a. m.),<br />
– intendierte Leserrollen (Wie kommt es, daß der Leser/Zuschauer trotz der Amoralität<br />
der Taten eine gewisse Sympathie für den Verbrecher empfindet, "mit"leidet?<br />
Untersuchung der Realitätsdarstellung, des Entspannungswertes u. a. m.).<br />
Erste Ergebnisse <strong>und</strong> offene Fragen <strong>und</strong> Probleme können <strong>am</strong> Ende der St<strong>und</strong>e diskutiert<br />
werden. Die übrigen Analysen werden arbeitsteilig von verschiedenen<br />
Gruppenmitgliedern zu Hause ausgearbeitet <strong>und</strong> für die übrigen Projektteilnehmer<br />
hektographiert.<br />
Nach einer mindestens dreitägigen Arbeitspause <strong>am</strong> Projekt werden diese Hausaufgaben<br />
im Plenum diskutiert.<br />
Zwischenzeitlich <strong>so</strong>llten die übrigen antizipierenden Hausaufgaben fertiggestellt sein/<br />
werden:<br />
– Referat über die Theorie des Kriminalromans/über Leser- <strong>und</strong> Zuschauerinteressen<br />
von Krimis,<br />
– Untersuchung über die Darstellung des Verbrechens in der Presse,<br />
– Untersuchungen zu Struktur <strong>und</strong> Wirkung von Fernsehkrimis,<br />
– Aufbau, Sprache, Realitätsdarstellung <strong>und</strong> Wirkung von Jerry-Cotton-Heften<br />
einschließlich der Produktion, Distribution <strong>und</strong> Rezeption,<br />
– Umfragen zum Lese-/Sehverhalten bei Krimis.<br />
Diese Schülerarbeiten werden flexibel in die laufende Projektarbeit integriert.<br />
7./8. oder 8./9. St<strong>und</strong>e:<br />
Plenumsdiskussion der Ergebnisse der vorangegangenen Gruppenarbeiten <strong>und</strong> der<br />
weiteren Arbeit. Festlegen der folgenden Analysen <strong>und</strong> antizipierenden Arbeiten.<br />
Projektpause (8-14 Tage) zur Erledigung häuslicher/privater Projektuntersuchungen. Die<br />
Pause dient auch der "Ent"-Spannung.<br />
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9. od. 10. St<strong>und</strong>e:<br />
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Kritische Sichtung der bisherigen Erarbeitung. Diskussion offener Fragen <strong>und</strong> der<br />
weiteren Planung. Revision bestehender Planungsphasen. Diskussion der privaten<br />
Arbeiten.<br />
5. Strukturierungs- <strong>und</strong> Reflexionsphase<br />
(1./2. Unterrichtsst<strong>und</strong>e)<br />
Referate zu:<br />
– Jerry Cotton,<br />
– Darstellung des Verbrechens in der Presse,<br />
– Struktur <strong>und</strong> Wirkung von Fernsehkrimis.<br />
Krimimitschnitte auf Videobändern können die Intensität der Untersuchung erhöhen.<br />
Metakritische Besprechung <strong>und</strong> Revision der bisherigen Planung für das Feature.<br />
Überarbeitung sämtlicher Texte, die in das Feature aufgenommen werden <strong>so</strong>llen. (Nur die<br />
Kriterien für die Überarbeitung werden im Unterricht besprochen.)<br />
3./4. St<strong>und</strong>e:<br />
Referate über:<br />
– Struktur, Typisierung, Lesefreude privater Krimilektüre,<br />
– Ergebnisse der schriftlichen Umfrage <strong>und</strong> der mit Cassettenrecorder durchgeführten<br />
Interviews.<br />
Anschließend wird die Grobplanung des Features selbst diskutiert <strong>und</strong> revidiert. Die<br />
Schüler werden in die Wirkung akustisch-textlicher Parallelismen <strong>und</strong> Oppositionen von<br />
Geräusch/Musik <strong>und</strong> Sprache eingeführt. Informationen zur akustischen <strong>und</strong> sprachlichen<br />
Gestaltung werden mit Aspekten der Weckung des Hörerinteresses gekoppelt.<br />
Adressaten, deren mögliche Erwartungen, die Intentionen der Produzenten <strong>und</strong> der<br />
zeitliche Rahmen (max. 50-60 Minuten) werden festgelegt. Das auditive Feature <strong>so</strong>ll<br />
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später in einer Doppelst<strong>und</strong>e im Deutschunterricht einer anderen Klasse eingesetzt<br />
werden <strong>und</strong> die Hörer zum Lesen anregen. Hausaufgabe: Entwurf eines Bauplanes für<br />
das Feature: "<strong>Was</strong> <strong>freut</strong> uns <strong>so</strong> <strong>am</strong> <strong>Mord</strong>?" – Ein unterhalts<strong>am</strong>es Feature mit<br />
Lesehinweisen. (Der Titel kann nach Wünschen der Schüler gewählt werden.) Es wird<br />
festgelegt, wer Einführung-, Kommentar-, Verbindungs- <strong>und</strong> Schlußtexte zum Feature<br />
schreibt.<br />
8 Tage Projektpause zur häuslichen Arbeit<br />
6. Gestaltungsphase<br />
(2 Unterrichtsst<strong>und</strong>en <strong>und</strong> private Weiterarbeit in der Schule an ein bis zwei<br />
Nachmittagen)<br />
Die erarbeiteten Baupläne werden, vorgestellt, diskutiert, revidiert <strong>und</strong> miteinander<br />
kombiniert.<br />
In häuslicher Arbeit wird nach diesem Bauplan der Text des Features mit Angaben über<br />
die Musik <strong>und</strong> die technische Gestaltung (Positionen der Sprecher bei Stereoaufnahme,<br />
Wechsel des Kanals, Auf- <strong>und</strong> Abblenden der Musik oder Hintergr<strong>und</strong>vertonung u.a.m.)<br />
zus<strong>am</strong>mengestellt <strong>und</strong> für alle Schüler hektographiert. Die eigentliche auditive Gestaltung<br />
muß aus zeitlichen Gründen an ein bis zwei Nachmittagen vorgenommen werden. (Bei<br />
der Durchführung des Experimentes in Neuwied-Niederbieber beteiligte sich freiwillig die<br />
ges<strong>am</strong>te Klasse.) An technischer Ausstattung genügen:<br />
2 Tonbandgeräte,<br />
1 Cassettenrecorder <strong>und</strong>- (bei Stereoaufnahme)<br />
2 Mikrofone.<br />
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7. Kontrollphase<br />
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Das fertige Feature wird einmal in der Produktionsklasse selbst angehört <strong>und</strong> kritisch<br />
besprochen. Nun kann der Einsatz in einer anderen Klasse vorbereitet werden<br />
(Absprachen mit Kollegen). Mindestens drei Schüler der Produktionsklasse <strong>so</strong>llten als<br />
Beobachter mit folgenden Kontrollfragen an dieser Unterrichtsst<strong>und</strong>e teilnehmen:<br />
– Wie haben die Hörer das Feature aufgenommen?<br />
– Welche positiven oder negativen Äußerungen k<strong>am</strong>en?<br />
– Haben sich die Hörer mit den Anregungen <strong>und</strong> Fragen auseinandergesetzt? In welcher<br />
Weise geschah dies?<br />
– Konnte beobachtet werden, daß die Hörer zum Diskutieren oder vermutlich zum Lesen<br />
angeregt worden sind?<br />
– Empfanden die Hörer das Feature als unterhalts<strong>am</strong>?<br />
(Weitere Kontrollfragen, die die Schüler interessieren, sind jederzeit möglich.)<br />
Abschließend sei noch vor einem verhängnisvollen Irrtum gewarnt: Es geht bei dieser<br />
Feature-Produktion nicht um die Perfektion des fertigen Produktes. Von primärem<br />
Interesse <strong>so</strong>llten die erlebten Erfahrungen aller <strong>am</strong> Projekt Beteiligten sein. Und diese<br />
Erfahrungen lassen sich eben nur sehr unscharf in Worte kleiden.<br />
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede<br />
Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne<br />
Zustimmung des Rechteinhabers unzulässig <strong>und</strong> strafbar. Das gilt insbe<strong>so</strong>ndere für<br />
Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen <strong>und</strong> die Speicherung <strong>und</strong><br />
Verarbeitung in elektronischen Systemen.<br />
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