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ALPGOLD Winter 2017/2018

Skigebiete, Ausflugsziele, Kunst, Kulinarik, Unternehmen, Gesund durch den Winter und vieles mehr. Salzburger Land, Berchtesgaden und Umgebung.

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REPORTAGE<br />

lebendige Darstellung einer Spitzmaus<br />

kann ein schwieriges Unterfangen sein.<br />

Auch Fledermäuse herzurichten ist immer<br />

eine Herausforderung. Das Wichtigste<br />

ist, dass am Ende ein qualitätsvolles<br />

und naturnahes Ergebnis steht“. Doch<br />

woher kommen eigentlich all diese Tiere?<br />

„Die Tiere, die ich für die Ausstellung im<br />

Nationalparkzentrum aufbereite, sind in<br />

erster Linie Totfunde. Hier muss ich natürlich<br />

als Erstes schauen, ob überhaupt<br />

noch etwas zu retten ist“, erklärt der Experte.<br />

Wir setzen uns an seinen Arbeitstisch<br />

und sind erstaunt: Im Verhältnis zu der<br />

großen Anzahl der Tiere in der Werkstatt<br />

wirkt sein Arbeitsplatz eher klein. Übersät<br />

ist er mit allerlei undefinierbaren Dingen,<br />

Werkzeugen, Zetteln, Klebern und<br />

Farben. Siglbauer zieht eine unscheinbare<br />

kleine Stange hervor und zeigt sie<br />

uns. “Mein Lieblingswerkzeug. Selbstgebaut<br />

aus einer alten Fahrradspeiche“, erklärt<br />

er mit einem Lachen. „Ich habe die<br />

eine Seite stumpf und die andere spitz<br />

geschliffen, damit erreiche ich jede noch<br />

so versteckte Ecke.“<br />

Wir fragen, ob wir die Präparate berühren<br />

dürfen – einen Fuchs zum Beispiel<br />

in dichtem, glänzendem <strong>Winter</strong>fell. Siglbauer<br />

nickt auffordernd: „Keine Angst,<br />

hier gibt es keine schädliche Chemie!<br />

Das macht man heute nicht mehr!“ Wir<br />

erfahren: Zum Schutz gegen Parasiten<br />

und Milben wurden früher gesundheitsgefährdende<br />

Mittel wie Arsen, PCB oder<br />

Lindan verwendet. Heute kommen nur<br />

noch geprüfte und unschädliche Mittel<br />

zum Einsatz. Klar, sagen wir uns, sonst<br />

könnten wir im Nationalparkzentrum<br />

„Haus der Berge“ auch nicht mit dem<br />

Satz „Anfassen erlaubt“ für die Exponate<br />

in der Ausstellung werben.<br />

Wir staunen angesichts der unzähligen<br />

Arbeitsschritte von der Anlieferung<br />

eines Tieres in Siglbauers Werkstatt<br />

bis zum fertigen Präparat. Offenbar<br />

muss man nicht nur ein guter Handwerker<br />

mit ruhigen Händen sein und über<br />

umfangreichste anatomische Kenntnisse<br />

verfügen, sondern auch ein Künstler<br />

mit einem Gefühl für Formen und<br />

Haltungen sein.<br />

„Wichtig sind die Natürlichkeit und ein<br />

eigener Stil“, betont Siglbauer, während<br />

er mit stoischer Ruhe und sanften Bewegung<br />

das Federkleid einer Waldschnepfe<br />

in Form bringt. „Das muss ein guter Präparator<br />

herausarbeiten können. Ich habe<br />

meine Leben lang die Natur beobachtet<br />

und studiert. Nicht nur hier vor Ort, auch<br />

viele Jahre in Kanada.“<br />

Wie wird man eigentlich Tierpräparator,<br />

fragen wir Hermann Siglbauer – einen<br />

der Meister seines Fachs. „Angefangen<br />

habe ich als Lehrbub im Jahr 1967 in einem<br />

Betrieb in Pfarrkirchen. Hauptsächlich<br />

am Ende der Jagdzeiten kamen täglich<br />

Dutzende von Paketen mit Tieren, die<br />

es zu präparieren galt. Damals schmückten<br />

noch viele Menschen ihr Zuhause<br />

mit Präparaten, der Bedarf war groß. In<br />

den Siebzigern nahm die Nachfrage ab,<br />

Geschmack und Zeitgeist änderten sich.<br />

Seit dieser Zeit sind es hauptsächlich<br />

Leute wie ich, die diesen Beruf alleine<br />

ausüben. Erlernen kann man den Beruf<br />

auch heute noch, denn es gibt durchaus<br />

ein Betätigungsfeld im medizinischen<br />

und musealen Bereich“.<br />

Nach eineinhalb Stunden in der Werkstatt<br />

von Hermann Siglbauer haben wir<br />

vieles über den Beruf des Präparators<br />

erfahren. Viel Neues, Verwunderliches,<br />

Außergewöhnliches. Und auch heute<br />

fahren wir nicht mit leeren Händen zurück<br />

nach Berchtesgaden. Der Gamsbock<br />

ist ein neues Präparat für das<br />

Bildungszentrum im „Haus der Berge“.<br />

Und Schwarzspecht, Sperber, Birkhuhn,<br />

Eisvogel sowie unser Murmeltier waren<br />

zur Reparatur hier. Das stehende Murmeltier<br />

ist ein Liebling vieler Kinder in<br />

der Ausstellung im „Haus der Berge“<br />

und Zielobjekt unzähliger Zuneigungsbeweise.<br />

So ist es nicht verwunderlich,<br />

dass es am Bauch nun kahle Stellen und<br />

ein Loch bekommen hatte. Diagnose:<br />

Durchgestreichelt! Doch der Fachmann<br />

konnte helfen.<br />

Oliver Pohl<br />

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