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Die Augen im Sturm<br />

Die Mitglieder des Vereins „Skywarn<br />

Austria“ sind von jenen Phänomenen<br />

fasziniert, vor denen viele Menschen<br />

Angst haben: Tornados, Blitze, Schneestürme.<br />

Sie beobachten und dokumentieren<br />

Unwetterereignisse in ganz<br />

Österreich. Unser Gemeindebürger Gerald<br />

Reczek (29), Ponigler Straße, ist einer<br />

der mobilen Unwetterjäger („Stormchaser“).<br />

Wie wird man ein „Sturmjäger“?<br />

Ich habe schon als Kind bestimmte Wetterereignisse<br />

gerne verfolgt. An dieser<br />

Faszination für Gewitter oder Stürme<br />

hat sich nichts geändert. Seit 2003 bin<br />

ich Mitglied bei „Skywarn Austria“. Zurzeit<br />

sind wir rund 75 Sturmjäger, der<br />

Verein wächst ständig. Es sind auch bekannte<br />

Meteorologen Mitglieder von<br />

„Skywarn Austria“.<br />

Wie reagieren Mitmenschen, wenn Sie<br />

von Ihrer Tätigkeit erzählen?<br />

Vielen ist das „Stormchasing“ natürlich<br />

unbekannt und sie können damit<br />

nichts anfangen. Was positiv ist: Von<br />

den von Unwettern betroffenen Menschen<br />

bekommen wir immer Informationen.<br />

Wir von „Skywarn Austria“ versuchen<br />

natürlich durch Medienpräsenz<br />

Bekanntheit in der Öffentlichkeit zu erlangen.<br />

Woher bekommen Sie die Informationen<br />

über ein mögliches Unwetter?<br />

Die Flugsicherungsbehörde „Austro Control“<br />

ist ein Partner unseres Vereins. Sie<br />

stellen uns die Daten ihrer Niederschlagsradare<br />

zur Verfügung. Jeder<br />

Stormchaser hat von zu Hause aus Zugriff<br />

darauf. Wenn sich ein Unwetter<br />

auf dem Radar ankündigt, rücken wir<br />

alleine oder in einer Gruppe aus. Sind<br />

wir am Ort des Geschehens, geben wir<br />

mittels eines Internet-Warnformulars<br />

Informationen über das Unwetter an<br />

„Austro Control“ und andere Wetterdienststellen,<br />

wie die ZAMG (Zentralanstalt<br />

für Meteorologie und Geodynamik)<br />

weiter. Ein weiterer Partner ist<br />

der Fernsehsender „Wow ATV“, der unsere<br />

Videos in seiner Wettersendung<br />

zeigt. Unsere primäre Aufgabe ist es,<br />

vor Unwettern zu warnen, diese werden<br />

von uns auch dokumentiert. Wir<br />

sind die „Augen im Sturm“!<br />

Rücken Sie nur zu Gewittern aus?<br />

Nein, wir beobachten zum Beispiel auch<br />

starke Schneefälle oder Blizzards im<br />

Winter. Die Hauptsaison mit den meis-<br />

8<br />

ten Gewittern ist aber natürlich von<br />

Mai bis September.<br />

Wie gefährlich schätzen Sie Ihre Tätigkeit<br />

ein?<br />

Ungefährlich ist es natürlich nicht, denn<br />

ein Gewitter mit Blitz und Sturm birgt<br />

immer Gefahren in sich. Bis auf leichte<br />

Schäden am Auto ist aber noch wenig<br />

passiert. In Österreich ist noch keinem<br />

Sturmjäger etwas Ernsthaftes zugestoßen,<br />

es gibt jedoch Verhaltensregeln,<br />

die einzuhalten sind.<br />

Was würden Sie als Ihre bislang gefährlichste<br />

Situation bezeichnen?<br />

Wahrscheinlich war dies der Tornado in<br />

Lieboch am 6. Juli 2004. Wäre im Zentrum<br />

des Sturms ein Auto gefahren,<br />

hätte das aufgrund der vielen umstürzenden<br />

Bäume sehr böse ausgehen<br />

können. Damals hat man die gewaltige<br />

Kraft der Natur gespürt.<br />

Auf welche Schwierigkeiten stößt ein<br />

Unwetterjäger bei seiner Tätigkeit?<br />

Da gibt es einige. Wir müssen uns an<br />

den Straßenverlauf halten, was man<br />

vom Unwetter nicht behaupten kann.<br />

Zudem sind gute Ortskenntnisse von<br />

Nöten, um ideale Aussichtspunkte zu<br />

finden, von denen man freie Sicht über<br />

Gemeindezeitung <strong>Wundschuh</strong> : Nr. 4/2006<br />

ein großes Gelände hat. Schwierig ist<br />

es auch, wenn sich eine Sturmwand<br />

teilt. Wir stehen dann vor der Entscheidung,<br />

welcher Zelle man folgen soll.<br />

Meist entwickelt sich nur eine Zelle zu<br />

einem richtigen Unwetter, da ist das<br />

Gespür des Stormchasers gefragt.<br />

Im Bergland ist es zudem oft sehr<br />

dunstig. Deshalb muss man sehr nahe<br />

am Unwetter sein, um eine Struktur zu<br />

erkennen. Von der Ferne sieht man<br />

meist nur eine Farbe: Schwarz. Allerdings<br />

führen die Unwetter im Gebirge<br />

zu weniger Zerstörung (z. B. durch<br />

Hagel) als im dicht bewohnten Flachland.<br />

Es wird sehr viel über den Klimawandel<br />

und über die Zunahme an extremen<br />

Wetterereignissen diskutiert und berichtet.<br />

Können Sie eine Zunahme bei<br />

Unwettern feststellen?<br />

Das lässt sich nicht so leicht sagen. Unwetter<br />

gab es schon immer. Und vor<br />

Skywarn (2002) hat es in Österreich zu<br />

wenige relevante Unwetterstatistiken<br />

durch die meteorologischen Dienststellen<br />

gegeben. Entscheidend ist ja nicht<br />

nur die Häufigkeit von Unwettern, sondern<br />

auch die dadurch entstandenen<br />

Schäden, die sich unter anderem in einem<br />

Waldgebiet feststellen lassen.<br />

Die Zunahme an Unwettern ist also<br />

ebenso wenig bewiesen wie die Wirksamkeit<br />

von Hagelfliegern. Es ist ja<br />

ein weit verbreiteter Irrtum, dass die<br />

Flieger Hagel verhindern können. Die<br />

Theorie besagt lediglich, dass das Anwachsen<br />

der Hagelkörner und damit<br />

größere Schäden verhindert werden<br />

sollen. Wenn ich aber an die kilometerlangen<br />

Ausmaße von Unwetterfronten<br />

denke, kann ich mir nicht vorstellen,<br />

dass ein Hagelflieger etwas bewirken<br />

kann.<br />

Was unterscheidet die Stormchaser in<br />

Österreich von jenen aus dem Ursprungsland<br />

USA?<br />

Dort gibt es die Unwetterjäger schon<br />

seit rund 30 Jahren. Es gibt verhältnismäßig<br />

mehr „Jäger“, aber Europa<br />

braucht sich nicht zu verstecken. Ein<br />

großer Unterschied ist, dass es in den<br />

USA auf Druck der Versicherungen nur<br />

eine einheitliche Unwetterzentrale<br />

gibt. Bei uns ist das System aufgeteilt,<br />

es gibt mehrere Warnstellen.<br />

Mehr Informationen zu diesem Thema:<br />

www.skywarn.at<br />

www.unwetterstatistik.at

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