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Zukunft Geist 2016

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Durch meine Praktika in der Internationalen<br />

Handelskammer in São Paulo in Brasilien<br />

und in Bonn bei der Botschaft von<br />

Bolivien wurde mir dann auch bestätigt,<br />

dass es Tätigkeiten gibt, die ich mit meiner<br />

Ausbildung sehr gut ausüben kann.<br />

Ich hatte dadurch stets das Gefühl, sehr<br />

breit und sehr gut aufgestellt zu sein und<br />

damit auch immer eine <strong>Zukunft</strong>sperspektive<br />

zu haben.<br />

Was unterscheidet Ihrer Meinung<br />

nach Absolventen eines geisteswissenschaftlichen<br />

Studiums von denen<br />

anderer Studiengänge?<br />

Ich glaube nicht, dass <strong>Geist</strong>eswissenschaftler<br />

es nötig haben, sich im direkten<br />

Vergleich mit wirtschaftswissenschaftlichen<br />

Studierenden klein zu machen. Sie<br />

bringen einfach andere Qualifikationen<br />

mit. Der BWL-Studierende bringt Steuerkenntnisse<br />

mit, hat aber vielleicht Defizite<br />

darin, Wissen in einen breiteren Kontext<br />

zu setzen. Studierende der <strong>Geist</strong>eswissenschaften<br />

dagegen besitzen gute Sprachund<br />

Kulturkenntnisse, müssen aber eventuell<br />

im Bereich ökonomisches Denken<br />

noch dazu lernen. Das Charakteristische<br />

eines geisteswissenschaftlichen Studiums<br />

ist das Thema ‚ganzheitliches Denken‘.<br />

Dinge werden stets hinterfragt und in<br />

einen größeren Zusammenhang gesetzt.<br />

Ich selbst setze diese geisteswissenschaftliche<br />

Brille im Arbeitsalltag sehr häufig<br />

auf. Zum Beispiel wenn es um das Thema<br />

Kostenkontrolle geht. Dann schaue ich<br />

nicht nur, ob sich die Entsendung rein<br />

rechnerisch gelohnt hat, sondern auch,<br />

ob sich der entsandte Mitarbeiter dabei<br />

persönlich weiterentwickelt hat. Diese<br />

Kombination aus Wirtschaftswissenschaften<br />

und <strong>Geist</strong>eswissenschaften hat mich<br />

sehr gut auf meine heutigen Aufgaben<br />

vorbereitet.<br />

Welchen Tipp würden Sie jungen Studieninteressierten<br />

oder Studierenden<br />

bezüglich eines geisteswissenschaftlichen<br />

Studiums und der Berufswahl<br />

geben?<br />

Das eine ist, dass man wirklich das studieren<br />

sollte, was man studieren möchte –<br />

unabhängig davon, ob man sich im ersten<br />

Semester schon die Frage stellt, was man<br />

am Ende des Studiums damit für einen<br />

Beruf erlangen müsste. Ich habe erlebt,<br />

dass Kommilitonen etwas studiert haben,<br />

nur weil sie sich damit große Berufschancen<br />

erhofften und damit am Ende dann<br />

kreuzunglücklich waren. Man sollte den<br />

Mut haben zu tun,<br />

was man selber als<br />

Berufung empfindet,<br />

und dann wird man<br />

damit schon einen<br />

passenden Beruf<br />

finden. Weil man,<br />

wenn man etwas<br />

gerne tut, das auch<br />

immer gut macht.<br />

Und wenn man<br />

etwas gut macht,<br />

dann wird man auch<br />

darin seinen Weg<br />

finden. Praktika sind<br />

eine gute Chance,<br />

Berufsfelder kennenzulernen<br />

und sich<br />

darin auszuprobieren.<br />

Viele Germanisten<br />

sind am Ende<br />

vielleicht in der<br />

Marketingabteilung,<br />

weil sie herausragende<br />

Texte schreiben.<br />

Dafür hätte man auch Marketing<br />

studieren können. Aber das sind dann<br />

zwei Wege, die zum gleichen Ziel führen<br />

können. Man sollte sich auch selber überlegen,<br />

wo die eigenen Stäken und auch<br />

Schwächen liegen und ein eigenes Profil<br />

herausbilden.<br />

Heutzutage fordern viele Stellenausschreibungen<br />

schon erste Berufsoder<br />

Praxiserfahrung durch Praktika<br />

oder Studentenjobs. Haben Sie einen<br />

Insider-Tipp als Personalerin, worauf<br />

in einer Bewerbung noch geachtet<br />

wird?<br />

Ich hatte damals mit den zwei Praktika,<br />

einem Auslandssemester und Jobben<br />

während des Studiums schon überdurchschnittliche<br />

Erfahrungen in der Arbeitswelt<br />

gemacht. Wenn ich mir heute die<br />

Bewerbungen anschaue, die ich auf den<br />

Tisch bekomme, ist das, was mich damals<br />

ausgezeichnet hat, fast schon der Standard.<br />

Wenn ich einstelle oder diese Entscheidung<br />

mit treffe, bevorzuge ich auch<br />

Bewerber, die schon die entsprechenden<br />

Praktika gemacht haben. Der Vorteil ist,<br />

dass diese Bewerber dann schon wissen,<br />

was sie erwartet und dass die Stelle das<br />

Richtige für sie ist. Aber ich schaue auch<br />

immer auf das Gesamtbild. Ich möchte<br />

einen Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin<br />

haben, der/die in mein Team passt, eine<br />

reife Persönlichkeit ist und weiß, was er/<br />

sie tut. Wenn er/sie mir das belegen kann,<br />

ist das schon eine hervorragende Qualifikation.<br />

Dann spielt das Studienfach, das<br />

Alter oder ein Zickzack im Lebenslauf<br />

auch nur eine untergeordnete Rolle. Das<br />

reine Fachwissen bringen wir den Leuten<br />

dann bei. Ich habe mir mein Steuerwissen<br />

auch erst in den letzten mittlerweile 8<br />

Jahren angeeignet, die ich hier bin. Fließendes<br />

Englisch ist jedoch eine notwendige<br />

Voraussetzung für einen Jobeinstieg<br />

bei uns.<br />

Für viele Studierende stellt sich nach<br />

dem Bachelor die Frage: Master ja<br />

oder nein? Welche Empfehlung würden<br />

Sie Studierenden der <strong>Geist</strong>eswissenschaften<br />

geben?<br />

Ich glaube, es ist eine ganz persönliche<br />

Frage, ob man sich selber mit dem Bachelor<br />

als fertig ausgebildet empfindet oder<br />

ob man sich noch weiter bilden möchte.<br />

Aber die Frage ist auch, ob man sich noch<br />

einmal auf ein Studium konzentrieren<br />

mag. Wir stellen sowohl Master als auch<br />

Bachelor ein. Es gibt zum Teil in Unternehmen<br />

– so wie bei uns – geförderte<br />

Masterprogramme, wenn man im Berufsleben<br />

merkt, man möchte oder muss, um<br />

weiter aufzusteigen, noch einen Master<br />

machen. Es ist auch die Frage, welche<br />

weiteren Abschlüsse für den Beruf wichtig<br />

sind. Bei uns ist beispielsweise oft ein<br />

Steuerberater-Examen wichtiger als ein<br />

Masterabschluss. Wenn Bachelor-Bewerber<br />

keine Spezialisierung haben, tun sie<br />

sich manchmal schwerer zu entscheiden,<br />

was sie wollen. Wer sich noch nicht sicher<br />

ist, wohin der Weg gehen soll, für den ist<br />

der Master gar nicht so schlecht. Man<br />

sollte die Studienzeit auch etwas genießen<br />

und nutzen, um sich auszuprobieren<br />

und Lebenserfahrungen zu sammeln, sei<br />

es durch ehrenamtliches Engagement,<br />

Praktika, Auslandsstudium oder Work &<br />

Travel.<br />

Sie haben ein Semester in Lissabon<br />

studiert. Hilft Ihnen diese Erfahrung<br />

auch heute in Ihrem jetzigen Beruf,<br />

wo Sie sich um die Belange von Entsandten<br />

kümmern, die mit einem<br />

anderen kulturellen Hintergrund<br />

alleine in ein fremdes Land kommen?<br />

Es war spannend ganz auf sich alleine<br />

gestellt in einer fremden Stadt zu sein.<br />

Ich habe noch nie in so kurzer Zeit so viel<br />

gelernt. Durch diese Erfahrung kann ich<br />

heute sehr gut nach empfinden, welche<br />

Fragen, Sorgen und Probleme die nach<br />

Deutschland Entsandten haben. Es tut<br />

gut, sich selber auch mal fremd zu fühlen.<br />

In Gesprächen mit den Assignees<br />

Man sollte den Mut<br />

haben zu tun, was<br />

man selber als<br />

Berufung empfindet,<br />

und dann wird<br />

man damit schon<br />

einen passenden<br />

Beruf finden.<br />

oder entsprechenden Abteilungsleitern<br />

in den Unternehmen merke ich, dass es<br />

gleich eine Augenhöhe schafft. Damals<br />

den Sprung in eiskaltes Wasser gewagt<br />

zu haben, das hat mich persönlich weiter<br />

gebracht und irgendwie hat es auch bis<br />

heute meine Passion für dieses Beratungsthema<br />

aufrechterhalten. Es erfüllt mich,<br />

tagtäglich mit den unterschiedlichsten<br />

Auslandsfällen zu tun zu haben.<br />

Das klingt nach Zufriedenheit. Sind<br />

Sie hier mit Ihrer Position im Entsende-Management<br />

beruflich angekommen?<br />

Ich bin auf jeden Fall angekommen. Also<br />

ich will nicht ausschließen, dass, wenn<br />

ich mal in Rente bin, ich auch noch mal<br />

eine Reisegruppe durch Bolivien begleiten<br />

würde. Das sollte man nie ausschließen.<br />

Aber was mein Berufsleben betrifft,<br />

würde ich sagen, bin ich im Entsende-Management<br />

auf jeden Fall da angekommen,<br />

wo ich mich wirklich 100%ig wiederfinde.<br />

© anmide | pixabay.com

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