akzent Februar 2018 GB
akzent – DAS GRÖSSTE LIFESTYLE- & VERANSTALTUNGSMAGAZIN VOM BODENSEE BIS OBERSCHWABEN
akzent – DAS GRÖSSTE LIFESTYLE- & VERANSTALTUNGSMAGAZIN VOM BODENSEE BIS OBERSCHWABEN
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
SEEZUNGE | STORY<br />
SLOW FOOD<br />
AUS DEM HÄUSCHEN<br />
16<br />
1<br />
4<br />
Alljährlich am Aschermittwoch kommt sie in den Hochburgen<br />
der Fasnet anlässlich der traditionellen „Ungezieferessen“<br />
zu Ehren: die Weinbergschnecke. Die zeitliche<br />
Begrenzung stellt jedoch eine deutliche Unterforderung<br />
ihres kulinarischen Potenzials dar. Zum Glück haben das<br />
einige Gastronomen in der Region erkannt und platzieren<br />
Gerichte mit dem leckeren Kriechtier regelmäßig auf<br />
der Karte. Dabei greifen sie am liebsten auf die „Linzgau<br />
Schnecken“ von Andres Hertrich 1 zurück.<br />
Eine große umzäunte Parzelle 2 mitten im freien Feld etwas<br />
außerhalb von Überlingen Andelshofen. Hohes Gras,<br />
jede Menge Karden: Das Schneckenterrain. Aber wo sind<br />
die Zuchttiere? Andres Hertrich weist auf etwa ein Dutzend<br />
Schnecken, die er extra zu Demonstrationszwecken<br />
zusammengesammelt hat. Ihre Häuschen haben sie verdeckelt<br />
3 , die Tiere befinden sich in Winterstarre. Weitere<br />
Artgenossen sind mit bloßem Auge nicht zu sehen. „Die<br />
meisten haben sich vergraben“, klärt Andres Hertrich auf.<br />
„Sie überwintern bis zu zehn Zentimetern unter der Erde.“<br />
Vieles ist erstaunlich an so einer Schneckenzucht. Bevor<br />
Hertrich vor knapp fünf Jahren damit anfing, holte er sich<br />
Informationen beim Institut für deutsche Schneckenzucht<br />
in Nersingen bei Ulm. Von dort bezieht er auch die „Besatzschnecken“<br />
für sein 2000 Quadratmeter großes Scheckengehege.<br />
Von Anfang an sei ihm eine „naturbelassene<br />
Freilandzucht“ wichtig gewesen, erzählt der Züchter. Will<br />
heißen: Keine menschlichen Eingriffe außer gelegentlichen<br />
Mähens der Parzelle, keine künstliche Bewässerung – auch<br />
nicht bei anhaltender Trockenheit. Wenn es den Schnecken<br />
an Feuchtigkeit fehlt, bilden sie, wie bei Kälte, einen<br />
Kalkdeckel und fallen in Trockenschlaf. Da sie mitunter die<br />
Trockenheit aber nicht überleben, braucht es seitens des<br />
Züchters viel Vertrauen in die Natur und eine gute Portion<br />
Gelassenheit. „Ich kann nie wissen oder gar berechnen, wie<br />
viele Tiere gerade auf der Parzelle sind“, sagt Andres Hertrich<br />
daher. Auch Spätfröste stellen immer eine Gefahr dar.<br />
Angefangen hat Hertrich mit 40 000 Besatzschnecken.<br />
Klingt nach enorm viel, aber auf dem Gelände fällt das<br />
kaum ins Gewicht. Die heimischen Wildstauden, die er<br />
angepflanzt hat, kommen nicht nur den Schnecken zugute:<br />
Im Sommer tummeln sich hier Schmetterlinge, Heuschrecken<br />
und andere Insekten, die auf den umliegenden,<br />
intensiv bewirtschafteten Feldern keine Nahrung finden.<br />
Ein Nachbar Hertrichs hat seinen Bienenstock neben dem<br />
Schneckengehege aufgestellt.<br />
Andres Hertrich züchtet Helix pomatia, eine Schnecke, die<br />
wegen ihres erdig-nussigen Geschmacks von Feinschmeckern<br />
begehrt wird. In Frankreich, wo sich Schnecken<br />
bekanntermaßen großer Beliebtheit erfreuen, heißen sie<br />
Escargot de Bourgogne. Im Gegensatz zur besonders in