NEUMANN Februar 2018
Das Magazin für Kultur & Lifestyle
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Bücher<br />
UNTERHALTUNG<br />
Harter Stoff vom Spezialisten<br />
Die Schatten der Vergangenheit<br />
Wo bis vor wenigen Augenblicken<br />
noch ein heiteres Familienidyll zu<br />
finden war, bricht kurz darauf mehr<br />
als nur eine Welt zusammen: Ein<br />
schwer bewaffneter Trupp Männer<br />
stürmt das Haus von John Turner<br />
am Rand von Tuscon in Arizona,<br />
um ihn, seine Frau und seine Tochter<br />
als Geiseln zu nehmen. Was auf<br />
den ersten Blick wie ein gewöhnlicher<br />
Überfall erscheint, erweist<br />
sich mit der Zeit jedoch als deutlich<br />
verzwickter. Nicht nur, dass die perfekte<br />
Fassade schon seit geraumer<br />
Zeit Risse bekommen hat, spielt die<br />
Vergangenheit der Hauptfigur eine<br />
bedeutende Rolle. Vor zehn Jahren<br />
verließen Turner und seine Familie<br />
überstürzt ihre Heimat in Südafrika,<br />
um sich in den Vereinigten Staaten<br />
eine neue Zukunft aufzubauen. Doch<br />
die Schatten der undurchsichtigen<br />
Geschäfte seines früheren Lebens<br />
holen den Familienvater auf brutale<br />
Art und Weise ein. Sehr lange ist dabei<br />
nicht klar, welche Rolle er wirklich<br />
spielt.<br />
Wenn es um die Inszenierung hoch<br />
spannender Krimis und Thriller<br />
geht, ist der aus Südafrika stammende<br />
und in Thailand beheimatete Autor<br />
Roger Smith ohne jeden Zweifel<br />
ein Meister seines Fachs – sein „Kap<br />
der Finsternis“ brachte ihm sogar<br />
den „Deutschen Krimipreis“ ein.<br />
Auch sein neuestes Werk namens<br />
„Mann am Boden“ macht da keine<br />
Ausnahme, hält bis zu letzten Seite<br />
in Atem und wartet mit zahlreichen,<br />
gekonnt in Szene gesetzten Wendungen<br />
auf. pa <br />
ROGER SMITH Mann am Bodenl<br />
Klett-Cotta | 316 Seiten<br />
DOROTHY BAKER Ich mag mich irren, aber ich finde Dich fabelhaft<br />
1938 erschien Dorothy Bakers famoses Debüt „Ich<br />
mag mich irren, aber ich finde Dich fabelhaft“<br />
erstmals, um mit Kirk Douglas, Lauren Bacall<br />
und Doris Day 1950 unter dem Titel „Der Mann<br />
ihrer Träume“ kongenial verfilmt zu werden.<br />
Nun erfährt dieses zwischenzeitlich in Vergessenheit<br />
geratene Stück Ausnahmeliteratur seine<br />
längst überfällige Wiederentdeckung. Erzählt<br />
wird die Geschichte des außergewöhnlichen, aus<br />
den Slums von Los Angeles stammenden Jungen<br />
Rick Martin, der in den Clubs der schwarzen seine<br />
Leidenschaft für die Musik entdeckt, die ihn ganz<br />
nach oben und wieder zurück bringt. Weit mehr noch aber als die Geschichte<br />
einer Leidenschaft hält der Erzählstil Bakers in Atem. Ganz im Stil eines klassischen<br />
Gangsterfilms gehalten, wird er von einer ganz eigenen, faszinierenden<br />
Melodie durchzogen. dtv<br />
HANS JOACHIM SCHÄDLICH Felix und Felka<br />
Nachdem er vom deutschen Maler Hanns Hubertus Graf von Merveldt in der<br />
Villa Massimo in Rom tätlich angegriffen wurde, sieht sich der deutsch-jüdische<br />
Künstler Felix Nussbaum im Mai 1933 gezwungen, diese zu verlassen.<br />
Da eine Rückkehr nach Deutschland ihm und<br />
seiner Lebensgefährtin, der polnisch-jüdischen<br />
Malerin Felka Platek unmöglich sind,<br />
gelangen sie über die Riviera und Paris nach<br />
Brüssel. Wo sie, trotz besseren Wissens und<br />
der Warnungen vieler Freunde, bleiben, um<br />
sich schließlich vor den deutschen Besatzern<br />
in einer Mansarde zu verstecken, bis sie einem<br />
Verrat zum Opfer fallen. In eindringlichen,<br />
aufwühlenden Bildern erzählt Hans Joachim<br />
Schädlich das Leben eines einzigartigen<br />
Künstlerehepaars nach, das von Angst, Unterdrückung<br />
und Verfolgung geprägt ist. Rowohlt<br />
kompakt<br />
MARTIN THOMAS PESL Das Buch der Schurken<br />
Es gibt sie in Märchen,<br />
Fantasygeschichten, Krimis<br />
und in fast allen Werken der<br />
Weltliteratur, die ohne sie<br />
deutlich ärmer wäre: all jene<br />
Schurken und Bösewichte,<br />
die Sherlock Holmes, David<br />
Copperfield und all die anderen<br />
Helden und Heroen erst<br />
erstrahlen lassen. Ihnen hat<br />
Martin Thomas Pesl in seiner<br />
Unhold-Chronik „Das Buch<br />
der Schurken“ ein angemessenes Denkmal und eine längst<br />
überfällige Würdigung geschaffen. Die 100 größten, genialsten<br />
und absonderlichsten Bösewichte der Literaturgeschichte<br />
werden hier liebevoll portraitiert. btb<br />
J.R.R. TOLKIEN Die Geschichte von Kullervo<br />
Ein Ausflug in frühe Tolkien-Welten: „Die Geschichte von<br />
Kullervo“ basiert auf einer Erzählung aus dem finnischen<br />
Nationalepos „Kalevala“ und ist eine der ganz frühen Arbeiten<br />
des legendären, britischen Fantasy-Urvaters. Nun erstmals<br />
auf Deutsch veröffentlicht,<br />
gibt die Erzählung um<br />
den Waisenjungen Kullervo,<br />
der bei seinem Onkel, dem<br />
Magier und Mörder seiner<br />
Eltern aufwächst, einen interessanten<br />
Einblick in Tolkiens<br />
Auseinandersetzung mit der<br />
europäischen Mythen- und<br />
Sagenwelt, die für seine späteren<br />
Werke essentiell ist.<br />
Hobbit Presse Klett-Cotta<br />
RITA FALK Weißwurstconnection<br />
Regionalkrimis erfreuen sich<br />
seit geraumer Zeit einer stetig<br />
wachsenden Beliebtheit. Davon<br />
profitiert nicht zuletzt die<br />
Serie um den sympathischen<br />
Landpolizisten Franz Eberhofer,<br />
dessen Fälle bereits auf<br />
vier erfolgreiche Kinoverfilmungen<br />
verweisen können.<br />
Mit „Weißwurstconnection“<br />
liegt sein achtes Abenteuer in<br />
Buchform vor, das wieder einmal mit viel Lokalkolorit glänzt.<br />
Anders als bei vergleichbaren Serien nutzt sich das Interesse<br />
an den privaten Kapriolen der Protagonisten hier allerdings<br />
nicht ab – da verzeiht man gerne, dass der Kriminalfall an sich<br />
von überschaubarer Komplexität ist. dtv<br />
<strong>Februar</strong> <strong>2018</strong>