Bezirksjournal Kirchenbezirk Mühlacker Konkret Nr 2
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kümmerten sich vor allem um mittelbar betroffene:<br />
Nachbarn, Vereinsangehörige, Mitschüler.<br />
Begleitung erfahren die unmittelbar<br />
Betroffenen durch Schulpsychologen, Notfallseelsorge<br />
und die Notfallnachsorge aus<br />
dem Rems-Murr-Kreis. Pfarrer Hans Gölz-<br />
Eisinger: „Die Schulpsychologen haben gemeinsam<br />
mit den örtlichen Kräften sehr<br />
gute Schulveranstaltungen angeboten.“<br />
Am Sonntag nach dem Amoklauf zeigte sich<br />
eine enorm hohe Solidarität, unter anderem<br />
reisten Tsunami-Opfer und mittelbar von<br />
dem Amoklauf in Erfurt Betroffene an und<br />
zeigten Mitgefühl und Anteilnahme.<br />
Wie können sich Notfallseelsorger in einem<br />
solchen Einsatz selbst schützen? „Wir können<br />
uns nicht so ganz in einen Einsatzmodus<br />
versetzen. Wir arbeiten an der Grenze<br />
zwischen persönlicher Tragödie und fachlicher<br />
Distanz.“ beschreibt Pfarrer Gölz-<br />
Eisinger diese Aufgabe. Nachgefragt erläutern<br />
die Notfallseelsorger, dass sie durch<br />
Austausch, Gruppengespräche und Supervision<br />
das Gehörte und Erlebte verarbeiten.<br />
„Jeder hat auch seine eigenen Mechanismen,<br />
das Erlebte zu verarbeiten. Der eine<br />
schreibt es sich von der Seele, der andere<br />
geht in die Badewanne oder laufen“ beschreibt<br />
Augenstein, „ein Teil des Erlebten<br />
bleibt und gehört dann zur Biografie.“<br />
Olaf Digel ergänzt: „Es hat sich in dieser<br />
Einsatzsituation gezeigt, dass wir eine gute<br />
und solide Ausbildung haben. Das hat geholfen,<br />
die Helfer vor Ort zu begleiten, den<br />
Menschen im Einsatz Stabilität zu geben,<br />
beim Umgang mit typischen Stresssymptomen<br />
wie verstärktes Rauchen, Frieren oder<br />
Schwitzen informierend zu helfen. Dieses<br />
Wissen hilft auch uns, mit unseren Belastungen<br />
umzugehen und zu wissen, was da mit<br />
mir passiert.“ Zu den Qualitätsstandards<br />
gehört zudem verpflichtend Supervision.<br />
„Wir gehen da rein und setzen uns aus und<br />
nehmen das mit nach Hause. Aber wir nehmen<br />
auch mit nach Hause: Es ist nicht meine<br />
Tochter, mein Schüler, der betroffen ist,<br />
es ist nicht meine Schule, wo ich war. Wir<br />
nehmen Anteil – aber es ist nicht unser Leben“<br />
bilanziert Augenstein.<br />
In der Arbeit vor Ort sei spürbar und erlebbar,<br />
wie ihre Arbeit und Präsenz angenommen<br />
wird. In den Nachsorgegesprächen, wo<br />
jeder Teilnehmende selbst bestimmt, wie<br />
weit er sich auf diesen Prozess einlassen<br />
kann, herrsche oft eine große, nahezu unglaubliche<br />
Nähe und Vertrautheit. Menschen<br />
legen den Notfallseelsorgern im vorbeigehen<br />
die Hand auf die Schulter. Menschen in<br />
Winnenden melden zurück, dass es gut ist,<br />
dass die Notfallseelsorge und die Notfallnachsorge<br />
da sind und dass sie das Gefühl<br />
haben, bei den Seelsorgern gut aufgehoben<br />
zu sein. Gespräche wurden auch mit Vertretern<br />
der Presse geführt, die betroffen und<br />
aufgewühlt den Kontakt suchten. Diese Nä-<br />
<strong>Kirchenbezirk</strong> <strong>Mühlacker</strong> <strong>Konkret</strong><br />
he, dieses Vertrauen zueinander<br />
ist im Team der<br />
Notfallseelsorge ebenfalls<br />
vorhanden. Augenstein:<br />
„Ich weiß, der andere<br />
schaut auch nach mir und<br />
ist jederzeit bereit einzugreifen.<br />
Wir halten Augenkontakt<br />
und arbeiten<br />
Hand in Hand.“<br />
Die religiöse Frage stellt<br />
sich sprachlich kaum, eine Olaf Digel | Gudrun Augenstein | Hans Gölz-Eisinger<br />
Strecke von 100 Metern,<br />
gesäumt mit Kerzen und die sprechen für<br />
sich: „Diese Wärme der Kerzen, jede Kerze<br />
ein Gebet, ein Aufschrei, ein Trost, eine Frage,<br />
eine Bitte“ fasst Gölz-Eisinger seine Eindrücke<br />
in Worte.<br />
Das Team bündelt seine Eindrücke zum Geschehen<br />
vor Ort so: „Was die Helfer vor Ort<br />
geleistet haben in einer Lage, die nicht<br />
handhabbar ist, verdient hohen Respekt. Wir<br />
sind dankbar, hinfahren zu können und Menschen<br />
an der Grenze des Leistbaren unterstützen<br />
zu können. Die Einsatzkräfte nehmen<br />
uns an, akzeptieren uns“, so Gölz-<br />
Eisinger.<br />
Olaf Digel: „Aus Kirchensicht ist beeindruckend,<br />
wie das DRK vorbereitet ist. Von<br />
DRK-Fahrdiensten bis Mahlzeiten vor Ort.<br />
Wir als Notfallseelsorge sind auf diese Kooperation<br />
angewiesen und sind dankbar,<br />
dass diese Zusammenarbeit auch mit den<br />
sehr gut ausgebildeten NND-Mitarbeitenden<br />
wie am Schnürchen funktioniert.“<br />
Abschließend berichtete das Team vom Erleben<br />
eines Jugendfeuerwehrlers, der nach<br />
dem Einsatz Erholung suchte. Er erzählte:<br />
„Man kann nicht mal Fernsehen schauen.<br />
Entweder sehe ich Bilder von hier oder Actionfilme,<br />
in denen geschossen wird oder<br />
Shows, die ich nicht ertrage.“ Gefragt, wie<br />
das Erlebte für die direkt Betroffenen zu<br />
verarbeiten sei meinte das Team, dass eine<br />
Rückkehr zur Normalität, in einen Alltag, der<br />
sichere, gewohnte Abläufe bietet, jetzt Not<br />
tue. Bis aber das Erlebte aufgearbeitet sei,<br />
würde es noch Jahre dauern. Gut tue hier<br />
die Solidarität zwischen den Betroffenen.<br />
Schüler haben erlebt, dass ihre Lehrer ebenso<br />
hilflos waren, ebenso leiden und weinen.<br />
Digel: „Das Bild, wie die Schüler und die<br />
Rektorin Hand in Hand bei der Trauerfeier in<br />
der Kirche stehen und sich Halt geben,<br />
spricht deutlich.“<br />
Die Einsatzkräfte hätten auch deutlich die<br />
Wertschätzung und den Dank durch Landrat<br />
und Oberbürgermeister erlebt, die den Kontakt<br />
zu den Helfern suchten und nicht die<br />
Präsenz in den Medien. Unterschiedliche<br />
Erfahrungen haben die Mitarbeitenden vor<br />
Ort mit den Medien gemacht. Von respektvollem<br />
Umgang bis hin zur Sensationsgier<br />
war alles zu erleben.<br />
Kontakt:<br />
Pfarrer Olaf Digel<br />
Leitender Notfallseelsorger<br />
Öschelbronner Str. 23<br />
75449 Wurmberg<br />
Tel 0 70 44 - 4 34 90<br />
Fax 0 70 44 - 90 30 88<br />
Pfarramt.Wurmberg<br />
@elk-wue.de<br />
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