März 2018 - coolibri Essen
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THEATER<br />
Mit Kunst Frieden schaffen<br />
D U I S B U R G<br />
Man kämpft in vorderster Reihe, gerät<br />
zwischen die Fronten oder schlägt den<br />
Gegner mit den eigenen Waffen. Die<br />
Rhetorik von Kampf und Niederlage ist<br />
längst Alltagssprache geworden. Mit der<br />
Leitfrage „Nie wieder Krieg?“ verweisen<br />
die 39. Duisburger Akzente auf das Ende<br />
des Ersten Weltkriegs vor einhundert<br />
Jahren. In Literatur, Theater und bildender<br />
Kunst beleuchtet das Festival die Mechanismen<br />
von Macht und Gewalt.<br />
Kein plakatives Schlachten<br />
Das Theater Duisburg startet mit „Im Westen<br />
nichts Neues“, dem wohl bekanntesten Antikriegsroman<br />
von 1928 über die Grausamkeiten<br />
des Ersten Weltkrieges. Die Fassung des Staatstheaters<br />
Hannover verzichtet auf plakatives<br />
Schlachten zugunsten eines emotionalen Kammerspiels.<br />
Den ultimativen Rosenkrieg gibt es<br />
zwischen der Marquise de Merteuil und ihrem<br />
Ex-Geliebten Valmont in „Quartett“ zu sehen,<br />
Heiner Müllers sprachgewaltigem Geschlechterkampf.<br />
Mit Verweis auf De Laclos‘ „Gefährliche<br />
Liebschaften“ umkreist Regisseur Frank Siebenschuh<br />
die explosive Liebesbeziehung. Mit einer<br />
Inszenierung von „Die Perser“ des<br />
Wiener Burgtheaters geht es historisch<br />
weit zurück. Aischylos verarbeitete darin<br />
bereits 472 v. Ch. die Seelschlacht von Salamis.<br />
Regisseur Michael Thalheimer<br />
übersetzt die Tragödie in packende Bilder.<br />
Im Ringen mit dem Bösen darf Shakespeare<br />
nicht fehlen: Thalia-Schauspieler<br />
Jörg Pohl gibt „Richard III.“ und mordet<br />
sich durch das Ensemble. In die Gebläsehalle<br />
im Landschaftspark Duisburg-Nord<br />
lädt das 60-köpfige Klangkraft-Orchester<br />
zur szenisch-musikalischen Collage<br />
„<strong>2018</strong>. The world dies screaming“. Unterstützt<br />
von drei Schauspielern vertont das<br />
ambitionierte Duisburger Laienorchester den<br />
Klimawandel und dessen gewaltsame Folgen.<br />
Theatertreffen zeigt „Im Westen nichts Neues“<br />
Krieg in der Kulturkirche<br />
Die Liebfrauenkirche im Zentrum von Duisburg<br />
ist ein spannender Veranstaltungsort. Lesungen<br />
wie „Der Zwang“ nach einer Novelle von Stefan<br />
Zweig oder das Stuffed Puppet Theatre locken<br />
in die Kulturkirche. Neville Tranters „Babylon“<br />
beginnt an einem einsamen Strand in Nordafrika<br />
und entwickelt sich zu einem Puppenspiel-Drama<br />
über Leben und Tod. Nach Afghanistan<br />
reist er als Nigel mit einer kleinen Schar<br />
von Handpuppen („Punch & Judy in Afghanistan“),<br />
um dort die alliierten Truppen zu bespaßen.<br />
Doch plötzlich ist sein Begleiter weg...<br />
Aus Israel kommt Ariel Doron mit seinem Anti-<br />
Kriegs-Objekttheater „Plastic Heroes“, in dem<br />
Spielzeugsoldaten und ein Plüschtiger die<br />
Hauptrollen übernehmen. Denn längst ist die<br />
Gewalt von der Straße ins Kinderzimmer eingedrungen.<br />
Der weltweit gefragte israelische<br />
Künstler hat eine einzigartige und provokante<br />
Ausdrucksform erfunden. Auf die „Suche nach<br />
dem Code der Bösartigkeit“ macht sich der<br />
Duisburger Allround-Künstler Max Bilitza in der<br />
multimedialen Tanzperformance „Die Hoffnung<br />
ist ein gutes Frühstück, aber ein schlechtes<br />
Abendbrot“. Ausgestattet mit Bewegungssensoren,<br />
Tastenfeldern und Controllern erforschen<br />
seine drei Tänzer die Verhaltensmuster des<br />
Menschen in einem digitalen Bühnenraum. Eine<br />
andere Videoinstallation wird täglich mit Einbruch<br />
der Dunkelheit am König-Heinrich-Platz<br />
sichtbar: „Raster“ von Kai Fobbe. Er filmte die<br />
Zeichensprache von Tänzern an je hundert Orten<br />
in einer Stadt. Am 15.3. zeigt sich der Nachwuchs<br />
im Rahmen der Jungen Akzente und die<br />
Kulturkirche ist zentraler Aktionsort für den Tag<br />
der Schul- und Jugendkultur.<br />
Notfall proben<br />
Multitalent Rebecca Horn in der Retrospektive:<br />
Film, Performance, Skulptur, Zeichnung, Installation<br />
– das Lehmbruck Museum zeigt alles. In<br />
den 60ern wurde die Künstlerin als Teil der Fluxus-Szene<br />
in New Yorker Fabrik-Etagen gesichtet,<br />
mehrfach stellte sie ihre Kunst auf der Kasseler<br />
Documenta aus. Als Wilhelm-Lehmbruck-<br />
Preisträgerin für ihr Lebenswerk ist sie ein<br />
wichtiger Teil der Kunst-Akzente. Horn zeigt<br />
erstmalig ihre „Hauchkörper“ als beruhigendes<br />
Friedensangebot. Andere Künstler gehen direkter<br />
mit dem Festivalthema um: Die Kriegsfotografien<br />
von Alex Kempkens sind schonungslose<br />
Zeugen von Zerstörung. Eine von zwei bewegenden<br />
Ausstellungen, die in „Dat Atelljee“ im Stadtteil<br />
Rheinhausen zu finden sind. Gegensätze<br />
von Licht und Schatten verdeutlicht<br />
die Klang-Performance „Liebe &<br />
Hass“ von Kornelia Kerth-Jahn im<br />
Kultur- und Stadthistorischen Museum.<br />
Und dann gibt es noch das Bürgerexperiment<br />
„Wir proben den Notfall“:<br />
14 Tage lang wird in einer improvisierten<br />
Küche in einem Ladenlokal<br />
(Friedrich-Wilhelm-Straße), jeweils<br />
eine Notration gekocht. Rezepte können<br />
dort eingereicht werden.<br />
Ariane Schön<br />
„39. Duisburger Akzente“, 3.-18.3.,<br />
verschiedene Orte, Duisburg;<br />
duisburger-akzente.de<br />
Foto:Duisburger Akzente<br />
BOCHUM<br />
14.3. Peer Gynt von Thomas Birkmeir<br />
nach Henrik Ibsen (R: Sandra Anklam),<br />
Theater unten<br />
24.3. Melancholia nach Lars von Trier<br />
(R: Johanna Wehner), Schauspielhaus<br />
56<br />
PREMIEREN IM MÄRZ<br />
DORTMUND<br />
3.3. Der Theatermacher von Thomas<br />
Bernhard (R: Kay Voges), Schauspiel<br />
4.3. Im Herzen Peter Pan, Jugendprojekt<br />
(R: Christina Keilmann, Marc Ossau),<br />
Kinder- und Jugendtheater<br />
4.3. After Life von Thorsten Bihegue (R:<br />
Thorsten Bihegue), Studio<br />
10.3. Nabucco von Giuseppe Verdi (R:<br />
Jens-Daniel Herzog), Opernhaus<br />
17.3. Das Tierreich von Nolte Decar, Jugendclub<br />
(R: Sarah Jasinszczak), Studio<br />
DUISBURG<br />
6.3. Quartett von Heiner Müller (R: Frank<br />
Siebenschuh), Foyer III, Theater Duisburg<br />
11.3. Dreck von Robert Schneider, Jugendclub<br />
(R: Eva Zitta), Opernfoyer, Theater<br />
Duisburg<br />
13.3. Kain von Friedrich Koffka, Jugendclub<br />
(R: Kevin Barz), Foyer III, Theater<br />
Duisburg<br />
ESSEN<br />
31.3. Salome von Richard Strauss (R: Mariame<br />
Clément), Aalto-Theater<br />
GELSENKIRCHEN<br />
31.3. Moskau, Tscherjomuschki von Dimitri<br />
Schostakowitsch (R: Dominique