WIRTSCHAFT+MARKT 2/2018
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INDUSTRIE 4.0 | 37<br />
Foto: VDMA<br />
denburg haben sich in den zurückliegenden<br />
Jahren enorm entwickelt. In Mecklenburg-<br />
Vorpommern ist die Dichte sicherlich geringer,<br />
dennoch haben auch hier zugkräftige<br />
Betriebe ihren Sitz. Industrielle Kerne<br />
haben sich vor allem in Regionen mit anerkannten,<br />
innovativen Hochschulen gebildet.<br />
Zu den Hochburgen zählen beispielsweise<br />
Dresden und Chemnitz, Jena und Ilmenau,<br />
Halle und Magdeburg, Berlin und<br />
Potsdam sowie Schwerin und Rostock.<br />
W+M: Was sind die größten Sorgen, die<br />
die ostdeutschen Maschinenbauer aktuell<br />
umtreiben?<br />
Reinhard Pätz: Trotz der guten wirtschaftlichen<br />
Lage sind einige Themen permanent<br />
präsent. Zum einen gibt es viele<br />
außenpolitische und außenwirtschaftliche<br />
Fragezeichen. So lassen sich die geopolitischen<br />
Krisen nicht abschätzen. Sie sind<br />
mit Blick auf Investitionen ein großer Unsicherheitsfaktor.<br />
Sorgen bereiten ebenso<br />
die europäische Integration und der weltweit<br />
zunehmende Protektionismus mit<br />
seinen Auswirkungen auf den Freihandel.<br />
Doch auch grundsätzliche Rahmenbedingungen<br />
gefährden die Wettbewerbsfähigkeit<br />
der ostdeutschen Standorte. Dazu<br />
zählen die verfehlte Arbeitsmarktpolitik,<br />
aber auch die mangelnde Infrastruktur vor<br />
allem im ländlichen Raum.<br />
W+M: Fühlen Sie sich in Ihrer Arbeit für<br />
den Maschinenbaustandort Ostdeutschland<br />
schon ausreichend von den ostdeutschen<br />
Landesregierungen unterstützt?<br />
Reinhard Pätz: Wir wollen gemeinsam<br />
mit den Wirtschaftsministerien und Wirtschaftsverwaltungen<br />
ideale Standort- und<br />
Wettbewerbsbedingungen für unsere Unternehmen<br />
schaffen. Mit Ländern, welche<br />
die Industrie in den Fokus ihrer Wirtschaftspolitik<br />
stellen, arbeiten wir gut zusammen.<br />
Auffällig ist jedoch, dass sich<br />
die regionale Politik häufiger als in der Vergangenheit<br />
an den Argumentationsketten<br />
der Bundespolitik orientiert. Das ist häufig<br />
unpassend und gibt nicht die Realität wieder.<br />
Ich wünsche mir daher, dass sich die<br />
Verantwortlichen unabhängig von der bundespolitischen<br />
Lage um die lokalen und<br />
regionalen Belange kümmern.<br />
Reinhard Pätz,<br />
Geschäftsführer des VDMA Ost.<br />
W+M: Was tut Ihr Verband konkret, um die<br />
Exportchancen des ostdeutschen Maschinenbaus<br />
zu erhöhen?<br />
Reinhard Pätz: Der VDMA unterstützt<br />
seine Mitglieder auf vielfältige Weise.<br />
Dazu gehören die Einzelberatung und<br />
interkulturelle Workshops genauso wie<br />
Marktanalysen oder Informationen zu<br />
Marktbedingungen und Erfolgsfaktoren.<br />
Auch unsere Auslandsbüros in Brasilien,<br />
China, Indien, Japan und Russland erleichtern<br />
es den Unternehmen, Märkte zu erschließen<br />
und zu bearbeiten. Die Fachverbände<br />
organisieren zudem Gemeinschaftsstände<br />
auf Fachmessen, Symposien<br />
und Delegationsreisen ins Ausland.<br />
Der Schwerpunkt der Landesverbände<br />
liegt auf Veranstaltungen in der Region.<br />
Wir vermitteln Wissen rund um Exportfinanzierung,<br />
Zoll, technische Handelshemmnisse<br />
und Länderspezifika.<br />
W+M: Der VDMA Ost hat sich für polnische<br />
Unternehmen geöffnet. Wie ist der<br />
Zuspruch aus dem Nachbarland und was<br />
versprechen Sie sich von dieser unorthodoxen<br />
Verbandsausweitung?<br />
Reinhard Pätz: Der VDMA versteht sich<br />
als Netzwerk für den europäischen Maschinenbau.<br />
Der grenzüberschreitende<br />
Austausch und internationale Kooperationen<br />
bringen insbesondere in Zeiten der<br />
Globalisierung Vorteile, nicht nur Unternehmen<br />
mit Betriebsstätten in verschiedenen<br />
Ländern. Die Öffnung für polnische<br />
Unternehmen stößt bisher auf großes Interesse.<br />
W+M: Wie stark ist der ostdeutsche Maschinenbau<br />
von den EU-Sanktionen gegen<br />
Russland betroffen? Halten Sie eine<br />
Aufrechterhaltung der Sanktionen für zielführend?<br />
Reinhard Pätz: Die ostdeutschen Unternehmen<br />
sahen sich schon 2013 mit der<br />
Rubelkrise und einer Wirtschaftsflaute auf<br />
dem russischen Markt konfrontiert. Die<br />
Russlandsanktionen haben die rückläufige<br />
Auftrags- und Umsatzsituation noch<br />
verstärkt. Wettbewerber anderer Staaten<br />
nutzen diese Lücke schonungslos – und<br />
Deutschland verliert kontinuierlich wichtige<br />
Marktanteile. Mittlerweile führt Russland<br />
mehr Maschinen aus China ein als<br />
aus Deutschland. Für den VDMA sind die<br />
Sanktionen kein adäquates Mittel. Wir halten<br />
die Sanktionspolitik für verfehlt.<br />
W+M: Welche Rolle spielt der VDMA Ost<br />
unter dem Dach des VDMA?<br />
Reinhard Pätz: Ein wesentlicher Baustein<br />
der Verbandsleistungen ist die regionale<br />
Mitgliederbetreuung in den Regionen mit<br />
all ihren Besonderheiten. Das unterscheidet<br />
den VDMA von vielen anderen Verbänden.<br />
Die ostdeutschen und Berliner<br />
Unternehmen haben im VDMA Ost sozusagen<br />
einen zentralen und oft auch ersten<br />
Ansprechpartner direkt vor ihrer Haustür.<br />
Wir sind das Bindeglied zu den Dienstleistungen<br />
des Gesamtverbandes, öffnen die<br />
Tür zu einem enormen Netzwerk und halten<br />
zugleich eigene, praxisnahe Angebote<br />
und Veranstaltungen bereit. Die kurzen<br />
Wege gelten zugleich für die Zusammenarbeit<br />
mit der Politik, mit Hochschulen und<br />
Forschungseinrichtungen, Kreditinstituten<br />
und allen Interessierten.<br />
Interview: Karsten Hintzmann<br />
VDMA OST<br />
Der Verband Deutscher Maschinen- und<br />
Anlagenbau e. V. (VDMA) ist einer der<br />
bedeutendsten Verbandsdienstleister<br />
und bietet das größte Branchennetzwerk<br />
der Investitionsgüterindustrie in Europa.<br />
Seine Regionalvertretung in Ostdeutschland,<br />
der VDMA Ost, versteht sich als<br />
Sprachrohr der Branche vor Ort. Zu den<br />
Mitgliedern im VDMA Ost zählen etwa<br />
350 Firmen, Werke und Niederlassungen<br />
in den neuen Bundesländern und Berlin.<br />
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