E_1929_Zeitung_Nr.032
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N° 32 - <strong>1929</strong> AUTOMOBIL-REVUE<br />
BDUOt<br />
EDEEire<br />
Echter oder<br />
unechter Schmuck ?<br />
Es ist eine noch oft gestellte Frage: Kann<br />
eine Frau von Kultur und Geschmack unechten<br />
Schmuck tragen? Mit einem einfachen<br />
Ja oder Nein lässt sich nicht darauf<br />
antworten. Zuerst muss man sich über<br />
den Begriff « unecht» klar werden. Was ist<br />
denn unecht? Unecht und echt decken sich<br />
nicht mit den Begriffen wertlos und wertvoll,<br />
billig und teuer. Es deckt sich ferner<br />
nicht mit den Begriffen Handarbeit und<br />
.Maschinenarbeit. Früher, als die Maschine<br />
nur grobe, unkünstlerische Arbeit zu leisten<br />
imstande war, hat man viel die Begriffe<br />
unecht und maschinell, echt und handwerklich<br />
gegenübergestellt. Denn das mit der<br />
Hand verfertigte Erzeugnis war stets dal<br />
geschmacklich bessere. Zu seiner Anfertigung<br />
wählte man auch das kostbarere Material.<br />
Edles Material für Maschinenarbeit<br />
zu verwenden, lohnte sich noch nicht. Mit<br />
Die IVIode. Aparter .trühjahrsmantel in Glockenform,<br />
doppelreihige Knöpfe und aus dem<br />
Mantelstoff hergestellte Blume.<br />
der Verfeinerung der Maschinenarbeit, mit<br />
der Möglichkeit, das geschmacklich Hochstehende<br />
maschinell anzufertigen, ist diese<br />
Erklärung unzutreffend geworden. Maschinenarbeit<br />
ist heute so hochwertig, dass<br />
nur ein ganz geschulter Kenner Handarbeit<br />
von Maschinenarbeit zu unterscheiden vermag.<br />
Echt oder unecht lässt sich am besten<br />
durch das Erzählen einer Fabel erklären.<br />
Eine Krähe verliess ihren heimatlichen<br />
Wald und ihre Artgenossen. Sie verflog<br />
sich auf einen Hühnerhof und kehrte mit<br />
dem bunten, leuchtenden Gefieder eines Fasans<br />
geschmückt nach einiger Zeit zurück.<br />
Als die anderen Krähen sie in dem prächtigen,<br />
ihr nicht gehörenden Gewände sahen,<br />
fielen sie über sie her und hackten sie tot.<br />
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HieueH- Jk. y<br />
0 r i g i nal - fecku rYaehv-S<br />
9BE<br />
EFEQ/flfrlU<br />
Die Auslegung, sie neideten ihr das schönere<br />
Ausgehen oder sie duldeten keinen Eindringling<br />
in ihrem Reich, ist unrichtig. Die<br />
Kameradinnen hackten die zurückkehrende<br />
Krähe tot, weil sie etwas scheinen wollte,<br />
was sie rtfcht war. Sie trug ein unechtes<br />
Kleid. Jeder Mensch, der mit dem, was er<br />
trägt, einen falschen Schein hervorrufen<br />
will, schmückt sich mit fremden Federn.<br />
Er ist unecht. Unecht heisst also «so tun<br />
als ob «... Ein© Frau kann tragen, was sie<br />
will, wenn es zum Stil ihrer Erscheinung<br />
passt, wenn es den Rahmen, den sie zum<br />
Ausdruck ihrer Persönlichkeit nötig hat,<br />
vollenden hilft; nur einen Besitz heucheln,<br />
den sie nicht hat, darf sie nicht.<br />
Die Frage: Echt oder unecht? lässt sich<br />
am besten in dem Goethewort zusammenfassen:<br />
«Erlaubt ist, was gefällt.» Wozu<br />
noch zu bemerken übrig bleibt, dass das<br />
Geschmacklose, Unharmonische noch nie<br />
gefallen hat. Eine Frau von Takt und Feingefühl<br />
wird stets das Richtige zu treffen<br />
wissen. Zum kostbaren Kleid den wertvollen<br />
Schmuck anlegen, dem kleinen<br />
Kleidehen den einfacheren vorbehalten.<br />
Die äussere Erscheinung soll das Abbild der<br />
Persönlichkeit sein. Der echte Mensch wird<br />
das Bestreben haben, auch echt zu erscheinen.<br />
Damit ist die Frage: Echt oder unecht ?<br />
restlos beantwortet.<br />
Die Empörung der<br />
..höheren Töchter"<br />
Man mag von der heutigen Jugend denken<br />
was man will, doch eines kann man ihr<br />
nicht nachsagen: allzu übertriebenen Mangel<br />
an Selbstbewusstsein. Da streiken Schüler,<br />
weil man ihnen das Nachahmen studentischer<br />
Bräuche untersagen will, wo anders<br />
weigern sie sich zum Unterricht zu kommen,<br />
wenn die Klassen nicht besser geheizt werden,<br />
und Jetzt schliessllch kommt aus Belgrad<br />
die Kunde von einem ernsten Konflikt,<br />
der zwischen den dortigen «höheren Töchtern»<br />
und ihren Lehrern ausgebrochen ist,<br />
weil man den Jungen Damen verboten hat,<br />
geschminkt und gepudert zur Schule zu<br />
kommen. Kürzlich nämlich untersagte der<br />
Leiter eines Belgrader Lyzeums seinen<br />
Schülerinnen aufs strengste den Gebrauch<br />
von Puder, Schminke, Augenbrauen- und<br />
Lippenstiften zugleich mit der Androhung,<br />
jede Zuwiderhandelnde erbarmungslos von<br />
der Schule zu weisen, «und wäre es selbst<br />
die Tochter eines Ministers». Diese Verbote<br />
wurden denn auch bald an allen anderen<br />
Belgrader höheren Mädchenschulen erlassen,<br />
womit den Schülerinnen jede Möglichkeit<br />
abgeschnitten war, das Verbot durch Hinüberwechseln<br />
in eine «tolerantere» Schule<br />
zu umgehen. Die jungen Damen waren keineswegs<br />
gewillt, diesen Eingriff in ihre privaten<br />
Rechte so ohne weiteres hinzunehmen,<br />
sondern sie protestierten aufs heftigste gegen<br />
diese «Vergewaltigung», und eine Zeitlang<br />
schien es sogar, als ob ein allgemeiner<br />
Schülerinnenstreik unvermeidbar seL An einen<br />
Direktor wurde von einer seiner Schülerinnen<br />
sogar ein offener Brief gerichtet, in<br />
dem die betreffende Dame behauptete, nur<br />
«Männer, die mindestens hundert Jahre hinter<br />
unserer Zeit zurückgeblieben seien»,<br />
könnten derart absurde Verbote erlassen.<br />
«Die Direktoren», so heisst es in dem Briefe<br />
weiter, «verwechseln ihre Pflichten offenbar<br />
mit denen von Modefachleuten und Friseuren,<br />
denn man geht doch schliesslich in<br />
die Schule, um etwas über den Sinus und<br />
Cosinus zu erfahren, oder um zu lernen, wer<br />
Hannibal und Cäsar gewesen sind. Wenn<br />
sich aber die Schule auf das Gebiet der Kosmetik<br />
verliert, so ist das genau so irrsinnig,<br />
als wenn die Friseure etwa über die Punischen<br />
Kriege oder vom Ablativus absolutus<br />
reden wollten...»<br />
Trotz der Empörung ihrer Schülerinnen<br />
aber haben die Belgrader Direktoren bis jetzt<br />
noch nicht nachgegeben, und man darf gespannt<br />
sein, wie dieser interessante Konflikt<br />
enden wird, zumal da die jungen Damen geschworen<br />
haben, «weder zu rasten noch zu<br />
ruhen, bis die entwürdigenden und dem modernen<br />
Zeitgeist völlig widerstrebenden Verbote<br />
restlos aufgehoben sind.»<br />
Gold'ne Freiheit, die ich meine...!<br />
«MB<br />
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Gast: «Danke, es gebt»<br />
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