E_1930_Zeitung_Nr.059
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Ein grosses Flugmeeting<br />
in Bern.<br />
Gelegentlich des Durchfluges der Europarundflug-Konkurrenten<br />
in Bern, veranstaltet<br />
der «Berner Aeroclub» zusammen mit der<br />
Ortsgruppe Bern der «Avia» am Samstag,<br />
den 26. und Sonntag, den 27. Juli auf dem<br />
Belpmoos ein-Flugmeeting, wie es die Mittelschweiz<br />
in gleich grossem Stil seit Jahren<br />
nicht mehr gesehen hat.<br />
Der Fugsportler und das grosse Publikum<br />
•werden dabei gleichermassen auf ihre Rechnung<br />
kommen. Allein der Wunsch, die<br />
Europarundflieger ankommen und weiterstarten<br />
zu,sehen, wird Tausende von Schaulustige<br />
anziehen. Von Lausanne, der vorletzten<br />
Kontrbllstation her, soll der Abflug<br />
jedes Konkurrenten telephonisch gemeldet<br />
werden, und ein Funkerdienst über die ganze<br />
Strecke wird gestatten, dass man gewissertnassen<br />
den Flug selbst mitmacht. Für die<br />
nötige «Durchschlagskraft» dieser Meldungen<br />
sorgt eine grosse Lautsprecheranlage.<br />
Der berühmte deutsche Flieger Udet wird in zwei<br />
Wochen, auch am .grossen Berner Flugmeetmg teilnehmen.<br />
Unser Bild -zeigt ihn in einem Klemm-<br />
Leichtflugzeugnäch einer seiner sensationellen Landungen,<br />
die er kürzlich für eine Filmgesellschaft<br />
auf • dem Plateau du Trient am Montblanc ausführte,<br />
dicht am' Rand einer Gletscherspalte.<br />
(Für Graphologen ist 1 auch die Handschrift Udets<br />
mit ihren Loopings, Schleifen und ihrer auffallenden<br />
Sicherheit "hochinteressant.)<br />
Damit nicht genug, habenvdie Organisatoren<br />
den weltbekannten Kunstflieger undfrüheren<br />
deutschen Kampfflieger Udet iu<br />
Gast gebeten. Udet wird den Bernern zum<br />
erstenmal mit seinen «Flamingo» Bodenakrobatik<br />
vorfliegen, das heisst Loopings,<br />
Rückenflüge, Tonneaux usw., in,minimaler<br />
Höhe über dem Boden. Es bietef sich jalso<br />
Gelegenheit, den «Flieger des Piz Palü»<br />
(Udet nämlich) nicht nur im Film; sondern<br />
auch in Wirklichkeit seine waghalsigen<br />
Kunststücke ausführen zu sehen. •%<br />
Im Programm sind weiter Fallschirmabsprünge,<br />
Hönenschätzungswettbewerbe und<br />
Passagierflüge zu aussergewöhnlich günstigen<br />
Bedingungen vorgesehen.<br />
Für die Automobilisten werden grosse<br />
Parkplätze geschaffen, teilweise dicht neben<br />
dem Startfeld, so dass man direkt vom<br />
Wagen aus oder — wie bei den englischen<br />
Pferderennen — auf dessen Dach den Darbietungen<br />
aus nächster Nähe beiwohnen kann.<br />
Denjenigen, die ohne Wagen kommen, stehen<br />
Extrazüge der Gürbetalbahn, Extratrams bis<br />
Wabern, ein Autobusdienst mit allen verfügbaren<br />
Wagen der S. S. B., Extrazüge der nach<br />
Muri und eine noch zu errichtende Pontonbrücke<br />
über die Aare zur Verfügung. ys.<br />
23 Tage und 2 Stunden in der Luft. Man<br />
kann den 554-Stunden-Flug der Gebrüder<br />
Hunter wohl in gewisser Hinsicht als Rekordelei<br />
und Sensationsjagd bezeichnen.<br />
Trotzdem kann man den Unternehmern<br />
wirkliche Bewunderung nicht versagen. Da<br />
ist einmal die unerhörte körperliche Leistung<br />
der beiden Piloten in Betracht zu ziehen.<br />
Man stelle sich vor, was es heisst, mehr als<br />
drei Wochen lang in einer engen Kabine<br />
eingeschachtelt zu sein, sich kaum bewegen<br />
zu können, kaum jemals zu schlafen und auch<br />
dann nur in hockender Stellung, beständig<br />
unter dem Einfluss des betäubenden Motorlärms<br />
zu stehen, dabei aber doch in der meisten<br />
Zeit volle Geistesgegenwart und Reaktionsfähigkeit<br />
behalten zu müssen. Bei dem<br />
Benzinfassen aus dem über der < City of<br />
Chicago » fliegenden Tankflugzeug war dann<br />
oft wieder schwere körperliche Arbeit erforderlich<br />
und es entstanden Momente grösster<br />
Gefahr, die das ihre dazu beitrugen, die Nerven<br />
der Flieger bis zum Reissen anzupassen.<br />
Dazu kam eine Kost, die wohl auch nicht<br />
sehr geeignet war, die Stimmung auf höchster<br />
Höhe zu erhalten.<br />
Fast so wunderbar, wie das der Flieger,<br />
Ist das Durchhalten der Motors. Man muss<br />
wissen, dass ein Flugmotor sonst etwa alle<br />
AUTOMOBIL-REVUE <strong>1930</strong> - N° 59<br />
1.200 Flugstunden auseinandergenommen und<br />
.revidiert werden muss. Der Motor der<br />
« City of Chicago » dagegen arbeitete volle<br />
554 Stunden und hätte wohl noch bedeutend<br />
länger durchgehalten, wenn nicht ein Oelrohrbruch,<br />
also ein mehr oder weniger zufälliger<br />
Defekt, eingetreten wäre. Aber auch<br />
da gaben sich die Gebrüder Hunter noch<br />
nicht geschlagen. Einer von ihnen vollführte<br />
das* Akrobatenstücklein, nach vorn zum Motor<br />
zu klettern, wo er die gebrochene Leitung<br />
mit Riemen, Draht und Isolierband zu reparieren<br />
versuchte. Er hatte einige Tage vorher'<br />
auch schon eine waghalsige Kletterei<br />
nach den Schwanzflächen des Apparates<br />
vollführt, als sich in diesen weggeworfenes<br />
Papier und Schnur-Reste verfangen und die<br />
Steuerung fast blockiert hatten.<br />
554 Flugstunden erreicht ein Sportflieger<br />
heute sonst kaum in mehreren Jahren.<br />
Natürlich sind die früheren Rekordinhaber<br />
sofort wieder an die Vorbereitung eines<br />
neuen Dauerfluges herangegangen. Dazu<br />
kommt ein dritter Konkurrent, Leutnant Genara,<br />
Indianapolis. Man darf deshalb auf<br />
noch grössere Gewaltsleistungen gefasst<br />
sein.<br />
at.<br />
Genf-Paris in 2 1 /ä Stunden .Zu den bereits<br />
bestehenden 7 Luftverkehrs-Verbindungen<br />
Genfs ist eine neue hinzugekommen, durch<br />
welche Genf mit Paris mit einem Schnellkurs<br />
verbunden wird. Flugzeit Genf-Paris<br />
oder umgekehrt 2Y 2 Stunden. at.<br />
Eine Rekordleistung polnischer Flugzeuge. An<br />
der kürzlich in Bukarest stattgehabten Flugkonkurrenz<br />
konnte Polen den Beweis erbringen, dass seine<br />
Flugzeugindustrie, obwohl noch sehr jungen Datums,<br />
schon einen hohen Rang einnimmt. — Von<br />
den zwei polnischen Apparaten, einem 600 PH, entworfen<br />
von Ing. Pulawski, und einem Zweisitzer<br />
«P. Z. L. 2> mit Hispano-Suiza-Motor, beide in den<br />
Werkstätten in Warschau hergestellt, errang der<br />
erstere den 1. und der letztere den 6. Platz. — Am<br />
Wettflug waren die bekanntesten Weltmarken, so<br />
u. a. «Curtiss» und «Voisin», beteiligt.<br />
Dieser Erfolg ist für Polen um so mehr von Bedeutung,<br />
da sich die rumänische Regierung verpflichtet<br />
hat, denjenigen Flugzeugtyp für ihre Armee<br />
zu bestellen, der den 1. und 2. Preis erzielen<br />
wird. p. p.<br />
Schweizerische Luftverkehrs-Union. Die in der<br />
Schweizerischen Luftverkehrs-Union vereinigten<br />
kantonalen und kommunalen Behörden sowie die<br />
internationalen Luftverkehr betreibenden Schweiz.<br />
Fluggesellschaften hielten am 2. Juli in Bern ihre<br />
Generalversammlung ab, wobei 'fogende Richtlinien<br />
für, die Ausgestaltun? des schweizerischen Luftverkehrs<br />
festgelegt wurden :<br />
1. Der Luftverkehr muss immer mehr darauf<br />
ausgehen, dem Hauptfaktor für seine Bedeutung,<br />
der Schnelligkeit, in allererster Linie Rechnung zu<br />
Ltragen.—Daraus- ergibt sich das Postulat: Weitrei-<br />
Die «City of Chicago», mit der die Gebrüder Hunter<br />
den fabelhaften DaueTflug-Weltrekord von 23 Tagen<br />
und 2 Stunden aufgestellt und im Flug 223 Mal getankt<br />
haben, vom Tankflugzeug aus aufgenommen.<br />
chende durchgehende Verbindungen unter möglichster<br />
Beschränkung der •wirtschaftlichen Zwischenhalte.<br />
2. Die Scheidung des Luftverkehrs in Geschäftskurse<br />
und Touristenkurse muss mit zunehmender<br />
Allgemeinfrequenz weiter ausgebaut werden. Wirtschaft<br />
und Tourismus stellen oft sich widersprechende<br />
Forderungen an den Luftverkehr. Oft kann<br />
nur eine Zweiteilung eine für beide Teile zweckdienliche<br />
und rationelle Lösung bringen. Daraus<br />
ergibt sich als weiteres Postulat: Verlegung der<br />
Geschäftskurse in die sogenannte geschäftstote Zeit,<br />
event. Führung als ausschliessliche Post- und<br />
Frachtkurse und Führung von Tageskursen gemäss<br />
den Bedürfnissen der Passagiere.<br />
3. Um den Luftverkehr für Handel und Industrie<br />
vollwertig zu gestalten, muss auf den Hauptstrecken<br />
ein Ganzjahresdienst angestrebt werden.<br />
Die bisherige halbjährliche Umstellung von Bahnspedition<br />
auf Luftspedition erschwert es dem Luftverkehr,<br />
in der Geschäftswelt Fuss zu fassen. Als<br />
Uebergangsstadium ist eine neunmonatliche Dauer<br />
des Hauptnetzes zu fordern. Anderseits ist zur<br />
Vermeidung einer nachteiligen Zersplitterung der<br />
zur Förderung des Luftverkehrs verfügbaren Mittel<br />
in der Errichtung von ausgesprochenen Saisonlinien<br />
Zurückhaltung geboten. Es muss daher verlangt<br />
werden: Ausbau der Bodenorganisation und<br />
des Funkdienstes und entsprechende Aenderung<br />
des Subventionssystems zur Erleichterung einer<br />
ganzjährigen Betriebsdauer auf den wichtigsten Linien.<br />
4. Die beständigen Veränderungen des Liniennetzes<br />
beeinträchtigen das Bekanntwerden und die<br />
Popularisierung der einzelnen Linien und wirken<br />
sich deshalb nachteilig auf die Benützung des Luftweges<br />
aus. Es muss daher eine Stabilisierung des<br />
Grundnetzes angestrebt werden. Hiefür bietet die<br />
Beteiligung Schweiz. Luftverkehrsgesellschaften auf<br />
diesen Linien die beste Gewähr.<br />
5. Es erscheint notwendig, dass tei den Besprechungen<br />
und Verhandlungen über die Ausgestaltung<br />
des Luftverkehrsnetzes die Luftverkehrskreise in<br />
stetem Kontakt, mit 'Handel und Industrie stehen<br />
und deren Wünschen weitgehend Rechnung tragen.<br />
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<strong>1930</strong><br />
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