E_1930_Zeitung_Nr.088
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Strasse und Auto<br />
Strassenbauten<br />
im Kanton Solothurn.<br />
Rückblick und Uebersicht.<br />
Nachdem der Kanton Solothurn in den<br />
Jahren 1920 bis 1926 neben dem ordentlichen<br />
Strassenunterhalt, der bis heute aus den allgemeinen<br />
Mitteln der Staatskasse gespiesen<br />
wird, für den mit dem wachsenden Automobilverkehr<br />
unaufschiebbar gewordenen<br />
Ausbau der Durchgangsstrassen erstmals<br />
rund zwei Millionen Franken aufgewendet<br />
hatte, die fast restlos durch die Automobilsteuern<br />
und Gebühren gedeckt werden konnten,<br />
legte die Baudirektion im Herbst 1927<br />
ein erstes «Strassenbau-Programm» vor, das<br />
eine systematische Durchführung des grossen<br />
Werkes innert nützlicher Frist einleitete,<br />
da es sich ergeben hatte, dass die Instandstellung<br />
der Strassen im bisherigen Tempo<br />
und mit den bisherigen Aufwendungen viel<br />
zu lange dauern würde und höchst unrationell<br />
wäre. Nach diesem Programm wurden bis<br />
Ende 1929 102 km der wichtigsten Durchgangsstrecken<br />
ausgebaut, — 15 km davon<br />
sind noch in der Ausführung begriffen, werden<br />
aber ebenfalls in nächster Zeit ihrer<br />
Vollendung entgegengeführt. Der hierfür gewährte<br />
Kredit von rund vier Millionen Franken<br />
konnte wiederum bis auf einen Restbetrag<br />
von 300 000 Fr. aus dem Ertrag der<br />
Automobilsteuer und aus dem kantonalen<br />
Anteil am eidgenössischen Benzinzoll gedeckt<br />
werden. Ursprünglich war eine Bauzeit<br />
von fünf Jahren vorgesehen; um so<br />
höher ist der von Jahr zu Jahr steigende Ertrag<br />
der Autömobilbesteuerung in seiner Bedeutung<br />
für die Erfüllung einer der wichtigsten<br />
Aufgaben zu bewerten, die der heutige<br />
Verkehr dem Staate stellt.<br />
Das am 2. Dezember 1928 vom Volk gutgeheissene<br />
Strassenbaugesetz stellte nun<br />
neue Grundsätze für den Strassenbau und<br />
-unterhalt auf, was in Verbindung mit der<br />
Durchführung des ersten Programms den<br />
Regierungsrat bewog, dem Kantonsrat in der<br />
kürzlichen Frühlingssession ein zweites,<br />
grosszüziges Bauprogramm zur Genehmigung<br />
vorzulegen. Darnach sollen in den nächsten<br />
zehn Jahren weitere 129 km des Kantonsstrassennetzes<br />
ausgebaut werden; in Betracht<br />
fallen diejenigen Strassen, «die einen<br />
stärkeren Verkehr aufweisen und mit Postautos<br />
befahren werden». Das Programm<br />
spricht denn auch von «Haupt- und Postautostrassen».<br />
Dabei soll es mit der Ausstattung<br />
der Fahrbahn mit staubfreien Belägen sein<br />
Bewenden nicht mehr haben; gleichzeitig<br />
soll, wenn nötig, auch eine Korrektion des<br />
Längen- und Querprofils und der Situation<br />
vorgenommen und im Innern der Ortschaften<br />
dem Trottoirbau volle Aufmerksamkeit geschenkt<br />
werden. Als durchschnittlicher<br />
Kostenbetrag für den Kilometer wird die<br />
Summe von 60 000 Fr. in Aussicht genommen,<br />
so dass die 129 km mit allfälligen, unvorhergesehenen<br />
Auslagen auf rund 8 Millionen<br />
Franken zu stehen kommen werden.<br />
Zusammen mit den Rückständen aus dem<br />
ersten Bauprogramm, mit der Oberflächenbehandlung<br />
und Staubbekämpfung des bisher<br />
ausgebauten Netzes und mit verschiedenen<br />
sonstigen Nebenaufwendungen ergibt sich<br />
ein Kostenvoranschlag für die zweite Bauperiode<br />
<strong>1930</strong>/39 von rund 14 Millionen Franken.<br />
Auch diese, für unsere Verhältnisse<br />
ganz erhebliche Summe kann restlos vom<br />
Eingang an Automobil steuern und an Zuweisungen<br />
aus dem Benzinzoll beschafft<br />
werden, indem Jene jährlich im Durchschnitt<br />
Fr. 1 150 000 und diese Fr. 250 000 ausmachen<br />
werden.<br />
Im besonderen ist hervorzuheben, dass in<br />
das zweite Bauprogramm auch die elf Kilometer<br />
lange Passwangstrasse und die 9 Kilometer<br />
langen stadtsolothurnischen Durchgangsstrassen<br />
aufgenommen worden sind, Travemünde noch diesen Herbst in Angriff<br />
für die je rund eine Million in den Voranschlag<br />
eingestellt wurde. Diese Arbeiten<br />
genommen werden.<br />
waren bis jetzt umstritten, weil sich hinsichtlich<br />
der stadtsolothurnischen Durchgangs-<br />
Neapel-Pompeji erfährt eine Fortsetzung bis<br />
Italien. Die schon bestehende Autostrada<br />
strassen rechtliche Schwierigkeiten und hinsichtlich<br />
des Passwangüberganges Meinungs-<br />
Die Arbeiten sollen schon im Gange sein,<br />
nach dem touristisch interessanten Paestum.<br />
verschiedenheiten wegen des Trasses ergeben<br />
hatten. Die Anstände konnten nun ge-<br />
touristischen Route aufs neue die Wichtig-<br />
und es zeigt der Ausbau dieser bedeutenden<br />
hoben werden. Für die Passwangstrasse keit, die die italienische Regierung in weitsichtiger<br />
Art dem Ausbau eines ausgezeich-<br />
wurde eine Kompromisslösung gewählt, wonach<br />
der Passübergang von Mümliswil unter neten Strassennetzes beimisst.<br />
Benützung der Anfangsstrecke des Scheltenpasses<br />
über Ramiswil und von hier nord-<br />
kürzlich einmal darauf aufmerksam gemacht,<br />
Die Potersalpstrasse. Wir haben schon<br />
wärts über den Berg geführt wird. Die stadtsolothurnischen<br />
Durchgangsstrassen, die bis<br />
anhin rechtlich «Gemeindestrassen» waren,<br />
werden nach ihrer Vollendung in das Kantonsstrassennetz<br />
aufgenommen.<br />
Mit der Durchführung des zweiten Bauprogrammes<br />
werden rund 230 km des solothurnischen<br />
Staatsstrassennetzes systematisch<br />
AUTOMOBIL-REVUE <strong>1930</strong> — N° 88<br />
ausgebaut sein. Da dieses insgesamt 628 km<br />
misst, bleibt ein erheblicher Restbestand für<br />
eine spätere Berücksichtigung bestehen.<br />
Allein für den Automobilverkehr wird bis<br />
zum Jahre 1939 die Hauptarbeit geleistet<br />
sein, da es sich nachher nur noch um<br />
Strassenstrecken verminderter Bedeutung<br />
handelt. Ohne die alle Erwartungen hinter<br />
sich lassenden Erträgnisse der Automobilsteuer<br />
wäre ein derartiger Ausbau des<br />
Strassennetzes — neben dem stets noch der<br />
Unterhalt der ausgebauten und noch nicht<br />
ausgeführten Strassen aus den ordentlichen<br />
Staatsmitteln einhergeht, — ein Ding der Unmöglichkeit.<br />
Die Automobile benützen die<br />
Strassen, sie helfen sie aber auch bauen!<br />
Neue Autostrassen.<br />
Oesterreich. Im Gebiet des Wilden Kaisers<br />
soll von Kufstein via Walchensee in die<br />
Nähe des Toten Kirchl nach Stribsenschneid<br />
eine Strasse bis auf die Höhe von 1600 m<br />
gebaut werden. Der Ausbau der Strasse geschieht<br />
allerdings nur in einer beschränkten<br />
Breite, so dass schon jetzt vorgesehen ist,<br />
dass sie nach einem bestimmten Fahrplan<br />
befahren werden muss, also für Auf- und<br />
Abfahrten nur vorher bestimmte Zeiten in<br />
Betracht kommen.<br />
Deutschland. Im Riesengebirge wird von<br />
Hain nach der Passhöhe des Spindlerpasses<br />
eine neue Autostrasse gebaut, die auf der<br />
Passhöhe selber in die schon bestehende<br />
Autostrasse einmündet.<br />
Wie wir vernehmen, soll auch die Automobildurchgangsstrasse<br />
Hamburg - Lübeck -<br />
dass Studien für eine Durchgangsstrasse<br />
Schwendi (Appenzell)-Toggenburg unternommen<br />
würden. Nun scheint die Ausführung<br />
des Projektes schon in beträchtliche Nähe<br />
gerückt zu sein, indem letzter Tage eidgenössische<br />
und kantonale Experten das Trasse<br />
in Augenschein genommen haben und das<br />
Proiekt im grossen ganzen allgemeine Zustimmung<br />
gefunden hat. Die bis 4,5 m breite<br />
Strasse soll bis zu 30 Prozent, eventuell noch<br />
mehr, vom Bund subventioniert werden. Sicher<br />
ist, dass diese Strasse einem grossen<br />
Bedürfnis entgegenkommt Lr.<br />
Instandstellung des Strassennetzes im Kanton<br />
Aargau. Der Regierungsrat des Kantons<br />
Aargau hat den Grossen Rat um Ermächtigung<br />
ersucht, eine Staatsanleihe von zehn<br />
MiMionen Franken für die Instandstellung<br />
des hauptsächlich dem Automobilverkehr<br />
dienenden Strassennetzes aufzunehmen. Die<br />
Verzinsung und Amortisation des Anleihens<br />
soll aus dem Ertrag der Automobil- und<br />
Fahrradgebühren und dem Benzinzollanteil<br />
erfolgen. Der Beschluss würde allerdings<br />
noch der Volksabstimmung unterstehen. -1.<br />
Automobil-Strassen und Automobile.<br />
Die Länge der Autostrassen der ganzen<br />
Welt soll nach einer Statistik der Highway<br />
Education Board of America sich<br />
auf 7 805 629 Meilen belaufen. Bei einer<br />
Gesamtautomobilzahl von 32 028 584 Wagen<br />
kommen auf eine Meile insgesamt<br />
4103 Automobile. In der Länge der Automobilstrassen<br />
(3 727 393 km) und der Zahl<br />
der Autos (26 455 964) führt Amerika mit<br />
der Verhältniszahl von 7,1. Die Automobilisierung<br />
Europas beträgt nach der<br />
gleichen Art gerechnet 1,69 (Strassenlänge<br />
2 450 439, und 4140126 Automobile).<br />
Wieder mehr Pferde in Paris. Bei der<br />
letzten Erhebung stellte sich heraus, dass<br />
es im Seinedepartement jetzt 34,000 Pferde<br />
mehr hat als bei der vorigen Aufnahme.<br />
Es mag dies im Zeitalter des Kraftwagens<br />
überraschen, aber es ist — so paradox es<br />
klingen mag — eben gerade eine Folge der<br />
starken Entwicklung des Motorwagenverkehrs.<br />
Infolge der immer noch rasch<br />
zunehmenden Anzahl der im Verkehr befindlichen<br />
Motorfahrzeuge ist das Gedränge<br />
in den Strassen von Paris so stark<br />
geworden, dass> man in den belebteren<br />
Strassen mit einem Pferdefuhrwerk ebenso<br />
schnell vorwärtskommt. Die grossen<br />
Geschäfte und Fabriken haben deshalb erkannt,<br />
dass es rentabler ist, ihre Lastwagen<br />
wieder durch «natürliche» Pferdekräfte<br />
vorwärtsbewegen zu lassen. Wenn<br />
auch das Auto den Vorteil hat, nichts zu<br />
fressen, wenn es nicht gebraucht wird, so<br />
wird es doch nach höchstens fünf bis sechs<br />
Jahren unbrauchbar, während ein gutes<br />
Pferd zwanzig Jahre seine Dienste leistet.<br />
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