E_1931_Zeitung_Nr.002
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N»2<br />
II. Blatt<br />
BERN. 9. Januar <strong>1931</strong><br />
W>2<br />
II. Blatt<br />
BERN. 9. Januar <strong>1931</strong><br />
Tech<br />
Von John<br />
• Rundschau<br />
Von den PS.<br />
Fuhlberg-Horst.<br />
Wir entnehmen aus dem vorzüglichen Work<br />
von John Fublborjr-Horst « Auto, Schiff und Flugzeug<br />
» mit Erlaubnis des Verlages Ullstein, Berlin,<br />
das nachstehende Kapitel «Von den PS» Dieses<br />
Buch ist keine wissenschaftliche Abhandlung, die<br />
trocken und langweilig zu lesen ist, eine Welt<br />
voll Leben und Bewegung steckt vielmehr in diesem<br />
Band. Wie das Auto sieh sein Reich erkämpft<br />
hat trotz aller Schwierigkeiten, wie Mensch und<br />
Maschine in gegenseitiger Anpassung zur Einheit<br />
werden, wie es übeNell von neuem brodelt<br />
und quirlt, hier ist es zu lesen — gut und anschaulich<br />
geschrieben und vortrefflich illustriert.<br />
Diese romanhafte Chronik des unaufhaltsamen<br />
Fortschrittes wird ihre freudigen Leser finden.<br />
Zu aenen Zeiten war es, da James Watt,<br />
Ahnherr der Dampfmaschine, seine ersten<br />
qualmenden, fauchenden und stöhnenden<br />
Ungetüme baute, so um das Jahr 1770.<br />
Die «eisernen Teufel» trieben Pumpen in<br />
den schwarzen Kohlenzechen des mittleren<br />
England. Als Watt sich um den Auftrag<br />
bemühte, eine seiner Maschinen auf<br />
dem Hofe einer Brauerei unterzubringen,<br />
wo die Arbeit des Pumpens bislang durch<br />
Pferde verrichtet worden war, ergab sich<br />
die NotAvendigkeit, festzustellen, wieviel<br />
mehr der Dampf zu leisten imstande wäre<br />
als Zugtiere. Denn der Brauer wollte nur<br />
dann eine Maschine kaufen, wenn er wirklichen<br />
Nutzen in ihr sah.<br />
An den Pumpengöpel wurde ein Pferd<br />
gespannt und acht Stunden lang drumherum<br />
gehetzt. Zwei Millionen Liter Wasser<br />
brachte es aus der Brunnentiefe herauf.<br />
Natürlich war *der Gaul hinterher<br />
vollkommen erledigt, denn was er hatte<br />
leisten müssen, ging weit über seine normale<br />
Kraft. Aus der Wassermenge und<br />
der Förderhöhe Hess sich berechnen, wieviel<br />
Liter in einer Sekunde um einen<br />
Meter gehoben worden waren, und da ergaben<br />
sich 75 Liter Wasser. Diese Leistung<br />
wurde als «Pferdestärke» bezeichnet<br />
und heisst noch heute so. 1 PS ist also<br />
diejenige Arbeitsleistung, die in 1 Sekunde<br />
75 Liter Wasser um 1 Meter zu heben<br />
vermag. Da 1 Liter Wasser 1 Kilogramm<br />
wiegt, lässt sich der Begriff «Pferdestärke»<br />
auch so ausdrücken: 1 PS = 75<br />
Meterkilogrammseknnde (mkg/sec).<br />
Die Engländer rechnen nach «horsepower»,<br />
was dasselbe bedeutet und HP abgekürzt<br />
wird. Beachtet muss werden, dass<br />
1 HP etwas mehr ist als 1 PS, nämlich<br />
1,013 PS.<br />
So viel wie das bemitleidenswerte Pferd<br />
von dem hier erzählt wurde, brauchen<br />
seine Artgenossen für gewöhnlich Gott sei<br />
Dank nicht zu leisten. W T er seine Pferde<br />
als 1-PS-Maschinen gebraucht, kann sie<br />
bald zum Abdecker treiben und hat seinen<br />
Stall rasch leer. Bei gesunder Anstrengung<br />
bringt es das Pferd auf etwas weniger<br />
als die Hälfte, auf etwa % PS. Aber<br />
zwei am gleichen Strang ziehende Pferde<br />
vermögen nun nicht etwa das Doppelte,<br />
also % PS zu liefern. Ihre Zugarbeit ist<br />
niemals so gleichmässig, dass man die<br />
Leistungen addieren dürfte. Und je mehr<br />
Pferde angespannt sind, desto geringer<br />
wird der Zuwachs an geleisteter Arbeit.<br />
Acht Gäule zum Beispiel schaffen wenig<br />
mehr als das Vierfache der Einzelleistung,<br />
demnach noch nicht ganze 2 PS. Bei Verwendung<br />
einer noch grösseron Anzahl von<br />
Pferden ist überhaupt keine Leistungssteigerung<br />
mehr zu erwarten.<br />
Deshalb sind alle Vergleiche falsch, in<br />
denen die PS-Leistung einer Maschine<br />
und die Anzahl der zur Erzielung des<br />
gleichen Effektes benötigten Pferde einander<br />
gegenübergestellt werden. Betrachtungen<br />
dieser Art können aber immerhin<br />
recht anschaulich und auch ganz unterhaltend<br />
sein. Rechnet man je Pferd % PS,<br />
so wären 240 000 der wackeren Zugtiere<br />
erforderlich, um den Dampfer «Bremen»,<br />
dessen Maschinen rund 100 000 PS leisten,<br />
mit einer Geschwindigkeit von über 40<br />
Kilometer je Stunde übers Meer zu ziehen.<br />
Oder aber es müsste ein Riesenpferd von<br />
etwa 125 Meter Länge vor den Schiffskoloss<br />
gespannt werden.<br />
Welches mag wohl die PS-Leistung des<br />
Menschen sein? Dass sie geringer ist als<br />
die des Pferdes, weiss ein jeder; denn wo<br />
ein Gaul mühelos arbeitet, muss sich der<br />
Mensch im Schweisse seines Angesichts<br />
quälen, wie am schwerbeladenen Handwagen<br />
jederzeit konstatiert werden katin.<br />
Die genaue Bestimmung der Leistung des<br />
Menschen ist folgendermassen durchgeführt<br />
worden:<br />
Auf einen Bleizylinder, der 25 Zentimeter<br />
hoch war, wurde aus 5 Meter Höhe<br />
ein 20 Kilogramm schweres Gewicht fallen<br />
gelassen. Es drückte den Bleizylinder<br />
um 5 Zentimeter zusammen, so dass er<br />
also nur noch 20 Zentimeter mass. Dann<br />
trat ein kräftiger Arbeiter mit dem Vorschlaghammer<br />
an und schlug so oft auf<br />
einen anderen Bleizylinder gleicher Grösse,<br />
bis dieser ebenfalls um 5 Zentimeter<br />
kürzer geworden. Dazu waren 5 Schläge<br />
nötig. Mensch und Gewicht hatten also<br />
dieselbe Arbeit geleistet.<br />
Wenn 20 Kilogramm 5 Meter herabfallen,<br />
wohnt dem Gewicht eine Kraft von<br />
fünfmal 20 gleich 300 Meterkilogramm<br />
(mkg) inne. Der Arbeiter aber brauchte<br />
5 Schläge, um 100 mkg zu erzielen. Also<br />
ist jeder Hammersehlag mit 20 mkg zu<br />
werten.<br />
In der Minute mag bei Achtstundenbetrieb<br />
ein geübter Arbeiter 23 solcher<br />
Schläge niedersausen zu lassen. Das bedeutet<br />
eine Minutenleistung von 20mal 23<br />
gleich 4(50 mkg. Auf die Sekunde umgerechnet,<br />
ergibt es den 60. Teil davon, demnach<br />
IVi mkg.<br />
Nun wissen wir bereits, dass 75 mkg je<br />
Sekunde 1 PS sind. Geleistet hat der<br />
Mensch aber nur 7,5 mkg, folglich den<br />
zehnten Teil einer Pferdestärke. Natürlich<br />
vermag er auch mehr zustandezubringen,<br />
dann aber nur für kurze Zeit, für<br />
20, vielleicht auch für 30 Sekunden. In<br />
dauernder Tätigkeit — und darauf kommt<br />
es an — ist höchstens mit ^IO PS zu rechnen.<br />
Auf sehr einfache Weise kann ein jeder<br />
seine eigene Höchstleistung messen. Er<br />
braucht nur mit aller Kraft eine Treppe<br />
emporzulaufen, von der er weiss, wie hoch<br />
sie ist, und zu bestimmen oder bestimmen<br />
zu lassen, wie lange er zum Hinauflaufen<br />
gebraucht hat. Angenommen, die Treppe<br />
hätte 4 Meter senkrechte Höhe, in 6 Sekunden<br />
sei er hinaufgerast ein sein Körpergewicht<br />
betrage 75 Kilogramm. Dann<br />
hat er in 6 Sekunden 75 Kilogramm 4<br />
Meter höher geschafft. Ein PS ist gelei-<br />
Eine neue, praktische Lösung des Problems der<br />
Chassis-Schmierung.<br />
Dio «Scbmicrnippel-Zentrale», von der aus Leitungen<br />
zu dru einzelnen Chassis-Schmierstellen führen.<br />
Die skizzierte Anordnuni? wird bei einem englischen<br />
Lastwagen fabrikmässiz angewandt.<br />
stet, wenn 7D Kilogramm in 1 Sekunde um<br />
1 Meter gehoben worden sind. 4 Meter in<br />
6 Sekunden ergibt für 1 Sekunde V 8 gleich<br />
; /a Meter. Also förderte der Laufende seine<br />
75 Kilogramm in 1 Sekunde um 2 /a Meter<br />
und leistete folglich 2 / 3 PS.<br />
Wer diesen Versuch selber unternimmt,<br />
wird wahrscheinlich nicht so einfache<br />
Zahlen erhalten, wie sie hier im Beispiel<br />
angegeben sind. Vielleicht beträgt sein<br />
Gewicht 62 Kilogramm, die Treppenböhe<br />
3,75 Meter, und als Zeitdauer zwischen<br />
Start und Ankunft auf der obersten Stufe<br />
seien mit der Stoppuhr 4,6 Sekunden bestimmt<br />
worden. Wie sich dio Leistung am<br />
raschesten berechnen lässt, gibt folgende<br />
Formel an:<br />
6xH<br />
Gewicht mal Hohe<br />
Leistung = PS, in Worten .<br />
75 xt 75 x Zeit<br />
Im obigen Beispiel ist G = 62, H = 3,75<br />
und t = 4,6. Nun setzt man diese Werte<br />
in die Formel ein:<br />
GxH ' 62=3,75<br />
= = 0,67 PS<br />
75xt 75x4,6<br />
Die alten Dampfmaschinen, wie sie von<br />
James Watt und seinen Nachfolgern ge-<br />
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