E_1933_Zeitung_Nr.017
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N° 17 - <strong>1933</strong> AUTOMOBIL-PEVUL<br />
Sportnachrichten<br />
437 Stundenkilometer!<br />
Die Nachricht von einem neuen Weltrekord<br />
des berühmten englischen Fahrers Sir Malcolm<br />
Campbell hat in der ganzen Welt Aufsehen<br />
erregt Mit ungläubigem Staunen vernahm<br />
man von der erreichten phantastischen<br />
Geschwindigkeit von 437 Stdkm. Gleichzeitig<br />
fragt man nach den technischen und menschlichen<br />
Bedingungen, die eine solche unglaubliche<br />
Leistung ermöglichen können. Ueber die<br />
technischen Probleme wird weiter unten<br />
noch Näheres ausgeführt. Auch vom rein<br />
sportlichen Standpunkt aus stellt der neue<br />
Erfolg Sir Malcolm Campbells eine phänomenale<br />
Leistung dar. Der Fahrer wird im<br />
nächsten Monat 49 Jahre alt; er hat also<br />
schon längst jene Zeit überschritten, in der<br />
im allgemeinen sportliche Höchstleistungen<br />
vollbracht werden. Campbell beweist mit<br />
Eindringlichkeit, was zähe menschliche Ausdauer<br />
und Energie bewirken können. Es gibt,<br />
das soll nicht verschwiegen werden, auch<br />
Leute, die diese Rekordfahrten als eine blosse<br />
Sensations- und Effekthascherei auslegen. Sie<br />
(vergessen aber, dass eine solche Leistung das<br />
Produkt einer gewaltigen technischen und<br />
menschlichen Entwicklung ist, die sich auf<br />
diese Weise augenfällig demonstriert. Gerade<br />
die verbissene und ernste Arbeit, mit<br />
der Campbell sich stets monatelang in seine<br />
Arbeit vertieft, zeugt am meisten dafür, dass<br />
das Ganze alles andere eher als blosse Rekordschinderei<br />
ist.<br />
Es mag vielleicht interessieren, zu erfahren,<br />
wie sich der Weltrekordfahrer zu seinem<br />
Versuch vom vergangenen Mittwoch selbst<br />
äusserte. Wir übersetzen im folgenden den<br />
interessanten Wortlaut des Telegramms, das<br />
Campbell nach der gelungenen Fahrt an die<br />
Nach Campbells neuem Weltrekord.<br />
Touren in der Minute, was nach meiner flüchtigen<br />
Ueberlegung einer Geschwindigkeit von<br />
531 km entsprechen sollte. Doch, welches'<br />
war meine Enttäuschung, als ich vernahm,<br />
dass ich bloss 440 km erreicht hätte! Die<br />
Pneus waren einer furchtbaren Belastung ausgesetzt;<br />
da die Räder sich bei jedem Sprung<br />
in der Luft bedeutend rascher drehten, wurden<br />
bei der Wiederberührung mit dem Boden<br />
die Pneus dadurch stark angegriffen. Zu<br />
allem Uebel blies auch noch ein sehr starker<br />
Wind.<br />
Ich hatte mir vor der Fahrt schon die linke<br />
Hand verstaucht, und die Anstrengungen, um<br />
bei der Hinfahrt den Wagen in der geraden<br />
Richtung zu halten, lösten einen solchen<br />
Schmerz aus, dass ich bei der Rückfahrt nur<br />
mehr allein mit der rethten Hand lenken<br />
konnte. Ich durchlebte auf dieser zweiten<br />
Durchfahrt einen sehr unangenehmen Augenblick,<br />
als der Wagen in eine Zone von ganz<br />
weichem Sand geriet, aus der ich ihn nur mit<br />
der allergrössten Anstrengung wieder herausbrachte.<br />
Der Zustand des Sandes war so schlecht,<br />
dass ich beim Anlauf nicht die volle Geschwindigkeit<br />
erreichen konnte. Allein der<br />
Motor erwies sich als so gut, dass auf der<br />
relativ geringen Strecke, die gewertet wurde,<br />
eine derart starke Beschleunigung möglich<br />
war, dass ich den Rekord trotzdem schlagen<br />
konnte. Zwischen dem ersten und zweiten<br />
Versuch musste ich eine Pause einschalten.<br />
Obwohl die Pneus noch in gutem Zustand<br />
waren, entschloss ich mich, zusammen mit<br />
meinen Mechanikern sie zur Vorsicht dennoch<br />
zu wechseln.<br />
Ich hatte für den Versuch nur ein 30 bis<br />
35 m breites Band zur Verfügung. Links und<br />
rechts befanden sich Strecken mit w.eichem,<br />
trockenem Sand. Trotz der schlechten Sicht<br />
und dem schlechten Zustand des Strandes<br />
musste ich den Wagen in diesem verhältnismässig<br />
engen Band halten — wäre ich darüber<br />
hinausgeraten, so hätte das den sicheren<br />
Tod bedeutet! Leider verhindert mich mein<br />
verletzter Arm daran, in den nächsten Tagen<br />
noch einen neuen Versuch zu unternehmen.<br />
Ich bedaure das sehr, da der « Blaue Vogel»<br />
auf einer sich in gutem Zustand befindenden<br />
Strecke noch viel mehr leisten könnte.»<br />
Wie man aus diesem Bericht Campbells<br />
ersieht, hatte der Fahrer in diesem Jahre mit<br />
ganz besonders grossen Schwierigkeiten zu<br />
kämpfen. Für Daytona war natürlich die<br />
Fahrt ein gewaltiges Ereignis. Schon mehrere<br />
Stunden vor dein Rekordversuch säumten<br />
Zehntausende die Strecke. Die Sicht war<br />
während der ganzen Zeit so misslich, dass<br />
die Behörden Campbell vor den eventuellen<br />
Konsequenzen seiner Fahrt warnten. Um<br />
12 Uhr 40 nach amerikanischer Zeit war alles<br />
für den Rekordversuch bereit gestellt. Der<br />
grosse Motor begann zu summen, Campbell,<br />
ganz in Weiss gekleidet, bestieg den Wagen<br />
und mit gewaltigem Getöse schoss das Ungetüm<br />
davon. In wenigen Sekunden pfiff die<br />
Maschine beim Stand der Chronometreure<br />
vorbei, und bis der erste laute Jubel und das<br />
Geschrei des Publikums verebbt war, war die<br />
Maschine schon verschwunden und wie vom<br />
Erdboden aufgeschluckt. Es dauerte nur ganz<br />
kurze Zeit, bis die aufgestellten Lautsprecher<br />
die Zeit der Hinfahrt verkündeten. Campbell<br />
verliess am anderen Ende der Strecke schnell<br />
den Wagen, prüfte den Motor, wechselte mit<br />
seinen Mechanikern die Pneus und entschloss<br />
sich zur sofortigen Rückfahrt. Um 13 Uhr 04<br />
der dortigen Zeit brach er zur zweiten Fahrt<br />
auf. Ein dicker Nebel legte sich immer mehr<br />
über die Strecke. Für die Zuschauer war es<br />
ein phantastisches Bild, die Maschine urplötzlich<br />
aus den dichten Schleiern hervorbrechen<br />
und im nächsten Moment wieder wie vom<br />
Nebel verschluckt zu sehen. Als Campbell mit<br />
einem andern Wagen zum Stand der Chronometreure<br />
zurückkehrte, brachte ihm das Publikum<br />
gewaltige Ovationen dar. Der Bürgermeister<br />
von Daytona und Campbells Mechaniker<br />
fielen ihm in heller Freude um den Hals.<br />
Im Triumph wurde der Weltrekordmann von<br />
dem Publikum auf den Schultern umhergetragen.<br />
Wie schon aus dem oben veröffentlichten<br />
Telegramm Campbells hervorgeht, hat dieser<br />
auf weitere Rekordversuche in den nächsten<br />
Tagen verzichtet. Nach englischen Blättern<br />
wird nun Campbell dieses ganze Jahr keinen<br />
weiteren Rekordversuch mehr unternehmen,<br />
da nach den Aussagen der Aerzte sein linker<br />
Arm andernfalls dauernden Schaden nähme.<br />
Campbell wird schon in den nächsten Tasren<br />
mit der « Aquitania » New York mit der Bestimmung<br />
nach England verlassen. Im folgenden<br />
veröffentlichen wir noch die genauen<br />
Zeiten der Rekordversuche :<br />
1 Meile (Hinfahrt): 13 Sek. 16/100, Stundenmittel:<br />
440,237 km.<br />
1 Meile (Rückfahrt): 13 Sek. 30/100, Stundenmittel:<br />
434,602 km.<br />
Durchschnitt der beiden Mittel: 13 Sek. 23/100,<br />
Stundenmitfel: 437,908 km.<br />
Campbell hat im übrigen mit seiner Fahrt<br />
auch den 5-km-Weltrekord verbessert. Er<br />
erzielte auf dieser Strecke die Durchschnittsgeschwindigkeit<br />
von 414,068 Stdkm. Der<br />
frühere, ebenfalls von Campbell gehaltene<br />
Rekord betrug 399,025 Stdkm.<br />
Warum 2500 PS?<br />
Die Weltrekordgeschwindigkeiten, die in<br />
den letzten Jahren aufgestellt wurden, geniessen<br />
wohl den Respekt aller Automobilisten.<br />
Daneben mag es manchem Fahrer<br />
schleierhaft erscheinen, weshalb zum Aufstellen<br />
dieser Geschwindigkeiten so ungeheure<br />
Motorleistungen notwendig sind, wo<br />
er selbst mit einem Wagen mit 70 Brems-PS<br />
leicht eine Fahrgeschwindigkteit von 100<br />
Stdkm. erreicht. Welche Einflüsse sind im<br />
Spiel, um einen Aufwand von 20-, 30- ja<br />
fast 40mal soviel PS notwendig zu machen,<br />
wenn die Geschwindigkeit nur auf das Vierfache<br />
gesteigert werden soll ? Grösstenteils<br />
ist es der Luftwiderstand. Der Luftwiderstand<br />
nimmt nicht nur proportional zur Geschwindigkeit<br />
zu, sondern wächst vielmehr<br />
quadratisch. Er ist also bei doppelter Geschwindigkeit<br />
bereits viermal so gross, oder<br />
bei dreifacher Geschwindigkeit neunmal so<br />
gross. Die grössere Motorleistung, die zur<br />
Ueberwindung dieses bei höheren Geschwindigkeiten<br />
schon gewältigen Widerstandes erforderlich<br />
ist, macht aber auch wieder die Erhöhung<br />
des Wagengewichtes zur Bedingung,<br />
weil sonst die Adhäsion der Treibräder nicht<br />
mehr ausreicht und sich die Treibräder einfach<br />
leer durchdrehen würden: Rückwirkend<br />
ruft das höhere Wagengewicht nochmals<br />
nach einer Steigerung der Motorleistung, bis<br />
schliesslich aus dem Schneeball eine Lawine<br />
geworden ist<br />
PS<br />
2500<br />
2000<br />
1500<br />
1000<br />
500<br />
WO<br />
300<br />
200<br />
100<br />
100 200 300 400 500<br />
Km/h<br />
Ob diese anmutigen kleinen Amerikanerinnen wohl<br />
für Sir Malcolm Campbells Erfolg verantwortlich<br />
sind? Kurz vor dem Start zur Rekordfahrt mit dem<br />
«Blüe Bird» wurde dem sympathischen Engländer<br />
auf die oben verewigte Weise alles nur notwendige<br />
Glück gewünscht...<br />
«Daily Mail» übermittelte:"«Nach langen<br />
Tagen des Wartens, die meine Nerven auf<br />
eine harte Probe gestellt hatten, entschloss<br />
ich mich, trotzdem ich an der Sache halb<br />
verzweifelte, diesen Nachmittag (gemeint ist<br />
der letzte Mittwoch. Die Red.) den Versuch<br />
zu wagen. Die atmosphärischen Verhältnisse<br />
waren ausserordentlich schlecht; dennoch ist<br />
es mir gelungen, einen neuen Rekord aufzustellen.<br />
Niemals in meinem ganzen Leben stand ich<br />
solchen Gefahren gegenüber, und ich finde<br />
keine Worte für den Dank, den ich den Konstrukteuren<br />
des «Blauen Vogels» schulde,<br />
deren Können mir erlaubte, den Versuch trotz<br />
unglaublichen Schwierigkeiten erfolgreich<br />
durchzuführen. Es gab Augenblicke auf der<br />
Fahrt, wo ich nicht weiter als 450 m sah, was<br />
bei der erreichten Geschwindigkeit eine Zeit<br />
von zwei Sekunden bedeutet. Der Sand auf<br />
der Strecke war nass und uneben, so dass<br />
der Wagen hin und her geworfen wurde und<br />
grosse Sprünge machte. Auf dem ersten Teil<br />
der Fahrt lag die Maschine unsicher auf der<br />
Strecke. Mein Instrument verzeichnete 3700<br />
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Im obenstehenden Diagramm ist der für<br />
die verschiedenen Geschwindigkeiten erforderliche<br />
Leistungsbedarf graphisch wiedergegeben.<br />
Die Kurve wurde dabei auf Grund<br />
von Erfahrungswerten ermittelt und stimmt<br />
auch mit den bisherigen Rekordversuchen<br />
ziemlich gut überein. Man erkennt aus ihr,<br />
dass beispielsweise zum Erreichen einer<br />
Stundengeschwindigkeit von 60 km 20—30<br />
PS genügen, dass aber eine Stundengeschwindigkeit<br />
von 200 km bereits 300 PS<br />
verlangt und dass bei 350 Stdkm. der notwendige<br />
Leistungsaufwand schon 1100. oder<br />
bei 400 km Stundengeschwindigkeit gar 1500<br />
PS beträgt. Railton, der Erbauer des Campbell-Spezial-Wagens.<br />
hat die erreichbare<br />
Geschwindigkeit dieses Fahrzeuges mit seinen<br />
2500 PS. auf 480 Stdkm. berechnet, ein<br />
Wert, der mit unserer Kurve ebenfalls ziemlich<br />
gut übereinstimmt.<br />
Wenn Campbell mit seinem letzten Weltrekord<br />
« nur» 437 Stdkm. erreicht hat so<br />
entspricht das einem LeistunKsaufwand von<br />
etwa 1800 PS. Tatsächlich soll sich Campbell<br />
im Anschluss ah die Rekordfahrt auch<br />
geäussert haben, dass er seinen Wagen nicht<br />
voll ausfahren konnte und bei neuen Versuchen<br />
noch e'ne grössere Geschwindigkeit<br />
aufzustellen hoffe.