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E_1934_Zeitung_Nr.014

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Vermehrte Motorisierung schweizer.<br />

Privatbahnen<br />

ii.*)<br />

Gegenwärtig wird auch die Frage der<br />

Einführung des Autobusbetriebes auf der<br />

23 km langen Strecke<br />

Wetzlkon-Meilen<br />

ventiliert. Der Unterbau dieser Bahn befindet<br />

sich in einem derart schlechten Zustande,<br />

dass aus Sicherheitsgründen eine merkbare<br />

Reduktion der Geschwindigkeit seitens<br />

der Kontrollbehörde gefordert wurde. Mittel<br />

zur Verlegung des Traces auf einen eigenen<br />

Bahnkörper sind keine vorhanden. Wohl<br />

oder übel wird in absehbarer Zeit dem Unternehmen<br />

nichts anderes übrig bleiben, als<br />

zum motorisierten Betrieb überzugehen. Betreffend<br />

dem Teilstück Wetzikon (Bahnhof)-<br />

Kempten drängt, wie im Falle der rechtsufrigen<br />

Thunerseebahn, das kantonale Tiefbauamt<br />

auf eine Entfernung der Geleise aus<br />

dem Strassenkörper, bevor die notwendigen<br />

Mittel zum Ausbau der Dorfstrasse bewilligt<br />

werden können. Aller Voraussicht nach<br />

dürfte somit in absehbarer Zeit auf diesem<br />

Teilstück der Autobus als Versuchskaninchen<br />

eingesetzt werden, um dann mit der Zeit<br />

den Dienst auf der ganzen Linie zu übernehmen.<br />

Nachdem vor wenigen Jahren schon<br />

die Strecke Meilener-Schiffslände-Bahnhof<br />

abgetrennt wurde, und nun auch das Wetzikoner<br />

Kopfstück nicht mehr gehalten werden<br />

kann, dürfte das Unternehmen nicht<br />

schlecht beraten sein, wenn es auf einen<br />

durchgehenden Autobusbetrieb umstellen<br />

würde. Auch die<br />

Uster-OetwH-Bahn.<br />

bei der übrigens auf den Kilometer totale<br />

Geleiselänge nicht ganz 2, und per Motorwagen<br />

zirka 5 Verwaltungsräte entfallen,<br />

dürfte mit ihrem vorsintflutlichen Wagenmaterial<br />

ebenfalls demnächst vor durchgreifende<br />

Entscheidungen gestellt werden, um,<br />

vielleicht in Verbindung mit der Asto, zum<br />

Automobilverkehr überzugehen. Dass das<br />

Ankreiden des Automobilismus als Sündenbock<br />

für Verkehrsrückgang und heutige<br />

Lage der Privatbahnen gemeinhin ein allzu<br />

billiges Entlastungsmoment darstellt, beweist<br />

übrigens auch die Uetlibergbahn, deren Frequenz<br />

trotz des erst kürzlich neuerkämpften<br />

Prioritätsrechtes, allein diesen vielbesuchten,<br />

zürcherischen Ausflugspunkt zu bedienen<br />

(Autofahrverbot), stark zurückgegangen ist.<br />

Schlussfolgerungen.<br />

An, Hand der obigen Streiflichter ist ersichtlich,<br />

dass bei manchen unserer Privatbahnen,<br />

und die erwähnten stellen nur einige<br />

wenige unter all den Leidensgefährten dar,<br />

heute schon die ernste Frage einer Betriebsumstellung<br />

und -Anpassung an den neuen<br />

Verkehrsgeist aktuell wird. Selbst mit weitern<br />

finanziellen Opfern kann die an und für<br />

sich bereits verlorene Position auf längere<br />

Sicht nicht mehr behauptet werden. Heute<br />

heisst es ohnehin, alle Kräfte unseres Landes<br />

anspornen, um durchzuhalten, vor allem<br />

aber dürfen keine neuen Investitionen in Betriebe<br />

gutgeheissen werden, die veraltet und<br />

abbruchreif sind. Wie ein roter Faden zieht<br />

sich bei der Mehrzahl unserer Privatbahnen<br />

immer wieder die Forderung nach Erneuerung<br />

des gesamten Träktions- und Rollmaterials,<br />

des Unter- und Oberbaues, daneben<br />

macht sich bei vielen Ueberlandbahnen der<br />

Wunsch nach Erstellung eines bahneigenen<br />

Traces geltend. Doppelausgaben für Strassenzüge<br />

mit parallel laufendem oder in demselben<br />

verlegten Unterbau lassen sich wirtschaftlich<br />

nicht mehr länger rechtfertigen.<br />

Ohne persönliche Rücksichtnahme, und auch<br />

*) Vergleiche Nr. 13 der «A-R.».<br />

ohne solche auf die hinter den Elektrifikationsprojekten<br />

stehende Elektroindustrie, sollten<br />

die Privatbahnen die Frage der zukünftigen<br />

Verkehrsgestaltung in dem Sinne abzuklären<br />

versuchen, als eine Traktionsart zu<br />

wählen ist, die ein Maximum an Ersparnissen<br />

mit sich bringt, unter gleichzeitiger Berücksichtigung<br />

der modernen Verkehrsansprüche<br />

bezüglich grösserer Geschwindigkeit und anpassungsfähigerer<br />

Kursführung.<br />

Bei der Beurteilung des «pro und contra><br />

von Schienen- oder Autobusbetrieb darf nicht<br />

so sehr vom eigenen Interessengebiet dereinen<br />

oder andern Partei ausgegangen werden,<br />

sondern es ist zu versuchen, das gesamte<br />

Problem in den Rahmen der Schweiz.<br />

Volkswirtschaft und -Verkehrspolitik hineinzustellen.<br />

Unter den gegenwärtigen Verhältnissen,<br />

die sich kaum so schnell ändern dürften,<br />

ist die wirtschaftliche Grundformel auf<br />

weitgehende Kostenkompression eingestellt.<br />

Trotzdem seit Jahren von Männern der Praxis<br />

und von mit dem internationalen Wirtschaftsleben<br />

eng verbundenen Kreisen eine<br />

Ausgleichung an das konkurrenzierende Ausland<br />

verlangt, und namentlich auch das Verlangen<br />

nach einer Reduktion der Transporttaxen<br />

für Güter- und Personenbeförderung<br />

immer und immer wieder erhoben wird, geht<br />

es bei uns in dieser Hinsicht bedenklich mühsam<br />

vorwärts. Wie weit das Verständnis unserer<br />

privaten Transportanstalten für das<br />

Kräftespiel der internationalen Wirtschaft<br />

geht, illustriert schlagend das von diesem<br />

Verband seinerzeit erhobene Postulat der<br />

vermehrten Rohölbelastung durch höhere<br />

Zollzuschläge, im Bestreben, auf diese Weise<br />

der Konkurrenz zu Leibe zu rücken und<br />

gleichzeitig auch die Verteuerung hochzuhalten.<br />

Wohl vermag bei den heutigen Kohlenpreisen<br />

die Dampftraktion auf den Talstrekken<br />

erfolgreich mit dem elektrischen Strom<br />

u konkurrieren, so dass rein renditenmässig<br />

betrachtet, eine Umstellung auf den elektrischen<br />

Betrieb sich nicht überall mehr lohnen<br />

dürfte. Dagegen ist zu berücksichtigen,<br />

dass bei manchen schweizerischen, noch<br />

der Dampftraktion huldigenden Privatbahnen<br />

die Maschinen oft ein recht beträchtliches<br />

Alter aufweisen und schon manche Reparaturen<br />

und Revisionen über sich ergehen<br />

assen mussten. Viele Unternehmen stehen<br />

denn auch heute bereits vor der Frage der<br />

Erneuerung des Traktionsmaterials, und je<br />

änger letztere hinausigezögert wird, je mehr<br />

Gelder für die teuren Reparaturen und<br />

Ueberholungen verwendet werden, umsoun-»-<br />

haltbarer gestaltet sich die Situation. Soange<br />

auf der elektrischen Energie immer<br />

noch eine indirekte Steuer liegt und viele<br />

Bahnen der Machtpolitik der Elektrizitätswerke<br />

ausgeliefert sind, stellt sich selbst ein<br />

Ersatz der ebenfalls vielfach ausrangierten<br />

lektrischen Triebfahrzeuge durch Autobusse<br />

noch wirtschaftlicher, als die Aufrechterhaltung<br />

der elektrischen Traktionen durch<br />

Anschaffung neuer Fahrzeuge. Ein Kapitel<br />

ür sich bildet sodann auch die durch die<br />

chweizerische Energiewirtschaftspolitik aufgeworfene<br />

Stromversorgungsfrage für finanziell<br />

noch befestigte Bahnunternehmen.<br />

Wenn schon bei diesen die Frage der Selbsterzeugung<br />

elektrischer Energie mittelst Dieelmotoren<br />

ventiliert wird, haben die von der<br />

Dampf- zur elektrischen Traktion wechselnden<br />

Betriebe dem Problem eine noch weit<br />

grössere Aufmerksamkeit zu schenken. Vom<br />

stationären Rohölbetrieb zum Dieselautobus<br />

ist nur noch ein kleiner Schritt, der in Zukunft<br />

grösste Beachtung verdient.<br />

Was nun die Frage der Arbeitsbeschaffung<br />

durch Vergebung von Aufträgen betrifft, so<br />

kommt es, rein volkswirtschaftlich betrachtet,<br />

auf den gleichen Endeffekt heraus, ob<br />

AUTOMOBIL-REVUE<br />

die Elektro-, Dampflokomotiv- oder Automobilindustrie<br />

den Auftrag erhält; Hauptsache<br />

ist, dass er nicht ins Ausland wandert.<br />

Kohle und'Rohöl werden beide importiert, so<br />

dass weder dem einen noch dem andern Produkt<br />

in dieser Hinsicht ein Vorteil zuzuerkennen<br />

ist. Etwas verzwickter gestaltet sich<br />

allerdings das Problem bezüglich Rohölimporten<br />

und der im eigenen Lande im Ueberschuss<br />

verfügbaren weissen Kohle. WüTde<br />

man sich jedoch auf der ganzen Linie auf<br />

solch enggezogenen nationalwirtschaftlichen<br />

Standpunkt stellen, so könnte mit ebenso<br />

gutem Recht die Verdrängung des Gases<br />

durch die Elektrizität gefordert werden.<br />

Uebrigens ist auch auf diesem Vergleichsgebiet<br />

eine Zunahme des ausländischen Rohstoffes<br />

zu konstatieren, und zwar vornehmlich<br />

aus Rentabilitätsgründen, ein Moment,<br />

das auch von den Privatbahnen in erster Linie<br />

zu beachten ist. Bei der Beurteilung des<br />

Problems: elektrische Bahn oder Autobusbetrieb<br />

kommt es nicht so sehr auf die Frage<br />

des verwendeten Treibmittels an, sondern<br />

hierbei handelt es sich um die Rentabilitätsfrage<br />

der elektrischen Anlagen in ihrer Totalität<br />

(Stromkosten, Verzinsung und AmoTtisation<br />

des elektrischen Traktionsmaterials,<br />

der Oberleitungen, der Brücken und Oberbauverstärkungen<br />

usw., zusammen mit den bereits<br />

vorhandenen Bahnanlagen) gegenüber<br />

derjenigen beim Autobüsbetrieb. Im weitern<br />

ist auch auf die Versuche hinzuweisen, die<br />

in der Schweiz mit der Verwendung von<br />

Holz oder Sprit zu Motortreibzwecken gemacht<br />

werden. Würde sich auf diesem Gebiete<br />

in absehbarer Zeit eine gangbare Lösung<br />

ergeben, so wäre die Konkurrenzlage<br />

bezüglich elektrischer Energie vom nationalwirtschaftlichen<br />

Standpunkt aus erledigt<br />

und der Vorwurf ihrer Hintansetzung unbegründet,<br />

wobei allerdings die Einnahmequellen<br />

aus den ZoHerträgnissen bei Verwendung<br />

eines nationalen Treibstoffmaterials kaum<br />

mehr so ergiebig fliessen dürften wie bis anhin.<br />

In Betrachtung der bei vielen schweizerischen<br />

Privatbahnen bestehenden unhaltbaren<br />

Verhältnissen, und zwar nicht nur finanzieller,<br />

sondern auch transport- und tarifpolitischer<br />

Natur, in Anerkennung der Notr<br />

wendigkeit einer demnächst durchzuführenden<br />

Erneuerung des gesamten Traktions- und<br />

Rollmaterials, des Unterbaues und der Hochbauten,<br />

muss die Frage nach dem rationellsten<br />

Ausweg aus dieser, den heutigen Verkehrsverhältnissen<br />

nicht mehr genügenden<br />

Situation gestellt werden. Eine Reorganisation<br />

der Privatbahnen hat nicht nur auf dem<br />

Wege einer stärkern Zusammenfassung der<br />

einzelnen Verwaltungen unter eine Direktion<br />

zu erfolgen, sondern es gilt heute vor allem<br />

das Problem der Motorisierung vorurteilslos<br />

:u überprüfen. Manchem Unternehmen dürfte<br />

is nicht schlecht anstehen, wenn dessen<br />

^hef eine etwas weniger einseitige Eisenbahnpolitik<br />

betreiben und etwas weniger Gutachten<br />

verfassen würde, welche immer nur<br />

Sanierungsvorschläge für die andern, aber<br />

nicht für den eigenen Betrieb enthalten, ohne<br />

jedoch den Mut aufzubringen, das Uebel<br />

wirklich an der Wurzel anzupacken. D<br />

Autoposten In den Alpen. In der Betriebsvoclie<br />

vom 5.—11. Februar <strong>1934</strong> hat sich die Reisendenzahl<br />

von 7460 auf 13.074 (+ 5614) erhöht. An diesem<br />

guten Resultat waren namentlich beteiligt die<br />

Linien Nesslau-Biichs mit + 2131, Schwarzenburg-<br />

Riffenmatt H~ 1036, Balsthal-Waldenburg + 687,<br />

Chur-Lenzerheide + 602, Gurnigel + 473, Utznach-<br />

Ricken + 291. Einsiedeln-OberibeTg +173 und<br />

Tiefencastel-Bivi-o + 106. Minderfrwruenzen gegenüber<br />

den vorjährigen Parallelperiode haben nur<br />

drei Kurslinien aufzuweisen (Mesocoo-San Bernardino<br />

— 75, Schuls-Landeck —15 und Lenzerheide-<br />

Tiefeneastel —6).<br />

inni<br />

Die Bewilligung von Tankstellen<br />

Aus dem Bundesgericht.<br />

Dass die Bewilligung zur Aufstellung einer<br />

Benzintanksäule von den Kantonen trotz der<br />

bundesrechtlichen Garantie der Gewerbefreiheit<br />

verweigert werden kann, wenn die<br />

Tankstelle an der vorgesehenen Stelle für<br />

den Strassenverkehr hinderlich wäre, ist bereits<br />

in mehreren Rekursurteilen des Bundesgerichtes<br />

festgelegt. Ein Entscheid vom<br />

10. Februar hatte sich mit der Frage zu befassen,<br />

ob die Errichtung einer Tanksäule<br />

auch aus Rücksichten des Heimatschutzes<br />

untersagt werden darf.<br />

Nach einem Baureglement des Kantons<br />

Genf ist die Bewilligung für eine Tanksäule<br />

nicht nur dann zu verweigern, wenn durch<br />

deren Aufstellung und Betrieb der Verkehr<br />

gestört würde; die Behörden können ihre<br />

Erlaubnis auch dann verweigern, wenn die<br />

Säule ein Strassen-, Ortschafts- oder Land 1 -<br />

schaftsbild verunstalten würde. In Anwendung<br />

dieser Vorschrift wiesen die Genfer<br />

Behörden das Gesuch eines Fahrradhändlers<br />

und Mechanikers ab, der am Rande des<br />

Trottoirs vor seinem Geschäft am Boulevard<br />

James-Fazy einen Benzinverteüer aufstellen<br />

wollte. Der ablehnende Bescheid wurde damit<br />

begründet, die Säule würde die ästhetische<br />

Wirkung der beidseitig mit Baumalleen<br />

eingerahmten Strasse beeinträchtigen.<br />

Der Gesuchsteller rekurrierte an das Bundesgericht<br />

wegen Verletzung des Art. 4 der<br />

Bundesverfassung (Rechtsgleichheit, Schutz<br />

gegen Willkür), sowie des Art. 31 BV (Garantie<br />

der Gewerbefreiheit). Er bestritt, dass<br />

eine Störung des Strassenbildes zu befürchten<br />

wäre und führte aus. das Publikum sei<br />

im übrigen an diese Säulen seit Jahren derart<br />

gewohnt, dass es ihre angeblich unästhetische<br />

Wirkung gar nicht mehr beachte.<br />

Auch seien Tankstellen in Strassen mit regerem<br />

Verkehr bewilligt worden.<br />

Das Bundesgericht (staatsrechtliche Abteilung)<br />

hat diese staatsrechtliche Beschwerde<br />

abgewiesen. Die Gewerbefreiheit (Art. 31<br />

BV) gibt dem Privaten keinen Anspruch auf<br />

die Benutzung öffentlicher Strassen und<br />

Plätze und es hängt vom kantonalen Rechte<br />

ab, wie weit ihm ein solcher Anspruch zusteht.<br />

Die Anwendung kantonalen Rechts<br />

aber kann das Bundesgericht nur daraufhin<br />

überprüfen, ob sie eine Willkür oder Rechtsungleic.hheit<br />

in sich schliesse. also gegen<br />

Art. 4 BV verstosse. Im vorliegenden Rekurse<br />

ist nicht behauptet, dass die auf die<br />

Tankstellen bezügliche Vorschrift des Genfer<br />

Reglementes gegen Art. 4 BV verstosse<br />

und der Rekurs wäre somit nur begründet,<br />

wenn in der Anwendung dieser Vorschrift<br />

ein solcher Verstoss läge.<br />

In der Annahme der Genfer Behörden, die<br />

Säule würde die ästhetische Wirkung des<br />

Strassenbildes beeinträchtigen, liegt keine<br />

Willkür. Die Säule würde am Rande des<br />

Trottoirs, also ausserhalb der Baumallee, zu<br />

stehen kommen, weshalb sie auch demjenigen<br />

in die Augen fallen würde, der die<br />

Strasse in der Längsrichtung betrachtet. Die<br />

Auffassung lässt sich durchaus vertreten,<br />

dass darin eine Schädigung des Strassenbildes<br />

läge, und es spricht für Ihre Berechtigung,<br />

dass vier verschiedene zur Begutachtung<br />

beigezogene Amtsstellen aus dieser Erwägung<br />

die Ablehnung des Gesuches beantragten.<br />

Eine rechtsungleiche Behandlung<br />

kann nicht darin liegen, dass in verkehrsreicheren<br />

Strassen derselben Stadt Benzinsäulen<br />

geduldet wurden, denn bei jenen Gesuchen<br />

spielte die Rücksicht auf die Erhaltung<br />

eines Strassenbildes nicht mit und der<br />

Rekurrent kann daher nicht behaupten, dass<br />

andere Gesuche unter gleichen Umständen<br />

bewilligt worden seien.<br />

Wp.<br />

gelernter Begeisterung erklärte. Für alles,<br />

was Frau van der Witte sah, hatte sie einen<br />

reudigen Blick, aber Jul Hess alles, innerlich<br />

relangweilt, an sich vorübergehen, er sah nur<br />

die schlanke Frau in ihrer mädchenhaften Erscheinung,<br />

das aschblonde Haar mit dem Alt-<br />

?oldschimmer, das sich unter dem kleinen<br />

blauen Glockenstrohhütchen hervorstahl, er<br />

sah nur den schmalen Fuss im einfachen, gelben<br />

Spangenhalbschuh, die schmiegsame,<br />

ruhige Grazie ihrer Bewegungen, er hörte<br />

nicht das eintönige Plappern des Führers, er<br />

hörte nur den Liebreiz ihrer Rede, mit dem<br />

sie die ihr fremde Sprache wiedergab, er atmete<br />

die gelassene und doch begeisterte Aufnahme<br />

aller Eindrücke rings um sie, ihr Eingehen<br />

in eine sich ihr auftuende neue Welt<br />

in voller und doch ungekünstelter Begeisterung.<br />

«Vergessen Sie nicht die Bilder. Ich muss<br />

sie sehen.»<br />

«Im nächsten Saal, gnädige Frau.»<br />

Als sie davorstanden, trat sie erst an diese<br />

heran, als schwätzende Touristen verschwunden<br />

waren, um sich, durch nichts abgelenkt,<br />

dem Anblick hingeben zu könen. In langem,<br />

tiefem Schweigen verharrte sie. Mit keinem<br />

Worte störte Jul sie in ihren Betrachtungen,<br />

nachdem er zuvor den Führer mit einer<br />

Handbewegung zur Seite gewinkt hatte. Nur<br />

kurz verhielt sie vor dem Bilde der Frau,<br />

wohl aber stand sie lange vor dem Bilde des<br />

Erzbischofs. Endlich wandte sie sich zu Jul.<br />

«Sind Sie befriedigt, gnädige Frau?»<br />

«Ja und nein. Die Köpfe, in der steifen Art<br />

der damaligen Zeit gemalt, schalten jede Individualität<br />

aus. Sie legen so gar keinen Wert<br />

darauf, zu charakterisieren. Bemalte Puppenköpfe.<br />

Was hinter dieser hohen Stirne dämmert,<br />

was die dunklen, umschatteten Augen<br />

träumen, was diese schmalen Lippen zu sagen<br />

vermögen, das vermochte der Maler nicht zu<br />

sagen. Und Salome Alt... man sieht nur<br />

eines... sie muss sehr schön gewesen sein.<br />

Kein Wunder! Wie wäre es ihr sonst möglich<br />

gewesen, diesen stolzen, selbstbewussten<br />

Mann...»<br />

«Sie irren, gnädige Frau. Die Ueberlieferung<br />

erzählt, dass sie bald ihre fast überirdische<br />

Schönheit verlor.»<br />

«Wenn es in meiner Macht stünde», fuhr<br />

die schöne Frau mit ernsthafter Miene fort,<br />

«ich würde ihren Erzbischof heilig sprechen.»<br />

«Und ich — Salome Alt.»<br />

«Warum?»<br />

«Weil sie eine der wenigen Frauen war, die<br />

es verstand, den geliebten Mann nicht mit der<br />

vergänglichen Schönheit ihres Leibes, sondern<br />

mit der unvergänglichen Schönheit ihrer<br />

Seele zu beschenken.»<br />

Mit einem Lächeln wandte sich Frau van<br />

der Witte zu ihrem jungen Begleiter.<br />

«Sie scheinen doch etwas davon zu verstehen.<br />

Wissen Sie aber auch, wie wenige<br />

Männer den Wert eines solchen Geschenkes<br />

einer Frau zu würdigen verstehen?» Mit<br />

hochgezogenen Brauen wartete sie auf die<br />

Antwort.<br />

«Ich weiss es, gnädige Frau, und gebe es<br />

zu. Aber so, wie es eine Salome Alt gab, so<br />

gab es einen Wolf Dietrich. Und wäre es mir<br />

jemals gegeben, eine solche Frau...» Scherzhaft<br />

drohte sie mit erhobenem Zeigefinger.<br />

«Wir wollen nicht von uns sprechen, sonst<br />

verliert unser Gespräch den Wert der. Sachlichkeit.<br />

Aber immerhin ... der heutige Tag<br />

hat mir als Frau wenigstens für einige Stunden<br />

den Glauben an etwas gegeben, das es<br />

nicht gibt. Wollen wir nicht gehen? Die vielen<br />

Eindrücke haben mich ermüdet.»<br />

Sie schritten durch den sonnenbeschienenen<br />

Park, beide schweigend. Jul aber drängten<br />

sich die Gedanken, wie er das Zusammensein<br />

mit ihr wenigstens für eine kurze Spanne Zeit<br />

verlängern könne. Neben dem Schlosse sei<br />

ein kleiner, schattiger Gasthofgarten, wo sie<br />

eine Tasse Tee nehmen und sich ausruhen<br />

könne. Oh, gerne. Da jubelte der lange Jul<br />

innerlich.<br />

Sie sassen an einem runden Tisch, mit rotweiss<br />

gewürfeltem Leinen gedeckt, unter den<br />

dichtbelaubten Baumkronen mächtiger Kastanienbäume,<br />

durch deren Laub die Sonne<br />

goldene Hieroglyphen unter sich streute.<br />

Sie plauderten von allerlei. Bald von diesem,<br />

bald von jenem, aber Juls Gedanken<br />

suchten mehr über sie selbst zu erfahren.<br />

Langsam, vorsichtig tastend, zögernd, steuerte<br />

er auf sein Ziel los. Sie selbst war es,<br />

die ihm unbewusst entgegenkam, als sie ihm<br />

freudig gestand, wie glücklich sie sei, wenigstens<br />

für zwei Jahre dem nervenzerstörenden<br />

Leben in den Tropen entronnen zu sein, in<br />

dem es so schwer sei, sich aufzuraffen, den<br />

innerlichen Halt nicht zu verlieren, sich die<br />

Kraft zu bewahren, dem Leben noch Höheres<br />

abzugewinnen. Geistig und körperlich nicht<br />

zu erschlaffen. Ein Schicksal, das fast keinem<br />

Europäer in den Tropen erspart bleibe. Bis,<br />

jetzt sei sie nicht unterlegen, aber nur, weil<br />

sie sich mit Bewusstsein dagegen gewehrt.<br />

Aber, wer dazu nicht die Kraft besitze, sei<br />

verloren. Wie sie das fertigbringe? Es sei<br />

leicht, man müsse nur wollen. Vor allem habe<br />

| sie darunter gelitten, keine Kinder zu haben.<br />

{ So war sie zu ihrer Rettung auf sich selbst<br />

I angewiesen. Sie habe Sprachen betrieben.<br />

Auch das Malaiisch der Eingeborenen sei ihr<br />

nicht fremd.<br />

(Fortsetzung im «Autler-Feierabend*.)

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