E_1934_Zeitung_Nr.064
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N»64 - <strong>1934</strong> AUTOMOBIL-REVUE<br />
Die Rennwagen.<br />
Die Klasse bis 1100 ccm vereinigte ein<br />
recht interessantes Feld an Fahrern und Maschinen.<br />
Hamilton vom englisch-amerikanischen<br />
Rennstall Straight wies sich mit seinem<br />
Siege auch hier als ein sehr gewiegter Kleinwagenpilot<br />
aus. Mit seinem als Einsitzer in<br />
vorbildlicher Stromlinienform eingekleideten<br />
M. Q. gelang es ton, die Bestzeit in überzeugender<br />
Weise zu verbessern. Der Engländer<br />
äusserte sich übrigens begeistert über den<br />
Klausen als Rennpiste, doch meinte er, es<br />
sollte sich eigentlich keiner an dem Austrag<br />
beteiligen, der den Pass nicht mindestens<br />
hundertmal vorher befahren habe. Burggaller<br />
vermochte sich auf seinem Austin, der eine<br />
äusserst subtile und geradezu gebrechlich<br />
aussehende Verkleidung aufwies, als sicherer<br />
Zweiter zu plazieren, obwohl seine Maschine<br />
Wesentlich kleinkalibriger ist, während das<br />
Gewicht des Fahrers gerade im umgekehrten<br />
Verhältnis dazu stehen dürfte. Dem Engländer<br />
Ford (nur ein Namensvetter seines berühmten<br />
amerikanischen Kollegen vom Fache)<br />
hätte beim Tunnelausgang beinahe das<br />
gleiche Schicksal wie Romans ereilt, der mit<br />
einem Mathis aus der Strasse hinausgetragen<br />
wurde und stecken blieb. Ford brachte aber<br />
seinen Wagen im letzten Augenblick wiederum<br />
unter Kontrolle, verlor aber bei dieser<br />
brenzligen Situation allerhand Zeit<br />
Auf die in Aussicht stehende Sensation der<br />
Zoller-Maschinen musste man in der nächsten<br />
Gruppe bedauerlicherweise verzichten, doch<br />
war das Rennen für die übrigen Teilnehmer<br />
noch bewegt genug. Auf alle Fälle blieben Simons<br />
und Uboldi buchstäblich auf der<br />
Strecke oder kamen, genauer gesagt, davon<br />
in so kritischer Weise ab, dass an eine Weiterfahrt<br />
nicht mehr zu denken war. Graf Castelbarco,<br />
ein Favorit dieser Klasse, kollidierte<br />
beim Wegerhaus mit einer Strassenmauer,<br />
wobei das eine Hinterrad in die Form einer<br />
deutlichen Acht gezwängt wurde. Ein Pneudefekt<br />
war die unausbleibliche Folge, doch<br />
hielt der italienische Herrenfahrer tapfer<br />
•uirch und ging so noch als Vierter durchs<br />
Q-'iel. Es war geradezu ein Wunder, dass die<br />
Felgen der Beanspruchung überhaupt standhielten<br />
und Castelbarco die Maschine bei der<br />
entstandenen Unstabilität noch zu meistern<br />
vermochte. Sojka brachte hier die tschechischen<br />
Farben zu einem bemerkenswerten<br />
Sieg. Seine Zeit reicht bis an einen Sekundenbruchteil<br />
an die bisherige Bestleistung der<br />
Klasse heran. Malaguti hatte alle Mühe, seine<br />
Maschine in Kurs zu halten. Sein zweiter<br />
Platz bedeutet verdienten Lohn für eine meisterhafte<br />
Führung des Volant. Miss Ellison,<br />
die an dritter Stelle rangiert, scheint eine abgehärtete<br />
Insulanerin zu sein, denn die ganze<br />
Woche kampierte sie ungeachtet aller Unbill<br />
in einem allerdings recht komfortabel eingerichteten<br />
Zelt. Die Brennstoffzuleitung in<br />
ihrem Bugatti war übrigens undicht und erlaubte<br />
der Amazone nicht, das Beste aus der<br />
Maschine herauszuholen.<br />
Leider blieb das erwartete Duell zwischen<br />
Steinweg und Maag in der folgenden Gruppe<br />
aus, indem der Schweizer nach rasanter Fahrt<br />
bis zum Urnerboden den dortigen Tücken der<br />
Strecke ebenfalls zum Opfer fiel. Nachdem<br />
der Wagen auf der Geraden bereits einige<br />
recht bedenkliche Luftsprünge gemacht hatte,<br />
die Maag aber immer wieder zu korrigieren<br />
verstand, rutschte er nach der Ausgangskurve<br />
doch noch seitlich so stark ab, dass die<br />
Maschine neben der Strasse landete. Der<br />
Fahrer hoffte, das Rennen trotz des Zeitverlustes<br />
noch fortsetzen zu können, doch hinderte<br />
ihn ein Plattfuss an der Weiterfahrt<br />
Damit stand Steinweg nichts mehr zum Sieg<br />
im Wege. Der zum Monoposto umgebaute<br />
Bugatti ist übrigens durch die Aenderung wesentlich<br />
schneller geworden, und sein Führer<br />
hatte schon beim Training gezeigt, dass er<br />
auf der Maschine sehr gut zu Hause ist<br />
Nun folgte der Start der letzten Gruppe,<br />
der die Entscheidung des Tages bringen<br />
musste und sich nach dem Wegbleiben der<br />
Scuderia Ferrari zu einem Duell zwischen<br />
Stuck und Caracciola zuspitzte. Von 14 Nennungen<br />
fielen 6 wegen Forfait aus. Dennoch<br />
wurde dieser letzte Gang zu einem Rennen<br />
für sich, dessen Ausgang das Publikum mit<br />
grösster Spannung und unvermindertem Interesse<br />
entgegensah. Es war für viele Tausend<br />
Zuschauer übrigens die erste Gelegenheit,<br />
die beiden deutschen Neukonstruktionen<br />
aus eigener Anschauung kennen zu lernen,<br />
nachdem hierüber in Wort und. Bild schon so<br />
viel berichtet worden und auch der junge und<br />
doch so strahlende Ruhm ihnen vorausgeeilt<br />
war. Als einziger Schweizer vertrat Ruesch<br />
bei dieser Elite unsere Farben. Er konnte sich<br />
trotz lästiger und deutlich hörbarer Kerzendefekte<br />
als Vierter in dieser prominenten<br />
Rangliste plazieren. Er erwies sich damit<br />
gleichzeitig als der schnellste der einheimischen<br />
Fahrer, von denen leider einige gute<br />
Kräfte, so auch der junge Hug, tefehlt hatten.<br />
W. Straight der Chef des nach ihm benannten<br />
Rennstalles, präsentierte seinen auch<br />
andernorts bereits gebührend bestaunten Maserati-Monoposto,<br />
der mit einem stromlinienförmig<br />
verkleideten Kühler ein überaus rassiges<br />
Bild bot Trotzdem der Wagen mit doppelten<br />
Hinterrädern versehen war, um seine<br />
Bodenhaltung zu erhöhen, musste Straight seine<br />
ganze Kraft und Kunst aufbieten, um den<br />
so empfindlichen und nervösen Renner fest in<br />
der Hand zu behalten.<br />
Caracciola war als Erster der beiden Favoriten<br />
gestartet Ueberall löste das elegante,<br />
silbern glänzende Fahrzeug, das mit der Beweglichkeit<br />
und Wendigkeit einer Gemse und<br />
doch mit einer überwältigenden Wuchtigkeit<br />
und Kraft den Berg hinan sauste, begeisterte<br />
Bewunderung aus. Der Fahrer, der schon vor<br />
zwei Jahren als Sieger aus diesem eindrucksvollsten<br />
aller Bergrennen hervorgegangen<br />
war, hatte hier endlich seine grosse Chance,<br />
die dazwischen liegende Epoche, die ihm so<br />
viel schweres Leid gebracht hatte, endgültig<br />
und mit einem eklatanten Erfolg hinter sich<br />
zu bringen. Man muss diesen prominentesten<br />
Vertreter deutscher Rennfahrkunst unmittelbar<br />
nach dem Rennen gesehen haben, jeder<br />
Zoll seines Gesichtes der Ausdruck von verbissenster<br />
Energie, um ermessen zu können,<br />
mit welchem gewaltigen Willenseinsatz und<br />
Aufgebot seines ganzen technischen Könnens<br />
Caracciola seiner schweren Aufgabe gerecht<br />
zu werden versuchte. Man musste ihm glauben,<br />
wenn er, von dieser tollen Fahrt noch<br />
selbst ganz benommen, einfach erklärte:<br />
< Mehr war nicht zu machen », und in der<br />
Ueberzeugung, das Beste geleistet zu haben,<br />
fügte Caratsch bei: «Wenn Hans trotzdem<br />
schneller war, dann war er eben schneller! »<br />
Nach seiner eigenen Zeitmessung hatte er<br />
15.25" benötigt Der offizielle Zeitdienst meldete<br />
dann aber wohl nicht zuletzt zu seiner<br />
eigenen angenehmen Ueberraschung das Resultat:<br />
15.22,2, was einem Stundenmittel von<br />
83,9 km/St entspricht Um beinahe 28 Sekunden<br />
war damit seine eigene Bestleistung aus<br />
dem Jahre 1932 geschlagen worden. Fürwahr<br />
ein Meisterstück, das seinesgleichen sucht und<br />
kaum für möglich gehalten wurde. Wenn man<br />
auch allgemein mit einer neuen Bestzeit rechnete,<br />
so dachte man höchstens an einen Zeitgewinn<br />
von 15, und wenn es wirklich hoch<br />
ging, von 20 Sekunden. Caracciola hat damit<br />
seinen vielen Tausend Klausenfreunden, seiner<br />
Nation, der Fabrik und nicht zuletzt sich<br />
selbst bewiesen, dass er nach langem Krankenlager<br />
doch wieder der alte geworden ist:<br />
einer der wenigen Auserwählten im kleinen<br />
Kreise der ausgesprochenen Meisterfahrer.<br />
Man hat sich bei uns allgemein und rückhaltlos<br />
besonders darüber gefreut dass es gerade<br />
ein schweizerisches und dazu unser klassisches<br />
Bergrennen war, an dem Caracciola<br />
diesen ersten grossen Sieg nach seiner Wiederherstellung<br />
erzielen konnte. Nicht geringer<br />
ist die Anerkennung, die dem Wagen, seinen<br />
Konstrukteuren und Erbauern gezollt wird.<br />
Für seine Bergfähigkeit kann ihm wohl kaum<br />
ein besseres Zeugnis als der Klausensieg ausgestellt<br />
werden!<br />
Und nun zu Stuck! Ein gewiegter Rennmechaniker,<br />
der oben am Ziel auf den seiner<br />
Obhut anvertrauten Wagen wartete, meinte,<br />
Stuck sei eigentlich moralisch am Siege mitbeteiligt<br />
und dieses Urteil, das übrigens nicht<br />
etwa aus dem eigenen Lager kam, scheint uns<br />
durchaus das Richtige getroffen zu haben.<br />
Stucks Wagen lag fabelhaft auf der Strasse<br />
und türmte dem Ziele zu, als fresse er die<br />
Kilometer nur so in sich hinein. Aber gerade<br />
die weitgehende Vertrautheit Stucks mit der<br />
Strecke und das Bewusstsein, sich auf die<br />
Maschine voll und ganz verlassen zu können,<br />
haben ihn vielleicht doch dazu verleitet der<br />
Strasse zu gut zu trauen. Sie überlistete ihn<br />
an einer scheinbar harmlosen Kurve, wo der<br />
Wagen sich wegen der allzu nachgiebigen<br />
Oberfläche fast quer zur Strasse legte, wobei<br />
doch die wenigen Sekunden verloren gegangen<br />
sein mögen, die ihn vom nominellen Sieg<br />
trennen. Möglicherweise konnte er auch im<br />
letzten Teil der Strecke nicht mehr alles aus<br />
dem Motor herausholen, da die Maschine<br />
ziemlich viel Wasser verloren zu haben<br />
schien. Sei dem wie ihm wolle, so ist Stucks<br />
Leistung, die ihm absolut den zweiten Platz<br />
des Tages einräumt, praktisch der seines Gegenspielers<br />
ebenbürtig. Das nämliche darf<br />
wohl von der Maschine behauptet werden, die<br />
ja bereits am Kesselberg ihre Qualitäten am<br />
Berg ebenfalls unter Beweis gestellt hat.<br />
Als Fazit ergibt sich die deutliche Vormacht-Stellung<br />
der deutschen Fabrikate, die<br />
allerdings noch eine bedeutend glänzendere<br />
Illustration gefunden hätte, wenn vorab die<br />
Scuderia Ferrari mit Chiron mit am Kampf<br />
beteiligt gewesen wären. Ob das Endresultat<br />
dann ein anderes Bild zeigen würde, ist<br />
heute müssige Diskussion. Alfa Romeo wird<br />
immer noch und nicht zuletzt in Bern Gelegenheit<br />
haben, zu zeigen, ob sie Mercedes-<br />
Benz und der Auto-Union immer noch<br />
Gleichwertiges gegenüberzustellen haben. Jedenfalls<br />
wird der Jubiläums-KIausen als<br />
ein denkwürdiges Sportereignis in die Geschichte<br />
unseres Autosportes und in die Annalen<br />
der daran beteiligten Fahrer und Firmen<br />
eingehen! b.<br />
(Weitere Klausen-Berichte siehe Seiten 11<br />
und 15.)<br />
X.<br />
Internationales<br />
Klausenrennen<br />
5. August <strong>1934</strong><br />
Rennwagen bis 1100 ce.<br />
H. C. Hamilton (England)<br />
auf M.G. Magnette in 17:53,6<br />
Neuer Rekord<br />
Motorräder 750 cc.<br />
A. Bizzozero auf Douglas<br />
in 17:45,8<br />
Neuer treffender Beweis der Ueberlegenheit von<br />
KLAUSEN <strong>1934</strong><br />
Neuer absoluter Rekord<br />
and<br />
absolut beste Tageszeit<br />
er<br />
Caracciola auf Mercedes<br />
in 16' 22" 2 und mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit<br />
von 83,9 Std./Km.<br />
BESTE ZEIT DER SPORTWAGEN:<br />
Balestrero auf Alfa-Romeo<br />
Beide mit<br />
OSCH-KERZEN<br />
BOSCH-MAGNE<br />
Aosserdem noch:<br />
Vacuum Oil Company N.V., Basel<br />
ff<br />
Spezial<br />
Beste Tageszeit der Motorräder<br />
er<br />
Hänni auf Motosacoche<br />
mit<br />
BOSCH-MAGNETZÜNDER<br />
and noch viele Klassensiege