E_1934_Zeitung_Nr.103
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AUTOMOBIL-REVUE <strong>1934</strong> - N° 103<br />
neo* Notizen<br />
Die Strassenverkehrsliga wehrt<br />
sich gegen die Steuererhöhung.<br />
In ihrer Sitzung vom 22. November a. c.<br />
hat die kantonal-bernische Strassenverkehrsliga<br />
bekanntlich einstimmig eine Resolution<br />
gefasst, die u. a. folgenden Passus enthielt:<br />
«Die Strassenverkehrsliga stellt sich mit aller<br />
Entschiedenheit gegen jede der im Finanzprogramm<br />
der kantonalen Regierung vorgesehenen Steuererhöhungen<br />
für Motorfahrzeug«. Sie ist im Gegenteil<br />
der Auffassung, dass nur durch Erleichterung<br />
der Steuerzahlung und Ausschaltung jeglichen Gewinnzweckes<br />
bei der einzuführenden Radfahrer-<br />
Haftpflichtversicherung volkswirtschaftliche Schädigungen<br />
vermieden werden können, deren Ausmass<br />
gar nicht zu übersehen wäre. Die Liga spricht sich<br />
ebenfalls von vornherein gegen eine jegliche Aenderung<br />
der Gerichtsverwaltung aus, welche die Rechtsstellung<br />
der am Strassenverkehr Beteiligten irgendwie<br />
verschlechtern könnte.»<br />
Diese Woche ist nun die Verkehrsliga an<br />
•die Mitglieder des Grossen Rates mit einer<br />
Eingabe gelangt, welche die obenerwähnte<br />
Resolution näher begründet. Wie erinnerlich<br />
sieht das projektierte Gesetz über die Herstellung<br />
des finanziellen Gleichgewichtes im<br />
Staatshaushalt neben einer Erhöhung der<br />
Motorradmindeststeuern von Fr. 40.— auf<br />
Fr. 50.— vor und dass ferner die motorisch<br />
stärksten Automobile künftig mit einer Gebühr<br />
die 2000 Fr. (früher 1200.—) nicht<br />
übersteigen darf, belastet werden sollen.<br />
Die Eingabe weist darauf hin, dass die<br />
vorgesehenen Steuererhöhungen ungerecht<br />
sind und aus guten Gründen als wirtschaftlich<br />
im höchsten Grade gefährlich bezeichnet<br />
werden müssen. Im weitern besagt die<br />
Eingabe :<br />
« Zweck des Gesetzesentwurfes ist entweder eine<br />
Erhöhung des Maximalsteuerbetrages von Fr. 1200.—<br />
auf Fr. 2000.—, in dem Sinne, dass die obere Steuergrenze<br />
verschoben wird, was für die ganze Steuerskala<br />
eine entsprechende Erhöhung bedeutet, sofern,<br />
wie bisher, die Höchststeuersumme bei Wagen von<br />
39 und mehr PS zu bezahlen ist; oder dann die ausschliessliche<br />
Mehrbelastung der schweren Motorfahrzeuge,<br />
wenn man bei der bisherigen Steuerskala<br />
bleibt und den Höchststeuerbetrag bei Wagen über<br />
50 oder 60 PS erhebt. Im letztern Falle würde dann<br />
die stufenweise Steuererhöhung bei 39 "PS beginnen.<br />
Der Gesetzesentwurf lässt zweifellos beide Arten der<br />
Auslegung zu. »<br />
Im weiteren werden folgerichtig die Nachteile<br />
einer Steuererhöhung auf Automobile<br />
auseinandergesetzt:<br />
«Obschon im Vortrag des Regierungsrates nur<br />
von einer «bescheidenen» Steuererhöhung gesprochen<br />
wird, ist immerhin die Steigerung der Höchstansätze<br />
von 1200 Fr. auf 2000 Fr., also um volle zwei<br />
Drittel, ganz enorm. Nach geltender Steuerskala<br />
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wurden somit Motorfahrzeuge mit 39 und mehr PS.<br />
800 Fr. mehr Steuern pro Jahr zu entrichten haben.<br />
Nach dem weiter oben Gesagten würde sich aber<br />
diese Erhöhung auch auf Automobile mit einer geringeren<br />
PS-Zahl auswirken. So dürfte — um eine<br />
gebräuchliche Motorenstärke herauszugreifen — ein<br />
17- bis 18-PS-Wagen dementsprechend 100 bis 150<br />
Franken mehr versteuern müssen als bisher. Dabei<br />
handelt es sich keineswegs um Luxusfahrzeuge, sondern<br />
zum weitaus grössten Teil sogar um billige<br />
amerikanische Automobilmarken. Wegen der bereits<br />
heute schon sehr hohen Steuer und im Zusammenhang<br />
mit der früher erwähnten Erhöhung der Haftpflicht-Versicherungsprämien,<br />
welche ebenfalls nach<br />
PS abgestuft ist, steht bereits eine grosse Zahl solcher<br />
Automobile unbenutzt in den Garagen. Am Altwagenmarkt<br />
sind derartige sich noch im besten Zustand<br />
befindliche Fahrzeuge oft für einige hundert<br />
Franken ausgeschrieben. Was für ein gewaltiges<br />
Volksvermögen damit vernichtet wird, sei nur nebenbei<br />
als Tatsache erwähnt. Eine erneute Erhöhung<br />
würde deshalb, es sei dies nochmals ausdrücklich<br />
gesagt, einen sofortigen Rückzug einer<br />
grossen Zahl von Automobilen aus dem Verkehr zur<br />
Folge haben, und zwar gerade darum, weil auch<br />
die stärkeren Wagen, d. h. solche mit einer grpsseren<br />
PS-Zahl, nicht als Luxus-, sondern als reine<br />
Gebrauchsfahrzeuge Verwendung finden.»<br />
Ferner wird auch mit Recht wie folgt auf<br />
das ausländische Beispiel verwiesen:<br />
«Es dürfte wohl wenig Sinn haben, wenn man<br />
in der Schweiz die wirtschaftlich so gefährlichen<br />
Experimente wiederholen würde, welche bereits in<br />
unseren Nachbarstaaten schwerste Folgen nach sich<br />
gezogen haben. So hatte durch ständige Steigerung<br />
der Fiskalbelastung des Motorfahrzeugverkehrs die<br />
deutsche Regierung Ende 1932 erreicht, dass über<br />
500000 Motorfahrzeuge aus dem Verkehr zurückgezogen<br />
worden waren. Die Staatseinnahmen, direkte<br />
wie indirekte, gingen infolgedessen um ungezählte<br />
Millionen zurück, und die Arbeitslosigkeit<br />
und allgemeine Stagnation nahmen Riesenausmasse<br />
an. Seit dem Jahre 1933 hat die neue deutsche Regierung<br />
eine entgegengesetzte Tendenz verfolgt, und<br />
sogar zum grossen Teil überhaupt das Motorfahrzeug<br />
von den direkten Abgaben befreit. Die letzte<br />
Verkehrsstatistik ist in umgekehrtem Sinne ebenso<br />
eindrucksvoll wie früher die beängstigende Schrumpfung.<br />
Sämtliche Motorfahrzeuge sind wiederum in<br />
Verkehr. Die gesamte Autoindustrie und alle damit<br />
zusammenhängenden Gewerbe arbeiten in vollem<br />
Umfange, und Hunderttausende fanden dadurch<br />
wieder neue Arbeit. Allein die indirekten Einnahmen<br />
des Staates aus dieser Verkehrsbelebung haben<br />
bereits auf Ende des Jahres 1933 um ein Siebenfaches<br />
die früheren Steuerergebnisse überschritten.<br />
Gleiche Erfahrungen werden ehenfalls in Oesterreich<br />
gemacht. Gegenwärtig melden die österreichischen<br />
<strong>Zeitung</strong>en, dass allein in Wien mit der Einstellung<br />
von mehr als 6000 Wagen auf Anfang des<br />
Jahres 1935 gerechnet werden müsse, infolge der<br />
viel zu hohen Belastungen des Motorfahrzeugverkehrs.<br />
Dabei sei auf Grund langjähriger Erfahrungen<br />
anzunehmen, dass jedes eingestellte Fahrzeug<br />
auf irgendeine Weise einen Arbeiter brotlos macht.<br />
Bereits hat man in richtiger Erkenntnis dieser<br />
Wirtschaftszusammenhänge vielerorts Reduktionen<br />
aller Art auf den Motorfahrzeugsteuern vorgenommen.<br />
Diesen Weg hat man mit Erfolg in Italien eingeschlagen,<br />
desgleichen verfolgt England gegenwärtig<br />
dieselbe Tendenz.<br />
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Unsere Behörden können unmöglich in Missachtung<br />
aller dieser Erfahrungen und Beweise erneute<br />
Lasten beschliessen. Es geht hier nicht nur um die<br />
Frage der Mehrbelastung eines bestimmten, beschränkten<br />
Kreises, sondern um Fragen von höchster<br />
Wirtschaftsbedeutung. Noch klarer wird dies durch<br />
einen Hinweis auf den Lastwagenverkehr, der ja laut<br />
Vortrag des Regierungsrates besonders getroffen<br />
werden soll. Niemand kann heute mehr bestreiten,<br />
dass der Lastwagentransport in Handel. Gewerbe und<br />
Industrie eine unentbehrliche Rolle spielt. Es seien<br />
hier nicht die vom volkswirtschaftlichen Standpunkte<br />
aus zu verurteilenden Ferntransporte darunter verstanden,<br />
sondern der eigentliche Zubringer-, Verteiler-<br />
und teilweise Bahnersatz-Dienst. Eine Verteuerung<br />
des Automobilbetriebes zieht unbedingt eine<br />
Frachtverteuerung, somit eine allgemeine Preissteigerung<br />
nach sich. Bekanntlich sind gerade die Lastwagen<br />
und Omnibusse schweizerischer Fabrikation<br />
mit starken Motoren versehen, so dass durch diese<br />
Steuererhöhung für alle diese Fahrzeuge eine Unkostenerhöhung<br />
von jährlich 800.— Fr. erwachsen<br />
würde. Es bedeutet dies, dass ein solches Fahrzeug<br />
mit fast 70 Fr. Mehrkosten monatlich rechnen müsste.<br />
Abgesehen davon, dass somit indirekt erneut unsere<br />
einheimische Automobilindustrie damit betroffen<br />
würde, indem wiederum ein Anreiz zum Kauf der<br />
mit schwächeren Motoren versehenen ausländischen<br />
Produkte geschaffen wäre, ist es ohne weiteres klar,<br />
dass diese ausserordentliche Belastung schlussendlich<br />
der Wareakonsument tragen müsste. Im Augenblicke<br />
aber, wo nach Möglichkeit danach getrachtet<br />
wird, eine allgemeine Preissenkung herbeizuführen,<br />
würde diese Massnahme gerade das Gegenteil bewirken,<br />
was schliesslich hier nicht ausser acht gelassen<br />
werden darf.<br />
Auf Grund aller dieser Erfahrungstatsachen halten<br />
wir dafür, dass eine Erhöhung der ohnedies<br />
schon an der Grenze der Belastungsmöglichkeit liegenden<br />
Motorfahrzeugsteuern vom Standpunkte des<br />
Motorfahrzeugverkehrs und vom allgemeinen wirtschaftlichen<br />
Gesichtspunkte aus unter keinen Umständen<br />
eintreten darf. Ausländische Erfahrungen<br />
beweisen, dass nur unter Verfolgung der entgegengesetzten<br />
Tendenz, der fiskalischen Entlastung des<br />
Verkehrs und der dadurch hervorgerufenen Wirtschaftsbelebung,<br />
der Staat auf indirektem Wege seine<br />
finanzielle Lage verbessern kann. »<br />
Auch zu der vorgesehenen Gerichtsreorganisation<br />
wird unter folgender Begründung<br />
Stellung genommen:<br />
« Nach Art. 10 e des Gesetzesentwurfes soll Art. 36<br />
der Gerichtsorganisation vom 31. Januar 1909 dahingehend<br />
abgeändert werden, dass die Zahl der<br />
Mitglieder des Amtsgerichtes von 5 auf 3 reduziert<br />
werden soll. Ohne Zweifel ist es für einen Bürger,<br />
welcher als Kläger, Beklagter oder Angeklagter mit<br />
einem Gericht in Berührung kommt, nicht gleichgültig,<br />
ob sich dasselbe aus 3 oder 5 Richtern zusammensetzt.<br />
Ganz besondere Bedeutung erhält diese<br />
Tatsache für sämtliche Verkehrsinteressenten, seien<br />
es Motorfahrzeugbenützer oder Radfahrer, und zwar<br />
deshalb, weil bei der Beurteilung von Verkehrsunfällen<br />
die Fachkenntnisse der urteilenden Instanz<br />
eine grosse Rolle spielen. Bei einem fünfköpfigen<br />
Gericht ist unbedingt eher die Möglichkeit vorhanden,<br />
dass das eine oder andere Mitglied des Gerichtshofes<br />
diese Fachkenntnisse besitzt und sie<br />
seinen Kollegen vermitteln kann, als wenn derselbe<br />
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Die Strassenverkehrsliga erachtet diese Regelung<br />
als nicht von Vorteil, ganz abgesehen davon, dass<br />
der Gerichtspräsident gegenüber den Amtsrichtern,<br />
somit das Berufsrichtertum gegenüber dem Laienrichtertum,<br />
stark an Einfluss gewinnt, was vom<br />
demokratischen Standpunkt aus nur zu bedauern<br />
ist. Die Verkehrsinteressenten könnten nur dana<br />
ihre Bedenken zerstreuen, wenn man ernstlich an<br />
die Schaffung von besonderen Fachgerichten herangehen<br />
würde. »<br />
Zur Abstimmungsvorlage Kasinoplatz.<br />
Im Vordergrund der ganzen Frage steht die<br />
Verbesserung der Verkehrsverhältnisse. Diese sind<br />
in bezug auf die Richtung der Fahrverkehrsströme<br />
zum Teil gelöst, in bezug auf reibungslose Verkehrsabwicklung<br />
durch Schaffung des notwendigen<br />
Raumes ungelöst. Völlig vernachlässigt ist der<br />
Fussgängerverkehr und für den Autobusverkehr,<br />
resp. seine Haltestellen fehlen im Aligmentsplan<br />
und Verkehrsplan jegliche Angaben. Für den Verkehr<br />
von grösster Wichtigkeit sind:<br />
1. Der Engpass bei der Hauptwache;<br />
2. Die Errichtung der Gross-Garage.<br />
Zu 1: Der Engpass ist auch im neuesten Aligmentsplan<br />
auf eine Fahrbahnbreite von 11 m beschränkt.<br />
Schon im Aligmentsplan vom Frühjahr<br />
<strong>1934</strong> war eine Fahrbahnbreite von ca. 11 m vorhanden,<br />
welch ungenügende Breite gerade Anlasa<br />
zu heftiger Kritik und Einsprachen von verschiedensten<br />
Seiten gab. Nach dem heutigen Plan bleibt<br />
die Hauptwache am bisherigen Standort. Für die<br />
Verbreiterung des Engpasses kommt also nur die<br />
gegenüberliegende Seite in Betracht. Die am Du<br />
Theätre südlich anstossenden Häuser, Hotelgasse 12<br />
und 14, sind bereits vor vielen Jahren von der<br />
Gemeinde angekauft worden. Es besteht also heute<br />
die Möglichkeit, diese Häuser zu entfernen, um<br />
den Engpass genügend zu verbreitern. Die Minimalbreite<br />
der Fahrbahn des zu schaffenden Durchganges<br />
bei der Hauptwache sollte 15 m betragen.<br />
Es ist ein Leichtes, diese Minimalbreite zu begründen.<br />
Es muss vor allem auch dem doppelgeleisigen<br />
Tramverkehr in beiden Richtungen der notwendige<br />
Platz gewährt werden. Mit dieser Forderung ergibt<br />
eich auch die (Baulinie für den Neubau südlich<br />
des Du Theätre. Wir sind der festen Ueberzeugung,<br />
dass die Architekten Berns für diese gegebenen<br />
Verhältnisse eine auch städtebaulich einwandfreie<br />
Lösung finden werden. Nachforschungen auf der<br />
Stadtbibliothek haben übrigens ergeben, dass die<br />
westliche Hälfte der Südfassade des Du The"ätre<br />
ursprünglich jahrzehntelang freistand.<br />
Die allerletzte Vorlage trägt weder verkehretechnisch<br />
noch architektonisch den heutigen und<br />
künftigen Anforderungen Rechnung. Der Engpass<br />
ähnelt in der Form einem Flaschenhals, durch<br />
den sich auch beim vorgesehenen Einbahnverkehr<br />
der Verkehrsstrom hindurchzwängen muss, sofern<br />
dort nicht auf weite Sicht Raum geschaffen wird.<br />
Zu 2: Für die Errichtung einer Grossgarage,<br />
bisher 320 (Boxen und unabgeteilte Plätze für<br />
80 Wagen, jetzt in der Botschaft Auto-Abstellhalle<br />
genannt, mit 240 Boxen und unabgeteilte Plätze<br />
für 160 Wagen, müssen wir uns folgende Fragen<br />
stellen:<br />
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