E_1936_Zeitung_Nr.089
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der Reichsbahnen wurde verselbständigt und<br />
das Unternehmen in einen nach kaufmännischen<br />
Grundsätzen geführten Betrieb umgewandelt.<br />
Dadurch gelang es, die Reichsbahn<br />
von der Politik loszulösen. Die Folgen der<br />
Verselbständigung sollen sich nach Gawer in<br />
einer überstürzten Erneuerung des Oberbaues<br />
und Verbesserung des gesamten Wagenparkes<br />
(Industrieaufträge!) gezeigt haben. «Es<br />
entbehrt nicht eines gewissen Reizes » — so<br />
schreibt der Verfasser — «festzustellen, dass<br />
die Vertreter der Privatwirtschaft, die andernorts<br />
die Verschwendungssucht nicht genug<br />
geissein können, in Deutschland zu den<br />
Schrittmachern eines Bauprogramms gehörten,<br />
dessen Zweckmässigkeit in der deutschen<br />
Oeffentlichkeit stark bestritten wurde.»<br />
Allerdings hatte die grössere Beweglichkeit<br />
der privatwirtschaftlich «infizierten» Reichs-<br />
'bahnen auch den Vorteil, dass sie ihre Bedrohung<br />
durch den wachsenden Automobilverkehr<br />
sehr rasch erkannten.<br />
Die Zusammenarbeit mit dem neuen Verkehrsmittel<br />
fand ihre Verwirklichung in den<br />
Ueberlandlinien der Post, währenddem die<br />
Bahn selbst 59 bahneigene Kraftwagenlinien<br />
mit 1767 km Betriebslänge besass. 1931 wurde<br />
mit der grössten deutschen Transportfirma<br />
Schenker ein Vertrag über den Haus-Haustiienst<br />
abgeschlossen. Zu allen diesen Massnahmen<br />
hat sich also Deutschland schon vor<br />
5 bis 8 Jahren entschlossen ! 1935 wurde die<br />
In diesem Blatte schon mehrfach besprochene<br />
*— Regelung des Güterfernverkehrs durchgeführt.<br />
Das Gesetz sieht vor: die verbindliche<br />
Genehmigung (Konzessionierung), die<br />
Tariffestsetzung durch die Behörden zusammen<br />
mit einem Reichs-Kraftwagenbetriebsverband.<br />
Der Werkverkehr aber wurde vollkommen<br />
frei gelassen. Ueberdies haben die<br />
Reichsbahnen ihren Personalbestand um 30000<br />
Mann reduziert und eine zweimalige Besoldüngskürzung<br />
von 10—14 Prozent vorgenommen.<br />
Die Gesamtausgaben der Reichsbahn<br />
einschliesslich Verzinsung und Amortisation<br />
beliefen sich 1935 auf 96,8 Prozent der Gesamteinnahme'n.<br />
Damit stehen die Reichsbahnen<br />
bedeutend besser da als die S.B.B., die<br />
letztes Jahr mit einem Ausgabenüberschuss<br />
abschlössen (112,9 % der Einnahmen).<br />
England<br />
weist im Verhältnis zu seiner Grosse, am meisten<br />
Automobile auf. Es verwundert deshalb<br />
nicht, wenn sich die Konkurrenz des Automobilverkehrs<br />
denn auch sehr stark fühlbar<br />
machte. Mit einem Gesetz von 1933 wurde<br />
der Versuch unternommen, das gegenseitige<br />
Verhältnis der beiden Hauptverkehrsmittel zu<br />
regeln, wobei man alle Lastautos der Konzessionspflicht<br />
unterstellte. Der Werkverkehr<br />
indessen ist frei geblieben. Ein zentraler<br />
Transportrat, der sich in echt demokratischer<br />
Weise aus allen am Verkehr interessierten<br />
Volksschichten zusammensetzt, überwacht<br />
die Durchführung der Verkehrsteilung.<br />
Auch England hat übrigens sein Bahnpersonal<br />
stark reduziert (um 20 Prozent) und einen<br />
Abbau der Löhne von 118 Millionen Pfund<br />
im Jahre 1928 auf 96 Millionen Pfund im<br />
Jahre 1933 vorgenommen. Gleichzeitig wurden<br />
aber Anstrengungen zur Belebung des<br />
Verkehrs unternommen und Monatsretourbillette<br />
für das ganze Jahr geschaffen. Als interessantes<br />
Detail mag nebenbei die Tatsache<br />
Erwähnung finden, dass auch in England eine<br />
Bürokratisierung des Eisenbahnbetriebes festgestellt<br />
wurde.<br />
In Belgien<br />
folgte der Konzessionierung des gewerbsmässigen<br />
Personenverkehrs im Jahre <strong>1936</strong> der<br />
Bewilligungszwang auch für den Güterverkehr,<br />
wobei aber der Werkverkehr nicht mit<br />
einbezogen wurde.<br />
Oesterreich<br />
weist in mancher Beziehung ähnliche Verhältnisse<br />
auf wie die Schweiz. Zur Bekämpfung<br />
der Automobilkonkurrenz hat sich unser östlicher<br />
Nachbar zu folgenden Massnahmen entschlossen:<br />
Hebung des Personenverkehrs<br />
Sybil liess sich wieder auf das Kissen zurücksinken<br />
und wartete, ob Lukas weitersprechen<br />
würde. Aber er sah zum Plafond<br />
und schwieg.<br />
Das Ticken der Uhr wurde plötzlich laut,<br />
klang eilend durch die Stille. Grausam exakt<br />
zersägte es die Zeit.<br />
t Die Uhr...» sagte Lukas entsetzt.<br />
Aber Sybil unterbrach ihn :<br />
« Sie tickt. Das äst ihr Geschäft. Müssen<br />
wir unbedingt über Uhren sprechen, Liebling<br />
? Ich meine...»<br />
Lukas erfuhr nicht, was ihre Meinung war,<br />
denn Sybil verstummte. Sie wandte den<br />
Kopf ab, und ihr Atem ging tief und stockend.<br />
Sie hielt das Gesicht in die Armbeuge gepresst,<br />
er konnte nichts sehen, als den<br />
schmalen Bogen der Augenbraue und ein<br />
Stückchen Schläfe. Er wusste nicht, was ihn<br />
daran so ängstigte, vielleicht lag es an den<br />
tiefen, heiseren Atemzügen.<br />
« Sybil, willst du schlafen, oder »<br />
Er flüsterte :<br />
« Du — — du weinst doch nicht, Sybil ? »•<br />
übfoqtaptde. dec JUOL<br />
Nachdruck verboten, Copyright by Roland-Lennad 1935.<br />
Die <strong>Zeitung</strong> mit der höchsten Aufloge in der<br />
ganzen Welt.<br />
Eines Tages wurde Citroen von einem seiner<br />
besten Mitarbeiter aufgesucht.<br />
«Herr Direktor, ich hab'nen Einfall!»<br />
«Und das war?»<br />
«Sie sollten eine Monatsschrift herausgeben.<br />
Eine Monatsschrift für jedermann. Sie müsste<br />
«Le Citroen» heissen und aus den letzten Seiten<br />
jener Tageszeitungen zusammengesetzt<br />
sein, in denen Sie Reklame zu machen pflegen.<br />
Was halten Sie davon, Herr Direktor?»<br />
«Die Idee ist gut, aber sie interessiert mich<br />
nicht.»<br />
Der Mitarbeiter ging weg, kam aber am<br />
folgenden Tage wieder mit einem Muster unter<br />
dem Arm.<br />
«Ich habe mich gestern zweifellos nicht<br />
glücklich ausgedrückt. Feh bin sicher, dass Ihnen<br />
die Sache gefallen wird.»<br />
Citroen war dennoch nicht überzeugt, aber<br />
er warf gleichwohl einen Blick auf die Vorlage<br />
und ... begriff sofort;<br />
Le Citroen, eine Monatsschrift, Auflage 15<br />
Millionen, wird jedem Franzosen zugestellt,<br />
grösste Auflage aller <strong>Zeitung</strong>en und Zeitschriften<br />
der Welt.<br />
«Einverstanden. Rufen Sie mir mal Pommier<br />
und Haardt I»<br />
Haardt war nicht zu finden. Citroen liess<br />
ihn überall suchen. Denn er wollte die Ansicht<br />
dieses Freundes, das Urteil dieses geschätzten<br />
Mitarbeiters unbedingt hören.<br />
Zwei Stunden später hatte man Haardt aufgestöbert<br />
und ihn zu Citroen gebeten.<br />
Der Automobilfabrikqnt, die Maquette verborgen<br />
haltend, lächelte:<br />
«Meine Freunde, unsere Propaganda verlangt,<br />
dass alle Franzosen regelmässig von ihr<br />
erfasst werden. Wir geben eine <strong>Zeitung</strong> heraus<br />
und nennen sie «Le Citroen».<br />
«Ja, aber Herr Direktor, wie stellen Sie sich<br />
die Ingangsetzung eines solch gewaltigen Apparates<br />
vor?»<br />
«Einfachste Sache der Welt!»<br />
«Ja, aber die Druckerei, das Papier, die Organisation?»<br />
«Das alles ist schon bereit.» ,<br />
«Und wie.gross wird die Auflage sein?»<br />
«Die <strong>Zeitung</strong> wird die grösste Auflage der<br />
Welt haben: 15 Millionen!»<br />
Seine Freunde waren niedergeschmettert.<br />
Bis zum Tag des Erscheinens der ersien Nurrn<br />
^mer behielt Citroen das Geheimnis darübef 9 ><br />
wie die <strong>Zeitung</strong> zur Verteilung gelangen würde,<br />
für sich. Denn er liebte es, auch im engsten<br />
Freundeskreise zu überraschen.<br />
Was uns bei Citroen immer wieder aufs<br />
neue überrascht, das ist die Verschiedenartigkeit<br />
und Vielseitigkeit seiner propagandistischen<br />
Ideen. Er kannte die Reaktionsfähigkeiten des<br />
Publikums und verstand es, ihm sowohl direkt<br />
als auch indirekt sehr gut beizukommen.<br />
Das Flugzeug, welches seinen Namen an<br />
den Himmel schrieb, der Eiffelturm, welcher<br />
wie eine Fackel in die Nacht hinausleuchtete,.<br />
«Le Citroen», die Zeitschrift, welche in 15 Millionen<br />
Exemplaren erschien, das alles rüttelte<br />
die Leute auf, machte Eindruck auf sie. Aber<br />
diese direkte Art der Reklame war brutal. Die<br />
Widerspenstigen wehrten und verteidigten sich<br />
dagegen.<br />
Für diese Sorte von Leuten wandte Citroen<br />
ausschliesslich und sehr anschaulich die indirekte<br />
Propaganda an.<br />
Er wollte, dass eines Tages in jedem Menschen<br />
der Wunsch laut werde, ein Auto, und<br />
zwar einen Citroen zu besitzen. Er sagte sich:<br />
«Es muss bei einer neuen Kundschaft unbedingt<br />
das Bedürfnis nach dem Besitz eines eigenen<br />
Wagens hervorgerufen werden.><br />
Seine Transsaharafahrt, sowie seine Expe-.,<br />
dition durch Zentralasien mit Haardt und Au- S<br />
« Es geht schon vorbei», murmelte Sybil.<br />
«Ich fürchte, das kommt davon, weil ich<br />
doch nicht ganz so glücklich bin, wie ich<br />
vorhin dachte.»<br />
Ihre Stimme war noch immer voll Tränen,<br />
aber als Lukas verstört «Mein Gott! » stammelte,<br />
sich niederbeugte, rief sie laut und<br />
stark:<br />
« Oh ! Küss mich nicht, nein — ich kann<br />
sonst nicht aufhören zu weinen ! »<br />
Sie setzte sich auf und drängte sanft sein<br />
Gesicht fort.<br />
«Es tut mir so leid! Ich kann nichts dafür...<br />
ich... in dieser Uhr sitzt der Satan,<br />
ich glaube, er muss mich verhext haben.»<br />
Lukas hockte noch immer auf dem äussersten<br />
Rand des Diwans, mit hängenden Schultern,<br />
und brachte kein Wort heraus. Sie<br />
weinte! An ihrer Wange hing noch eine<br />
kleine, runde Träne und rollte langsam zum<br />
Kinn. Damals, in der bösen Stunde, hatte sie<br />
nicht weinen können.<br />
«Ich bin ein guter Lehrmeister für Unglück<br />
!» dachte Lukas. Er war bleich und<br />
AUTOMOBIL-REVUE ÖTENSTAG, 3. NOVEMBER «36 — N" 89<br />
Reklame auf weite Sicht<br />
Reklame auf weite Sicht.<br />
*) Siehe «Automobil-Revue» Nr. 87.<br />
IV*<br />
douin-Dubreuil hatten deshalb einen beachtenswerten<br />
Erfolg zu verzeichnen.<br />
Er verstand es wie niemand, auf die Leute<br />
Eindruck zu machen, Wunschträume in ihnen<br />
zu wecken, ihre Aufmerksamkeit geradezu zu<br />
erzwingen.<br />
Ohne eines bestimmten Resultates sicher zu<br />
sein, macht er Reklame für alle Zukunft. Hierher<br />
sind beispielsweise seine Sportspielsachen zu<br />
zählen, die vor sieben, acht Jahren die grosse<br />
Mode bedeuteten. Sie sollten der Jugend den<br />
Reiz zeigen, den ein Auto zu bieten vermag<br />
und in ihr den Wunsch wecken, eines Tages<br />
selbst einen Citroen zu fahren. Citroen wollte<br />
sie schon jetzt zu seinen Kunden machen.<br />
Keine Geheimtuereil<br />
Es Messe sich ein ganzes Buch darüber<br />
schreiben, wie Citroen Reklame zu machen verstand<br />
und wie er sich ihrer bediente.<br />
Er war es, der als erster am Pariser Automobil-Salon<br />
einen Wagen im Längsschnitt zeigte,<br />
so dass jedermann sehen konnte, wie ein Automobil<br />
konstruiert ist und wie es funktioniert.<br />
Er war auch der Erste, der seine Fabriken<br />
dem Publikum zugänglich machte.<br />
«Jedermann soll in meine Anlagen eintreten<br />
und sie besichtigen können. Wer einen Citroen<br />
kaufen will, hat ein Recht darauf, zu wissen,<br />
was Arbeit am laufenden Band heisst und<br />
wie sein Wagen hergestellt wurde. Ich habe<br />
nichts zu verheimlichen.»<br />
Seine Werke erhielten denn auch einen<br />
Massenbesuch von Leuten, die mit grösstem<br />
Interesse den Betrieb in einem Unternehmen<br />
von solch riesigem Ausmass verfolgten.<br />
Kein Wunder, dass Citroen auch darin<br />
nachgeahmt wurde. Aber niemand ging so<br />
weit wie er, und kein Automobil-Konstrukteur<br />
baute je eine Fabrik in Glas wie Citroen in<br />
den letzten Monaten seines Lebens in Javel, wo<br />
sogar die Bureaux den neugierigen Blicken<br />
seiner Kunden nicht mehr verborgen blieben.<br />
Citroen kannte in dieser Hinsicht keine Geheimnisse,<br />
nichts Verborgenes.<br />
Citroen entschied in allen Reklamefragen selbst!<br />
In dem ungeheuren Bienenkorb, dem seine<br />
Werke glichen, war es ihm natürlich unmöglich,<br />
alle Anordnungen selbst zu treffen und den<br />
Gang der Geschäfte zu überwachen. Tausende<br />
von Tonnen Stahl wurden bestellt, ohne dass<br />
er darum befragt wurde. Zubehör-Maschinen<br />
kamen in die Fabrik, ohne dass er sie zuvor<br />
gesehen hatte.<br />
Aber auf dem Gebiete der Propaganda<br />
wurde nichts ohne sein Wissen unternommen.<br />
Hier wollte er selbst dabei sein, selbst prüfen,<br />
abändern und verbessern. Es machte ihm<br />
nichts aus, wegen eines einzigen Fehlers, wegen<br />
eines einzigen Wortes die ganze Seite,<br />
den ganzen Brief, die ganze Zeichnung zehnmal<br />
anfertigen zu lassen. Keine Zeile verliess<br />
die Fabrik, ohne sein Einverständnis.<br />
Er hatte seine ganz bestimmten Ansichten<br />
über die Propaganda. Was er wollte, das waren<br />
Massen-Wirkungen und er frappierte durch<br />
seine Reklame dermassen, dass jedermann eine<br />
weit grössere Anstrengung dahinter vermutete,<br />
als dies eigentlich der Fall war.<br />
So täuschten sich die Reklamefachleute,<br />
seine grössten Konkurrenten, wie überhaupt<br />
alle, die im grossen Reklame zu machen pflegten,<br />
über die wirkliche Höhe seines Propagandabudgets,<br />
und zwar rund um das Doppelte.<br />
— Auch sie waren dem Masseneffekt erlegen.<br />
In Tat und Wahrheit hatte die Vielgestaltigkeit<br />
und das immer wieder Neue und Unerwartete<br />
in der Reklame Citroens seine Konkurrenten<br />
derart verwirrt und entmutigt, dass sie ihn<br />
nicht mehr bekämpften, sondern seinen Spuren<br />
mehr oder weniger kampflos folgten. Und<br />
wenn man ihnen eines Tages gesagt hätte, ihr<br />
i Rivale hätte ein Mittel gefunden, um seinen<br />
Namen an die Sterne zu schreiben... sie wären<br />
kaum überrascht gewesen.<br />
durch Verdichtung der Zugsfolge, Einsetzung<br />
von Kurzzügen, Leichtschnellzügen und Triebwagen,<br />
Fahrpreisermässigungen im Ausflugsverkehr<br />
und Erhöhung der Fahrgeschwindigkeiten<br />
im Güterverkehr durch Einführung<br />
leichter Güterzüge. Die Beförderung von Gütern<br />
mit Lastwagen ist an Mindesttarife gebunden<br />
und ein Verkehr über 100 km ist prak-<br />
konnte kaum atmen. Seine Schuld, alles seine<br />
Schuld!<br />
« Wenn du etwas Nützliches für mich tun<br />
willst, Lukas, dann reich mir bitte die Puderdose.<br />
Ja, dort, in der Handtasche, auf dem<br />
Sessel...»<br />
Während er die Tasche öffnete, nach der<br />
Dose fischte, sagte Sybil langsam :<br />
« Und der Brief — richtig, der Brief!»<br />
« Soll ich ihn dir herbringen ?» fragte<br />
Lukas ergeben. Vor ein paar Stunden hatte<br />
er noch versucht, Sybil davon abzuhalten,<br />
diesen Brief zu lesen. Hatte selbstherrlich die<br />
Tasche konfisziert. Vor ein paar Stunden<br />
war er noch ein freier Mann gewesen, er<br />
konnte sich sehr gut daran erinnern, obwohl<br />
er jetzt beladen war mit Schuld, Betrug und<br />
Tränen.<br />
« N—nein », sagte Sybil zögernd. « Ich will<br />
nicht! Das hat noch Zeit! »<br />
Und Lukas bestätigte eifrig : « Natürlich<br />
hat das noch Zeit...»<br />
«Ja, es ist ein Brief von Konstantin !<br />
Während du mit Marion gesprochen hast,<br />
tisch unmöglich. Wagenladungsgüter können<br />
bis 50 km, Stückgüter bis 80 km, und Sammelgüter<br />
bis 100 km mit Lastwagen befördert<br />
werden, währenddem die Transportdistanzen<br />
im Werkverkehr auf 100 km beschränkt bleiben.<br />
(Inzwischen ist am 1. Oktober <strong>1936</strong> die<br />
Geltungsdauer dieser Vorschriften, welche<br />
den Hauptinhalt der «Lastkraftwagenverkehrsordnung<br />
» darstellten, abgelaufen, und an<br />
deren Stelle tritt wieder der freie Wettbewerb.<br />
Red.) Im übrigen haben die Oesterreichischen<br />
Bundesbahnen ihr Personal um<br />
volle 30000 Mann (von 87 000 auf 56400) reduziert<br />
und einen Gehaltsabbau von 15 Prozent<br />
durchgeführt<br />
Dr. Gawer stellt in seiner Schlussbetrachtung<br />
fest, dass es allen Eisenbahnen gleich<br />
schlecht gehe, unabhängig von deren Organisationsform.<br />
Vor allein übe die Schrumpfung<br />
der Wirtschaft einen verhängnisvollen Einfluss<br />
auf die Bahnen aus. Ueberall zeigt es<br />
sich, dass mit dem Anwachsen der Arbeitslosenziffer<br />
die Frequenz der Bahnen zurückgehe.<br />
Da unseren Bestrebungen nach dieser<br />
Richtung hin bisher der Erfolg versagt blieb<br />
— die Zahl der Arbeitslosen steigt beständig<br />
an —, ist nicht zu erwarten, dass in der Lage<br />
unserer Bahnen eine Wendung zum Bessern<br />
eintritt.<br />
Eine gewisse Schwerfälligkeit in der Anpassung<br />
haben dfe SJB.B. mit andern Bahnen<br />
gemein, aber wir vermögen darin keine Entschuldigung<br />
für die von uns immer wieder<br />
kritisierte Verschleppungstaktik zu erblicken.<br />
AKTUELLES<br />
Holz und seine Verwendung im Sfrassenbau.<br />
Anlässlich des I. Schweiz. Kongresses zur Förderung<br />
der Holzverwertung wurden auch einige,<br />
die Automobilisten interessierende Themas behandelt.<br />
Gestern kam beispielsweise Kantonsingenieur<br />
Suter, Chur, auf das obige, für die einheimische<br />
Waldwirtschaft sehr aktuelle Thema zu sprechen,<br />
wobei der Referent folgendes ausführte:<br />
«Der Annehmlichkeit, die das Holz bei Strassenpflästerunjren<br />
in bezug auf seine Geräuschlosigkeit<br />
und Elastizität gegenüber dem Steinpflaster besitzt,<br />
stehen mancherlei Mißstände gegenüber: Man<br />
pflegt für dieses Holzpflaster geeignete Stücke mit<br />
rechteckigem Querschnitt auszusägen. Durch die<br />
Einflüsse der Atmosphäre beginnt aber das Holz n<br />
schwellen, wobei da« Pflaster hochgetrieben wird,<br />
alsdann stehen einer weiteren Verbreitung dieser<br />
Pflästerung6art seine hohen Kosten entgegen. Demgegenüber<br />
verdient-'efn« neue Art des Holzpflasters,<br />
wie sie zuerst in Dänemark ausprobiert wurde,<br />
Tollste Aufmerksamkeit, zumal hier geringere Holssorten<br />
nutzbringend verwertet werden können.<br />
An" Stelle der rechteckigen Holzstücke werden<br />
für diese Straseendecke Rundhölzer von 5—14 cm<br />
Durchmesser oder entsprechende Spaltstücke bei<br />
einer Länge von 10 cm, versetzt. Die dünneren<br />
Holzsorten, die hauptsächlich nur zu Brennholzzwecken<br />
Verwendung finden, werden für die Pflasterung<br />
entrindet, leicht zugespitzt und in ein Splittbett<br />
verlesrt. Durch nachfolgendes Einwalzen drückt<br />
sich der Splitt ensr in die .Fusron hinein, durch Einechlemmen<br />
mit Splitt oder Steinmehl werden die<br />
noch vorhandenen Zwischenräume gefüllt nnd<br />
schliesslieh kann durch Oberflächenbehandlung mit<br />
Teer oder Asphalt unter gleichzeitiger Splittune das<br />
Holz von oben verft°int werden. Eine zusätzliche<br />
Imprägnierung der Holzknüppel schützt sie vor Bodenfeuchtigkeit<br />
Solche im Auslande erstellte Holzstraesen haben<br />
sich im allgemeinen sut bewährt und gaben Anlass<br />
dazu, dass in der Nähe von Chur eine Probestrecke<br />
in der nämlichen Bauweise erstellt wurde. Auch<br />
hier gelangten dünnere Hol^stücke zur Verwendung,<br />
die in der beschriebenen "Weise in ein Splittbett<br />
eingetrieben wurden. Es zeigte sich, dass imprägniertes<br />
Holz sich besser verhielt, als nicht imprägniertes.<br />
Dagegen war die Versteinung des Holzes<br />
noch nicht soweit gediehen, dass der Belag ohne<br />
Oberflächenbehandlung dem Verkehr hätte standhalten<br />
können. Die Versuche werden daher auf dieser<br />
Basis noch weiter fortgesetzt Bedingung ist, da«<br />
nur vollständig gesundes Holz verwendet wird. Dasselbe<br />
muss noch grün und frisch sein, damit der<br />
Saft die Imprägnierung unterstützt. Der Versuch<br />
hat den Beweis erbracht, dass die Uebelstände der<br />
frühern Holzpflasterstrassen nahezu beseitigt wurden.<br />
Er lässt die Annahme zu, dass eine solche<br />
Strassendecke in waldreichen Gegenden, unter Verwendung<br />
des überschüssigen Holzes, sich rechtfertigen<br />
dürfte. Durch weitere Versuche wird noch<br />
festzustellen sein, welche Holzsorten für derartig«<br />
Strassendecken vorzuziehen sind.<br />
hab ich ihn einfach eingesteckt Ich war so<br />
entsetzt... Gut, Marion war gerade in<br />
Brioni, als Konstantin nach Zürich fuhr, er<br />
konnte sich nicht von ihr verabschieden —<br />
aber das ist doch kein Grund, ihr einen so<br />
dicken Brief zu schreiben. Ein Postpaket,<br />
aber kein Brief! Schliesslieh gab es nichts<br />
Wichtiges zu erzählen, als dass wir heiraten<br />
werden, und das hatte ich Marion sofort mitgeteilt<br />
Weshalb schickt er ihr aus Zürich<br />
einen eingeschriebenen Brief? Bevor ich<br />
nachdenken oder überlegen konnte, hatte ich<br />
den Brief schon in der Tasche. Ich war<br />
selbst erstaunt über mich, ich hatte mich<br />
sehr gewundert...»<br />
Sybil zog die Augenbrauen hoch, um anzudeuten,<br />
wie erstaunt sie über diesen Diebstahl<br />
gewesen war.<br />
«Es ist schändlich, dass man immer bereit<br />
ist, etwas Schlechtes zu glauben. Marion ist<br />
meine beste Freundin, und Konstantin<br />
oh, du weisst nicht, wie gut er ist!»<br />
-71-<br />
Fortsetzuno folat