E_1938_Zeitung_Nr.053
E_1938_Zeitung_Nr.053
E_1938_Zeitung_Nr.053
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
N° 53 — AutomoMI-B«rn» 15<br />
Die Sylmriten<br />
Dass es bei grossen oder kleinen Kämpfen,<br />
spielen sich diese nun auf offenem Felde<br />
oder in den eigenen vier Wänden ab, nicht so<br />
sehr auf die Waffen ankommt als deren richtige<br />
Verwendung, zeigt ein Märchen aus dem<br />
grauen Altertum.<br />
Am blauen Meer von Tarent, ganz im Süden<br />
des heutigen Italien, lag etwa ums Jahr 800<br />
v. Chr. die Stadt Sybaris. Ungeheure Schätze<br />
waren in den Mauern dieser Stadt aufgestapelt<br />
worden und ermöglichten so den Anwohnern<br />
ein freies und sorgloses Leben. Auch<br />
wir nennen heute noch Leute, die in Ueppigkeit<br />
leben, Sybariten. Den schönen Künsten<br />
waren die Bürger dieser sonderlichen Stadt<br />
sehr zugetan. Besonders feinfühlig wurde die<br />
Musik gepflegt. Als vornehmstes Instrument<br />
galt die Flöte, welche bei weltlichen wie bei<br />
kirchlichen Festen gespielt wurde. Ja, sie half<br />
sogar bei der Erziehung der Kinder und der<br />
Haustiere mit. Bei militärischen Aufmärschen<br />
wurde mit Vorliebe die Flöte geblasen. Alle<br />
.militärischen Uebungen wurden vom lieblichen<br />
Klang der einklappigen Flöten begleitet. Die<br />
sybaritische Kavallerie war so ausgezeichnet<br />
dressiert, dass die Pferde nach den Tönen<br />
der Flöte zierlich zu tanzen anfingen. Keine<br />
Parade schloss ohne die Vorstellung eines<br />
solchen Reitertanzes, nachdem der Vorbeimarsch<br />
vor den Staatsoberhäuptern und den<br />
Fürsten zu Ende war.<br />
Mitten hinein in diese friedlichen Zustände<br />
kam die Kriegserklärung der Krotoner. Ein<br />
nichtiger Grund galt als Vorwand, und die<br />
Heere marschierten gegeneinander. Die Sybariten<br />
waren den Krotonen militärisch weit<br />
überlegen, sowohl an Kriegstüchtigkeit als<br />
auch in der grossen Ueberzahl der Streitkräfte.<br />
Man glaubte in Sybaris, die Gegner<br />
mit Leichtigkeit zu überwinden und hatte<br />
schon vor dem Kampfe alles bereitgestellt«<br />
Eine amerikanische Gesellschaft ist mff den<br />
Vorbereitungen für ein Illusionstheater beschäftigt,<br />
dessen Ausmasse alles bisher Dagewesene in den<br />
Schatten stellen sollen. Es handelt sich darum,<br />
dem Publikum den Eindruck einer richtigen Reise<br />
durch den Weltenraum zu verschaffen. Zu diesem<br />
Zweck werden die Zuschauer, bzw. Weltreisenden<br />
in einer tWeltraumraketei Platz nehmen,<br />
die auf einem fahrbaren Gestell ruht. Die Rakete<br />
hat die Form eines riesigen Geschosses. Im Augenblick<br />
des fAbschusses» sprühen aus einer Unzahl<br />
am Hinterteil dieses Geschosses angebrachter<br />
Düsen farbige Lichteffekte, die es mit grosser<br />
Geschwindigkeit ins Freie zu befördern scheinen.<br />
In Wirklichkeit rollt das Fahrzeug in ein kolossales<br />
Planetarium, eine gewaltige Halbkugel, auf deren<br />
Innenwänden vermittels klnematographischer Projektion<br />
eine Reise aus unserem Sonnensystem<br />
hinaus bis in entfernteste Welten vorgespiegelt<br />
wird. Die «Reisender» sitzen an Fenstern, durch<br />
welche sie ihren mit Lichtgeschwindigkeit erfolgenden<br />
Flug durch die Sphären in aller Bequemlichkeit<br />
verfolgen können.<br />
Die amerikanische Westinghouse-Gesellschaft<br />
hat- eine neue Luftreinigungsanlage entwickelt, die<br />
jetzt zum ersten Maie in der Praxis zur Anwendung<br />
gelangt, da ein grosses New Yorker Etablissement<br />
sie nat einbauen lassen. Die eintretende<br />
Luft muss zuerst ein dichtes Netz haarfeiner elektrisch<br />
geladener Drähte passieren; dadurch werden<br />
alte Staubteilchen elektrisch aufgeladen. Eine<br />
unmittelbar darauf folgende Wand aus Eisenplatten<br />
bildet nun ein elektrisches Feld, das wohl die<br />
Luft ungehindert durchstreichen lässt, die Staubund<br />
Schmutzpartikeln jedoch anzieht und festhält.<br />
Die ins Innere des Gebäudes dringende Luft wird<br />
durch diese Vorrichtung, wie Versuche ergaben,<br />
zu 99 Prozent von allen Unreinheiten und Krankheitskeimen<br />
befreit.<br />
DEVISEN<br />
FREMDE NOTEN<br />
REISE-SCHECKS<br />
zu vorteilhaften Kursen<br />
um den Sieg grossartig zu feiern. Wie Katze<br />
und Maus gedachte man zu plänkeln, um<br />
dann den Hauptschlag gegen die Krotoner<br />
mit der Reiterei zu vollführen. In grosser<br />
Masse wurde die Kavallerie urplötzlich eingesetzt<br />
— es gab ein Stocken, ein Dröhnen<br />
und Rasseln vom Getrappel der Hufe und<br />
dem Geklirr der Waffen. Der Erdboden schien<br />
zu erzittern. Doch was kam von krotonischer<br />
Seite entgegen ? Die sybaritischen Reiter<br />
stutzten. Es war ein kleines Häuflein von<br />
Krotonen, ohne Speere und Lanzen, ohne<br />
Schilde, sondern nur mit kurzen, weithin hörbaren<br />
einklappigen Flöten bewaffnet. Darauf<br />
bliesen die Krotoner die hübschen und einschmeichelnden<br />
Tanzmärsche der sybaritischen<br />
Kavallerie. Ein allgemeines Spitzen der Ohren,<br />
die sybaritischen Rosse konnten der Melodie<br />
nicht widerstehen, nach welcher sie Hunderte<br />
von Malen ihre Paradetänze aufgeführt hatten.<br />
Die vorderen Reihen begannen zu tänzeln,<br />
die hintern folgten, und bald drehte sich<br />
die ganze Reiterei von Sybaris machtlos im<br />
Tanze, indessen die Krotoner vorrückten und<br />
ihre Gegner fast ohne Blutvergiessen überwanden.<br />
Ein dreissigfach überlegener Feind<br />
wurde mit einem Häuflein Musikanten überwunden.<br />
Moral der Geschichte: Gegner, habe ich<br />
vorhin gesagt. Es brauchen nicht einmal solche<br />
zu sein. Es könnte ja der mit Vorurteilen befangene<br />
Ehegemahl, ein Freund, eine Freundin<br />
oder sonst jemand sein. Vielleicht sind<br />
diese Leute mit dem Rüstzeug eines guten und<br />
scharfen Maules ausgestattet. Wenn man nun<br />
die Schalmei bläst statt die Kriegsfanfare, so<br />
tänzelt gewiss der Widersacher mit der Grazie<br />
der sybaritischen Kavallerie zurück, genau<br />
wie im Jahre 900 v. Chr.<br />
P. M. Frima.<br />
Reise in, xUnlüdtemaum..<br />
Sine haltlose JMusion<br />
£ulUeUüqung dwuh £ltkUi