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E_1938_Zeitung_Nr.051

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51 — Automobil-Revue<br />

11<br />

Spaziergänge<br />

im Emmental<br />

Es gibt Leute, die das Mittelland zu schätzen<br />

wissen und nicht finden, dass «zwischen Bern und<br />

Burgdorf überhaupt nichts los sei.» Landschaftliche<br />

Sensationen gibt es freilich nicht in und um Burgdorf.<br />

Es sei denn, dass man die vier Flühe für<br />

eine Sensation hält.<br />

In unserer sensationswütigen Zeit ist es angenehm,<br />

einen solchen Ort zu finden. Burgdorf bietet<br />

sich jedenfalls nicht mit grosser Aufmachung<br />

als Touristenort an, und doch ist es viel bereist.<br />

Burgdorf und seine Umgebung sind eins. Das<br />

ist nicht selbstverständlich. Denken wir an Kurorte<br />

und ihre umgebende Natur. Die kleine Emmenstadt<br />

fügt sich ausgezeichnet in den Naturraum, in<br />

dieses vielgestaltige und doch geschlossene Bild.<br />

Das Gemüt erheitert sich an der ungewöhnlichen<br />

Harmonie.<br />

Vier Himmelsrichtungen hat zwar jeder Ort,<br />

aber nicht jeder hat vier verschiedene und doch<br />

so geschwisterliche Charaktere. Es gibt Ortschaften,<br />

die rings von gleichartigen Flühen umgeben<br />

sind, andere erblickt man auf stundenweite Entfernung,<br />

weil sie in der endlosen Ebene liegen;<br />

wieder andere werden von Klüften erdrückt, der<br />

Atem stockt uns. In Burgdorf ist nichts übersteigert,<br />

nichts kleinlich, nichts monoton. Burgdorf hat Höhe<br />

und Tiefe, Enge und Weite, Nähe und Ferne. Sie<br />

wechseln, sie begegnen sich in einem sanften<br />

Rhythmus. Jede Seite bildet den vollendeten Ausgleich<br />

zur andern. Es ist eine kultivierte, eine gestufte,<br />

sinnreiche Landschaft. Kinder, die hier aufwachsen,<br />

hätten die beste Möglichkeit, Leben und<br />

Menschen von verschiedener Seite betrachten zu<br />

lernen. Ist doch die Landschaft ein Seelenbildner<br />

ersten Ranges. In Burgdorf könnte man sich formen<br />

und Mass lernen.<br />

Der Aufenthalt am Ort selber ist schon genussreich.<br />

Burgdorf ist ein Ort, «sonnig und wonnig»,<br />

wie es von Seldwyla heisst. Es geht dabei tüchtig<br />

auf und nieder. Die Schuster haben zu tun. Man<br />

mag schauen von welcher Seite man will, immer<br />

bietet sich ein gutes Stadtbild.<br />

wert ist wie öusserlich. Er bewundert das schone,<br />

alte Zunfthaus am Kirchbühl. Er besucht wohl den<br />

Rittersaal im Schloss und die Ethnographische<br />

Sammlung. Schliesslich macht er einen Rundgang<br />

über das Gärten- und aussichtsreiche Gsteig.<br />

Wir erhalten den besten Ueberblick vom Bergfried<br />

des Schlosses aus. Nach Sonnenaufgang<br />

ist Burgdorf ein Idyll. In den Wiesen, von<br />

Wäldern umgeben, stehen Sommerhaus und Bartholomäuskapelle.<br />

Diese stille Lieblichkeit findet<br />

ihren charaktervollen Gegensatz in der schroff anschliessenden<br />

Fluhwand. Es folgen drei weitere<br />

Felsen. Die Fluhwälder treten in den nahen Gesichtskreis<br />

des Beschauers. Den Burgdorfern kommt<br />

die Sonne nicht von weither. Plötzlich flammt sie<br />

morgens über den Felsen auf. Milder versinkt sie<br />

in den abendlichen Hügeln.<br />

Nach Norden zieht sich eine sachte Landschaft<br />

zum Jura hin, mit Erlen und Weiden am<br />

Emmenbord, mit ausgedehnten Dörfern und ebenem<br />

Ackerland (und mit berühmter Autostrasse<br />

über Kirchberg!). — Wer den Wald liebt, liebt<br />

die Abendseite. Hier findet er massige Waldberge<br />

— und Täler, Tannen und Buchen und Unterholz,<br />

Pilze, Beeren, Fuchslöcher, Vögel, Schnepfen<br />

und was Herz und Auge begehrt.<br />

Vom Süden hat Burgdorf seine nähere Bezeichnung,<br />

Burgdorf im Emmental. Emmentalisch<br />

ist sein Charakter. Ohne Ausblick ins grüne,<br />

saftreich ansteigende Hügelland und zu den<br />

Schneebergen wäre es immer noch ein hübscher<br />

Ort mit Flühen, Ebene und Wald, sowie es manche<br />

Orte gibt. Das «Sonnige und Wonnige»<br />

kommt ihm vom Emmental. Hier wird die Landschaft<br />

gross wie nach Norden, doch geformter und<br />

heiterer. Es gibt Landkarten, die machen aus den<br />

Berner Alpen eine Theaterkulisse für Burgdorf. Das<br />

ist falsch, Burgdorf hat zwar eine kultivierte Kleinbühne<br />

und ein theaterliebendes Publikum, aber<br />

dies ist anderlei. — Man öffne an einem schönen<br />

Morgen die Fenster, es mag Sommer oder Winter<br />

sind die wuchtigen Herolde der Alpen, Vollender<br />

der Weiden- und Vorbergeinsamkeit.<br />

Nun aber machen wir eine Fahrt durchs Unteremmental.<br />

Auf langer Strecke zwischen Burgdorf<br />

und Affoltern hat man das Glück, Jura, Oberaargau,<br />

Emmental und Alpen gleichzeitig zu sehen.<br />

Diese vielbefahrene Strecke über Sommerhaus-Kaltacker<br />

und Lueg beginnt ohne grosse<br />

Vorverkündigung. Hat man über dem Sommerhauswald<br />

die Höhe gewonnen, so wirkt die Ueberraschung<br />

um so grösser. Man spürt auch, diese<br />

Landschaft kann sich nicht plötzlich verniedlichen,<br />

denn sie hat selber den Schritt des Landmanns,<br />

der über Acker geht und im Werk die Erde<br />

segnet.<br />

Auf der Lueg hält man an und geht zum Heiliglandhubel<br />

hinauf. Eine unbeträchtliche Steigung,<br />

mit jedem Schritt gewinnen wir grössere Uebersicht.<br />

Lustige Bärner Meitschi.<br />

Zu den kurzen Ausflügen gehört alles, was man<br />

in einem ganzen oder halben Tag von Burgdorf<br />

aus unternimmt. Affoltern' ist das gewöhnliche<br />

Endziel der Kaltackerreise. Von hier führen viele<br />

Emmenfalerwege nach Burgdorf zurück, aber man<br />

erreicht auch Langnau, Signau und Konolfingen<br />

in kürzester Zeit.<br />

Photo Tuggener (Zingg)<br />

Zwischen Langnau und Konolfingen liegt die<br />

Moosegg, erreichbar von Lauperswil, Rüderswil<br />

und Emmenmatt. Das vielbesuchte Kurhaus steht<br />

auf 972 m Höhe im Weideland. — Blumenfreunde<br />

zieht es ins Waldhaus ob Lützelflüh zu den berühmten<br />

Kulturen. Dies ist nun ja Gotthelfs Land.<br />

Wie zu seiner Zeit liebt, pflegt und betreut die<br />

Emmentaler Bäuerin ihren Flor. Uebrigens liebt<br />

auch der Burgdorfer Blumen. In den Gassen blüht<br />

es, wenn auch nicht von Gärten, so doch tausendfach<br />

vom Fenstersims.<br />

Die skifreudige Burgdorfer Jugend fährt gerne<br />

ins Signau zum Chuderhüsi. Aber auch die Gumm<br />

über Biglen, oder Truberland und Napfgebiet<br />

haben grosse Anziehungskraft. All dies zählt zum<br />

Sonntagsausflug der Burgdorfer. Es gibt daneben<br />

ausgedehnte Tagestouren in die Vorberge, ins Eriz<br />

und an den Thunersee; es gibt Rundtouren über die<br />

Falkenfluh nach Schlegweg- oder Schnittweyerbad,<br />

Heimenschwand, Steffisburg. Was aber stets am<br />

meisten lockt, das ist «ein weisses Spitzchen»,<br />

wenn nicht eine drohende Zacke über Wald- und<br />

Weideland.<br />

So ist Burgdorf Ausgangspunkt nach Unter- und<br />

Oberemmental, nach dem Jura und Oberaargau,<br />

nach Thun und den Schneebergen.<br />

Gertrud Egger.<br />

Das Städtchen wird vom Zähringerschloss und<br />

der edlen gotischen Kirche flankiert. Ober- und<br />

Unterstadt sind gefällig durch Brücke, Treppe und<br />

grosszügige Kehrstrasse verbunden. Mit angeborener<br />

Kunstliebe schützt der Burgdorfer die Zeugen<br />

altbernischer Baukunst. Letzter Zeit wurden<br />

zwei besonders repräsentative Stadthäuser durch<br />

Fresken geschmückt. Der Einheimische liebt diese<br />

Schilderungen, der Fremde ergötzt sich daran.<br />

Wenn Burgdorf schon seinen grossen Brand erleben<br />

musste, so kann es von Glück sagen, dass<br />

das lang vor 1900 geschah. Wie hätte man im<br />

«Jugendstil» wohl aufgebaut? Nun aber fügt sich<br />

das neuere Burgdorf ruhig ins Gesamtbild. Wir<br />

haben da ein richtiges Landstädtchen. Der Bauer<br />

handelt wie in Langnau, und die Jungfer geht<br />

gerne z'Märit.<br />

Biedermeier-Truhe ans dem Emmental.<br />

Burgdorfs Sehenswürdigkeiten sind nichts für<br />

Bildungs- und Baedeker-Philister. Cook-Reisende<br />

kommen nicht hierher. Wer Burgdorf aufsucht, liebt<br />

es und sieht es deshalb mit richtigen Augen. Er<br />

bemerkt, dass die Stadtkirche im Innern so sehenssern,<br />

in leichtem Dunst oder offener Klarheit erheben<br />

sich die Berge, nah und doch ferngerückt,<br />

niemals theaterhaftI So ist die Umgebung vornehm<br />

und lieblich zugleich.<br />

Es braucht nur das nächste Ausflugsziel, die<br />

R o f h ö h e, und man übersieht die reichen Möglichkeiten<br />

für Wanderung und Fahrt im Emmental.<br />

Man schaut zunächst noch einmal über das<br />

Hügelstädtchen. Die Gassen schwingen sich<br />

von Westen nach Osten, die rückwärtige<br />

Horizontlinie wiederholt den Schwung. Sie<br />

wird südöstlich in das reichere Grün der Fluhhäupter<br />

hinübergeführt. In unendlichem Kleinmosaik<br />

liegen Wiesen und Aecker über dem Emmenlauf.<br />

Bald entschwindet das Einzelne dem<br />

Blick, die Hügel folgen sich in beschwingter Flucht.<br />

Keine Wunde ist in diese Landschaft geschlagen,<br />

kein Industrieort verhässlicht das sommerliche Bild<br />

oder das ruhige Schneegelände.<br />

Streng schliesst der Hohgant diese Welt ab.<br />

Hier ist Quellgebiet der Emme, Ausgang des<br />

Emmentals. Hohgant, Schrattenfluh, Schibegütsch<br />

Kommende Ereignisse |<br />

Bucl! 2S./2S. Juni: XXII. Schweiz. Hochschulmefsterschaften:<br />

Leichtathletik, Schwimmen, Schiessen, Fechten.<br />

23. Juni: Sommernachtfest d. T. C. S. t Automobüsektion beider<br />

Basel (Zool. Garten).<br />

28. Juni-3. Juli: Basler Tennismeisterschaften (Margarethenpaxk).<br />

27. Juni er. 4. Juli: Serenade im ICreuzgang des Munsters<br />

(Studentenschaft Basel).<br />

BeülMMnai 29. Juni und 2./3. Juli: Jubflaumsschiessen der «Societa<br />

Carabinieri di BeHinzona».<br />

Bern: 28. Juni ev. 3. Juli: Grosaer Kinderumzug (Bern in Blumen).<br />

La Chamc-de-Fond»: 2S./26. Juni: Kantonal-neuenburgisches<br />

Musikfeet.<br />

Colombier: 2S./26. Juni: Schwell. Müitärwettk&mpfe (Fechten;.<br />

Gstaadr 26. Juni-3. Juli: Oberland. Schützenfest.<br />

Lausanne: 2S./26. Juni: Flugwettbewerb, nationaler (Lausanne-<br />

Blecherette).<br />

Inumzn: 26. Juni: Golfwettspiel: Richard Winch Cup.<br />

28. Juni: Schweiz. Meisterschaft im 23 km-Gehen.<br />

27. Juni: Lieder- und Arienabend des Tenor« Tito Schipa<br />

(Kursaal).<br />

Martern 28. Juni: Historisches Murtenschiessen.<br />

Rorscbach: 26. Juni und 3. JuE: Grosser Umzug anlässlich des<br />

60jährigen Jubiläums des Gemeinnützigen und Verkehrsvereins.<br />

Festspiele.<br />

St. Gallen: 26. Juni: Nat. Bergprüfungsfahrt Bheineck-Walzenhausen-Lachen,<br />

organisiert vom A. C. S., Sektion<br />

St Gallen-App.<br />

Sl. Merlrzi 2S./26. Juni: XTV. Bündnerisches Kantonal-Gesangfest.<br />

Thort: 2S./26. Juni: Concoura hippique.<br />

Interessante Erfindungen<br />

für den Strandbadkomfort.<br />

Der Strandlift von Fürigen am Vierwaldstättersee,<br />

der letztes Jahr eingerichtet wurde, stellt eine<br />

sehr interessante technische Neuerung dar. Wie<br />

der Skilift, dem er nachgebildet ist, wird er Schule<br />

machen. Vom Strand zur 35 m höher gelegenen<br />

Sport- und Spielwiese befördert er auf 19 an einem<br />

starken rollenden Seil angehängten Ständern stündlich<br />

1140 Personen. Der Badegast schwebt auf seinem<br />

Ständer in geringer Höhe in elastisch angenehm<br />

schwingender Fahrt über dem Boden dahin. Fürigen<br />

hat vor zwölf Jahren auch die heute so beliebten<br />

flachen Badeboote zum ersten Mal lanciert.<br />

Schweizer Wehrgeist in der Kauet.<br />

Im Luzerner Kunstmuseum ist bis zum 1. August<br />

die Ausstellung «Schweizer Wehrgeist in der Kunst»<br />

zu sehen, die von den Miniaturen der Minnesingerhandschriften,<br />

den Chronikillustrationen des 15. und<br />

16. Jahrhunderts und den Zeichnungen und Scheibenrissen<br />

der Renaissancekünstler bis zur jüngsten<br />

Gegenwart reicht. Neben den alten Darstellungen<br />

der Holbein, Nikiaus Manuel, Urs Graf, Tobias<br />

Stimmer usw. und neben den grossen Gestaltungen,<br />

die das Thema in der Neuzeit durch Hodler erfahren<br />

hat, erwecken besonderes Interesse eine Reihe<br />

prächtiger Porträts schweizerischer Söldnerführer<br />

in fremden Diensten, die zum Teil von bedeutenden<br />

Malern, wie von Anton Graff, Hyacinthe Rigaud<br />

u. a. m., stammen. Kulturhistorisch bietet die Ausstellung<br />

mit ihren Belagerungs- und Schlachtenbildern,<br />

ihren Darstellungen von Paraden und<br />

Empfängen, von Uniformen und Waffen aus sechs<br />

Jahrhunderten jedem Besucher reiche Anregung.<br />

kdoie<br />

Wasserkuren.<br />

In den dreissiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts<br />

stand in Aerztekreisen das Thema vom<br />

Wert oder Unwert der Wasserkuren häufig zur<br />

Diskussion. Bei einem solchen Streit der Fachgelehrten<br />

meinte der durch seinen Witz bekannte<br />

Berliner Arzt Doktor Heim: «Ich halte nicht viel von<br />

ihr. Schon die erste Wasserkur, die Sintflut, hat<br />

nichts genützt und mehr Menschen umgebracht als<br />

geheilt.»<br />

Dem Prinzen Conde wurde einmal von einem<br />

untalentierten, aber eingebildeten jungen Schriftsteller<br />

eine Grabschrift auf Moliere zur Begutachtung<br />

vorgelegt. «Ich danke Ihnen», antwortete der Prinz,<br />

«aber lieber wäre es mir, Moliere würde mir die<br />

Ihre vorlegen.»

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