E_1939_Zeitung_Nr.063
E_1939_Zeitung_Nr.063
E_1939_Zeitung_Nr.063
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
BERR, Freitag, 4. August <strong>1939</strong><br />
Automobil-Revue - II. Blatt; Hr. 6<br />
Die Dame<br />
am Volant<br />
Während r sie früher stets erklärte: Ich bin - doch<br />
nur eine schwache Trau, die Führung überlasse ich<br />
dir, meinem Mann! und dabei aber insgeheim und<br />
unmerklich doch die Steuerung durchführte, tarnt<br />
sie diese — heute wenigstens — in einer Art<br />
nicht mehr. Elastischen Schrittes, in sportlicher<br />
Dress nimmt sie nämlich in ihrem Wagen Platz, und<br />
fest und .zart zugleich greift ihre kleine Hand in<br />
den sensiblen Volant. Dabei nimmt eventuell eine<br />
männliche Figur, jetzt bloss ein Komparse, neben*<br />
ihr Platz, der nur lediglich respektvoll die geleistete<br />
Kilometerzahl vom Zähler abzulesen versucht.<br />
— Der Gatte oder der Chauffeur, beziehungsweise<br />
der Freund...<br />
Als letzthin in einer Gesellschaft über die<br />
Gründe der Wandlung der Frau debattiert wurde,<br />
hinsichtlich ihrer Energie und anderer gewisser<br />
akquirierter, fast männlicher Eigenschaften, da<br />
meinte ein Automobilfabrikant, der Kraftwagen sei<br />
auch ein wichtiger Faktor bei dieser, seinerzeit<br />
mit erster Geschwindigkeit erfolgten Metamorphose.<br />
Und Wahres mag schon daran sein, wenn<br />
auch noch andere Kräfte mitgewirkt hatten.'<br />
Das Moment, sich selbständig und zur Unabhängigkeit<br />
zu formen, spielte bei der Dame am<br />
Volant mit dem Antrieb zur sportlichen Betätigung<br />
eine grosse Rolle. Und mit viel Ehrgeiz ward versucht,<br />
die Männer auch sonst entbehrlich zu machen,<br />
denn selbst an die mechanischen Arbeiten<br />
ging die Dame heran und durchaus mit Erfolg, wie<br />
man zugeben muss. Dadurch erfuhr sowohl das<br />
sportliche, wie das natürliche Selbstbewusstsein<br />
eine bedeutsame Hebung und die für die Führung<br />
nötige Konzentration und Entschlossenheit entwickelte<br />
stählerne Nerven — schnelle Entschlussund<br />
Handlungsfähigkeit. Eine Schule für vorwiegend<br />
männliche Eigenschaften, für die Geistesgegenwart,<br />
verdient also in dieser Hinsicht der<br />
Autosport genannt zu werden. — (Und damit auch<br />
eine Trainierung, Pannen im eigenen Leben zu<br />
verhüten!)<br />
'<br />
Zu dieser attraktiven Wirkung gesellte sich<br />
auch noch der Grund, dass das Chauffieren als<br />
eine Erfrischung erkannt wurde, eine Ablenkung<br />
von der Nervosität beruflicher Sorgen, häuslicher<br />
Ueberlastung usw. Schliesslich, last not least, kam<br />
auch noch der schwerwiegende Anreiz hinzu, dass<br />
das Auto den Damen* Gelegenheit gibt, nicht nur<br />
zu sehen, sondern auch gesehen und dabei bewundert<br />
und beneidet zu werden wegen der im selbstgeführten<br />
Wagen durch diesen verliehenen repräsentativen<br />
und ausgeprägt eleganten Note...<br />
Denn was vermag dem sportlich schicken oder<br />
gesellschaftlich brillierenden Exterieur der Dame<br />
wohl einen vorteilhafteren Rahmen zu geben als<br />
das schnittige Auto,.. an .dessen Steuer „sie sich<br />
ohne oder mit dem-adretten Chauffeur zeigt, dessen<br />
Uniform auch zu-einer vorzüglichen Folie für<br />
die Dame abgestimmt sein kann. — Oder sie präsentiert<br />
sich mit ihrem ausgewählten treuen Rassehund<br />
— (nur Hunde sind treu!), der wirkungsvolle<br />
Harmonie oder überraschend reizvollen Kontrast<br />
zu ihrer persönlichen Note zu schaffen vermag.<br />
(Und sie beweist damit, dass trotz der Krise<br />
ihr. Gatte oder Freund doch noch nicht auf den<br />
Trlund gekommen ist!) ._ ^ *"