28.02.2018 Aufrufe

E_1939_Zeitung_Nr.067

E_1939_Zeitung_Nr.067

E_1939_Zeitung_Nr.067

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

JJO 67 — Automobil-Revue<br />

ran<br />

Von uns&inAlpenpflanzen<br />

Es war ein ausgezeichneter Gedanke, auf der<br />

Schynigen Platte ob Interlaken einen Alpengarten<br />

erstehen zu lassen. Zu der begnadeten Fülle und<br />

Grossartigkeit dieses Aussichtsberges noch dieses<br />

Menschenwerk, das uns in die kleinen Geheimnisse<br />

der Natur einführen will.<br />

Aurikel — Flühblume — Primula auricala, eme<br />

immer gerngesehene Blume; bevrrzugt feuchte<br />

Felsspalten.<br />

Menschenwerk ist fast zu viel gesagt, denn es<br />

Ist ein Stück abwechslungsreiche Weide, in die<br />

der Mensch auf Etiquetten Erklärungen hineinsteckt.<br />

Gleich am Eingang ein steiler Grashang,<br />

ßlaugrashalde nennt's der Botaniker wegen dem<br />

reichen Vorkommen dieses Grases, und wir werden<br />

belehrt, dass in ihr eine reiche Zahl schöner<br />

Blüher vorkommt. Unser vielbegehrtes Edelweiss<br />

findet sich darin, der Wundklee, dos Sonnenröschen<br />

und die kleine Orchidee mit dem Vanilleduft,<br />

im Volke t Bränderli > genannt.<br />

Kaum ein paar Schritte weiter, ohne sichtlichen<br />

Grund, ist ein anderes Gras, die Horstsegge,<br />

tonangebend und noch etwas weiter die<br />

rostrote Segge. Hier blüht kurz nach der Schneeschmelze<br />

die weisse, aussen lila angehauchte<br />

Alpenanemone (Haarmanndli) — Anemone alpina.<br />

Alpenanemone. Viele haben diese Pflanze nie<br />

recht blühend gesehen, da sie schon zu einer<br />

Zeit blüht, in der man gewöhnlich noch nicht in<br />

die Berge steigt. Aber kennen tun die Pflanze alle,<br />

da später ihre Samenstände, die beliebten Haarmanndli,<br />

nicht übersehen werden können.<br />

Ueberall in den Bergen, wo wir gerade stehn<br />

oder gehn, sind wir in einer bestimmten Pflanzengesellschaft<br />

drin, die immer wieder die gleichen<br />

Arten enthält. Wir achten's kaum, so sind wfr's<br />

gewöhnt. Oft wechseln diese Pflanzengesellschaften<br />

auf kurze Strecken, kaum dass man den<br />

Grund dafür kennt. Kleine Unterschiede des Bodens,<br />

der Feuchtigkeit, der Lage und Besonnung<br />

mögen das bewirken. Wir staunen, wie die Pflanzen<br />

darauf Rücksicht nehmen, wo wir Menschen<br />

kaum Unten hiede herauszufinden imstande<br />

sind.<br />

Trollblume — Trollius europaeus, ist auf feuchten<br />

Stellen oft massenhaft zu finden.<br />

Da wird der Hang noch etwas steiler, Fels tritt<br />

"hervor, trittartige Stufen entstehen, wenig Erde<br />

findet da noch Halt. Das sind die Plätze, wo unsere<br />

bewimperte Alpenrose sich wohlfühlt.<br />

Dort sind die Felsstuferi grösser und günstiger,<br />

Erde, Humus bleibt in dicken Kissen darauf liegen.<br />

Heidelbeeren, Bärentrauben, Weiden und Heidekraut<br />

siedeln sich da in polstriger Weise an und<br />

hier fühlt sich die rostrote Alpenrose so recht<br />

wohl.<br />

Rings um Sennhütten, wo das Vieh lagert und<br />

düngt, da schiesst's üppig ins Kraut. Neben riesigen<br />

Nesselstauden stehen Büsche von blauem<br />

Eisenhut, vom unscheinbaren « Guten Heinerich >.<br />

Hier leuchtet hellgelbgrün das Kraut der stachligsten<br />

aller Disteln, Dazwischen Flächen von<br />

Alpenampfer, im Volksmunde « Blocken > genannt<br />

und dort eine ganze Wiese vom Taumantel. Wenn<br />

wir diese morgens durchschreiten, sind unsere<br />

Schuhe gründlich gewaschen. Diese Pflanzengesellschaft<br />

nennt man allgemein Lägerflur.<br />

Dort in jener Geländemulde ist's auch üppig.<br />

Im Spätsommer leuchtet's aus ihr in allen Farben.<br />

Ein Stück Hochstaudenflur hat sich da angesiedelt:<br />

Hier bleibt der Schnee lange liegen, der Boden<br />

wird tief mit Schmelzwasser gesättigt. Das absterbende<br />

reichliche Kraut verfault an Ort und<br />

ergibt einen fetten Humus, der uns die ungewohnte<br />

Ueppigkeit in dieser Höhenlage erklären<br />

lässt.<br />

Wiederum dicht daneben weite Flächen ganz<br />

niederen Grases, Borstgraswiese genannt. Dieser<br />

magere Rasen ist meist als Folge der Beweidung<br />

anzusprechen. Jedes Blümlein wird da vom Vieh<br />

weggefressen, Samenbildung, also natürliche Vermehrung<br />

der Pflanzen, wird unterbunden und zuletzt<br />

haben wir diese ausgedehnten, mageren<br />

Weideflächen. Enziane, Mehlprimel, Katzenpfötchen,<br />

die behaarte Glockenblume finden sich<br />

darin.<br />

Unter den Alpenpflanzen werden viele als<br />

Heilkräuter geschätzt. Denken wir an den Frauenmantel,<br />

ans Silbermänteli, den eben genannten<br />

Arnika, an Bärentrauben, Wacholder und was<br />

der beliebten Kräutlein mehr sind. Alle diese sind<br />

im Alpengarten auf einer hübschen kleinen Anlage<br />

zusammengestellt.<br />

Auch die besten Futterkräuter für das liebe<br />

Vieh lernen wir kennen. Z. B. Muttern, dann Adelgras,<br />

eine Wegerichart, die ihrer grasartigen<br />

Blätter wegen so genannt wird, und das Milchkraut.<br />

Arnika — Arnica montana, eine geschätzte Arzneipflanze.<br />

Sogar das Geröll, die Geröllhänge haben ihre<br />

Bewohner, die sich in den so unfreundlichen<br />

Steinen wohlfinden. In wunderbarer Weise vermögen<br />

da oft ganz zarte Pflänzchen sich wohlzufühlen.<br />

Ja, es sind oft fast die eindrücklichsten Kinder<br />

unserer Bergflora, die zwischen den scheinbar toten<br />

Steinblöcken freudig und lebenslustig blühen.<br />

Edelweiss — Leontopodium<br />

alpinum.<br />

Milchlattich — Mulgedium<br />

Plumieri, eine<br />

auffallende Grossunserer<br />

Alpenflora.<br />

Wie diese zarten Pflanzen da ihr gutes Auskommen<br />

finden, das muss man im gedruckten<br />

Führer des Alpengartens nachlesen.<br />

Jede Bergfahrt, zur Sommer- oder Winterzeit,<br />

wird reicher und schöner, wenn wir etwas um die<br />

Geheimnisse des stillen Waltens dieser Naturgesetze<br />

wissen. Trotz der zeitweisen Rauhheit des<br />

Bergklimas herrscht auch da oben allenthalben<br />

wohlgeordnete Gesetzmässigkeit. Das fast übersehene,<br />

kaum, meterhohe Tanngrotzli oben am<br />

Grat in 2000 Meter Höhe, angeklebt an den steilen<br />

Hang, nötigt uns mit seinen vielleicht 100 Altersjahren<br />

plötzlich mehr Respekt ab wie seine üppigen,<br />

gleichaltrigen Brüder, die im Tal unten den<br />

schattigen Wald bilden.<br />

Der Respekt vor all' diesen Dingen steigt. Wir<br />

rupfen weniger gedankenlos olles ob, was uns<br />

gerade pflückenswert erscheint. Ganz von selber<br />

werden wir zum Schützer all" unserer Bergpflanzen,<br />

und bald sind wir so weit, dass wir gedankenlose<br />

Mitmenschen auf frevles Tun aufmerksam machen.<br />

Links: Wollgras — Eriophorum Scheuchzeri. Die<br />

silbernen Fruehtbesfände leuchten oft zu Tausenden<br />

an feuchten Orten.<br />

Recht«: Gelber Enzian — Gentiana lutea. Die charaktervolle<br />

Pflanze liefert mit ihren Wurzeln den<br />

Magentröster Enzian.<br />

Fahren Sie nur mit der<br />

neuen Hallwag-Autokarte<br />

Sie vermeidet das Urnfalzen beim. Gebrauch im Wagen<br />

Das ist aber nur einer der sechs Vorteile,<br />

die sie auszeichnen:<br />

1. Das schönste Autokartenrelief<br />

2. Genaueste Masseinteilung<br />

3. Detaillierte Beschriftung<br />

4. Unvergleichliche Übersichtlichkeit<br />

5. Bis April <strong>1939</strong> nachgetragen<br />

6. Neue Falzung<br />

1:300000<br />

In allen Buchhandlungen erhältlich. Auf zähem Papier Fr. 3.50, Leinen Fr. 5.—<br />

VERLAG HALLWAG BERN, Abteilung Autotouristik

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!