E_1948_Zeitung_Nr.016
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II. Blatt<br />
BERN, 31. März <strong>1948</strong> AUTOMOBll-REVUE<br />
II. Blatt<br />
BERN, 31. März <strong>1948</strong><br />
Geschichte und Konstruktion<br />
der Auto-Union-Rennwagen<br />
Die Entwicklung des neuen Rennwagens wurde<br />
dem Werk Horch in Zwickau übertragen. Am<br />
6. März 1934 stellte sich der neue Porsche-Auto-<br />
Union-Rennwagen als « P-Wagen » mit Hans Stuck<br />
am Steuer der Oeffentlichkeit auf der Avus bei<br />
Berlin mit drei neuen Weltrekorden über die Distanz<br />
von 100 Meilen, 200 Meilen und eine Stunde<br />
vor. Die Konstruktion bewährte sich in zahlreichen<br />
Rennen und weiteren Rekordfahrten und wurde im<br />
wesentlichen unverändert bis 1937 beibehalten.<br />
Auch der nach dem Ausscheiden Dr. Porsches aus<br />
der Zusammenarbeit mit der Auto-Union AG, in<br />
Zwickau gebaute 3-Liter-Formel-Rennwagen für<br />
1938 behielt noch wesentliche Merkmale der Porsche-Konstruktion<br />
wie: Motorbauweise, Rahmen,<br />
Abb. 2<br />
Per Zwölfzylinder-Dreilitermotor in V aus dem Jahr 1938.<br />
Draufsicht auf das eingebaute Aggregat.<br />
Vorderachse, Anordnung des Triebaggregates usw.<br />
bei. Der für 1940 von der Auto-Union geplante<br />
1 1 A-Liter-Rennwagen kam infolge des Krieges nicht<br />
mehr zur Ausführung; lediglich die Motorstudien<br />
gelangten weitgehend zum Abschluss.<br />
Von 1934 bis 1937 stellten die Auto-Union-<br />
Rennwagen 15 Weltrekorde und 23 Klassenrekorde<br />
auf und belegten in 55 Rennen 32 erste Plätze.<br />
Fortsetzung von Seite 1<br />
Allgemeine Gesichtspunkte für die Heckmotorkonstruktion.<br />
Bei einmaligem Zwischentanken in einem Grossen<br />
Preis über 500 km waren mit einer Tankfüllung<br />
mindestens 250 km zurückzulegen. Durch das<br />
Brennstoffgewicht sollte sich die Fahreigenschaft<br />
und AchsdruckveTteilung nicht ändern. Das war<br />
nur durch einen im Schwerpunkt liegenden Brennstofftank<br />
zu erreichen. Kürzeste Kraftwege und ein<br />
höchstmöglicher Uebertragungswirkungsgrad führten<br />
zwangsläufig zu der in Abb. 1 gezeigten Lage<br />
de6 Heckmotor-Triebsatzes in Blockkonstruktion,<br />
des davor liegenden Brennstofftanks und des Fahrersitzes<br />
in Fahrzeugmitte nahe am Schwerpunkt.<br />
Eine tiefe Schwerpunkt- und Sitzlage des Fahrers<br />
ißt beim Frontmotor mit Hinterradantrieb nur<br />
durch seitliche Anordnung der Kardanwelle oder<br />
Verlegen unter die Motor- und Triebachsmitte<br />
möglich. Die doppelten Vorgelegegetriebe bedingen<br />
ein Mehrgewicht und einen grö«6eren Kraftverlust,<br />
welche durch die Heckmotorkonstruktion vermeidbar<br />
sind. Die prozentuale Gewichtsverteilung heim<br />
Auto-Union-6-Liter-Grand-Prix-Wagen war:<br />
leer mit 170 kg<br />
Brennstoff<br />
Vorderachse 41,8 % 42,0 %<br />
Hinterachse 58,2 % 58,0 %<br />
veränderte sich also praktisch durch die Tankfüllung<br />
überhaupt nicht. Eine Hecktankanordnung<br />
mit der gleichen Achsdruckverteilung vorne : hinten<br />
= 42 :58 % hat bei leerem Kraftstoffbehälter<br />
einen grösseren Druck auf die Vorderachse als auf<br />
die Hinterachse zur Folge, nämlich vorne 51,2 %,<br />
hinten 48,8 %.<br />
Unabhängige Einzelradfederung vorne und hinten<br />
mit möglichst kleinen, ungefederten Massen<br />
sollten dem Fahrzeug eine optimale Strassenlage<br />
verleihen. Die tiefe Schwerpunktlage und entsprechende<br />
Radführungen zielten auf geringe Querneigung<br />
in Kurven ab. Extremer Leichtbau im ganzen<br />
Fahrzeug sollte-der Molorgrösse und Leistung<br />
zugute kommen. Der Motor wurde als grossvolumiger,<br />
elastischer « Langsamläufer » mit 16 Zylindern<br />
in V-Anordnung ausgelegt. Die Kupplungswelle<br />
führt unter der Hinterachse durch; der Motor<br />
wurde deshalb um 2'A° nach hinten- geneigt eingebaut.<br />
Motor und Aufbau.<br />
In das aus Silumin gegossene und durch Querwände<br />
versteifte Kurbelgehäuse des 16-Zylinder-V-<br />
Motors mit zwei um 45° versetzten Achtzylinderreihen<br />
werden die Zylinderlaufbüchsen aus Stahl<br />
von oben eingesetzt (Abb. 3) und schliessen mit der<br />
Kurbelgehäuseoberkante bündig ab. *} Die « nasse »<br />
•) Für die Zurverfügungstellung der Unterlagen für die<br />
Schnittzeichnungen sei an dieser Stelle der Porsche, Konstruktionen<br />
G.m.b.H. und der Firma A. Hirth AG. gedankt.<br />
Bauweise der Büchsen erwies<br />
6ich aus Montagegründen<br />
als sehr vorteilhaft.<br />
Die ebenfalls aus Silumin<br />
gegossenen Zylinderköpfe<br />
bilden mit dem<br />
Kurbelgehäuse einen zentralen<br />
Laderkanal, der<br />
von einem Unterkanal in<br />
Motormitte gespeist wird<br />
(Abb;4). Dadurch entstehen<br />
sehr kurze und allseitig<br />
bearbeitbare Einlasskanäle.<br />
Der halbkugelige<br />
Verbrennungsraum<br />
wird durch je ein Einlassventil<br />
von 35 nun 0 und<br />
ein Auslassventil von<br />
mm 0 abgeschlossen, d:<br />
zueinander unter 90» angeordnet<br />
sind. Die Ventilsitzringe<br />
aus Spezialbronze<br />
sind im Zylinderkopf<br />
eingepresst. Pro Zylinder<br />
ist je eine Zündkerze<br />
mit 18 mm Gewinde<br />
wegen der Demontierbar<br />
k ei t etwas 6chräg angeordnet.<br />
Die zur Mitte<br />
Hegenden Einlassventile<br />
werden von der zentralen,<br />
oben liegenden Nockenwelle<br />
direkt über Kipphebel<br />
betätigt, die aussenliegenden<br />
Auslassventile<br />
über Schlepphebel,<br />
Stoßstangen und aussen<br />
im Zylinderkopf gelagerte<br />
Kipphebel beordert. Der<br />
Ventilhub beträgt 10 mm.<br />
Der aus Leichtmetall gegossene<br />
Nockenwellenlagerkörper<br />
bildet gleichzeitig den Abschluss des<br />
Laderkanals nach oben.<br />
Der 12-Zylinder-3-Liter-Motor besass den selben<br />
Aufbau, nur waren die zwei 6-Zylinder-Reihen<br />
in 60° V-Anordnung. Die Ventile wurden durch<br />
drei obenliegende Nockenwellen gesteuert (Abb. 2),<br />
von denen die mittlere Welle die 34 mm 0 grossen<br />
Einlassventile, die äusseren beiden Wellen die<br />
Auslassventile mit 31 mm 0 über Kipphebel betätigte.<br />
Der Ventilhub betrug 8 mm. Die äusseren<br />
Nockenwellen sind durch die im Bilde erkenn-<br />
Abb. 4<br />
Der 16-Zylinder-Motor im Querschnitt.<br />
Besondere Merkmale: Ventilantrieb von der mittleren Nockenwelle aus, eingesetzte<br />
Büchsen, rollengelagerte Pleuelstange.<br />
(Zeichnung «Aufomobil-Revue»]<br />
Bleibronzelagem. Die erste Kurbelwellenausführurig<br />
aus einem Stück und mit geteilten,<br />
auf Bleibronze gelagerten Pleueln wurde bald<br />
verlassen. Die Welle des 6-Liter-Motors erhielt<br />
8 Hirth-Verzahnungen in den Kurbelzapfenmitten,<br />
wodurch ungeteilte Pleuel mit Rollenlagern<br />
Verwendung finden konnten (Abb. 10 oben). Die Wellenteile<br />
sind durch je 2 Kopfschrauben zusammengehalten.<br />
Die Pleuel sind aus einem Stück im Gesenk<br />
geschmiedet und imobefen und unteren Auge einsatzgehärtet.<br />
Als Pleuellager dient ein zweireihiges<br />
Rollenlager mit Leichtnietallkäfig und mit je<br />
28 Rollen von. 5,5X5,5 mm. Auf jeden Kurbelzapfen<br />
von 68 mm 0 arbeiten 2 Pleuelstangen nebeneinander<br />
und erhalten ihr Schmieröl durch den hohlen<br />
Auspuff<br />
Auspuff<br />
Abb. 5<br />
Die Ventilarrtriebe der beiden Auto-Union-Motortypen.<br />
Oben: Alle 32 Ventile werden von einer Nockenwelle aus<br />
über Kipphebel und Stoßstangen gesteuert. 16-Zylindermotor<br />
1734. — Unten: Die drei Nockenwellen des Zwölfzylindermotors<br />
aus dem Jahr 1938.<br />
(Zeichnungen «The Motor»)<br />
baren verkapselten Seitenwellen von der mittleren<br />
Nockenwelle aus angetrieben.<br />
„Im 16-Zylinder-Motor werden die um die<br />
Pleuelbreite (19 mm) vereetzten Zylinderköpfe<br />
durch je 18 in das Kurbelgehäuse eingeschraubte<br />
Stehbolzen auf die Zylinderbüchsen und die Au6-<br />
sendichtung niedergehalten. Die Nockenwelle wird<br />
über eine vertikale Königswelle am hinteren Motorende<br />
angetrieben, von der gleichzeitig über eine<br />
Lamellenrutschkupplung der Antrieb<br />
für den 6tändig mitlaufen- •ni^m^m<br />
den Kompressor wie für die. ^.<br />
S ** s ****«a<br />
zwei seitlich angeflanschten üi.<br />
Zündmagnete abzweigt. Der stehend<br />
angeordnete Roots-Kompressor<br />
fördert das Brenngemisch<br />
aus dem Vergaser über<br />
einen Umleitungskrümrner in<br />
den erwähnten Unterkanal.<br />
Abb. 7<br />
Heckteil des Antriebsblockes mit Getriebe und dem Lufteintrittstutzen<br />
(vergittert) des Vergasers.<br />
Kurbelzapfen vom Hauptlager aus. Die 16-Zylinder-<br />
Kurbelwelle hatte zuerst keine Gegengewichte. Die<br />
Hauptlager von 70 mm 0 hatten in beiden Bleibronzeschalen<br />
Druckölzuführung. Die Pleuel am<br />
Kolbenbolzen waren auf Nadeln gelagert.<br />
1 2 - Z y H n d e r - M o t o r. Die Hirth-Kurbelwelle<br />
des 3-Liter-Motors war wegen der höheren<br />
Drehzahl dtfreh Gegengewichte in den Wangen teil-<br />
Längsschnitt durch den hinteren Teil des 16-Zylinder-Motors.<br />
Abb. 3<br />
Auf dieser Zeichnung sind besonders erkennbar die Antriebs von Nockenwelle<br />
und Kompressor sowie der schräge Einbau der Zündkerzen.<br />
(Zeichnung «Automobil-Revue»)<br />
Kurbelwelle.<br />
16- Zylinder - Motor.<br />
Die in der Form einer 8-Zylinder-Welle<br />
entsprechende Kurbelwelle<br />
für den 16-Zylmder ist<br />
aus Cr.Ni.-Einsatzstahl geschmiedet<br />
und in den Zapfen gehärtet.<br />
Die Lagerung geschieht in 10<br />
Abb. 6<br />
Blick auf den Sechzehnzylindermotor von der linken Seite aus. Hinten der<br />
Roots-Kompressor und der Solex-Veraaser.