„Familie & Co“ Grafik by sketchnotes-by-diana.com Die heutigen Suchtformen ändern sich aktuell sehr schnell Suchtverhalten verstehen, vorbeugen und behandeln EIN INTERVIEW MIT DR. RER. MEDIC. MARKUS KÖHL 58 <strong>HORNER</strong> <strong>Magazin</strong> | <strong>Mai</strong> - <strong>Juni</strong> <strong>2018</strong>
„Familie & Co“ Unsere „Familie & Co“ Seiten Die Drogen der Gegenwart heißen nicht Cannabis, Zigaretten und Alkohol, sondern Medikamente, Computer und Handy. Das zeigt eine aktuelle Studie, für die rund 1.600 Schülerinnen und Schüler in Bremen und Bremerhaven zum Suchtverhalten befragt wurden. „Die gute Nachricht ist, dass Suchtprävention wirkt“, sagt Dr. rer. medic. Markus Köhl. AB WANN SPRICHT MAN VON EINER SUCHT? Süchtig sein oder auch Abhängigkeit bedeutet, dass man nicht darauf verzichten kann, bestimmte Substanzen, wie zum Beispiel Alkohol oder Drogen, regelmäßig zu sich zu nehmen. Sucht ist eine Krankheit, die den Abhängigen dazu bringt, andere, auch wichtige Dinge, in den Hintergrund zu schieben. Sucht verändert den Menschen. Je nach Mittel sogar so sehr, dass er dann Dinge tut, die er sonst nicht tun würde und oft auch später bereut. Zur Diagnose hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die sogenannten ICD-10-Kriterien festgelegt. Eine Suchtgefährdung tritt dann ein, wenn Jugendliche regelmäßig eine zunehmende Menge an Suchtmittel einnehmen. Meist ist dies gekoppelt mit Problemen, die man damit beiseiteschieben möchte, weil klärende Lösungen nicht in Sicht sind. Unter Umständen läuft dies unbewusst ab und der Betroffene glaubt, alles im Griff zu haben. GIBT ES EIN ALARMSIGNAL, WANN SICH EINE VORLIEBE WIRKLICH ZUR SUCHT ENTWICKELT? Sie wird dann deutlich, wenn ein Verzicht auf das Suchtmittel immer schwieriger wird und erste Folgeprobleme wie Schulschwierigkeiten oder der Rückzug in bestimmte Gruppen darauf zurückzuführen sind. Dieses Verhalten einzugestehen, fällt insbesondere Jugendlichen schwer, denn sie haben oft noch nicht das ausgeprägte Problembewusstsein. Hilfestellung führt oft zu Konflikten in den Familien. DIE GENANNTE STUDIE HAT KLASSISCHE UND NEUE SUCHTFORMEN UNTER- SUCHT. WIE HAT SICH DER UMGANG MIT DEN KLASSISCHEN SUCHTMITTELN WIE ALKOHOL, TABAK UND CANNABIS ENTWICKELT? Es gibt einen spürbaren Rückgang beim Gebrauch oder Missbrauch von Suchtmitteln wie Drogen, Alkohol und Tabak bei Jugendlichen im Land Bremen. Sie konsumieren deutlich weniger Drogen als bei der letzten Studie 2005. Der Umgang mit Alkohol, Tabak und Cannabis hat unter den 14- bis 17-Jährigen in Bremen seit 2005 spürbar abgenommen. Ganz besonders erfreulich ist die Tatsache, dass immer weniger Jugendliche mit dem Rauchen beginnen. In Zahlen: Im Jahr 2005 gaben noch 70 % der Bremer Jugendlichen an, schon mal Zigaretten geraucht zu haben, so waren es 2016/17 nur noch 38 %, die auf einschlägige Konsumerfah- Der Begriff Sucht stammt aus dem Altdeutschen „suht“, später „siech“ und bedeutete „krank sein“. Früher wurden alle Krankheiten als Sucht bezeichnet. Diese historische Krankheitsbezeichnung beschreibt den Umstand, dass die Lebenskraft schwindet. Wann eine Gefährdung eintritt, ist von den persönlichen, körperlichen und psychischen Voraussetzungen abhängig. Ist es schon Sucht? Wenn es zu Streit und Tränen führt, wenn Computer, Tablet oder Handy mal ausgeschaltet werden sollen, sollten sich besonders Eltern eingehend Gedanken zum Medienkonsum von Tochter oder Sohn machen. <strong>HORNER</strong> <strong>Magazin</strong> | <strong>Mai</strong> - <strong>Juni</strong> <strong>2018</strong> 59