Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
52 Gesellschaft<br />
Spiekerooger Runde<br />
„War früher alles besser?“ lautet Hoffmanns erste Frage. Friedrich<br />
Nowottny, bekannt als „Mr. Bonn“ (Bericht aus Bonn) und von<br />
1985 bis 1995 Intendant des WDR, antwortet <strong>zu</strong>r Freude des<br />
Publikums mit einem Seneca-Zitat über die Verrohung der<br />
Jugend und fügt hin<strong>zu</strong>: „Wir müssen uns damit vertraut machen,<br />
dass sich die Welt verändert. Sie ist heute nicht schlechter als<br />
früher, nur anders. Die Arbeit verändert sich, menschliche Verhaltensweisen<br />
ändern sich.“<br />
Vielleicht – so mutmaßt er – bemessen wir in unserer Eigenschaft<br />
als gründliche Deutsche dem Thema einfach <strong>zu</strong> große<br />
Bedeutung <strong>zu</strong>. Wandel sei nun mal der Gang der Dinge und daher<br />
ganz normal.<br />
Auf eine gewisse Konstanz in den Werten verweist Hellmuth<br />
Karasek: „Unsere Gesellschaft baut auf einem tief im kollektiven<br />
Unterbewusstsein verankerten Wertesystem auf. Im Christentum<br />
ist der Mensch Ebenbild Gottes und als solches individuell wertvoll.<br />
Unsere Werte liegen wie gut geschützt in einem Safe.“ Im<br />
Übrigen hätte es auch früher schon verwahrloste Kinder gegeben.<br />
In Grimms Märchen „Hänsel und Gretel“ wurden die Kinder ausgesetzt<br />
und der Respekt vor dem Alter ließ auch <strong>zu</strong> wünschen<br />
übrig, wenn in einem weiteren Märchen der Großvater aus einem<br />
Holznapf essen musste. Um den Erhalt der Werte musste eben <strong>zu</strong><br />
jeder Zeit gekämpft werden, meint Karasek. Allerdings muss<br />
unser moralisches Gewissen inzwischen anders motiviert werden,<br />
als mit einem einfachen „Gott sieht alles.“<br />
Aus einer üppig bestückten und von Rüdiger Hoffmann pistolenschnell<br />
vorgetragenen Auflistung der wichtigsten Werte, darf<br />
sich Marco Bode die für ihn wichtigsten auswählen. Seine Favoriten:<br />
Nächstenliebe, Toleranz und Ordnung. Er fügt an, dass es<br />
sinnlos sei, bei Werten eine Reihenfolge auf<strong>zu</strong>bauen.<br />
„Das kommt immer auf die Situation an. Warum vernachlässigen<br />
Menschen ihre Kinder oder setzen sie wie im Märchen aus? Das<br />
hat doch mit einer völligen Überlastung im Alltagsleben <strong>zu</strong> tun.<br />
Es ist leicht für diejenigen, die alles haben, über Werte <strong>zu</strong> sprechen.<br />
Jedes Kind ist wertvoll. Wir sollten bei jedem Menschen<br />
den Eigenwert unterstützen.“<br />
Im Publikum sitzen auch 40 Schüler der Herrmann-Lietz-Schule,<br />
des Inselinternats: Maja Bonschein, Jakob Canz, Hauke Henke<br />
und Jonathan Ade haben sich mit Unterstüt<strong>zu</strong>ng ihrer Klassenkameraden<br />
auf das Thema vorbereitet.<br />
Maja begegnet dem häufig <strong>zu</strong> hörenden Spruch „Die Jugend<br />
heute hat keine Werte mehr“ überzeugend: „Wo kommt dieser<br />
Vorwurf eigentlich her? Die Werte, die wir haben, wurden uns<br />
beigebracht. Wenn eine ältere Generation sich hinstellt und<br />
fragt: „Wo sind eure Werte?“, so sollte sie sich im Klaren sein,<br />
dass wir nur <strong>zu</strong>rückspiegeln, was wir mitbekommen haben.“<br />
Hauke Henke betont, dass die bestehenden Werte für eine globale<br />
Welt nicht passen und einige Konzerne eine Werteorientierung<br />
oft vermissen lassen. Entwickelt werden müssten neue