Nr. 36/2008 - Wald-Oberschule
Nr. 36/2008 - Wald-Oberschule
Nr. 36/2008 - Wald-Oberschule
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Gut- zugegeben: wer genauer hinsieht, hat längst<br />
entdeckt, dass die geheimnisvolle Schulleiterin Clarissa<br />
Ochsenschnitt, die 1954 das Geheimnis um „CASTRA<br />
BEROLINA“ vertuschen wollte, eigentlich eine Schülerin<br />
aus der 8e3 ist. Das vergilbte Foto der strengen Direktorin<br />
mit ihrer scheuen Schülerin Anne-Marie Klemm ist gestellt.<br />
Beide hat es im Übrigen niemals gegeben. Gestellt<br />
sind auch unsere Ausgrabungsfotos und das handschriftliche<br />
Dokument wurde vom Großvater einer Schülerin<br />
geschrieben. Die Scherben und Gefäße haben wir<br />
selber hergestellt und Dr. Gerhard Wiesenhoff, der mysteriöse<br />
Leiter eines archäologischen Institutes, der ist auch<br />
erfunden!<br />
Aber: dann ist das doch alles FAKE! Genau, geben wir da<br />
zu: alles gefälscht und erfunden! Aber darf man das denn-<br />
und dann noch im Ethikunterricht?<br />
Bevor wir die Frage beantworten, ob man das eigentlich<br />
darf, lügen, dass sich die Balken biegen, möchten wir<br />
kurz erklären, wie alles entstanden ist.<br />
Im Ethikunterricht ging es um die Frage, was eigentlich<br />
„Wirklichkeit“ ist. Ist das, was wir sehen und wissen<br />
wirklich wahr, und woher wissen wir, dass es wahr ist?<br />
Wir haben diskutiert und Texte gelesen. Unter anderem<br />
das Höhlengleichnis von Platon. Die Höhlenbewohner<br />
glaubten ein Leben lang, dass die Schattenbilder an der<br />
Wand die Wirklichkeit seien- schließlich kannten sie ja<br />
nichts anderes. Und Truman aus der Trumanshow (wir<br />
haben zusammen den Film gesehen) war sich sicher, in<br />
einer kleinen netten Stadt zu leben, bis er langsam<br />
dahinter kam, dass er der unfreiwillige Hauptdarsteller in<br />
einer lebenslangen Fernseh-Dokusoap war. Und da waren<br />
wir auch schon beim Thema „Medien“. Unser Wissen über<br />
die Welt ist zu einem großen Teil aus den Medien- und da<br />
nimmt das Internet eine entscheidende Rolle ein. Wer<br />
kann sich ein Leben vor Wikipedia überhaupt noch vorstellen?<br />
Wie findet man sich zu Recht im Informationsdschungel<br />
und kann das Wichtige vom Unwichtigen und<br />
das Richtige vom Falschen unterscheiden? Wer einmal so<br />
richtig gefälscht und gemerkt hat, wie einfach das ist, der<br />
ist vorgewarnt. Nicht das jeder „Dr. Wiesenhoff“ nun eine<br />
pure Erfindung sein muss- nicht das es keine<br />
wissenschaftlichen und seriösen Internetseiten gäbe- aber<br />
es könnte sich auch um Manipulationen handeln. Römische<br />
Scherben kann man nämlich sehr gut auch selber<br />
herstellen und Fotos lassen sich mit einfachsten Bildbearbeitungsprogrammen<br />
verändern.<br />
Das die „Römer in Berlin“ waren, dass hat übrigens schon<br />
einmal eine Kreuzberger Grundschulklasse „bewiesen“.<br />
Daher stammt auch die Idee, nun einmal mit Mittelstufenschülern<br />
so einen Internet-Fake zu machen.<br />
Und dann waren wir ja auch noch alle in der wirklichen<br />
Ausgrabungsstätte, nämlich in Augusta Raurica in der<br />
Schweiz. Während der gemeinsamen Klassenfahrt haben<br />
wir uns die Reste der römischen Siedlung angesehen. Die<br />
Fotos der „Theaterfestspiele“ sind dort beispielsweise<br />
während eines Workshops entstanden.<br />
Neues von der <strong>Wald</strong>‐<strong>Oberschule</strong> – <strong>Nr</strong>. <strong>36</strong>/<strong>2008</strong>, Seite 6<br />
Wie wir CASTRA BEROLINA entdeckt haben<br />
und ob man im Ethikunterricht lügen darf<br />
Nach einer Anfrage, durften wir auch Texte und Bilder<br />
aus der umfangreichen Internetseite von Augusta<br />
Raurica benutzen. An dieser Stelle wollen wir uns noch<br />
einmal herzlich dafür bedanken. Ebenfalls danken wir<br />
Herrn Oliver Schäfer, der unser Projekt technisch<br />
betreut hat und der so viel Geduld mit uns hatte. Und<br />
schließlich möchten wir auch Markus Schega danken,<br />
der die Anregung zu diesem Projekt gab. Er war der<br />
erste, der mit seiner Kreuzberger Klasse auf römische<br />
Funde stieß... (Nachzulesen in Römerprojekt der<br />
Heinrich-Zille-Grundschule).<br />
Also: CASTRA BEROLINA hat nie gegeben - jedenfalls nicht<br />
auf dem Gelände der <strong>Wald</strong>-<strong>Oberschule</strong> und lügen soll man<br />
natürlich auch nicht!<br />
Obwohl: Ein Schüler aus der 8p3 hat während des Projekts<br />
behauptet, dass es eventuell „Wikinger“ am Teufelsberg<br />
gegeben haben soll… und Dr. Rabl spricht im Filminterview<br />
von „ägyptischen Spuren“… vielleicht sollten<br />
wir mit den Ausgrabungen im nächsten Schuljahr doch<br />
weiter machen…<br />
Helene Skladny<br />
Erscheint in der Zeitschrift Latein und Griechisch in Berlin<br />
und Brandenburg, Heft 3/<strong>2008</strong>