SB_02_18_Final
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Starnberger Bote 5 Titelthema<br />
Die Gleisverlegung – Trennung von Stadt und See für 100 Jahre?<br />
Autor: Peter Riemann<br />
2. Preis Wettbewerbsentwurf 2006<br />
MORPHO-LOGIC + Lex Kerfers<br />
Viel Wasser ist die Würm hinuntergeflossen<br />
seit dem 1. städtebaulichen<br />
Wettbewerb im Jahr 2006. Unter der<br />
Aufgabenstellung: „Starnberger See –<br />
Nordufer“ (Undosa bis Würmabfluss)<br />
suchte man Ideen für eine<br />
Seeanbindung, nachdem sich ein Tunnel<br />
unter den damaligen Randbedingungen<br />
als schwierig und zu teuer herausgestellt<br />
hatte.<br />
Alle Teilnehmer erkannten das<br />
Hauptproblem der Aufgabenstellung: mit<br />
zwei bestehenden Bahnunterführungen,<br />
am Museum und an der Ludwigstrasse,<br />
einer neuen an der Kaiser-Wilhelm-<br />
Strasse und der großen, in Verlängerung<br />
der Wittelsbacherstrasse, kann die<br />
TRENNUNG von Stadt und See nicht<br />
aufgehoben werden.<br />
Bahnsteige und Unterführung<br />
Planvariante 2008<br />
Bahnsteig zur Seepromenade zu<br />
schaffen und eine größere Entfernung<br />
zum Bahnhofsgebäude herzustellen.“<br />
Der Hokuspokus, die Bahngleise verschwinden<br />
zu lassen, wurde notgedrungen<br />
schon im Wettbewerb 2006 und<br />
in der Überarbeitung 2008 graphisch<br />
exekutiert. (https://www.competitionline.<br />
com/de/ergebnisse/4207)<br />
Man muss kein Fachpreisrichter sein,<br />
um zu erkennen, was bei Wettbewerben<br />
gang und gäbe ist: auch gut durchdachte<br />
Konzepte fallen bei realistischer<br />
Darstellungsweise durch.<br />
Stellvertretend sieht man oben, am<br />
Entwurf des 2. Preisträgers, wie durch<br />
farbige Darstellung eine Verbindung von<br />
Stadt und See bedeutet wird, die nicht<br />
existiert.<br />
Ein cut-out, im grün-grau dargestellten<br />
„Gewebe“ der Stadt, wo „goldene"<br />
Strassen und Baumreihen sich wichtig<br />
tun, verdeutlicht die Strategie der visuellen<br />
Unterdrückung der vermaledeiten<br />
Gleisbarriere.<br />
Der Preisträger, dessen urbane<br />
Entwurfsqualität nicht geschmälert werden<br />
soll, schlägt zwischen Bahnhofsplatz<br />
und Museumsunterführung an den<br />
Gleisen sog. „Seeterrassen“ vor, die als<br />
Unterbau für vier identische Baukörper<br />
dienen.<br />
ser mehrgeschossigen Kuben, neben<br />
der Hauptunterführung auf.<br />
Eine weitere „Durchmusterung“ der<br />
visuellen Botschaft zeigt, dass mit der<br />
Schaffung einer neuen baulichen See-<br />
Kante im Süden und den Baumreihen<br />
und den Bahnsteigüberdachungen im<br />
Norden der Blick auf See und Alpen<br />
von der Stadt aus eigentlich nur an der<br />
Einmündung der Wittelsbacher Strasse<br />
möglich ist.<br />
Notgedrungen verlagert sich so das<br />
gesamte Potential „vor die Tore der<br />
Stadt“. Die See-anbindung wird zur<br />
„See-wegbindung“.<br />
Im südlichen Teil der Gleisanlagen<br />
Gebäude zu plazieren, entspringt aber<br />
nicht allein einer städtebaulichen<br />
Vision. Für die Umsetzung der Verträge<br />
von 1987 zwischen Stadt und Bahn<br />
(die nicht „ausgelaufen“ sind, wie<br />
das von bestimmten Gruppierungen<br />
jahrelang behauptet wurde) ist eine<br />
Gegenfinanzierung nötig. Das kann nur<br />
durch Vermarktung der Grundstücke<br />
geschehen, die von der Bahn an<br />
die Stadt übergehen, wenn sie in<br />
Erfüllung des Vertrags die Kosten der<br />
Gleisverlegung trägt.<br />
Diese Bauten, sind also, wenn eine<br />
totale See- und Alpensicht erwünscht<br />
ist, neben der trennenden Gleistrasse,<br />
ein zweites notwendiges Übel.<br />
Architekten und Städtebauer sind dazu<br />
da, solche Übel zu beseitigen, oder wenn<br />
nicht möglich, sie wenigstens abzumindern,<br />
bzw. durch entsprechende<br />
„Kosmetik“ ihnen die Materialität auszutreiben.<br />
Wie das zeichnerisch funktioniert,<br />
zeigt die „luftige“ Perspektive von<br />
der Museumsunterführung zum<br />
Bahnhofsplatz: die gläsernen Gebäude<br />
lösen sich förmlich auf (und die<br />
Passanten mit ihnen). Um die Volumina<br />
überhaupt erkennen zu können, wurden<br />
die Kanten der Glaskuben vom<br />
Verfasser „nachgezeichnet“.<br />
vergeben):<br />
„… in einer großzügigen Verbindung<br />
zwischen Stadt und See…, erhöhen<br />
sie die Bahnlinie, und betonen<br />
dabei entstehende Freifläche mit dem<br />
Material Holz, das hier in die Stadt<br />
hinein geführt wird. Diese Geste bildet<br />
ein tragfähiges, städtebauliches<br />
Grundgerüst“, so das Preisgericht,<br />
jedoch, „die Wirtschaftlichkeit liegt<br />
im unteren Bereich“.<br />
Nach der Überarbeitungsphase ist von<br />
diesem Entwurf nichts mehr zu sehen.<br />
Aus zeitlicher Distanz gut zu ahnen,<br />
ist das Hadern der Stadt und des<br />
Arbeitskreises Seeanbindung mit diesem<br />
Ergebnis. Weder die im Gleichklang<br />
marschierenden Bauten (Morpho-Logic),<br />
noch eine Art Hochbahn (Eisenreich/<br />
Kummert) sind genehm.<br />
Auf der Suche nach der Quadratur des<br />
Kreises entwickelt dann im Jahr 2014<br />
das Büro Allmann, Sattler, Wappner/<br />
München auf der Basis gescheiterter<br />
Hoffnungen große und kleine trichterförmige<br />
Seeterrassenunterführungen.<br />
Die Erwartungshaltung der Stadt wurde<br />
verstanden, eine Bebauung am Seeufer<br />
ist nicht vorgesehen.<br />
Seeterrassen von Allmann<br />
Sattler Wappner 2014<br />
Der Bahnhof See steht bei diesem<br />
Konzept allein auf weiter Flur.<br />
Auszug der Erklärung zur Machbarkeitsstudie,<br />
die sich mit dem<br />
„Zusammenspiel der natürlichen<br />
und künstlichen topographischen<br />
Gegebenheiten“ und mit der „derzeit<br />
trennenden Bahntrasse“ beschäftigt:<br />
Hinweis für den nun folgenden Spagat,<br />
politisch eine Seeanbindung voranzutreiben,<br />
diese Verbindung aber gar<br />
nicht leisten zu können, ist die Passage<br />
auf Seite 11 aus der „Dokumentation<br />
Seeanbindung STA-SR“, die dem Rat<br />
am 28.04.2014 vorgelegt wurde:<br />
„Für die Weiterentwicklung der<br />
Planvariante 2008 wurde ein seeseitiger<br />
Außenbahnsteig gewählt, weil<br />
dieser im Sinne einer tatsächlichen<br />
„Seeanbindung“ die Möglichkeit eröffnet,<br />
einen direkten Übergang vom<br />
„Seeterrassengebäude“ an<br />
der großen Unterführung<br />
In den realitätsnahen „Renderings“<br />
taucht „vorsichtshalber“ nur einer die-<br />
Seeterrassenbauten in der<br />
Bahnhofstrasse, ASW 2006<br />
Einen anderen Weg gehen die zweiten<br />
2. Preisträger, Eisenreich.Kummert/<br />
Regensburg (ein 1. Preis wurde nicht<br />
"Stadt und See sollen wieder<br />
miteinander verbunden werden.<br />
Die Bahntrasse soll zugleich<br />
Bestandteil des Seeufers wie auch<br />
Verbindungselement zwischen diesem<br />
und der Stadt werden… Diese<br />
beiden Flächen…(„Seeseite weich,<br />
natürlich, Stadtseite fest urban“) sollen<br />
mittels Überlagerungen, spezifischen<br />
Wegführungen und Übergängen miteinander<br />
verbunden werden und so<br />
eine gemeinsame Identität erhalten.“