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Taxi Times DACH Österreich - April 2018

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TAXI-SHARING<br />

Die Demonstranten kritisierten eine anhaltende Serie von<br />

Regeländerungen, die das <strong>Taxi</strong>gewerbe schwächen.<br />

120 Teilnehmer nahmen an der Kundgebung vor dem Gebäude der<br />

Verkehrsbehörde teil.<br />

Die Existenz einer „Lücke zwischen ÖPNV<br />

und <strong>Taxi</strong>gewerbe“, die Moia wohl schließen<br />

möchte, sei nicht bewiesen, so Tasbilek. Es<br />

gebe zwar Gebiete mit einer schlechten Versorgung<br />

des ÖPNV, aber niemand würde<br />

garantieren, dass die Moia-Busse auch<br />

gerade dort eingesetzt würden. Das<br />

befürchtet auch Clemens Grün: Moia könnte<br />

nur in jenen Gebieten der Stadt operieren,<br />

in denen es sich lohnen würde.<br />

Tasbilek, Krijan und Grün zweifelten an<br />

dem propagierten Ziel der VW-Tochter, die<br />

Umweltbelastung zu reduzieren. Die deutschen<br />

Autohersteller würden dem <strong>Taxi</strong>gewerbe<br />

nämlich keine verwendbaren reinen<br />

Elektrofahrzeuge bereitstellen, sondern<br />

hätten das erst für 2021 angekündigt. Von<br />

staatlicher Seite wünschte sich Tasbilek<br />

eine Verlängerung der Subventionen für<br />

die Umstellung auf Hybridfahrzeuge, bis<br />

die Industrie Elektrofahrzeuge produziere.<br />

Umso verwunderter ist man, da VW nun<br />

der Tochter Moia einen elektrisch angetriebenen<br />

Kleinbus mit 400 km Reichweite<br />

exklusiv zur Verfügung stellen wird. An<br />

dem hätte auch das <strong>Taxi</strong>gewerbe Interesse.<br />

Clemens Grün formulierte pointiert: Die<br />

„Wolfsburger Abgasbetrüger“ wollten dem<br />

<strong>Taxi</strong>gewerbe mit Subventionen von 50 Millionen<br />

Euro jährlich erhebliche Marktanteile<br />

abkaufen. Sie wollten ihre eigenen Preise<br />

machen und auch nach dem Prinzip des<br />

„Surge Pricings“ die Fahrpreise in den Stoßzeiten<br />

„kräftig erhöhen“. Die VW-Tochter<br />

betreibe eine absichtliche Diskriminierung<br />

von Fahrgästen, um Gewinn zu erzielen. Ein<br />

solcher Verkehrsanbieter, der auch mit den<br />

städtischen ÖPNV-Betrieben um Fahrgäste<br />

konkurriere, könne nicht „auf dem Verwaltungswege<br />

kalt durchgewunken werden,<br />

ohne Diskussion im Verkehrsausschuss“.<br />

Die Bitte wurde erhört. Das Thema ist<br />

mittlerweile auf die Tagesordnung des Verkehrsausschusses<br />

der Hamburger Bürgerschaft<br />

gelandet. Außerdem wurden zwei<br />

Anfragen an den Senat der Hansestadt Hamburg<br />

gestellt, so im Januar von dem FDP-<br />

Abgeordneten Ewald Aukes und im März<br />

von den AfD-Abgeordneten Prof. Jörn Kruse<br />

und Detlev Ehlebracht. Der Senat verweist<br />

jedoch darauf, dass der Volkswagen-Konzern<br />

seinen Probebetrieb eigenverantwortlich<br />

durchführe und die geschäftlichen Details<br />

ohnehin Betriebsgeheimnisse wären. Die<br />

Antworten des Senats bleiben somit in vielen<br />

Punkten lapidar.<br />

BEHÖRDE PRÜFT PROBEBETRIEB<br />

Hinzu kommt: Ein Zustimmungsvorbehalt<br />

politischer Gremien ist in einem Antragsverfahren<br />

gesetzlich nicht vorgesehen. Dirk<br />

Ritter von der Behörde für Wirtschaft, Verkehr<br />

und Innovation stellte gegenüber <strong>Taxi</strong><br />

<strong>Times</strong> die Rechtslage klar: Die Firma Moia<br />

sei berechtigt, einen solchen Antrag bei der<br />

Behörde zu stellen. Deren Aufgabe sei es<br />

dann, darüber gemäß der Vorgaben des<br />

PBefG zu entscheiden.<br />

So wird die Verkehrsbehörde dann<br />

zunächst feststellen müssen, ob der Probebetrieb<br />

von 20 Fahrzeugen ab September<br />

<strong>2018</strong> im Sinne des § 1, Absatz 2, Satz 1 des<br />

Personenbeförderungsgesetzes (PBefG)<br />

genehmigungsfrei ist, weil die Betriebskosten<br />

angeblich nicht durch das Entgelt<br />

gedeckt werden. Hier wird die Begründung<br />

interessant, denn nach Kenntnis d. R. könnten<br />

auch mittelbare wirtschaftliche Vorteile<br />

als Entgelt anzusehen sein, zum Beispiel<br />

die Gewinnung von Kenntnissen und Daten<br />

über den Markt.<br />

Dirk Ritter bekräftigte gegenüber <strong>Taxi</strong><br />

<strong>Times</strong>, dass man die Bedenken des <strong>Taxi</strong>gewerbes<br />

sehr ernst nehmen würde: „Wir<br />

arbeiten für, nicht gegen das Gewerbe.“ Bei<br />

einer Genehmigung über den Antrag würde<br />

genau geprüft, ob und welche Bedingungen<br />

für das Bediengebiet, die Anzahl der Fahrzeuge<br />

und die Preise festgesetzt werden<br />

müssen. Wie diese Bedingungen dann im<br />

Detail aussehen werden, wird aus dem<br />

Behördenbescheid zu entnehmen sein.<br />

Anstatt Spekulationen anzustellen, solle<br />

man sich besser auf neue Konkurrenten<br />

einstellen.<br />

Die Auswirkungen des Projektes auf die<br />

wirtschaftliche Lage des <strong>Taxi</strong>gewerbes sollen<br />

während der Probephase untersucht<br />

werden. Ritter: Die Fragestellungen, Methodik<br />

und durchführende Stellen müssten<br />

erst noch bestimmt werden. Damit hätte<br />

die Behörde am Ende des vierjährigen Testbetriebes<br />

belastbare Entscheidungsgrundlagen<br />

über den weiteren Betrieb.<br />

<strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong> liegen derzeit keine Informationen<br />

vor, ob VW bereits an einer Realisierung<br />

von notwendigen Ladestationen<br />

arbeitet. Nach unbestätigten Informationen<br />

hat die Hamburger Hochbahn AG eine Mitbenutzung<br />

ihrer Betriebshöfe aus Kapazitätsgründen<br />

abgelehnt. Probleme könnte es auch<br />

bei der Genehmigung und Realisierung von<br />

„bis zu 3000“ virtuellen Haltestellen geben,<br />

denn weder deren Lage noch Ausgestaltung<br />

scheint spezifiziert. Ob sie sich gemäß Straßenverkehrsrecht<br />

sicher im knappen Stadtraum<br />

realisieren lassen, hat die<br />

Straßenverkehrsbehörde mitzuentscheiden.<br />

Die grundsätzliche Absicht, den Moia-<br />

Dienst einzuführen, scheint bereits an<br />

anderer Stelle beschlossen worden zu sein.<br />

Als Begründung werden vorgeschobene<br />

Vorteile für die Umwelt, für die Fahrgäste<br />

und eine angenommene verringerte Verkehrsbelastung<br />

genannt. Die Hansestadt<br />

Hamburg arbeitet mit der Wolfsburg AG,<br />

zu 50 Prozent im Besitz von VW, zusammen<br />

an einem Kongress für „Intelligente Transportsysteme“<br />

(ITS) unter dem Motto „City<br />

of Solutions“ („Stadt der Lösungen“); dort<br />

möchte Hamburg sich fortschrittlich präsentieren.<br />

<br />

prh<br />

TAXI APRIL / MAI <strong>2018</strong><br />

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