spät kommt, den bestraft das Leben - Martin-Luther-Viertel
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Neues <strong>Leben</strong> im ehemaligen Beerdigungsinstitut<br />
– demnächst als Künstlerwerkstatt<br />
mit Kunst und Kultur<br />
Vor knapp einhundert Jahren entstand ein<br />
kleines schnuckeliges Häuschen hinter dem<br />
heutigen Foto-Hoffmann, ess-mo<strong>den</strong> und der<br />
Goldschmiede Bonievsky. Jahrzehntelang<br />
wurde hier für <strong>den</strong> letzten Weg des Menschen<br />
gearbeitet. Hier waren eine Sargtischlerei und<br />
<strong>das</strong> Beerdigungsinstitut Schwietert untergebracht.<br />
WA-Foto von Hendrik Wiemer<br />
Das Haus, die Werkstatt überdauerten fast<br />
achtzig Jahre, überdauerten <strong>den</strong> ersten und<br />
zweiten Weltkrieg, Wirtschaftskrisen, Strukturwandel,<br />
Krankheiten, Verjüngungen durch<br />
nachfolgende Generationen und vieles mehr.<br />
Trotzdem, eines Tages, vor knapp zwanzig<br />
Jahren war urplötzlich Schluss. Als wenn die<br />
Menschen blitzartig die Räumlichkeiten verlassen<br />
mussten oder verlassen hatten, blieb die<br />
Zeit stehen. Angefangene Kreuzworträtsel,<br />
nicht beendete Särge, nicht weggeräumte<br />
Essensutensilien zeugten von der Plötzlichkeit<br />
des Aufbruchs. Allein schon dieser Umstand ist<br />
mindestens eine Geschichte wert.<br />
Für die meisten Menschen im <strong>Martin</strong>-<strong>Luther</strong>-<br />
<strong>Viertel</strong> war <strong>das</strong> mittlerweile mit grünen Rankpflanzen<br />
zugewachsene Gebäude nicht präsent.<br />
Ganz einfach, es gibt nur zwei Stellen,<br />
von <strong>den</strong>en man <strong>das</strong> Gebäude überhaupt entdecken<br />
kann, nämlich aus zwei benachbarten<br />
Innenhöfen oder von <strong>den</strong> oberen Geschossen<br />
des Marienhospitals.<br />
Jetzt aber ist alles anders. Seit Monaten<br />
herrscht aktives <strong>Leben</strong> zwischen <strong>den</strong> Wän<strong>den</strong>.<br />
Wir wur<strong>den</strong> eher beiläufig auf die sich anbahnen<strong>den</strong><br />
großen Ereignisse aufmerksam, nämlich<br />
in <strong>den</strong> frühen Morgenstun<strong>den</strong> durch wil<strong>den</strong><br />
und lauten Gerumpel.<br />
Neugierig gewor<strong>den</strong>, wurde die Aktion in Augenschein<br />
genommen. Herr Herborn, der<br />
Hausbesitzer dieses Hinterhofmärchengebäudes<br />
und Erik Posingis waren dabei, alle Räume<br />
leer zu machen und Container zu füllen,<br />
um mit dem Restaurieren und Umgestalten zu<br />
beginnen. Man sieht so etwas mit einem weinendem<br />
und einem lachendem Auge.<br />
WA-Foto von Hendrik Wiemer<br />
Traurig gestimmt waren wir etwas, weil der<br />
historische Maschinen- und Materialbestand<br />
schlagartig <strong>den</strong> Weg des Recycelns nahm, die<br />
alten Sägen, Drechselmaschinen, selbst die<br />
nicht fertig gewor<strong>den</strong>en Särge waren schlicht<br />
und einfach weg.<br />
Die Herren Herborn und Posingis nahmen <strong>den</strong><br />
Fotografen zur ersten Besichtigung im Jahre<br />
null des Neuanfangs mit.<br />
Das Gebäude besteht aus mindestens 200<br />
qm2 nutzbarer Fläche, dem Erdgeschoß, dem<br />
ersten Stock und dem Dachgeschoß. Obwohl<br />
aufgetürmte Berge von noch zu Beseitigendem<br />
je<strong>den</strong> Raum „zierten“, war doch zu erkennen,<br />
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