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Titel / Inhalt - Gedenkstätte Breitenau

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Novemberpogrom 1938 in Guxhagen<br />

von Gunnar Richter<br />

Bevor die Ereignisse während der so genannten „Reichskristallnacht“ in Guxhagen geschildert<br />

werden, soll ein kurzer Überblick über die Geschichte der jüdischen Gemeinde Guxhagen<br />

gegeben werden, um deutlich zu machen, wen dieser Pogrom traf und was für einen Einschnitt<br />

das damalige Geschehen für das gesamte Leben in Guxhagen hatte.<br />

Zur Geschichte der ehemaligen jüdischen Gemeinde Guxhagens 12<br />

Ähnlich wie in zahlreichen anderen Orten des Schwalm-Eder-Kreises existierte auch in<br />

Guxhagen über mehr als zwei Jahrhunderte hinweg eine jüdische Gemeinde. Die erste<br />

urkundliche Erwähnung geht bis auf das Jahr 1680 zurück. Ein erster Betraum der jüdischen<br />

Gemeinde soll sich nach mündlicher Überlieferung in dem Haus Sellestraße 6 befunden haben.<br />

Der jüdische Friedhof wurde im Jahre 1809 an der Albshäuser Straße zwischen Guxhagen und<br />

Albhausen eröffnet, und 1823 wurde mit dem Bau der noch heute existierenden Synagoge<br />

begonnen.<br />

Die Anzahl der jüdischen Bürger Guxhagens schwankte seit dem 19. Jahrhundert zwischen 130<br />

und 170 Personen, was einem Anteil zwischen 10 und 12 Prozent der Bevölkerung entsprach.<br />

Sie waren nicht sehr wohlhabend, allerdings besaßen mehr als die Hälfte von ihnen Häuser und<br />

Landbesitz. Die jüdischen Familien wohnten vor allem in der Untergasse und Sellestraße, aber<br />

auch in der heutigen Poststraße, der Bahnhofstraße, der kleinen Brückenstraße, der Mittelgasse<br />

und der Bergstraße. Von Beruf waren sie u.a. Metzger, Schneider, Viehhändler, Buchbinder,<br />

Sattler, Händler mit Manufakturwaren, Häuten und Fellen oder Kupfer- und Blechschmied. So<br />

hatte Lehmann Katz in der Untergasse ein Haus mit einem kleinen Laden, außerdem war er<br />

Buchbinder. Benni Katz, der mit seiner Frau und seinem Sohn Daniel sowie seiner Schwester<br />

und seiner Schwägerin in einem kleinen Haus am unteren Ende der Bahnhofstraße lebte, war<br />

Altwarenhändler. Im Ort wurde er "Lumpen-Benni" genannt, und sein Haus hieß Dampfschiff.<br />

1953 wurde es bei dem Umbau der Kreuzung abgerissen.<br />

Bei der jüdischen Gemeinde Guxhagens handelte sich um eine orthodoxe Gemeinde, die<br />

verschiedene Wohlfahrtseinrichtungen gegründet hatte und auch ein reges kulturelles Leben<br />

führte. Trotz ihrer orthodox ausgerichteten Gemeinde waren Guxhagener Juden Mitglieder in<br />

örtlichen Vereinen, pflegten persönliche Kontakte zu ihren christlichen Nachbarn und stellten<br />

auch Gemeindevertreter.<br />

Im Sommer 1933 lebten noch 158 jüdische Einwohner in Guxhagen. Die einsetzende<br />

Ausgrenzung, Diskriminierung und Verfolgung sollte aus der Sicht der Nazis dazu führen, die<br />

Juden in Deutschland aus allen gesellschaftlichen Bereichen auszuschließen und sie durch diese<br />

Maßnahmen dazu zu bewegen, Deutschland zu verlassen. Es gab reichsweite Geschäftsboykotte<br />

jüdischer Geschäfte und Berufsverbote. Die Juden wurden - so auch in Guxhagen - aus den<br />

Vereinen ausgeschlossen. Durch die Nürnberger Gesetze aus dem Jahre 1935 wurden sie zutiefst<br />

gedemütigt und als minderwertige Menschen abgestempelt, und im August 1938 wurden sie<br />

gezwungen sich "jüdische Vornamen" - Sarah und Israel - zuzulegen, die in Pässe und<br />

Unterlagen eingetragen wurden. Dies alles führte dazu, dass ein Teil von ihnen versuchte<br />

auszuwandern oder zumindest in größere Städte zu ziehen. So lebten bis zum November 1938<br />

12 Die Ausführungen zur Geschichte der Jüdischen Gemeinde Guxhagen basieren auf: Frank Mann und Gunnar<br />

Richter: Zur Geschichte des jüdischen Guxhagen, in: Gemeinde Guxhagen (Hrsg.): 650 Jahre Guxhagen – 125 Jahre<br />

Gesangverein, Guxhagen 2002, S. 131-134.<br />

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