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Magazin GARCON - Essen, Trinken, Lebensart Nr. 49

Peruanische Küche, Restaurants, Peru, Restaurant Central, Virgillo Matinez Vellez, Nauta, Chicha, Nanainka, Sabor Latino, Serrano, Eismanufaktur Rosa Canina, Ludwig con brio, Egg Kneipe, Kurpfalz Weinstuben, Neu in Berlin: Cedre Blanc, L.A. Poke, Tantris München mit neuer Designerkleidung, Brot von der Biobäckerei Beumer und Lutum, Sternekoch Eberhard Lange im Hugos, israelischer Weingipfel, Fuhrmanns Cherimoya und der GARCON-Guide, mit Partnern wie Mockmill, Hotel Ellington und Duke Restaurant, Berchtesgadener Land

Peruanische Küche, Restaurants, Peru, Restaurant Central, Virgillo Matinez Vellez, Nauta, Chicha, Nanainka, Sabor Latino, Serrano, Eismanufaktur Rosa Canina, Ludwig con brio, Egg Kneipe, Kurpfalz Weinstuben, Neu in Berlin: Cedre Blanc, L.A. Poke, Tantris München mit neuer Designerkleidung, Brot von der Biobäckerei Beumer und Lutum, Sternekoch Eberhard Lange im Hugos, israelischer Weingipfel, Fuhrmanns Cherimoya und der GARCON-Guide, mit Partnern wie Mockmill, Hotel Ellington und Duke Restaurant, Berchtesgadener Land

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Kulinarische Nachlese RUBRIKEN<br />

Jeder, der sich als Antiquar, Archivar oder<br />

Bibliothekar von Berufs wegen mit Kochbüchern<br />

beschäftigt, kennt natürlich Henriette<br />

Davidis und ihr „Praktisches Kochbuch<br />

für die gewöhnliche und feinere Küche“, das<br />

zwischen 1844 und 1942 immerhin 62 Auflagen<br />

erlebte.<br />

Nicht annähernd so berühmt wie die<br />

Pfarrerstochter aus Wengern an der Ruhr,<br />

aber als Kochbuchautorinnen immer noch<br />

bekannt genug, sind auch Marie Schreiber<br />

(„Berliner Kochbuch für herrschaftliche Tafeln“,<br />

1785), Sophie Juliane Weiler („Neuestes<br />

Augsburgisches Kochbuch“, 1801) oder<br />

Hedwig von Hohenwald, die 1891 im Verlag<br />

Eduard Freyhoff in Oranienburg ihr „Illustriertes<br />

Viktoria-Kochbuch der nord- und<br />

süddeutschen Küche“ herausbrachte.<br />

Wann wir zum ersten Mal ein Kochbuch<br />

von Lina Morgenstern in den Händen hielten,<br />

wissen wir nicht mehr genau und –<br />

ehrlich gesagt – wir schenkten dem Titel<br />

auch nicht sonderlich viel Beachtung. Es<br />

war die soundsovielte Auflage des „Illustrierten<br />

Universal-Kochbuchs für Gesunde<br />

und Kranke“, erschienen 1905 oder 1906,<br />

in einer Zeit also, in der Bücher dieser Art<br />

den Markt förmlich fluteten.<br />

Unser Interesse wuchs, als wir Monate<br />

später eine Billigbroschur von Lina Morgenstern<br />

entdeckten: „Kochrecepte der Berliner<br />

Volksküchen“.<br />

Der Band „Die Kartoffelküche“, den wir<br />

heute im Garcon vorstellen, gab schließlich<br />

endgültig den Ausschlag, uns auf Spurensuche<br />

zu begeben. Wer war diese Frau?<br />

Unsere ersten Internet-Recherchen belegten<br />

es: Lina Morgenstern, Jüdin, 1830 in<br />

Breslau als Tochter eines Möbelfabrikanten<br />

geboren, war weit mehr als eine Kochbuchautorin.<br />

Bereits als 18-Jährige hatte sie, noch in<br />

Breslau, den Pfennigverein zur Unterstützung<br />

armer Schulkinder gegründet. In Berlin<br />

folgten später der Kinderschutzverein<br />

(1868), der Bildungsverein für Arbeiterinnen<br />

(1869), der Berliner Hausfrauenverein gegen<br />

Verteuerung und Verfälschung der Lebensmittel<br />

(1873) und der Frauenverein zur<br />

Rettung sittlich verwahrloster minderjähriger<br />

Mädchen (1880).<br />

Höhepunkt ihres sozialen Engagements<br />

war jedoch die Gründung des Vereins der<br />

Volksküchen in Berlin. Im Jahr 1866, Preußen<br />

rüstete zum Krieg gegen Öster reich<br />

und eine Teuerungswelle vor allem für Nah -<br />

rungsmittel rollte durchs Land, machte Lina<br />

Morgenstern den Vorschlag, sogenannte<br />

Volksküchen in allen Berliner Stadtteilen<br />

ein zurichten, „um gesunde und nahrhafte<br />

Speisen zum Selbstkostenpreis an jedermann<br />

zu verkaufen.“<br />

Lina Morgenstern – Zeitgenossen beschreiben<br />

sie als „Frau mit praktischem<br />

Sinn und hervorragendem Organisationstalent“<br />

– suchte Verbündete, überzeugte<br />

u.a. Franz Duncker, Adolf Lette und Rudolf<br />

Virchow und eröffnete am 9. Juli 1866 die<br />

erste Berliner Volksküche in der Charlottenstraße,<br />

die zweite folgte neun Tage später<br />

in der Brunnenstraße. Insgesamt zehn<br />

solcher Anstalten entstanden bis 1868, die<br />

täglich über 10.000 Berliner mit warmen<br />

Mahlzeiten versorgten.<br />

Lina Morgenstern verfasste ein Kochbuch<br />

für Volksküchen und beschrieb in der<br />

„Gartenlaube“, einem damals volkstümlichen<br />

und freigeistigen Wochenblatt für die<br />

ganze Familie, das Prinzip der Volksküchen:<br />

„Sie verabfolgen keine beschämenden Almosen<br />

und verschenken nichts.“<br />

Lina Morgenstern ist in Berlin nicht vergessen.<br />

Eine Gesamtschule im Kreuzberger<br />

Bergmannkiez trägt ihren Namen, an<br />

Häusern in der Friedrich-, Linien- und Potsdamer<br />

Straße gibt es Gedenktafeln.<br />

Ihr Grab auf dem Jüdischen Friedhof in<br />

Weißensee (s. Foto u. rechts) – ein Berliner<br />

Ehrengrab – ist gepflegt, die abgelegten<br />

Steine zeugen von vielen Besuchern.<br />

Und 1997 schließlich setzten der Berliner<br />

Schriftsteller Heinz Knobloch (1926-2003)<br />

und sein Verlag, die Edition Hentrich, Lina<br />

Morgenstern mit dem Band „Die Suppenlina<br />

– Wiederbelebung einer Menschenfreundin“<br />

auch ein literarisches Denkmal.<br />

GARÇON<br />

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