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PDF-Format (7.0 MB) - Allgemeine Zeitung Namibia

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16<br />

Geduldig wartet die zierliche<br />

Stute Jessica auf<br />

die Rückkehr ihrer Besitzerin.<br />

Michelle Künzle hat<br />

die Braune auf den Putzplatz<br />

geführt und sie liebevoll angewiesen<br />

zu warten, bis sie die<br />

Abschwitzdecke geholt hat.<br />

Jessica döst. Sie weiß, dass Michelle<br />

jeden Moment mit Karotten<br />

und Decke um die Ecke<br />

kommt. Das gehört zu ihrem<br />

Ritual. Vertrauen ist Michelles<br />

Erfolgsrezept, welches<br />

gut aufging. Als zweite Reiterin<br />

in der Geschichte <strong>Namibia</strong>s<br />

qualifizierte sie sich für die<br />

FEI World Jumping Challenge<br />

in diesem Jahr in Santiago<br />

de Chile.<br />

Von frühen Kindestagen an<br />

nahm Mutter Annette Künzle<br />

ihre Tochter Michelle beim<br />

Trockenreiten mit aufs Pferd.<br />

Später kam Shetlandpony Oskuri<br />

und lehrte sie Sattelfestigkeit.<br />

„Diese Tage haben mich<br />

zu dem gemacht, was ich heute<br />

bin: eine Pferdeliebhaberin<br />

und passionierte Reiterin“, so<br />

die 23-Jährige.<br />

Von Anfang an war ihr klar,<br />

dass sie mit Pferden arbeiten<br />

wollte. Bereits zu Schulzeiten<br />

gab Michelle Reitstunden.<br />

Nach ihrem Matrik ging sie<br />

für zwei Jahre nach Südafri-<br />

- Reitsport in <strong>Namibia</strong> -<br />

Michelle Künzle: „Angefangen habe ich mit einem Traum“<br />

Von Abstammung bis Zirkel - ein kleines Reit-ABC<br />

A – Abstammung: Unter<br />

Abstammung versteht man<br />

die Herkunft eines Pferdes<br />

nach den direkten und weiteren<br />

Vorfahren.<br />

B – Brauner: Unter einem<br />

braunen Pferd versteht<br />

man ein Pferd, dessen Fell<br />

braun und dessen Langhaar<br />

schwarz ist.<br />

C – Cavaletti: Ein Cavaletti<br />

ist ein Hindernis von ungefähr<br />

50 cm Höhe. An beiden<br />

Enden ist die Stange des<br />

Cavalettis an einer Art Kreuz<br />

befestigt, die das Drehen<br />

und somit das Verstellen der<br />

Höhe in drei Stufen ermöglichen.<br />

D – Durchparieren: Unter<br />

Durchparieren versteht<br />

man den Übergang von einer<br />

schnelleren zu einer langsameren<br />

Gangart.<br />

E – Equidenpass: Der Equidenpass<br />

dient zur Identifizierung<br />

des Pferdes. Neben der<br />

Abstammung enthält er An-<br />

ka, um ihren Level-1-Trainerschein<br />

zu machen. Heute hat<br />

sie ihre eigene kleine Farm bei<br />

Swakopmund mit Berittpferden,<br />

Einstellern und Schulbetrieb.<br />

Am Abend arbeitet sie<br />

oft noch im Restaurant „Kückis<br />

Pub“ als Kellnerin. Wolfgang<br />

„Kücki“ Kühhirt ist<br />

auch der Besitzer von Rostock<br />

Ritz Fighting Fund, einem ihrer<br />

Erfolgspferde. Jessica vervollständigt<br />

das Gespann. Die<br />

zwölfjährige Stute trug sie in<br />

der Qualifikationsprüfung<br />

zur FEI World Jumping Challenge<br />

beim Turnier des Gymkhana-Clubs<br />

zum Sieg. „Man<br />

vergisst das einfach, dass es<br />

auch eine Qualifikation ist,<br />

und dann kam plötzlich der<br />

Anruf“, so Michelle. Zwei<br />

Tage hat die sympathische,<br />

junge Frau gebraucht, um<br />

zu realisieren, dass sie ihrem<br />

Traum, international mitreiten<br />

zu können, damit ein<br />

ganzes Stück näher gekommen<br />

ist.<br />

Jessica war eine Schicksalsbegegnung:<br />

Michelle hatte<br />

sie bereits auf einem Turnier<br />

unter einer Juniorenreiterin<br />

gesehen. Ihr erster Gedanke:<br />

„Das ist das Pferd, das ich reiten<br />

will!“ Doch es sollte noch<br />

eine Weile dauern. Erst Mo-<br />

gaben über Besitzer und vorgenommene<br />

Impfungen.<br />

F – Fuchs: Ein Fuchs besitzt<br />

im Gegensatz zum Braunen<br />

gleichfarbiges Fell und Langhaar.<br />

Die Farbpalette reicht<br />

vom Goldfuchs bis zum Dunkelfuchs,<br />

wobei letzterer nur<br />

durch genaues Hinsehen vom<br />

Braunen zu unterscheiden ist.<br />

G – Gangarten: Ein Pferd<br />

kann sich prinzipiell in drei<br />

Gangarten fortbewegen. Die<br />

langsamste ist Schritt, gefolgt<br />

von Trab. Galopp ist ein<br />

sprunghafter Bewegungsablauf<br />

und somit schnellste Fortbewegungsmöglichkeit.Spezielle<br />

Pferderassen, so genannte<br />

Gangpferde, beherrschen daneben<br />

noch Pass und Tölt.<br />

H – Hilfen: Unter Hilfen versteht<br />

man die Kommunikation<br />

von Reiter zu Pferd. Es<br />

wird zwischen Schenkel-, Gewichts-,<br />

Zügel- und Stimmhilfen<br />

unterschieden. Die eigentliche<br />

Kommunikation<br />

erfolgt in den meisten Fällen<br />

nate später kam ein Anruf,<br />

dass Pferde auf Midgard verkauft<br />

werden sollten. Jessica<br />

war unter ihnen. Obwohl<br />

Michelle eigentlich kein Geld<br />

hatte, jedoch genau wusste,<br />

dass sich diese Chance nicht<br />

wieder bieten würde, verkaufte<br />

sie kurzerhand ihren<br />

alten Mercedes und nahm<br />

die Stute mit nach Hause.<br />

„Jessica ist das Pferd, bei dem<br />

ich genau weiß: Die liebt das<br />

Springen.“ Eine Investition,<br />

die nun ihr Leben verändern<br />

könnte. Zwar kommt Jessica<br />

nicht mit nach Chile, denn<br />

dort werden Pferde von lokalen<br />

Reitern zur Verfügung<br />

gestellt und den Teilnehmern<br />

per Los zugeordnet,<br />

aber sie brachte ihre Reiterin<br />

bereits auf das internationale<br />

Sprungbrett. „Ich probiere,<br />

das Beste daraus zu machen“,<br />

meint Michelle, die<br />

sich schon durch täglichen<br />

Wechsel der Berittpferde<br />

darauf vorbereitet, schnell<br />

auf ein neues Pferd einzugehen.<br />

Sich komplett vorzubereiten<br />

ist auch schwer, denn<br />

Michelle kennt weder das<br />

Pferd noch die Reitgegebenheiten<br />

und in der Halle zu<br />

reiten wird ein ganz neues<br />

Gefühl für sie werden.<br />

Michelle<br />

Künzle<br />

nimmt auf<br />

Jessica ein<br />

Hindernis<br />

beim Springderby<br />

in<br />

Omaruru im<br />

Juli 2007.<br />

Im fehlerfreienUmlauf<br />

siegte<br />

sie souverän<br />

bei diesem<br />

Turnier - was<br />

zuvor nur<br />

vier Reitern<br />

gelungen ist.<br />

• Foto:<br />

Stefan Fischer<br />

erst durch ein Zusammenspiel<br />

verschiedener Hilfen.<br />

I – In-Out: Ein In-Out ist<br />

eine Sprungkombination,<br />

bei der das Pferd das erste<br />

Hindernis überwindet, landet<br />

und sofort zum neuen<br />

Absprung ansetzt.<br />

J – Jockey: Jockey nennt man<br />

den Reiter, der das Pferd bei<br />

Galopprennen präsentiert.<br />

K – Kardätsche: Die Kardätsche<br />

ist die weiche Bürste,<br />

mit der man das Fell des<br />

Pferdes von Staub befreit<br />

und pflegt.<br />

L – Longe: Die Longe dient zur<br />

Gymnastizierung des Pferdes.<br />

Laienhaft betrachtet ist es<br />

eine sieben Meter lange Leine,<br />

an der man das Pferd sich<br />

im Kreis um den Menschen<br />

herum bewegen lässt.<br />

M – Mähne: Die Mähne bildet<br />

neben dem Schweif das Langhaar<br />

des Pferdes. Während der<br />

Schweif unter anderem dem<br />

Vertreiben von Mücken rund<br />

ums Hinterteil dient, schützt<br />

die Mähne den Hals und ihr<br />

Ausläufer am Kopf, der so genannte<br />

Schopf, die Augen.<br />

N – Nüstern: Als Nüstern<br />

werden gemeinhin die „Nasenlöcher“<br />

des Pferdes bezeichnet.<br />

O – Oxer: In manchen Gegenden<br />

wird der Oxer auch<br />

Hoch-Weit-Sprung genannt.<br />

Meistens ist nur der vordere<br />

Teil des Oxers mit mehreren<br />

Stangen gefüllt, der hintere<br />

dagegen besteht nur aus<br />

einer Stange, die etwas höher<br />

als die höchste der vorderen<br />

Reihe ist.<br />

P – Parcours: Unter Parcours<br />

wird die festgelegte Hindernisfolge<br />

beim Springreiten verstanden.<br />

Q – Quadrille: Das formatierte<br />

Reiten von Hufschlagfiguren<br />

in einer Gruppe mit<br />

mehreren Reitern zu Musik<br />

nennt man Quadrille, was<br />

im Französischen soviel wie<br />

Tanz bedeutet.<br />

R – Rappe: Ein Rappe ist ein<br />

Pferd mit schwarzem Fell<br />

und Langhaar.<br />

S – Stockmaß: Das Stockmaß<br />

ist die konventionelle<br />

Größenangabe des Pferdes.<br />

Es wird vom Boden bis zum<br />

Widerrist (Übergang vom<br />

Hals in den Rücken) mit einer<br />

Messlatte gemessen.<br />

T – Trense: Die Trense ist<br />

der Teil der Ausrüstung, die<br />

beim Reiten an den Kopf des<br />

Pferdes angebracht wird, um<br />

durch Zügelhilfen einwirken<br />

zu können.<br />

U – Urpferd: Das Urpferd,<br />

von dem unsere heutigen<br />

Pferde abstammen, war ein<br />

kleines Tier, welches sich<br />

auf fünf Zehen fortbewegte.<br />

Noch heute erinnert der verkümmerte<br />

„Daumen“, der<br />

als Kastanie bezeichnet wird,<br />

auf der Innenseite der Beine<br />

an diesen Vorfahren.<br />

- Mittwoch, 2. Juli 2008<br />

Michelle Künzle mit ihrem Wallach Rostock Ritz Fighting Fund auf ihrer kleinen Farm<br />

östlich von Swakopmund. • Foto: Dominica Maria Koob<br />

Nach Chile könnte die<br />

nächste Etappe ein Aufenthalt<br />

bei Paul Schockemöhle<br />

sein, bei dem sich die namibische<br />

Nachwuchshoffnung<br />

beworben hat. In Deutschland<br />

hätte sie die Möglichkeit,<br />

sich weiter international<br />

zu messen. „Wenn es mich<br />

weiterbringt, dann würde ich<br />

auch eine Zeit in Deutschland<br />

bleiben“, so Michelle,<br />

die jedoch vor allem die Weite<br />

und die Freiheit ihres Heimatlandes<br />

vermissen würde.<br />

Aber erstmal heißt es nun für<br />

die Namibierin, nach Santiago<br />

de Chile zu kommen,<br />

denn Aufenthalt und Flug<br />

sind teuer. Insgesamt 60 000<br />

<strong>Namibia</strong>-Dollar wird es kosten,<br />

die sie mühsam zusammensparen<br />

muss. Sponsoren<br />

sind rar, jedoch sehr willkommen.<br />

Nicht nur, weil<br />

ihr ein großer Traum in Erfüllung<br />

gehen wird, sondern<br />

auch, um ihrem Land etwas<br />

wiederzugeben: „Ich möchte<br />

den Leuten, die immer an<br />

mich geglaubt haben, zeigen,<br />

dass sie Recht hatten.“ n<br />

Dominica Maria Koob<br />

Bereits<br />

als Kind<br />

konkurrierte<br />

Michelle mit<br />

Pony Oskuri<br />

erfolgreich<br />

im Turniersport.<br />

• Foto: Gretel<br />

Keding<br />

V – Volte: Die Volte ist ein<br />

gerittener Kreis von maximal<br />

10 Meter Durchmesser.<br />

W – Wallach: Unter Wallach<br />

versteht man einen<br />

kastrierten Hengst (männliches<br />

Pferd).<br />

X – Bahnpunkt X: Den<br />

Bahnpunkt X sucht man<br />

vergeblich an der Bande. Er<br />

befindet sich nämlich genau<br />

in der Mitte des 20x40-Meter-Vierecks.<br />

Reitet man auf<br />

einem Zirkel (Kreis mit 20 m<br />

Durchmesser), so sollte man<br />

ihn automatisch passieren.<br />

Y – Yearling: Unter Yearling<br />

oder auch Jährling<br />

(Deutsch) versteht man ein<br />

Pferd im darauffolgenden<br />

Jahr der Geburt vom jeweils<br />

1.1. bis 31.12., unabhängig<br />

von seinem eigentlichen<br />

Geburtstag.<br />

Z – Zirkel: (siehe Bahnpunkt<br />

X)<br />

Dominica Maria Koob

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