Ausgabe 02/2010 - Landesärztekammer Brandenburg
Ausgabe 02/2010 - Landesärztekammer Brandenburg
Ausgabe 02/2010 - Landesärztekammer Brandenburg
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Dr. Volkmar Skerra<br />
Foto: 4iMEDIA<br />
edItOrIal<br />
edItOrIal<br />
liebe Kolleginnen und Kollegen,<br />
auch wenn das Jahr schon wieder<br />
einige Wochen alt ist, Ihnen allen die<br />
besten Wünsche mit auf den Weg,<br />
denn ich habe vor, mich ein wenig unbeliebt<br />
zu machen. Es gibt trotz wechselnder<br />
politischer und sozialer Konstellationen<br />
im ärztlichen Alltag einige<br />
sich nicht verändernde Dauerbrenner.<br />
Zu diesen zählt die innerärztliche Kommunikation<br />
im engeren und im weiteren<br />
Sinne, und dabei vor allem die<br />
nicht funktionierende. Da die elektronisch-mediale<br />
Technik immer weiter<br />
auch in Krankenhäusern und Arztpraxen<br />
Einzug hält und Anwendung findet,<br />
habe ich die Befürchtung, dass die<br />
direkte Kommunikation zwischen den<br />
beteiligten Kolleginnen und Kollegen<br />
weiter abnehmen wird. Einige Beispiele<br />
aus dem praktischen Alltag.<br />
Dank der verordneten Überweisungsscheinpflicht<br />
wird der Patient zur<br />
Diagnostik, Mit- und/oder Weiterbehandlung<br />
an einen entsprechenden<br />
Gebietsarzt überwiesen. Einige Tage<br />
später kommt der Patient wieder in<br />
die Sprechstunde, um noch diese<br />
oder jene Voruntersuchung machen<br />
zu lassen, kann sich aber an die genauen<br />
Anforderungen nicht mehr erinnern.<br />
Ist es wirklich zu viel verlangt,<br />
dass dem Patienten ein Zettel mit den<br />
gewünschten Leistungen in die Hand<br />
gegeben wird oder die Helferin beim<br />
zuweisenden Arzt anruft, um sicher zu<br />
gehen, dass auch die richtigen Schritte<br />
4 | <strong>Brandenburg</strong>isches Ärzteblatt 2 • <strong>2010</strong><br />
ausgeführt werden? Oder ein Patient<br />
am Wochenende aus der stationären<br />
Behandlung entlassen wird, ohne dass<br />
vorher nachgefragt wird, ob die nachfolgende<br />
ärztliche Behandlung auch<br />
abgesichert ist?<br />
Nicht allein auf elektronische<br />
Kommunikation<br />
verlassen<br />
Auch die Tatsache, und das ist nicht<br />
selten, dass im Beisein des Patienten<br />
die Kompetenz des Vorbehandlers<br />
zum Teil lautstark in Frage gestellt<br />
wird, bis hin zu der Bemerkung „Dass<br />
Sie das bisher überhaupt überlebt haben!“<br />
ist schon vorgekommen und in<br />
Patientenbeschwerden dokumentiert.<br />
Ich halte es auch im Kontext des innerärztlichen<br />
Zusammenhalts und der<br />
beruflichen Solidarität in der Auseinandersetzung<br />
mit der gesellschaftlichen<br />
Realität für dringend notwendig,<br />
diese Aspekte wieder deutlich mehr zu<br />
beachten und zu stärken. Wir sollten<br />
uns nicht darauf verlassen, dass mit<br />
der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte<br />
und des elektronischen<br />
Arztausweises in den nächsten Jahren<br />
durch den Ausbau der Kommunikation<br />
per E-Mail oder ähnliches alles schon<br />
wieder besser werden wird, sondern<br />
wir sollten bei aller Alltagsbelastung<br />
uns wieder darauf besinnen, dass wir<br />
nicht nur Ärztinnen und Ärzte, sondern<br />
ganz nebenbei auch Menschen sind<br />
(von dieser Bezeichnung gibt es leider<br />
trotz ministerialer Vorgabe nur die geschlechtsneutrale<br />
Form). Also lassen<br />
Sie uns wieder mehr miteinander als<br />
übereinander reden.<br />
Ein anderer Knackpunkt ist, durchaus<br />
in Beziehung zu Falschabrechnungen,<br />
wenn auch von deutlich geringerer Brisanz,<br />
die fälschliche (in Krankenkassendeutsch<br />
„betrügerische“) Verwendung<br />
von Krankenkassenformularen. Es gibt<br />
zwar aller Wahrscheinlichkeit nach davon<br />
deutlich zu viel, aber die falsche<br />
Verwendung erfüllt nun mal den Tatbestand<br />
des Betruges. Da ich mich dabei<br />
naturgemäß vor allem im ambulanten<br />
Bereich auskenne, auch von dort<br />
die Beispiele: „Gelber Schein“ – Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung<br />
– darf<br />
ausschließlich für Versicherte mit Krankengeldanspruch,<br />
sprich mit Status 1<br />
auf der Chipkarte, verwendet werden,<br />
weder für familien- (3), renten- (5) oder<br />
privat krankenversicherte Patienten.<br />
Für letztere dürfen bei Verordnung von<br />
stationärer oder Physiotherapie keine<br />
Kassenformulare verwendet werden,<br />
es sei denn als Kopie!<br />
Gemeinsam den ärztlichen<br />
Berufsstand stützen<br />
Ich bitte Sie also, liebe Kolleginnen<br />
und Kollegen, auch aus medizinischjuristischer<br />
Sicht, beim Benutzen oder<br />
Ausstellen von Formularen und Bescheinigungen<br />
etwas mehr gedankliche<br />
Sorgfalt walten zu lassen, um in<br />
einer Zeit, in der unter dem Vorwand<br />
(„Deckmantel“?) der Verbesserung von<br />
Patientenrechten neue Zugriffsmöglichkeiten<br />
von Kassen und Rechtspflegeorganen<br />
geschaffen werden sollen,<br />
einen Berufsstand weiter zu stützen,<br />
der jenseits jeglicher Realität unverändert<br />
im Verdacht steht, in großen Finanzmitteln<br />
zu schwimmen und unkritisch,<br />
selbstherrlich mit dem Schicksal<br />
von Patienten zu hantieren.<br />
Treten wir diesem Bestreben mit geeinten<br />
Kräften und mit korrekter und<br />
selbstbewusster Berufsausübung entgegen.<br />
In diesem Sinne alle guten Wünsche<br />
und Kraft für den Alltag,<br />
n Ihr Volkmar Skerra