EVENT JOURNAL - SOMMER 2018
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HIN<br />
EJ: Sind Sie einer bestimmten<br />
Ethik unterworfen bzw. gibt es<br />
Dinge, die Sie nicht darstellen<br />
dürfen oder wollen? Oder gibt<br />
es bestimmte Körperteile, die<br />
als Grundlage sofort auszuschließen<br />
sind?<br />
W: Das machen wir vom Alter<br />
abhängig. Manchmal kommen<br />
Kids zu uns z. B. mit dem<br />
Wunsch nach einem Bild auf<br />
dem Hals und in so einem Fall<br />
hinterfragen wir auf jeden Fall<br />
Alter und Einverständnis der Eltern.<br />
Politische Sachen lehnen<br />
wir von vornherein ab und auch<br />
in unseren Augen schlechte<br />
Motivwünsche, die unseren Ansprüchen<br />
nicht genügen. Diese<br />
Freiheit nehmen wir uns, denn<br />
wir wollen nachhaltig arbeiten<br />
und niemand hat etwas von einem<br />
schlecht gewählten Bild,<br />
mit dem er dann den Rest seines<br />
Lebens verbringen soll.<br />
EJ: Sie sind bestimmt im Laufe<br />
der Jahre immer wieder mit<br />
Trends bei der Motivauswahl<br />
konfrontiert…<br />
W: Das hängt stark von<br />
der Altersgruppe ab oder<br />
von der individuellen<br />
„Polung“. Es gibt Leute,<br />
die der polynesischen<br />
Maori-Fraktion anhängen, das<br />
sind meistens diejenigen, die<br />
ständig ins Schwimmbad gehen<br />
und stark von Medien geprägt<br />
sind. Die weibliche Variante<br />
davon sind Mandalas und<br />
florale Sachen. Es gibt außerdem<br />
noch einen Realistik-<br />
Trend, der überwiegend<br />
durch die sozialen Medien propagiert<br />
wird und bei Usern beliebt<br />
ist, die stark nachretuschieren.<br />
Auch Fußball schafft<br />
tatsächlich Strömungen für die<br />
Auswahl der Bilder, da es heute<br />
kaum noch einen Fußballer<br />
„ohne“ gibt. Darin sehen viele<br />
Vorbilder und lehnen sich dann<br />
stark daran an. Heute ist eine<br />
Tätowierung keine Lebenseinstellung<br />
mehr, sondern ein<br />
Trend.<br />
EJ: Das geht schon in die Richtung<br />
der geistigen Ausrichtung<br />
ihrer Kundschaft. gibt es eine<br />
besondere Mentalität bei Menschen,<br />
die sich tätowieren lassen?<br />
W: Die Zeiten eines Typus, also<br />
eines besonderen Typ Mensch,<br />
der Tattoos für sich entdeckt,<br />
sind absolut vorbei. Tattoos<br />
sind attraktiv quer durch<br />
Schichten, Weltanschauungen<br />
und Geschmäcker. Das Bild auf<br />
der Haut hat sich etabliert, völlig<br />
unabhängig z. B. vom Beruf eines<br />
Menschen. Manchmal ist<br />
es auch so, dass Leute durch<br />
eine Tätowierung die Zugehörigkeit<br />
zu einer Gruppe demonstrieren<br />
wollen bzw. in einer<br />
Gruppe akzeptiert sein und<br />
dazugehören wollen. Die Nachfrage<br />
ist riesig und man sieht es<br />
auch daran, dass irgendwelche<br />
Studios wie Pilze aus dem Boden<br />
schießen.<br />
EJ: Tätowieren ist eine Kunstform.<br />
Inwieweit wird für Sie die<br />
menschliche Haut zum Objekt<br />
bzw. welches Verhältnis entwickeln<br />
Sie zu den Menschen,<br />
denen Sie für den Rest ihres<br />
Lebens die Haut gestalten?<br />
W: Es hat durchaus etwas mit<br />
Kunst zu tun, aber nicht jeder<br />
Tätowierer ist zwangsläufig ein<br />
Künstler. Es gibt Kunden, die<br />
immer wieder kommen, denn<br />
wenn man einmal angefangen<br />
hat, ist man oft bereit, noch<br />
mehr machen zu lassen. So<br />
event journal 13<br />
sind hier bei uns auch schon<br />
viele Freundschaften entstanden<br />
und wir haben teilweise<br />
Kunden, die uns schon seit 20<br />
Jahren treu sind. Auf keinen<br />
Fall verstehen wir die Haut eines<br />
anderen wie der Maler seine<br />
Leinwand, quasi rein als<br />
Träger unserer Bilder. Wie vorher<br />
schon erwähnt, eruieren wir<br />
im gegebenen Fall auch den<br />
Hintergrund eines besonderen<br />
Wunsches und sind uns auch<br />
einer gewissen sozialen Verantwortung<br />
bewusst. Es geht<br />
auch nicht, dass wir unser<br />
Kunstverständnis dem Kunden<br />
aufdrücken, sondern das Bild<br />
muss auf jeden Fall nach dessen<br />
Wünschen entstehen. Sogar<br />
während des Tätowierens<br />
beraten wir oft noch, welche<br />
Optionen bestehen und so sind<br />
wir absolut daran interessiert,<br />
das beste Ergebnis zu erreichen.<br />
EJ: Was ist das abgefahrenste<br />
Tattoo in Ihrer bisherigen Laufbahn<br />
gewesen?<br />
W: Oje. Da waren schon einige<br />
ausgefallene Dinger dabei.<br />
Spontan fällt mir „des“ ein. Ein<br />
junger Mann kam zu uns und<br />
sagte, er möchte das kleine<br />
Ginger<br />
Erdbeer