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2018_31-32

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Kurier Nr. <strong>31</strong> / <strong>32</strong> 10.8.<strong>2018</strong> 20<br />

Festrede von Bruno Bär zum Thema «Kulturerbe – Heimat»<br />

Bundesfeier vom 1. August <strong>2018</strong><br />

Liebi Iiwohner und Iiwohnerinne<br />

vo Wange und Brüttiselle!<br />

Hür isch es bsundrigs Jahr, ich meines<br />

jetzt nöd wättermässig, sondern<br />

wil de Europarat s’<strong>2018</strong> zum Jahr<br />

des Kulturerbes proklamiert hät.<br />

50 europäischi Länder mache da<br />

mit, drunder au d’Schwiz underem<br />

Patronat vom Bundesrat Berset.<br />

Ich weiss nöd, wer scho emal vo de<br />

Tag des Denkmals ghört hät. Sit<br />

25 Jahr findet die i de Schwiz am<br />

erschte Septämberwuchenänd<br />

statt. Zum Jubiläum im Kulturerbejahr<br />

isch s’Aagebot vervielfacht<br />

worde. A vier Wuchenänd zwüsched<br />

em 1. und 23. Septämber<br />

git’s über 1000 Verastaltige, Füehrige,<br />

Spaziergäng und Gesprächsrundene,<br />

wo mer’s riichhaltige<br />

Kulturguet vo de Schwiz cha erkunde,<br />

und das meistens gratis.<br />

D’Koordination hät d’NIKE übernah,<br />

di National Informationsstell<br />

zum KULTURERB. S’Motto<br />

heisst: «Ohne Grenzen». Drum<br />

isch d’Schwiz i vier Regione iteilt,<br />

dass mer d’Glägeheit hät, au über<br />

d’Regionsgränze ewäg Iblick is<br />

Kulturerb überzcho. Am 1./2. Sept.<br />

isch Bern mit em Wälschland a de<br />

Reihe, am 8./9. Sept. d’Zentralschwiz<br />

mit em Tessin und em<br />

Bündnerland, am dritte Wuchenänd<br />

sind mir dra, zäme mit de Ostschwiz,<br />

und de Abschluss macht<br />

Nordwestschwiz. Bi NIKE cha mer<br />

s’Programm bstelle oder me chas<br />

natürli au online studiere.<br />

Ich han es paar Aagebot us de nöchere<br />

Umgäbig usepickt:<br />

Wer weiss scho, dass es z’Dübedorf<br />

e grosses Lager vo de Dänkmalpfläg<br />

git, wo kulturhistorischi Bauteil vo<br />

Husabbrüch uf en Wideriibau i<br />

gschützti Hüser wartet? Das glingt<br />

natürli nöd immer: drum de Titel vo<br />

däre Füehrig: «Geborgene Schätze<br />

oder Recycling-Anlage?» – Bekannter<br />

dörfti s’Industrie-Ensemble<br />

im Neuthal sii, wo mer Iiblick i di<br />

industrielli Revolution vo de Textilindustrie<br />

im Züri Oberland überchunt,<br />

und z’Winterthur cha mer im<br />

Dampfzäntrum e Zitreis mache.<br />

Na es paar Agebot us andere Regione:<br />

z’Bärn cha mer z. Bsp. di französischi<br />

Botschaft go aluege, Luzern<br />

widmet sich de Nachchriegsziit,<br />

Obwalde stellt jungi Dänkmäler<br />

vor, z’Schaffhuse cha mer eme ne<br />

Ofebauer zuluege und de Kanton<br />

Uri stellt de Gotthardpass inere<br />

ganztägige Füehrig vo Erstfeld bis<br />

uf Passhöchi is Zäntrum.<br />

Natürli bestaht euses Kulturerb nöd<br />

nu us Baute, Dänkmäler und Museä.<br />

Au vili immaterielli Güeter träged<br />

zumene heimatliche Bewusstsii<br />

und zu gmeinschaftliche Gfühl<br />

bii. Traditione wie Volksmusig,<br />

Jodle, Schwinge, Hornusse, Alpsäge,<br />

Chäse uf dr Alp, s’Chileglüüt<br />

und au der 1. August samt de Landeshymne<br />

ghöred da derzue.<br />

[Na es Wort zu eusere Hymne:<br />

S’Lied isch zwar scho 177-jährig,<br />

aber erscht sit 1981 eusi Hymne.<br />

Vorher hämmer «Rufst du mein Vaterland»<br />

gsunge. Aber will mer die<br />

gliich Melodie wie d’Engländer<br />

gha händ, hät’s a internationale Aaläss<br />

im 20. Jh. für Verwirrig gsorget,<br />

und d’Schwizer händ e neui<br />

brucht. Mit em Text sind aber vili<br />

nöd glücklich gsii. Er seig schwülschtig<br />

und für eusi säkulari Ziit<br />

z’religiös. 2015 hät usemene Wettbewerb<br />

für e neui Hymne die folgendi<br />

Version obenusgschwunge;<br />

zu de gliiche Melodie hett mer<br />

gsunge: «Weisses Kreuz auf rotem<br />

Grund, unser Zeichen für den<br />

Bund: Freiheit, Unabhängigkeit,<br />

Frieden. Offen für die Welt, in der<br />

wir leben, woll’n wir nach Gerechtigkeit<br />

streben. Frei, wer seine<br />

Freiheit nützt, stark das Volk, das<br />

Schwache stützt. Weisses Kreuz<br />

auf rotem Grund, singen alle wie<br />

aus einem Mund.» Dä Text hetted<br />

sicher di meischte uswändig chöne.<br />

Es isch aber bis hüt bim Original<br />

blibe. Wer weiss, wämmer no es<br />

bitzeli warted, wird de Text wieder<br />

aktuell. Als Bispiel di zweiti Ziile:<br />

«Seh’ ich dich im Strahlenmeer...»<br />

Wämer a die hütig elektromagnetischi<br />

Strahlig dänked, chund die<br />

Ziile e ganz neui Bedütig über.]<br />

Aber au Brüch wie Chilbi, Winzerfäscht,<br />

Basler Fasnacht, Landsgemeinde,<br />

Silvesterchlausen usw.<br />

sind gläbti Kultur. Mängi händ sich<br />

im Lauf vo de Ziit veränderet oder<br />

händ gar de Bezug zu ihrem Ursprung<br />

verlore. Wer dänkt hützutags<br />

a dr Chilbi na dra, dass mer<br />

eigentlich d’Chileniweihig, also de<br />

Geburtstag vo de Chile fiired?<br />

Wiiter cha mer au gwüssi Spiise<br />

zum Kulturguet zelle. Ich dänke da<br />

zum Bsp. an Servila oder d’Bratwurscht,<br />

a d’Röschti, as Raclette,<br />

s’Fondue und Saucisson vaudoise.<br />

Es söll ja Lüüt gee, wo uf Reise nöd<br />

glücklich sind, wänns ohni iheimischi<br />

Choscht müend uuscho.<br />

Au eusi riichhaltige Naturlandschafte<br />

träged zur schwizerische<br />

Identität bii. De Mänsch hat sie<br />

zwar mächtig umgestaltet und sie<br />

so au zu Kulturlandschafte gmacht.<br />

Eusi Nationalblueme, s’Edelwiis,<br />

isch zwar ehner es Naturguet, aber<br />

sobald sie als Logo vo Schwiz Turismus<br />

brucht wird, uf em Puurehämp<br />

erschiint, am Rumpf vomene<br />

Flüger prangt oder gar euse Föifliber<br />

ziert, wird sie zum Kulturguet.<br />

Zum Kulturguet ghört au eusi<br />

Sprach, Gschichte, Sage und Mythe<br />

us alter Ziit. D’Frag, wohär mir<br />

chömed, isch für vili wichtig. Das<br />

gseht mer da dra, das Mänsche, wo<br />

adoptiert worde sind, mängsmal<br />

alli Hebel i Bewegig setzed, zum<br />

usefinde, wär ihri liibliche Eltere<br />

sind. Wichtig für de nationali Zämehalt<br />

isch d’Gschicht, wie euseri<br />

Willensnation entstanden isch. Je<br />

nach Sicht i verschidene Epoche<br />

und Bedrohigslage wird sie aber<br />

verschide verzellt. Döt, wo ussagechräftigi<br />

Quälletext fähled, git’s<br />

natürli au vil Platz für Interpretatione<br />

und Usschmückige. Ich han i dr<br />

Schuel na gleert, dass sich<br />

d’Innerschwizer gäge die böse<br />

Habsburger händ müesse wehre,<br />

und dr günschtigi Momänt derzue<br />

seig 1291 de Tod vom König Rudolf<br />

vo Habsburg gsi.<br />

Di hütigi Gschichtsschriibig gseht<br />

das echli differenzierter. Me mues<br />

wüsse, dass d’Innerschwiz im 13.<br />

Jh. zimli abglägni, unwichtigi Talschafte<br />

vom dütsch-römische Kaiserrich<br />

gsi sind. D’Landlüt händ<br />

sich ständig gege d’Naturgwalte<br />

müesse wehre, und das isch nu gange,<br />

wil sie sich zu Gnosseschafte<br />

zämetue händ. Grichtet worde<br />

sind’s vom nidere Landadel us em<br />

eigene Tal. Für de Kaiser Friedrich<br />

II. isch s’Urnerland erscht intressant<br />

worde, wo s’gröschti Hindernis<br />

vo de Gotthardroute i de Schölleneschlucht<br />

überwunde worden<br />

isch. De Kaiser hät meischtens<br />

z’Sizilie und a dr Wärmi gläbt.<br />

Drum isch er froh gsi über en<br />

schnälle Wäg für sini Soldate vom<br />

Norde in Süde, wil er mit em Papst<br />

Krach gha hät. Er hät sich de Wäg<br />

gsichered, indem er de Waldlüt<br />

Sonderrächt iigrumt hät, nämli<br />

d’Riichsfreiheit; so sind sie nu na<br />

diräkt em Kaiser unterstellt gsi.<br />

Wo de Kaiser 1250 gstorben isch,<br />

hät e strubi Ziit agfange. D’Kurfürste<br />

händ sich nöd uf en neue König<br />

chöne einige. Das Machtvakuum<br />

händ d’Fürschte usgnützt zum<br />

Erwiitere vo ihrem Iflussberiich. Es<br />

hät eis Kämpfe aagfange, jede gäge<br />

jede, de Stärcher hät de Schwächer<br />

unterjocht, s’Fuschträcht hät gulte.<br />

Erscht wo de König Rudolf vo<br />

Habsburg 1273 sini Regäntschaft<br />

aaträte hät, isch es wieder besser<br />

worde. Mit stränger Hand hät er für<br />

Rue und Ornig gsorget. De Waldstätter<br />

hät er ihri Freibrief bestätigt.<br />

Won also de König 1291 gstorben<br />

isch, händ Waldstätter befürchtet,<br />

dass wieder esones Chaos chönnti<br />

usbräche, und drum händ sie en<br />

früenere Biistandspakt afangs August<br />

erneuered, hüt bekannt als<br />

Bundesbrief und vo vilne aaglueget<br />

als Geburtsurkund vo de Schwiz.<br />

Es isch aber na en lange Wäg gsi<br />

bis zur hütige Schwiz, mit vilne<br />

Stritereie und Chrieg. Wämer i de<br />

hütige Ziit fascht jede Tag vo<br />

Chrieg und Verfolgig uf euserer<br />

Wält vernimmt, chönnt mer fascht<br />

echli überheblich werde, will mir<br />

eusi Konflikt probiered ohni Gwalt<br />

z’löse. Lueged mer aber zrugg,<br />

gsehmer, dass es sehr lang bruucht<br />

hät, bis mir eso wiit gsi sind. Na zu<br />

Zwinglis Ziite, i de Reformation,<br />

händ sich d’Eidgenosse wäge de<br />

Religion gägesitig d’Chöpf iigschlage.<br />

Und sogar im letschte<br />

Jahrhundert ischs bim Landesstreik<br />

und i de Jurafrag nöd ohni Gwalt<br />

abgange.<br />

Na lang sind d’Waldstätter Teil<br />

vom dütsche Kaiserriich blibe.<br />

Erscht 1648, nach em 30-jährige<br />

Chrieg, hät mer im weschtfälische<br />

Friede de Eidgenosse d’Unabhängikeit<br />

vom Kaiserriich zugestande.<br />

Und erscht 1815, 300 Jahr nach<br />

Marignano, isch nach em Zämebruch<br />

vom napoleonische Empire,<br />

am Wiener Kongräss d’Schwiz i de<br />

hütige Gränze entstande, erschtmals<br />

ohni Untertanegebiet. Und die<br />

europäische Staate händ de Schwiz<br />

d’Neutralität garantiert.<br />

Es isch zwar scho früehner vo Neutralität<br />

d’Red gsi. Aber d’Eidgenosse<br />

heiged e eigeni Uuslegig<br />

devo gha: Es seig so gsi, wie wänn<br />

öpper vor em Hus Passante überfalli,<br />

dänn gschnäll is Hus ie flüchti<br />

und sägi: «Ich bin neutral».<br />

D’Stritereie zwüsched de reformierte<br />

und de katholische Kantön<br />

sind aber im Sonderbundschrieg<br />

witergange. Erscht die neu Bundesverfassig<br />

vo 1848 hät mit de Schaffig<br />

vom hütige Bundesstaat s’Änd<br />

vo de chriegerische Zite bracht.<br />

Mir gsehnd, d’Schwiz isch eigetli<br />

grad es paarmal erfunde worde!<br />

Jetzt, nach so langer Zit hämmers<br />

guet i dr Schwiz, sogar sehr guet.<br />

Dank de moderne Medie gsehmer<br />

jede Tag, wie’s an andere Ort uf de<br />

Wält zu und här gaht. Umgekehrt<br />

natürli au. D’Schwiz schint i de<br />

Auge vo de Entwickligsländer es<br />

Paradies z’si. Drum hämmer<br />

näbscht de Flüchtling eso vil Zuewanderer,<br />

wo bineus e bessers Läbe<br />

erwarted. Vergässe sötted mer aber<br />

nöd, dass es au bi eus, vor allem im<br />

19. Jh., Zite ge hät, wo vili dur<br />

Uuswandere nach Übersee, is Land<br />

vo de unbegränzte Möglichkeite,<br />

probiert händ, de wirtschaftliche<br />

Not i der Heimat z’entflieh. Freiwillig<br />

hät das sicher niemert<br />

gmacht.<br />

Läsed Sie bitte uf de Folgesite witer.

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