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Kurier Nr. <strong>34</strong> 24.8.<strong>2018</strong> Leserforum<br />
5<br />
Blick auf die Veränderungen in der Natur: Pidu Peyers Bilder von Dietlikon rütteln auf. (Foto Pidu Peyer)<br />
Naturaufnahmen<br />
«Die Tankwagen enthalten normale Gülle»<br />
Replik auf Pidu Peyers Fotostreifzug in den Ausgaben des Kuriers Nummer 30 und 33.<br />
Lieber Pidu, herzliche Gratulation<br />
zu deinen Fotoschnappschüssen. Zu<br />
deinem Kommentar muss ich jedoch<br />
einiges richtigstellen und ergänzen.<br />
Bei den zwei Tankwagen,<br />
die du im ersten Bericht erwähnt<br />
hast, kann ich dich beruhigen. Sie<br />
enthalten weder Gift noch Chemie,<br />
sondern ganz normale Gülle. Die<br />
jungen Getreide- und Maispflanzen<br />
sprechen besonders gut auf eine<br />
Güllengabe an (biologischer Volldünger).<br />
Um diese besonders boden-<br />
und umweltschonend auszubringen,<br />
bieten seit einigen Jahren<br />
landwirtschaftliche Lohnunternehmer<br />
einen Vollservice an. Dabei<br />
wird die Gülle mit Tankwagen an<br />
den Ackerrand geführt und durch<br />
einen Schlauch zum Traktor gepumpt.<br />
Mit dem angebauten<br />
Schleppschlauchverteiler wird die<br />
Gülle direkt und gleichmässig auf<br />
den Boden gebracht (kein Stickstoffverlust<br />
und weniger Geruch).<br />
Obstbäume verschwinden<br />
Ich könnte dir Fotos aus den<br />
1940er- und 1950er-Jahren zeigen,<br />
mit grossen Hochstammbaumgärten<br />
rund um den Dorfkern. Damals<br />
trank man noch Süss- oder Gärmost,<br />
allenfalls gewöhnliches Leitungswasser.<br />
Mit dem Aufkommen<br />
der Süssgetränke, die permanent zu<br />
Discountpreisen angeboten werden,<br />
können unsere Obstsäfte nicht mehr<br />
mithalten. Selbst aus Italien hergekarrte<br />
Mineralwasser sind billiger!<br />
Daher ist es nicht verwunderlich,<br />
dass abgehende Obstbäume nicht<br />
mehr ersetzt werden. Ein Grossteil<br />
fiel aber auch der Bautätigkeit zum<br />
Opfer (auch dort, wo du wohnst,<br />
standen einst Obstbäume).<br />
Artenvielfalt schrumpft<br />
Was du vielleicht nicht weisst, jeder<br />
Landwirtschaftsbetrieb muss<br />
mindestens 7 Prozent der Fläche<br />
als Ökofläche bewirtschaften. Das<br />
heisst, kein Dünger, kein Spritzmittel<br />
sowie später gestaffelter<br />
Schnitt der Gräser. Mit Hilfe der<br />
Gemeinde wurde in den letzten<br />
Jahren ein ökologisches Vernetzungsprojekt<br />
erstellt. Dabei wurden<br />
die Ökoflächen sinnvoll zusammengefasst.<br />
Zum Teil wurden<br />
Hecken erneuert und ergänzt, Nistkästen<br />
aufgehängt und ein Wildbienenhotel<br />
installiert. Wie du<br />
selbst festgestellt hast, wurden dabei<br />
im Storchenbüehl einige Obstbäume<br />
gepflanzt. Jeder Gartenbesitzer<br />
kann aber auch zur Artenvielfalt<br />
beitragen, indem er nur<br />
einheimische Sträucher pflanzt und<br />
auf ökologisch wertlose Kirschlorbeeren<br />
und andere verzichtet.<br />
Lieber Pidu, ich hoffe, dir mit diesen<br />
Zeilen einige deiner pessimistischen<br />
Gedanken zerstreut zu haben<br />
und freue mich auf weitere<br />
schöne Schnappschüsse von dir –<br />
hoffentlich mit optimistischerem<br />
Kommentar.<br />
Hans Flach, Alt-Landwirt vom<br />
Loorenhof, Dietlikon<br />
Leserfoto<br />
Der Dorfmaler ist unterwegs<br />
Natur und Landwirtschaft<br />
«So wenig Chemie wie möglich»<br />
Replik auf den Artikel «Der Mensch macht die Natur kaputt».<br />
Umweltfreundlich! Das Bild ist während der Sommerpause für Renovationsarbeiten<br />
im Schulhaus Hüenerweid in Dietlikon entstanden.<br />
Peter Bächi, Dietlikon<br />
Pidu Peyer liebt die Natur mit all<br />
den Pflanzen und Tieren. Das spüre<br />
ich beim Lesen seines Artikels und<br />
Betrachten aller von seinem Balkon<br />
aus aufgenommenen aussagekräftigen<br />
Bilder. Bauern lieben die<br />
Natur auch! Nur gesunde Böden,<br />
Pflanzen und Nutztiere sichern den<br />
Fortbestand ihres schönen und vielseitigen<br />
Berufes. Mit zwei Bildern<br />
unterstellt Herr Peyer den Dietliker<br />
Bauern den Einsatz von zu viel<br />
chemischen Hilfsmitteln.<br />
Aus meiner Sicht düngen und pflegen<br />
die Dietliker Bauern ihre Felder<br />
nach den immer mehr auf die<br />
Natur rücksichtnehmenden schweizerischen<br />
Vorschriften. Mit Lastwagen<br />
angelieferte organische<br />
Nährstoffe, die zusätzlich zur Düngung<br />
auch den Boden verbessern,<br />
als chemische Hilfsmittel zu bezeichnen,<br />
ist so nicht richtig. Ich<br />
bin überzeugt, dass die Bauern<br />
mehr denn je zu ihren Äckern und<br />
der Bodenfruchtbarkeit Sorge tragen<br />
und deshalb oft auch nicht die<br />
günstigste Variante zur Düngung<br />
wählen.<br />
Das vermeintliche Sojafeld vor der<br />
Haustüre des Fotografen war in<br />
Wirklichkeit ein Feld mit Eiweisserbsen.<br />
Sie wurden angebaut zur<br />
Produktion einer einheimischen<br />
Eiweisskomponente im Tierfutter.<br />
Eiweisserbsen benötigen vergleichsweise<br />
deutlich weniger Dünger als<br />
andere Kulturen. Der Pflanzenschutz<br />
besteht in der Regel aus einer<br />
Unkrautbehandlung und erst bei erreichter<br />
Schadschwelle einer Behandlung<br />
gegen Blattläuse in Kombination<br />
mit einem Mittel zur Vorbeugung<br />
von Pilzkrankheiten. Dabei<br />
von grossem Spritzaufwand zu<br />
schreiben, empfinde ich als unfair.<br />
Schweizer Bauern produzieren die<br />
Nahrung für Mensch und Tier mit<br />
so wenig «Chemie» wie möglich,<br />
unter Einhaltung der Vorschriften.<br />
Sie wollen ganz sicher weder Menschen<br />
noch ihre Tiere zu Schaden<br />
kommen lassen.<br />
In meinem Garten hat es seit der<br />
plötzlichen Kältewelle des letzten<br />
Winters auch weniger Vögel. Mag<br />
auch sein, dass fehlende Bäume in<br />
Pidu Peyers nahen Umgebung einzelne<br />
Vogelfamilien in anderen<br />
Dorfteilen oder im Hardwald ansässig<br />
werden liess.<br />
Godi Diemi, Meisterlandwirt und<br />
Pflanzenbauberater, Dietlikon