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VSAO JOURNAL Nr. 4 - August 2018

Kostbar - Immunologie Schmerz Medizin statt Bürokratie - zweite Welle

Kostbar -
Immunologie
Schmerz
Medizin statt Bürokratie - zweite Welle

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<strong>Nr</strong>. 4 <strong>August</strong> <strong>2018</strong><br />

Verband Schweizerischer Assistenz- und Oberärztinnen und -ärzte<br />

Association suisse des médecins-assistant(e)s et chef(fe)s de clinique<br />

Associazione svizzera dei medici assistenti e capiclinica<br />

<strong>VSAO</strong> <strong>JOURNAL</strong><br />

Kostbar<br />

• Immunologie<br />

• Schmerz<br />

• Medizin statt Bürokratie – zweite Welle


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INHALT<br />

Titelbild: aebi, grafik & illustration, bern<br />

EDITORIAL<br />

5 Selten, edel, teuer<br />

POLITIK<br />

7 Gesundheitspolitik: «Medizin statt<br />

Bürokratie!» – konstruktiv und konkret<br />

10 Auf den Punkt gebracht:<br />

Allzeit bereit – aber zu welchem Preis?<br />

WEITERBILDUNG /<br />

ARBEITSBEDINGUNGEN<br />

11 Die Spitalrose blüht nun im Jura<br />

12 Visitationen: Wichtiges auf drei Seiten<br />

14 Sitzt der «Steigbügel» richtig?<br />

<strong>VSAO</strong><br />

17 Sektion Basel<br />

18 Sektion Bern<br />

19 Sektion Graubünden<br />

20 Sektion Zürich<br />

21 <strong>VSAO</strong>-Rechtsberatung<br />

FOKUS KOSTBAR<br />

23 Vom Wert der Dinge<br />

25 Wie bitte? Seltene Erden?<br />

28 «Kostbar heisst selten und schön»<br />

30 Das kostbarste Gut von allen<br />

32 Der Heilige Gral der Schauspieler<br />

34 Gold, das nicht glänzt<br />

36 Alter und neuer Luxus<br />

PERSPEKTIVEN<br />

37 Impfen bei immunkompromittierten<br />

Patienten<br />

40 Aus der «Therapeutischen Umschau» –<br />

Übersichtsarbeit: Opiate – Fluch oder<br />

Segen? – Eine aktuelle Übersicht<br />

46 Das erlesene Objekt:<br />

Eine segensreiche Maschine<br />

MEDISERVICE <strong>VSAO</strong>-ASMAC<br />

48 Briefkasten<br />

50 Patientendaten im Visier von<br />

Cyberkriminellen<br />

52 Den Moment bewusst erleben<br />

53 Impressum<br />

Geborgenheit<br />

CH-3860 Meiringen<br />

Telefon +41 33 972 81 11<br />

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Prof. Dr. med. Thomas J. Müller<br />

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<strong>Nr</strong>. 4 <strong>August</strong> <strong>2018</strong><br />

<strong>VSAO</strong> <strong>JOURNAL</strong> ASMAC<br />

3


STS 0292<br />

LE<br />

VIGARO<br />

281<br />

/ 07.<strong>2018</strong><br />

Mehr als ein Newsletter für Labormedizin<br />

Dr. med. Edouard H. Viollier, FMH Innere Medizin<br />

Dominic Viollier, lic. oec. HSG<br />

Hepatitis B<br />

Der Weg zur Diagnose<br />

Hintergrund<br />

Der Erreger ist das hochinfektiöse Hepatitis B Virus (HBV) mit 6 – 8 Neuinfektionen pro Tag<br />

in der Schweiz. HBV wird beim Kontakt mit Körperflüssigkeiten (Blut und Genitalsekrete)<br />

infizierter Personen übertragen.<br />

Die Primärinfektion kann asymptomatisch, akut oder fulminant verlaufen. Meistens heilt die<br />

Infektion aus und verleiht dabei eine lebenslange Immunität. In 5 – 10% der Fälle entsteht ein<br />

chronischer Verlauf, der in eine Leberzirrhose oder ein Leberzellkarzinom übergehen kann.<br />

Erkrankungsbeginn<br />

Impfen schützt<br />

HBsAg<br />

HBeAg<br />

Ikterus<br />

Anti HBc IgG<br />

Anti HBc IgM<br />

Anti HBe<br />

Anti HBs<br />

Erstinfektion<br />

mit HBV<br />

-2 -1 0 1 2 3 4 5 6<br />

Zeit (in Monaten)<br />

Diagnose<br />

Die HBV Diagnostik basiert auf dem Vorliegen klinischer Symptome, der Bestimmung der<br />

Transaminasen sowie spezifischen serologischen und molekularbiologischen Analysen.<br />

• Im Rahmen einer Schwangerschaft wird ein HBV Suchtest empfohlen (auch bei Geimpften).<br />

• Beim Nachweis von HBs Ag sollte zusätzlich eine Koinfektion durch das Hepatitis D Virus<br />

(HDV Ak) ausgeschlossen werden.<br />

Verdacht Stadium Chronisch Impfschutz Virusreplikation<br />

Suchtest Status Verlauf Impfstatus Virämie (infektiös)<br />

HBs Ag / HBc Ak<br />

HBs Ag / HBe Ag<br />

HBc IgM / HBc Ak<br />

HBe Ak / HBs Ak<br />

HBs Ag<br />

HBs Ak<br />

HBe Ag<br />

HBs Ak<br />

HBV DNA PCR qn<br />

Material<br />

Preis<br />

Serologie<br />

Serum-Gel-Tube, goldgelb (1)<br />

Gemäss Analysenliste BAG<br />

HBV DNA Virämie<br />

EDTA-Tube, lila (6),<br />

unzentrifugiert<br />

Information Literatur auf Anfrage<br />

Dr. med. univ. Michael Nägele, Kandidat Spezialist für Labormedizin FAMH, Mikrobiologie<br />

Dr. rer. nat. Christiane Beckmann, Spezialistin für Labormedizin FAMH, Stv. Leiterin Mikrobiologie<br />

Dr. sc. nat. ETH Diana Ciardo, Spezialistin für Labormedizin FAMH, Stv. Leiterin Corelab, Stv. Leiterin Mikrobiologie<br />

Dr. med. Olivier Dubuis, Spezialist für Labormedizin FAMH, Leiter Mikrobiologie<br />

Dr. phil. II Claudia Lang, Spezialistin für Labormedizin FAMH, Stv. Leiterin Mikrobiologie<br />

Redaktion<br />

Dr. med. Maurice Redondo, FMH Hämatologie, Spezialist für Labormedizin FAMH, Bereichsleiter Produktion West


EDITORIAL<br />

Foto: Severin Novacki<br />

Catherine Aeschbacher<br />

Chefredaktorin <strong>VSAO</strong>-Journal<br />

Selten, edel, teuer<br />

Für den Designer und die Auktionatorin ist die Sache klar:<br />

Kostbar wird ein Gegenstand, wenn er selten und von hoher<br />

Qualität ist – und eine Nachfrage besteht. Sind diese Kriterien<br />

erfüllt, wird aus kostbar in der Regel auch kostspielig. Dabei<br />

spielt der Materialwert nicht zwingend eine Rolle. Eine Briefmarke<br />

ist ein bedrucktes Stückchen Papier, das, falls selten,<br />

schön und nachgefragt, ziemlich teuer sein kann. Welch seltsame<br />

Blüten im wahrsten Sinn des Wortes die Jagd nach einem<br />

Statussymbol treiben kann, zeigen wir anhand des holländischen<br />

Tulpenfiebers auf. Dieses ist zwar längst abgeklungen,<br />

seine Spuren lassen sich aber bis in Schweizer Bauernstuben<br />

verfolgen. Blutige Spuren hinterlassen zuweilen auch Kostbarkeiten,<br />

die kaum je an Wert verlieren: Diamanten und Edelmetalle.<br />

Im Fokus-Teil beschäftigen wir uns mit Blutgold und<br />

dessen verschlungenen Pfaden. Der Kampf um einen Apfel<br />

mündete einst in den Trojanischen Krieg. Um den Iffland-Ring<br />

wird zwar nicht ganz so heftig gerungen, aber zu Zwistig keiten<br />

kann er sehr wohl führen. Zu den von uns präsentierten Kostbarkeiten<br />

gehören schliesslich noch die Seltenen Erden und<br />

das kostbarste Gut von allen – die Zeit.<br />

Um die kostbare Zeit geht es auch im Politik-Teil. Genauer um<br />

jene Zeit, die Ärztinnen und Ärzte mit administrativen Tätigkeiten<br />

verbringen. Der <strong>VSAO</strong> hat der ausufernden Bürokratie<br />

unter dem Motto «Medizin statt Bürokratie!» den Kampf angesagt.<br />

Nun rollt die zweite Welle der Kampagne an. Dass man<br />

nicht zwingend bis zu 80 Prozent seines Arbeitsalltags vor dem<br />

PC verbringen muss, beweisen drei Spitäler mit wegweisenden<br />

Projekten. Das Hôpital du Jura wurde nicht zuletzt für seine<br />

Bemühungen in diesem Bereich mit der vom <strong>VSAO</strong> alljährlich<br />

vergebenen Spitalrose ausgezeichnet.<br />

Viel Papier hat bislang auch die Zulassungssteuerung erzeugt.<br />

Eine Lösung wurde jedoch noch nicht gefunden. Die vom<br />

Bundesrat im Mai vorgeschlagene Regelung soll im Sommer<br />

2019 in Kraft treten, wenn sie denn vom Parlament gutgeheissen<br />

wird. Der <strong>VSAO</strong> wird sich in die Diskussion einbringen,<br />

um eine möglichst vorteilhafte Lösung für die Mitglieder<br />

zu erzielen.<br />

<strong>Nr</strong>. 4 <strong>August</strong> <strong>2018</strong><br />

<strong>VSAO</strong> <strong>JOURNAL</strong> ASMAC<br />

5


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POLITIK<br />

GESUNDHEITSPOLITIK<br />

«Medizin statt Bürokratie!» –<br />

konstruktiv und konkret<br />

Die zweite Welle der <strong>VSAO</strong>-Kampagne «Medizin statt Bürokratie!» rollt an. Unter dem Motto<br />

«konstruktiv und konkret» zeigen Beispiele aus der Praxis, wie sich die administrative Belastung<br />

der Spitalärztinnen und -ärzte reduzieren lässt. Zudem geht bald eine neue Themenwebsite<br />

online. Und: Der <strong>VSAO</strong> wird mit seinem Anliegen im Bundeshaus anklopfen.<br />

Marcel Marti, Leiter Politik und Kommunikation/stv. Geschäftsführer <strong>VSAO</strong><br />

Vor genau einem Jahr fiel der Startschuss<br />

für die Kampagne «Medizin statt Bürokratie!».<br />

Sie richtete sich in der ersten<br />

Etappe vor allem an die Leitungen der<br />

Spitäler und Weiterbildungsstätten. Das<br />

Ziel: sensibilisieren. Mit leichtem Augenzwinkern<br />

illustrierte ein Leiterspiel die<br />

bürokratischen Hürden für Ärztinnen und<br />

Ärzte auf dem Weg ans Krankenbett. Zusätzlich<br />

informierte eine Broschüre über<br />

Lösungsansätze, die den Anteil der Bürotätigkeiten<br />

im ärztlichen Dienst verringern<br />

– zum unmittelbaren Nutzen der<br />

Patienten und auch der Finanzen. Denn<br />

weniger Administration heisst weniger<br />

Kosten.<br />

Bei den Lösungen setzt nun die Fortsetzung<br />

an. «Aufgrund einer Umfrage in<br />

unseren Sektionen haben wir drei Spitäler<br />

herausgegriffen, um konkret aufzuzeigen,<br />

dass man etwas tun kann», erklärt <strong>VSAO</strong>-<br />

Präsidentin Anja Zyska. Was getan wird,<br />

ist unterschiedlich. «Deshalb zum Auftakt<br />

der zweiten Kampagnenwelle mal diese<br />

drei Beispiele, stellvertretend für viele andere,<br />

die es sicher gibt.» Man freue sich<br />

auf weitere Rückmeldungen, «da wir in<br />

einem nächsten Schritt den Katalog von<br />

möglichen, weil schon umgesetzten Massnahmen<br />

erweitern und propagieren wollen»,<br />

so Zyska.<br />

Hôpital du Jura:<br />

Es gewinnen alle<br />

Das erste Beispiel stammt aus dem Jura.<br />

Angeregt durch die Kampagne entstand<br />

im Kantonsspital mit der lokalen <strong>VSAO</strong>-<br />

Sektion eine Arbeitsgruppe zum Thema<br />

«Medizin statt Bürokratie!». Derzeit läuft<br />

ein erster Test: Das Sekretariat der Abteilung<br />

Innere Medizin wurde reorganisiert,<br />

damit seine Mitarbeitenden zusätzliche<br />

Aufgaben übernehmen und die Ärzteschaft<br />

entlasten können. «Etwa beim<br />

Diktieren», präzisiert Spitaldirektor Thierry<br />

Charmillot: «Die Assistentin prüft die auf<br />

Band gesprochenen Krankenberichte zum<br />

weiteren Vorgehen. Bei Bedarf ruft sie<br />

auch den Hausarzt der Patientin an, um<br />

fehlende Informationen im Dossier zur<br />

bisherigen Behandlung einzuholen.»<br />

Das Hôpital du Jura bietet in der Inneren<br />

Medizin jedes Jahr zirka 55 Weiterbildungsplätze<br />

an. Nicht zuletzt für die<br />

Schaffung der Arbeitsgruppe hat es vom<br />

<strong>VSAO</strong> kürzlich die Spitalrose erhalten (siehe<br />

Bericht Seite 11). Direktor Charmillot<br />

weist darauf hin, dass die finanziellen<br />

Rahmenbedingungen für Verbesserungen<br />

schwierig seien. Aber von den Veränderungen<br />

profitierten alle: «Unseren jungen<br />

Ärztinnen und Ärzten werden Bürden<br />

abgenommen, und für die Mitarbeitenden<br />

im Sekretariat wird das Aufgabenspektrum<br />

interessanter.»<br />

Spital Thun:<br />

«reduce to the max»<br />

Szenenwechsel, Spital Thun im Kanton<br />

Bern. Dort steht die administrative Belastung<br />

seit längerem auf der Agenda, namentlich<br />

in der Medizinischen Klinik. Am<br />

Ball ist eine Arbeitsgruppe mit dem Namen<br />

«reduce to the max». Sie setzt sich<br />

aus der Leitung der Medizinischen Klinik<br />

(zwei leitende Ärzte) sowie zwei Vertretern<br />

der Assistenzärzte zusammen. Fallweise<br />

hinzu kommen Chefarzt Armin Stucki<br />

und sein Stellvertreter. «Wir holen über die<br />

Assistenzärzte regelmässig Verbesserungsvorschläge<br />

ein und schauen gemeinsam,<br />

ob und falls ja wie sich diese realisieren<br />

lassen», erläutert Stucki. «Darüber hinaus<br />

haben wir beschlossen, getroffene Massnahmen<br />

regelmässig zu überprüfen.»<br />

Der Chefarzt schildert ein Beispiel, das<br />

sich in der Praxis bereits bewährt hat:<br />

Wenn eine Assistenzärztin Unterlagen von<br />

extern anfordern muss, kann sie sich diese<br />

neu per E-Mail ins Sekretariat übermitteln<br />

lassen. Dort werden die Dokumente<br />

direkt ins Informationssystem der Klinik<br />

eingespeist. «Der Umweg über die Ärztin<br />

entfällt – und sie gewinnt wertvolle Zeit<br />

für ihre eigentliche Arbeit.»<br />

Ein anderes Thema ist die Patientenbetreuung,<br />

für die es in der Medizinischen<br />

Klinik spezielle Coaches gibt. Dabei handelt<br />

es sich um diplomierte Pflegefachfrauen,<br />

welche frühzeitig die Entlassung<br />

planen, Gespräche koordinieren und den<br />

Informationsfluss gewährleisten. Es geht<br />

um die Optimierung der Schnittstellen<br />

zwischen Arzt, Pflege und Patient. Wichtig<br />

sei, ergänzt Armin Stucki, «dass die Coaches<br />

zusammen mit den Assistenzärzten<br />

auf der Abteilung sind. Dadurch besteht<br />

ein enger Kontakt und Austausch, auch<br />

bei der Chefarztvisite und entsprechenden<br />

Entscheiden.» Im Weiteren führt die Klinik<br />

Qualitätszirkel durch, um Projekte<br />

interdisziplinär zu bearbeiten und sie an<br />

Anlässen allen Mitarbeitenden vorzustellen.<br />

Zu nennen ist etwa die Vereinfachung<br />

von Rezepten und das Erfassen der Medikamente<br />

beim Spitaleintritt.<br />

Spital Thusis:<br />

Kampf den Zeitfressern<br />

Im Spital Thusis in Graubünden wiederum<br />

hat man mit einer externen Firma die<br />

Durchlaufzeiten bei der Erstellung aller<br />

Berichte in der Chirurgie, Gynäkologie<br />

und Geburtshilfe unter die Lupe genommen.<br />

«Das Ärztesekretariat mit drei Teil-<br />

<strong>Nr</strong>. 4 <strong>August</strong> <strong>2018</strong><br />

<strong>VSAO</strong> <strong>JOURNAL</strong> ASMAC<br />

7


POLITIK<br />

Die Fortsetzung der <strong>VSAO</strong>-Kampagne ist visuell sofort erkennbar. Sie basiert auf den Figuren<br />

und Illustrationen der ersten Welle, die unter anderem beim Leiterspiel Verwendung fanden.<br />

Zulassung: Wie weiter?<br />

Mitte 2019 soll eine neue, definitive Regelung für die Zulassung von Ärztinnen und<br />

Ärzten zum Beruf in Kraft treten. Als Nächstes wird das Parlament die Vorlage beraten.<br />

Auch der <strong>VSAO</strong> bringt sich dabei ein.<br />

Der Bundesrat hat im Mai die Botschaft für die künftige Zulassungssteuerung verabschiedet. Zwei<br />

Haupteinwänden des <strong>VSAO</strong> in der Vernehmlassung zum Gesetzesentwurf trägt er Rechnung: Er verzichtet<br />

zum einen auf eine zweijährige Wartefrist nach der Aus- und Weiterbildung. Zum andern sind<br />

die Kantone dafür zuständig, die Zulassungsgesuche und die Qualitätsanforderungen zu prüfen. Im<br />

Entwurf war diese Aufgabe einer Organisation zugedacht, welche die Krankenversicherer bezeichnen.<br />

Bei einem dritten zentralen Punkt hatte der Bundesrat kein Einsehen: Die Kantone sollen die Neuzulassung<br />

von Ärzten und Ärztinnen in einem oder mehreren ambulanten medizinischen Fachgebieten<br />

auf eine Höchstzahl beschränken können. Mehr noch, sie dürfen auch Neuzulassungen stoppen. Für<br />

den <strong>VSAO</strong> öffnet dies Bürokratie und Willkür Tür und Tor. Es drohen 26 unterschiedliche Praxen. Was<br />

es stattdessen braucht, ist eine überregionale Handhabung. Denn die heutige Realität sind Versorgungsräume,<br />

die über die Kantonsgrenzen hinausgehen. Zumal die einzelnen Kantone gar nicht die Zahlen<br />

und Instrumente für eine bedarfsgerechte Steuerung hätten.<br />

Gibt es einen dritten Weg?<br />

Wenn die Neuregelung wie vorgesehen Mitte 2019 in Kraft treten soll, muss sie das Parlament im<br />

laufenden Jahr verabschieden. Vorher sind harte Fronten programmiert: Während die rechten Parteien<br />

primär auf die Aufhebung des Vertragszwangs zwischen Leistungserbringern und Versicherern<br />

setzen, steht die Linke dem Vorschlag von SP-Gesundheitsminister Alain Berset wohlwollend gegenüber.<br />

Daher stellt sich auch die Frage nach einem dritten Weg.<br />

Ein Kompromiss könnte nach Ansicht des <strong>VSAO</strong> darin bestehen, dass es für die Zulassung wie bisher<br />

mindestens drei Jahre Tätigkeit an einer anerkannten Weiterbildungsstätte braucht – neu aber zusätzlich<br />

in der für die Zulassung beantragten Fachdisziplin. Ferner muss die in der Tätigkeitsregion erforderliche<br />

Sprachkompetenz mit einer Sprachprüfung in der Schweiz nachgewiesen werden, und zwar<br />

vor Berufsantritt. Für Personen, die über eine Schweizer Maturität verfügen oder das Staatsexamen in<br />

der Amtssprache der Tätigkeitsregion absolviert haben, entfällt die Prüfung.<br />

Dank dieser zwei Kriterien sind neue Ärzte in eigenverantwortlicher Tätigkeit gut mit dem schweizerischen<br />

Gesundheitssystem vertraut. Sie können sich präzise mit Patienten bzw. Fachleuten verständigen,<br />

eine umfassende Anamnese erheben sowie komplexe Texte und Fachdiskussionen verstehen und<br />

wiedergeben. Die vorgeschlagene Lösung hat nicht zuletzt den Vorteil, dass die Kantone über die Spitallisten<br />

und Leistungsaufträge weiterhin Einfluss auf die Zulassung nehmen können.<br />

zeitmitarbeiterinnen schreibt jährlich<br />

über 13 000 Berichte, also zirka 20 pro<br />

Person und Tag», führt Spitaldirektor<br />

Reto Keller aus. Bei der Analyse stachen<br />

die unzähligen Schnittstellen, die häufigen<br />

Rückfragen sowie mehrere Genehmigungs-,<br />

Prüf- und Nacharbeitsschleifen<br />

ins Auge. So dauerte die Erstellung eines<br />

Austrittsberichts bis zur Freigabe 13,5 Tage<br />

– das Verfassen selber hingegen nur 40<br />

Minuten.<br />

«Wir haben daher die Wege visualisieren,<br />

Informationsflüsse aufzeichnen, Bestände<br />

zählen und das Geschehen beobachten<br />

lassen», berichtet Reto Keller. «Bei den<br />

Änderungen lag uns dann am Herzen,<br />

dass das Ganze nicht in ein IT-Projekt<br />

ausartet. Bis auf die Erneuerung respektive<br />

Digitalisierung der Diktaphone wollten<br />

wir deshalb keine neuen Systeme einführen,<br />

sondern die vorhandene Infrastruktur<br />

effizienter und sinnvoller nutzen.» Zur<br />

Zeitersparnis wurden ausserdem die Abläufe<br />

organisatorisch vereinfacht und die<br />

Anzahl Schnittstellen reduziert.<br />

Von Gutem noch besser<br />

berichten<br />

Mehr über die drei Fallbeispiele ist ab Mitte<br />

September auf einer neuen Kampagnenwebsite<br />

zu erfahren. «Unsere Verbandswebsite<br />

soll zwar voraussichtlich im<br />

nächsten Jahr ohnehin ein frisches, zeitgemässes<br />

Gesicht erhalten», erzählt <strong>VSAO</strong>-<br />

Präsidentin Anja Zyska. «Aber wir möchten<br />

der Kampagne bereits jetzt mehr Gewicht<br />

geben und über Gutes noch besser<br />

berichten.»<br />

Zyska denkt dabei auch an den im Rahmen<br />

der Herbstsession geplanten Auftritt<br />

im Bundeshaus. Zu Einzelheiten lässt sie<br />

sich noch nicht in die Karten blicken.<br />

Doch sie verrät, dass die Aktion darauf<br />

abziele, den Parlamentsmitgliedern die<br />

Problematik mit Situationen aus der Praxis<br />

vor Augen zu führen. «Schliesslich<br />

können sie als Patientinnen und Patienten<br />

ebenfalls von den negativen Folgen<br />

von zu viel Bürokratie statt mehr Zeit für<br />

den Menschen betroffen sein.»<br />

Bei sämtlichen Aktivitäten während der<br />

zweiten Kampagnenwelle prüft der <strong>VSAO</strong><br />

die Vernetzung mit anderen Organisationen<br />

im Gesundheitswesen. Denn konstruktiv<br />

heisst nicht zuletzt Hand in Hand<br />

mit Partnern, wo dies sinnvoll ist. Grundsätzliche<br />

Absprachen dazu sind bereits<br />

getroffen.<br />

■<br />

8 <strong>VSAO</strong> <strong>JOURNAL</strong> ASMAC <strong>Nr</strong>. 4 <strong>August</strong> <strong>2018</strong>


Das kühle Rezept<br />

gegen hektik<br />

Patient X will den Termin verschieben, der Arzt muss zu einem Notfall, das Spital<br />

verlangt dringend das Dossier der Patientin Y und im Wartezimmer sitzen mehrere<br />

Neupatienten, deren Daten aufgenommen werden müssen. Beste Voraussetzungen<br />

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POLITIK<br />

Auf den PUNKT gebracht<br />

Allzeit bereit –<br />

aber zu welchem Preis?<br />

Studien belegen, was im Spital bereits alltäglich<br />

ist: Eine Ärztin verbringt viel mehr<br />

Zeit am Computer als beim Patienten. So<br />

bleiben ihr zum Beispiel auf einer Station<br />

mit acht Patienten noch bescheidene 15<br />

Minuten pro Person und Tag.<br />

Der <strong>VSAO</strong> sieht hier nicht tatenlos zu, sondern<br />

legt mit seiner Kampagne «Medizin<br />

statt Bürokratie!» (siehe den gesundheitspolitischen<br />

Artikel auf Seite 7) den Finger<br />

auf den wunden Punkt. Die Spitäler sind<br />

aufgerufen, die Ärzte von delegierbarer<br />

Schreibtischarbeit zu entlasten, und werden<br />

von uns dabei unterstützt. Denn die<br />

mühselige Auseinandersetzung mit den<br />

vielen administrativen Aufgaben hat unerwünschte<br />

Nebenwirkungen. Eine davon<br />

sind die bekannten Überstunden. Gemäss<br />

unserer repräsentativen Mitgliederbefragung<br />

wird bei über der Hälfte der Mitglieder<br />

die gesetzliche Höchstgrenze von wöchentlich<br />

50 Stunden regelmässig überschritten.<br />

Ein Arzt mit einem Vollzeitpensum<br />

arbeitet im Schnitt fast 56<br />

Wochenstunden. Damit verbunden ist eine<br />

auf Dauer gravierende Nebenwirkung:<br />

Stress. Dieser äussert sich in vielfacher<br />

Hinsicht. Stress ist zum Beispiel, wenn am<br />

späteren Nachmittag nicht klar ist, ob die<br />

eigenen Kinder in der Tagesstätte noch<br />

rechtzeitig abgeholt werden können. Stress<br />

bedeutet, das Sporttraining für den persönlichen<br />

Ausgleich einmal mehr zu verpassen.<br />

Stress auslösen kann auch die<br />

Erkenntnis, nun schon wieder nicht zur<br />

ersehnten Erholung zu kommen, weil am<br />

nächsten Tag eine neue Reihe von Nachtdiensten<br />

beginnt.<br />

Hinzu kommt der Stress während des Arbeitstages:<br />

Gemäss unserer Mitgliederbefragung<br />

fühlt sich jede(r) zweite Befragte<br />

oft oder meist müde, jede(r) dritte ausgelaugt.<br />

Diese Eindrücke bestätigt die telefonische<br />

Anlaufstelle ReMed der FMH.<br />

2017 nahmen die Beratungen bei Ärztinnen<br />

und Ärzten in Krisensituationen markant<br />

zu (141 Fälle, in den vorherigen<br />

Jahren durchschnittlich 100 Fälle). Auffallend<br />

war besonders auch der Anstieg der<br />

Anzahl Beratungen bei den jüngeren Berufstätigen<br />

in Weiterbildung.<br />

Dass sich Stress negativ auf die mentale<br />

und körperliche Gesundheit auswirkt, ist<br />

längst erwiesen. Vor diesem Hintergrund<br />

erscheinen mir die aktuellen politischen<br />

Bestrebungen zur Lockerung der arbeitsgesetzlichen<br />

Bestimmungen als äusserst<br />

bedenklich. Die viel gepriesene Flexibilität<br />

wird als Feigenblatt benutzt, damit die<br />

Arbeitnehmenden letztlich dauernd erreichbar<br />

und mit einem Fuss stets bei der<br />

Arbeit sind. Umso wichtiger erachte ich<br />

das Engagement des <strong>VSAO</strong> im Bereich<br />

Vereinbarkeit von Beruf und Familie/Freizeit.<br />

Und umso mehr gilt mein Respekt all<br />

jenen <strong>VSAO</strong>-Mitgliedern, die sich in ihrer<br />

raren Freizeit für unseren Verband engagieren<br />

und sich mit viel Herzblut für ihre<br />

Rechte starkmachen. Die Geschichte lehrt<br />

es uns täglich: Nur wer für seine Rechte<br />

einsteht, kann etwas bewegen und verändern.<br />

Zu guter Letzt und als Ausnahme sei noch<br />

der Fall einer seltenen angenehmen Nebenwirkung<br />

erwähnt. Das Engagement<br />

beim <strong>VSAO</strong> zeigt nebst dem spannenden<br />

Austausch unter Kolleginnen und Kollegen<br />

und neu geknüpften Freundschaften<br />

eines klar: Gemeinsam geht vieles leichter<br />

und vor allem gemeinsam ist man<br />

stark!<br />

■<br />

Simone Burkhard Schneider,<br />

Stabsjuristin/stv. Geschäftsführerin<br />

<strong>VSAO</strong><br />

10 <strong>VSAO</strong> <strong>JOURNAL</strong> ASMAC <strong>Nr</strong>. 4 <strong>August</strong> <strong>2018</strong>


WEITERBILDUNG / ARBEITSBEDINGUNGEN<br />

Die Spitalrose blüht nun im Jura<br />

Verbesserungen bei den Arbeitsbedingungen oder bei der ärztlichen Weiterbildung lohnen sich:<br />

Mit der Spitalrose honoriert der <strong>VSAO</strong> entsprechende Bemühungen. Die jüngste Preisverleihung<br />

fand im Hôpital du Jura in Delsberg statt.<br />

Marcel Marti, Leiter Politik und Kommunikation/stv. Geschäftsführer <strong>VSAO</strong><br />

Gesetzeskonforme und korrekt verbuchte<br />

Arbeitszeiten sollten selbstverständlich<br />

sein – sind es aber nicht: In vielen Spitälern<br />

wird die gesetzliche Höchstarbeitszeit<br />

von wöchentlich 50 Stunden weiterhin oft<br />

überschritten und die Überzeit häufig<br />

nicht erfasst.<br />

Doch es geht auch anders, wie das Hôpital<br />

du Jura zeigt. Das Kantonsspital beschäftigt<br />

an vier Standorten (Delsberg, Pruntrut,<br />

Saignelégier und in der Résidence La<br />

Promenade, ebenfalls in Delsberg) 1650<br />

Personen und betreibt rund 500 Betten. In<br />

der Inneren Medizin stehen jährlich etwa<br />

55 Weiterbildungsplätze zur Verfügung.<br />

Gemeinsam mit der <strong>VSAO</strong>-Sektion Jura<br />

wurden bei den Anstellungsbedingungen<br />

grosse Fortschritte gemacht. Alle Assistenz-<br />

und Oberärztinnen und -ärzte profitieren<br />

mittlerweile von einer präzisen<br />

Zeiterfassung mit Kompensation oder<br />

Auszahlung sämtlicher Überstunden am<br />

Ende der Anstellung. Eine weitere Neuerung<br />

ist der erstmals abgeschlossene Gesamtarbeitsvertrag<br />

(GAV). Darin verankert<br />

sind unter anderem unbefristete Arbeitsverträge,<br />

ein Vaterschaftsurlaub von zehn<br />

Tagen sowie mehr Ferien ab einem bestimmten<br />

Lebens- bzw. Dienstalter. Zudem<br />

prüft eine Arbeitsgruppe, wie sich die<br />

Belastung durch die zunehmende Bürokratisierung<br />

des Arztberufs verringern<br />

lässt.<br />

■<br />

Angesichts der positiven Erfahrungen<br />

hat der Zentralvorstand des<br />

<strong>VSAO</strong> entschieden, die Spitalrose bis<br />

2021 zu verleihen.<br />

Geteilte Freude ist doppelte Freude (v. l. n. r.): Valentin Simonin, Präsident der <strong>VSAO</strong>-Sektion Jura, Thomas Sauvain,<br />

Verwaltungsratspräsident ad interim des Hôpital du Jura, <strong>VSAO</strong>-Präsidentin Anja Zyska und Spitaldirektor<br />

Thierry Charmillot bei der Preisübergabe. (Bilder: Olivier Guerdat, Hôpital du Jura)<br />

<strong>Nr</strong>. 4 <strong>August</strong> <strong>2018</strong><br />

<strong>VSAO</strong> <strong>JOURNAL</strong> ASMAC<br />

11


WEITERBILDUNG / ARBEITSBEDINGUNGEN<br />

Visitationen:<br />

Wichtiges auf drei Seiten<br />

Visitationen sind wichtig, um die Qualität der ärztlichen Weiterbildung sicherzustellen. Deshalb<br />

ist der <strong>VSAO</strong> bei diesen Besuchen stets dabei. Ein Treffen in Bern bot den <strong>VSAO</strong>-Visitatorinnen und<br />

-Visitatoren Gelegenheit zum Erfahrungsaustausch. Als Hilfsmittel steht ihnen neu ein Dokument<br />

mit den wichtigsten Fragen und Antworten zur Verfügung.<br />

Sabrina Ribeaud, Sachbearbeiterin Weiterbildung und Recht<br />

Jedes Jahr finden in rund 100 Weiterbildungsstätten<br />

aus allen Fachgebieten Visitationen<br />

statt. Dabei prüft ein dreiköpfiges<br />

Besuchsteam vor Ort die Umsetzung des<br />

Weiterbildungskonzepts. Dies soll gewährleisten,<br />

dass die Kriterien des jeweiligen<br />

Weiterbildungsprogramms erfüllt werden.<br />

Ziel ist es, im Sinne einer positiv-konstruktiven<br />

Rückmeldung Verbesserungspotenziale<br />

zu erkennen und zu nutzen. Um<br />

seine Visitatorinnen und Visitatoren gut<br />

auf ihre Aufgabe vorzubereiten, lädt sie<br />

der <strong>VSAO</strong> periodisch zu Treffen ein.<br />

Beim jüngsten Stelldichein im Zentralsekretariat<br />

in Bern widmete sich Dina-Maria<br />

Jakob, die Visitationsverantwortliche<br />

des <strong>VSAO</strong>, insbesondere der Vorbereitung,<br />

Durchführung und Nachbearbeitung der<br />

Besuche. Die Informationen boten den 20<br />

Anwesenden – Neulinge und alte Hasen<br />

bunt gemischt – anschliessend bei Speis<br />

und Trank Stoff für angeregte Gespräche.<br />

«Wichtig ist, den persönlichen Eindruck und die kritischen Punkte nach<br />

der Visitation im Bericht zu erwähnen», unterstreicht Dina-Maria Jakob,<br />

Visitationsverantwortliche beim <strong>VSAO</strong> und Mitglied im Geschäfts ausschuss.<br />

Den Austausch fördern<br />

Der Verband will den Austausch unter den<br />

Visitatorinnen und Visitatoren auch neben<br />

den offiziellen Zusammenkünften fördern.<br />

Da sich im Rahmen der Besuche oft<br />

immer wieder ähnliche Fragen stellen,<br />

hat der <strong>VSAO</strong> vor dem letzten Treffen eine<br />

Umfrage lanciert. Das Dokument mit den<br />

wichtigsten dieser Fragen und natürlich<br />

vor allem mit den Antworten ist nun auf<br />

der Website aufgeschaltet (siehe unter Weiterbildung/Visitationen).<br />

Hinweise zu<br />

weiteren wichtigen Aspekten werden gerne<br />

entgegengenommen. Kontakt, auch für<br />

neu Interessierte: ribeaud@vsao.ch. ■<br />

Vorbereiten, durchführen, nachbearbeiten: Alle drei Phasen sind für<br />

eine erfolgreiche Visitation gleichermassen wichtig, wie der Erfahrungsaustausch<br />

unter den <strong>VSAO</strong>-Visitatorinnen und -Visitatoren zeigte.<br />

(Bilder: Micha Riechsteiner)<br />

12 <strong>VSAO</strong> <strong>JOURNAL</strong> ASMAC <strong>Nr</strong>. 4 <strong>August</strong> <strong>2018</strong>


KASSENZULÄSSIG<br />

JETZT<br />

Rationale Schmerztherapie<br />

Pflanzliches Arzneimittel<br />

Médicament phytothérapeutique<br />

100 g Salbe 100 g Pommade<br />

Extrakt aus Beinwellkraut Extrait de fleurs et de feuilles de consoude<br />

Bei Gelenk- und Muskelschmerzen:<br />

Rasche und potente Schmerzlinderung 1<br />

Signifikante Entzündungshemmung 2<br />

Mit oralem NSAR kombinierbar<br />

Natürlich wirksam<br />

Referenzen: 1. Kucera M and Hladikova M (2012). «Topischer Beinwellextrakt: Studie bestätigt rasche Wirksamkeit bei Myalgien durch Überlastung oder akut stumpfe Traumen.»<br />

J. Pharmakol. Ther. 21(4): 112-117. 2. Casetti F, Wölfl e U, Seelinger G and Schempp CM (2014). «Beinwellsalbe. Klinischer Nutzen und Wirkmechanismus in der Haut.» Z. Phytother.<br />

35(6): 268-272.<br />

Traumaplant ® Salbe Z: 1 g: Symphyti herbae recentis extractum eth. liq. (DER 2–3:1) 100 mg. I: Prellungen, Verstauchungen, Gelenk- und Muskelschmerzen, Schürf wunden.<br />

D: Kinder >6 Jahre u. Erw.; 1–5x tgl. UW: Selten: Allerg. Hautreaktionen. P: Tube 100 g. Abgabekategorie: D. Kassenzulässig. Ausführliche Angaben siehe www.swissmedicinfo.ch.<br />

Weitere Informationen: BioMed AG, 8600 Dübendorf, www.biomed.ch. © BioMed AG. 11/2016. All rights reserved.


WEITERBILDUNG / ARBEITSBEDINGUNGEN<br />

Sitzt der «Steigbügel» richtig?<br />

«Steigbügel» ist ein Projekt, das Ärztinnen beim Wiedereinstieg in den Beruf unterstützt. Als<br />

Steigbügelhalterin wirkt medical women switzerland (mws). Nach dem Start vor einem halben Jahr<br />

zeigt sich: Manches läuft anders als gedacht. Das «<strong>VSAO</strong>-Journal» fühlt Projektleiterin Marianna<br />

Bodenmann-Zanetti auf den Zahn.<br />

Marcel Marti, Leiter Politik und Kommunikation/stv. Geschäftsführer <strong>VSAO</strong><br />

Frau Bodenmann, was hat<br />

mws bewogen, das Projekt<br />

«Steigbügel» zu lancieren?<br />

Die Schweizer Universitäten haben während<br />

Jahren zu wenig Ärztinnen und Ärzte<br />

ausgebildet. Hinzu kommt, dass etwa<br />

ein Zehntel davon nicht mehr kurativ tätig<br />

ist. Gerade Ärztinnen möchten aber gerne<br />

wieder in der Grundversorgung arbeiten.<br />

Da setzen wir an.<br />

Und wie geschieht das?<br />

Wir arbeiten mit den Praxen der Medbase-<br />

Gruppe zusammen. Diese hat speziell<br />

geschulte Lehrpraktiker, um interessierten<br />

Frauen den Wiedereinstieg in den<br />

Arztberuf zu ermöglichen. Während dreier<br />

Jahre wird im Rahmen einer Praxisassistenz<br />

eine zwölfmonatige praktische<br />

Tätigkeit mit einem Beschäftigungsgrad<br />

von 50 Prozent angeboten. Man arbeitet<br />

also vollwertig im Team mit. Als Ergänzung<br />

zu den Schulungen und Netzwerkanlässen<br />

gibt es Einzel- und Gruppenberatungen.<br />

An wen genau richten Sie sich<br />

mit dem Projekt?<br />

Unsere Zielgruppe sind Grundversorgerinnen<br />

mit weit fortgeschrittener Weiterbildung,<br />

die aus familiären Gründen mindestens<br />

zwölf Monate nicht mehr erwerbstätig<br />

waren. Ziel ist der unterstützte Wiedereinstieg<br />

mit der Möglichkeit eines<br />

Weiterbildungsabschlusses in Allgemeiner<br />

Innerer Medizin.<br />

Haben Sie für den «Steigbügel»<br />

Partner gefunden?<br />

Ja. Finanzielle Unterstützung leisten unter<br />

anderem das SECO (Staatssekretariat für<br />

Wirtschaft) sowie das Eidgenössische Büro<br />

für die Gleichstellung von Frau und Mann<br />

(EBG). Auch das Schweizerische Institut<br />

für ärztliche Weiter- und Fortbildung<br />

(SIWF) und die Stiftung zur Förderung<br />

der Weiterbildung in Hausarztmedizin<br />

(WHM) stehen hinter uns. Das Institut für<br />

Medizinische Lehre (IML) macht zudem<br />

die Begleitevaluation.<br />

Wie sieht denn die Zwischenbilanz<br />

seit dem Start am<br />

1. März <strong>2018</strong> aus?<br />

Ehrlich gesagt durchzogen. Es gab doch<br />

die eine oder andere Überraschung. Ich<br />

habe rund 20 ernsthafte Anfragen erhalten.<br />

Fünf davon passen in unser Programm,<br />

darunter ist auch ein Mann.<br />

… was aber wohl nicht die<br />

grösste Überraschung war?<br />

Das ist so – und schon gar keine negative<br />

(lacht). Als Stolpersteine erweisen sich<br />

jedoch die Bewilligungen: In jedem einzelnen<br />

Fall muss abgeklärt werden, ob die<br />

bisherige Weiterbildung für den Wiedereinstieg<br />

anerkannt wird. Was Zeit braucht<br />

und mit einer grossen Enttäuschung enden<br />

kann.<br />

Zum Beispiel?<br />

Eine Interessentin aus Vevey erhielt nach<br />

sechsmonatigen Abklärungen in der<br />

Glaubt trotz eher harzigem Start an<br />

ein Gelingen: Marianna Bodenmann-Zanetti,<br />

bei mws Leiterin des<br />

Projekts «Steigbügel». (Bild: zvg)<br />

Waadt den Bescheid, dass ihr die Weiterbildung<br />

in innerer Medizin beim «Steigbügel»<br />

nichts nützt. Grund: Diese Weiterbildung<br />

fand in Afrika statt. Deshalb versucht<br />

die Frau ihr Glück jetzt im Wallis.<br />

Eine andere Ärztin stammt aus Italien. Sie<br />

ist Onkologin, und für den Facharzttitel<br />

Allgemeine Innere Medizin (AIM) fehlen<br />

ihr 18 Monate. Sobald ihr der Kanton die<br />

Arbeitserlaubnis erteilt, kann sie bei Med-<br />

Base in St. Gallen beginnen. Und ganz<br />

abgesehen davon brauchen Frauen, die<br />

bei uns mitmachen wollen, in aller Regel<br />

zuerst auch einen Platz für die Kinderbetreuung.<br />

Was mich übrigens nicht überrascht hat:<br />

Es haben sich viel mehr Lehrpraktiker<br />

inklusive Gruppenpraxen von Netzwerken<br />

und sogar Spitäler bei uns gemeldet. Ich<br />

musste vorerst allen mitteilen, dass ich sie<br />

sehr gerne berücksichtigen werde, wenn<br />

sie selber eine Kandidatin finden.<br />

Wie geht es denn jetzt weiter?<br />

Trotz der gemischten Erfahrungen: Entmutigt<br />

bin ich nicht. Wir sind bei mws<br />

inzwischen offen für eine Erweiterung des<br />

Programms: Es können sich auch Kandidatinnen<br />

melden, welche erst zwei bis drei<br />

Jahre Spitalerfahrung in Innerer Medizin<br />

mitbringen. Abgesehen davon rühre ich<br />

wie bei unserem Interview die Werbetrommel<br />

für das «Steigbügel»-Projekt. Denn<br />

ich bin sicher, dass unsere Idee ein Bedürfnis<br />

abdeckt und die anfängliche<br />

Durststrecke deshalb nicht mehr ewig<br />

dauert.<br />

■<br />

Für Anfragen und weitere<br />

Informationen:<br />

Dr. med. Marianna Bodenmann-Zanetti<br />

Eichstrasse 4<br />

8620 Wetzikon<br />

marianna.bodenmann@medbase.ch<br />

www.medbase.ch<br />

marianna.bodenmann@medicalwomen.ch<br />

www.medicalwomen.ch<br />

14 <strong>VSAO</strong> <strong>JOURNAL</strong> ASMAC <strong>Nr</strong>. 4 <strong>August</strong> <strong>2018</strong>


12. Ausgabe – 12 ème édition<br />

Der Laufbahn-Kongress<br />

für angehende und junge Ärztinnen und Ärzte<br />

Le congrès de carrière<br />

pour les futurs et jeunes médecins<br />

<strong>2018</strong><br />

Gewinne<br />

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eines Facharzttitels!<br />

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Samstag, 3. November<br />

Stade de Suisse<br />

Papiermühlestrasse 71 • 3014 Bern<br />

Samedi, le 3 novembre<br />

Stade de Suisse<br />

Papiermühlestrasse 71 • 3014 Berne<br />

p<br />

Verban<br />

Asso<br />

Assistenz- und Obe


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Sammeln Sie einen Tag lang hilfreiche Informationen<br />

für Ihre berufliche Zukunft. Gewinnen Sie<br />

während den Referaten spannende Einblicke in<br />

den medizinischen Alltag unterschiedlichster<br />

Fachrichtungen und erfahren Sie was die Ärzteschaft<br />

aktuell bewegt. Nutzen Sie die Gelegenheit<br />

in der Ausstellung wertvolle Kontakte mit<br />

unseren Sponsoren und Ausstellern zu knüpfen!<br />

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Domaines:<br />

Laufbahnplanung<br />

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<strong>VSAO</strong><br />

SEKTION BASEL<br />

Der <strong>VSAO</strong> Basel<br />

tagte im Basler<br />

Fussballstadion<br />

Für die Auflage seiner ordentlichen Mitgliederversammlung<br />

von <strong>2018</strong> wählte der<br />

<strong>VSAO</strong> Basel eine wohl populäre, in diesem<br />

Fall aber eher ungewöhnliche Stätte. Man<br />

traf sich am 30. Mai zur Bereinigung der<br />

Jahresgeschäfte im Stadion St. Jakob-<br />

Park, der grössten Schweizer Fussballarena,<br />

eröffnet im Jahr 2001. Die Eröffnung<br />

des Stadions markierte den Beginn einer<br />

jahrelangen Dominanz des FC Basel 1893,<br />

ehe dieses Jahr der Schweizer Meistertitel<br />

wieder einmal nach Bern zu den Young<br />

Boys ging.<br />

Um sich auch über derlei schöne Nebensächlichkeiten<br />

zu unterhalten, dazu hatten<br />

die teilnehmenden Ärztinnen und<br />

Ärzte vor und nach der Versammlung<br />

genügend Zeit. Denn der geschäftliche<br />

Teil fand zwischen einer Stadionführung<br />

und einem «Apéro riche» im VIP-Bereich<br />

des «Joggeli» statt, wie das Stadion im<br />

Volksmund heisst.<br />

Zum zweiten Mal nach 2017 versuchte die<br />

Geschäftsleitung des <strong>VSAO</strong> Basel, der die<br />

Juristin Claudia von Wartburg, eine Spezialistin<br />

für Arbeitsrecht, vorsteht, die<br />

traditionell (zu) geringe Teilnehmerzahl<br />

zu verbessern. Im Vorjahr war die Mitgliederversammlung<br />

an eine Besichtigung<br />

eines Oldtimermuseums in Muttenz geknüpft,<br />

dieses Mal stand die Stadionbesichtigung<br />

im Mittelpunkt, bei der die<br />

Teilnehmenden das seltene Privileg hatten,<br />

ein paar Blicke in die Mannschaftskabine<br />

des FCB zu werfen.<br />

Rein quantitativ stand der Aufwand in<br />

einem unbefriedigenden Verhältnis zum<br />

Ertrag. Denn der Fakt, dass auch dieses<br />

Mal nur ein paar Dutzend von weit über<br />

2000 Mitgliedern der Einladung folgten,<br />

bestätigte eine Vermutung: Die Mehrzahl<br />

der <strong>VSAO</strong>-Mitglieder schätzt den Verband<br />

zweifellos, ist auch froh über sein Leistungsangebot,<br />

betrachtet aber unsere<br />

Organisation vermutlich in erster Linie als<br />

eine Art «Versicherung» für einen allfälligen<br />

beruflichen Problemfall.<br />

Für den <strong>VSAO</strong> Basel, der im Moment plant,<br />

auch im Jahr 2019 die Mitgliederversammlung<br />

mit einem Zusatzprogramm<br />

zu ergänzen, wäre es interessant, zu vernehmen,<br />

ob auch in anderen Sektionen<br />

die Teilnehmerzahl bei Versammlungen<br />

gering ist und ob es da oder dort gar Ideen<br />

für eine Verbesserung dieser Sachlage<br />

gibt.<br />

Auf jeden Fall lohnte es sich für jene, die<br />

<strong>2018</strong> ins Basler Stadion kamen. Entwickelte<br />

sich in der Versammlung selbst, in der<br />

es neben den üblichen statutengemässen<br />

und damit «vorgeschriebenen Traktanden»<br />

keine spektakulären Geschäfte abzuarbeiten<br />

gab, doch eine länger dauernde,<br />

sehr spannende Diskussion zum Thema<br />

administrative Überbelastung von Ärzten<br />

vor allem in Spitälern und Kliniken.<br />

Alle wissen davon, viel zu wenige in den<br />

Spitaldirektionen oder in der Politik tun<br />

jedoch etwas Nachhaltiges dagegen. So<br />

wenden Mediziner weiterhin Tag für Tag<br />

unverantwortlich viel Energie für die Administration<br />

auf, wodurch das Patientenwohl<br />

zu kurz kommt. Aus diesem Grund<br />

plant der <strong>VSAO</strong> Basel zu dieser oft unsinnig<br />

grossen administrativen Belastung<br />

der Ärzteschaft an Spitälern eine umfangreiche<br />

und möglichst aussagekräftige<br />

Untersuchung. Sie soll eine unterstützende<br />

Ergänzung zur laufenden nationalen<br />

Kampagne des <strong>VSAO</strong> Schweiz («Medizin<br />

statt Bürokratie!») sein.<br />

Personell bleiben Vorstand und Geschäftsstelle<br />

des <strong>VSAO</strong> Basel weiterhin in fast allen<br />

Belangen unverändert. Miodrag Savic<br />

ist seit dem laufenden Geschäftsjahr alleiniger<br />

Präsident. Dazu gesellen sich die<br />

Vorstandsmitgliedern Sibyl Iso, Alexandra<br />

Nagy, Susi Stöhr, Sonja Trüstedt, Sebastian<br />

Lamm, Martin Sailer, Sergio Sesia und<br />

Florian Thieringer.<br />

■<br />

Josef Zindel<br />

Öffentlichkeitsbeauftragter<br />

der Sektion Basel<br />

Kitaplatz gesucht – der <strong>VSAO</strong> hilft<br />

Wenn Sie einen Betreuungsplatz für Ihr Kind suchen, denken Sie daran: Seit 2011 unterstützt<br />

Ihr Verband Sie bei dieser zeitaufwendigen Aufgabe. Eine Anfrage mittels Online-Formular beim <strong>VSAO</strong> genügt und Sie<br />

erhalten Informationen zu verfügbaren Plätzen in Ihrer Wunschregion und die entsprechenden Kontaktdaten<br />

der Tagesstätten. Weitere wichtige Informationen und das Formular finden Sie unter der neuen Rubrik Arztberuf und Familie<br />

auf der <strong>VSAO</strong>-Homepage www.vsao.ch.<br />

<strong>Nr</strong>. 4 <strong>August</strong> <strong>2018</strong><br />

<strong>VSAO</strong> <strong>JOURNAL</strong> ASMAC<br />

17


<strong>VSAO</strong><br />

SEKTION BERN<br />

Spannende<br />

Zahlen zum Teilzeitprojekt<br />

Der <strong>VSAO</strong> Bern hat vor rund drei Jahren<br />

eine Projektgruppe zum Thema Schaffung<br />

von Teilzeitstellen für Ärztinnen und<br />

Ärzte in Weiterbildung ins Leben gerufen.<br />

Es ging darum, die Vor- und Nachteile<br />

sowie die Chancen und Risiken zu evaluieren.<br />

Zusammen mit der Insel Gruppe<br />

fand im Universitären Notfallzentrum des<br />

Inselspitals ein erstes Pilotprojekt statt.<br />

Zusätzlich konnte die Neurologie für das<br />

Projekt gewonnen werden. Nachfolgend<br />

sind interessante Ergebnisse aus der im<br />

Frühling im Universitären Notfallzentrum<br />

durchgeführten zweiten Umfrage<br />

dargestellt.<br />

Bereits mit der Durchführung des Projekts,<br />

also noch ohne das Ableiten von<br />

konkreten Massnahmen, konnten Veränderungen<br />

festgestellt werden, wie diese<br />

Antworten zeigen:<br />

• Es arbeiten mehr Leute Teilzeit (29,4%).<br />

• Es wurde mehr über Teilzeit diskutiert<br />

(55,8%).<br />

• Meine Einstellung zur Teilzeitarbeit hat<br />

sich positiv verändert (20,6%).<br />

• Ich wurde ermutigt, mein Pensum zu<br />

reduzieren (11,7%).<br />

Fazit: Allein durch die Aufnahme der Thematik<br />

hat sich die Haltung der Mitarbeitenden<br />

zu Teilzeitarbeit positiv verändert.<br />

Aufgrund dieser Ergebnisse wird die Sektion<br />

Bern das Projekt weiterhin intensiv<br />

vorantreiben und in einem ersten Schritt<br />

versuchen, ein regionales Spitalzentrum<br />

oder ein Privatspital zum Mitmachen zu<br />

bewegen. Dadurch lassen sich die Ergebnisse<br />

miteinander vergleichen. Das langfristige<br />

Ziel ist, ein Modell zu entwickeln,<br />

welches erlaubt, Stationsarbeit auch für<br />

Assistenzärztinnen und -ärzte mit einem<br />

Pensum in der Grössenordnung von 80<br />

Prozent attraktiv zu gestalten. ■<br />

Janine Junker,<br />

Geschäftsführerin <strong>VSAO</strong> Bern<br />

Längere<br />

Weiterbildun…<br />

Keine<br />

Betreung fü…<br />

Aufwand für<br />

Planung des…<br />

Betreuung der<br />

Kinder zu teuer<br />

Weniger Lohn<br />

Keine<br />

Begründung<br />

Andere Gründe<br />

(bitte angeben)<br />

Wenn Sie frei wählen könnten, welches Arbeitspensum würden<br />

Sie wählen? (beantwortet: 36, übersprungen: 3)<br />

Fazit: Das Wunschpensum liegt zwischen 70 und 80 Prozent.<br />

Was sind Gründe gegen ein Teilzeitpensum? (beantwortet: 34,<br />

übersprungen: 5)<br />

Fazit: Die Lohneinbusse und die Verlängerung der Weiterbildungszeit<br />

sprechen gegen eine Reduktion des Pensums.<br />

Antwortoptionen<br />

Beantwortungen<br />

Bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf 78,79% 26<br />

Längere Erholungsphasen 69,70% 23<br />

Mehr Freizeit 51,52% 17<br />

Angst vor Überforderung 9,09% 3<br />

Antworten gesamt: 33<br />

Was wären/sind Gründe für ein Teilzeitpensum? (beantwortet: 33, übersprungen: 6)<br />

Fazit: Das Bedürfnis nach Teilzeitarbeit besteht neben der besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie auch für<br />

längere Erholungsphasen und mehr Freizeit.<br />

18 <strong>VSAO</strong> <strong>JOURNAL</strong> ASMAC <strong>Nr</strong>. 4 <strong>August</strong> <strong>2018</strong>


<strong>VSAO</strong><br />

SEKTION GRAUBÜNDEN<br />

«Graubünden<br />

vernetzt»<br />

Schwungvoll und mit zahlreichen Ideen<br />

ist der erfreulich grösser gewordene Vorstand<br />

gestartet. Mit dem Flyer «Graubünden<br />

vernetzt», auf dem eine Karte mit den<br />

Telefonnummern aller Bündner Spitäler<br />

mit Zusatzangaben zum <strong>VSAO</strong> Graubünden<br />

ergänzt wurde, wurden zwei Schwerpunkte<br />

der Sektion publikumswirksam<br />

lanciert. Neben der Aufklärung über die<br />

Tätigkeiten und den Nutzen einer Mitgliedschaft<br />

geht es darum, die Anbindung<br />

der zahlreichen peripheren Bündner Spitäler<br />

weiter vorantreiben.<br />

Zusätzlich zur Sicherstellung eines ausreichenden<br />

Weiterbildungsangebots in Form<br />

eines kantonalen Weiterbildungskalenders<br />

soll diesen Spitälern bei Besuchen der<br />

Puls gefühlt werden. So lassen sich die<br />

Auswirkungen des zunehmenden Drucks<br />

auf sie erkennen, und die Assistenz- und<br />

Oberärzte können unterstützt und in ihren<br />

Rechten vertreten werden. Erfreulicherweise<br />

treibt auch die <strong>VSAO</strong>-Spitalrose,<br />

welche letztes Jahr an die Geschäftsleitung<br />

des Kantonsspitals für das Engagement<br />

als attraktiver Arbeitsgeber ging, neue<br />

Blüten: mit einer umfassenden Informationsseite<br />

auf dem Intranet des KSGR zum<br />

Thema Elternschaft.<br />

■<br />

Manuel Vestner,<br />

Vorstandsmitglied Sektion<br />

Graubünden<br />

Der neu zusammengesetzte Vorstand der Sektion Graubünden (v. l. n. r.): Samuel Nadig (Sektionsjurist),<br />

Alexandra Tabord, Atanas Todorov, Hanna Wellauer, Manuel Vestner, Jelsche Apel und Livia Küchler. Auf dem<br />

Foto fehlen Stephanie Eich sowie Stefanie Herzog. (Bild: <strong>VSAO</strong> GR)<br />

Feedback-Pool<br />

(D)ein kleiner, aber wertvoller<br />

Beitrag für eine gute<br />

Weiter- und Fortbildung<br />

Um im Bereich der ärztlichen Weiter- und Fortbildung Meinungen<br />

unserer Mitglieder zu einem Thema einholen zu<br />

können, wurde der Feedback-Pool eingerichtet.<br />

Macht mit, und helft dem <strong>VSAO</strong> damit, den Horizont im Ressort<br />

Weiterbildung etwas zu erweitern und Überlegungen<br />

breiter abzustützen.<br />

Weitere Infos unter www.vsao.ch und Anmeldung per E-Mail<br />

an ribeaud@vsao.ch.<br />

Deine Erfahrung zählt!<br />

Visitationen bilden ein Element für das Überprüfen und Sicherstellen<br />

der Weiterbildungsqualität an einer Weiterbildungsstätte.<br />

Ein Visitationsteam, bestehend aus Vertretern des<br />

SIWF, der entsprechenden Fachgesellschaft und des <strong>VSAO</strong>,<br />

besucht die Klinik; vor Ort können die Umsetzung des Weiterbildungskonzeptes<br />

und die Verhältnisse überprüft werden. Ziel<br />

ist es, im Sinne einer positiv-konstruktiven Rückmeldung<br />

mögliche Verbesserungspotenziale zu erkennen und zu nutzen.<br />

Assistenz- und Oberärztinnen und -ärzte, die gerne für den<br />

<strong>VSAO</strong> Visitationen begleiten möchten, melden sich bei Sabrina<br />

Ribeaud, unserer Sachbearbeiterin für Weiterbildung/Visitationen<br />

im <strong>VSAO</strong> (ribeaud@vsao.ch).<br />

<strong>Nr</strong>. 4 <strong>August</strong> <strong>2018</strong><br />

<strong>VSAO</strong> <strong>JOURNAL</strong> ASMAC<br />

19


<strong>VSAO</strong><br />

SEKTION ZÜRICH<br />

Mitgliederversammlung<br />

vom 5. Juni <strong>2018</strong><br />

Dieses Jahr fand die Mitgliederversammlung<br />

der Zürcher Spitalärztinnen und<br />

Spitalärzte im Zunfthaus zum grünen<br />

Glas statt. Angekündigt war ein spannendes<br />

Referat zum Thema «Lohnverhandlungen:<br />

Wie Sie bekommen, was Sie verdienen».<br />

Der Abend startete mit einem regen Austausch<br />

während des Apéros bei hochsommerlichen<br />

Temperaturen, danach wandten<br />

sich die Teilnehmenden den geschäftlichen<br />

Angelegenheiten zu.<br />

Dieses Jahr wurden folgende Beschlüsse<br />

für die Sektion Zürich gefasst: Ruedi Reck<br />

wurde zum Ehrenmitglied auf Lebenszeit<br />

ernannt, da er sich in besonderem Masse<br />

für den <strong>VSAO</strong> ZÜRICH eingesetzt hatte. Die<br />

Geschäftsleitung bekam Zuwachs und<br />

zählt aktuell elf Mitglieder, neu dabei sind<br />

Rolf Erlebach, Laura Münst, Fabian Kraxner<br />

und Anna Wang. Bei Martin Johansson,<br />

Geschäftsleitungsmitglied seit 2002,<br />

und Leander Muheim bedanken wir uns<br />

ganz herzlich für ihren Einsatz und die<br />

wertvolle Zeit. Wir freuen uns zudem über<br />

die Wiederwahl von Jana Siroka als Präsidentin.<br />

Am Ende des geschäftlichen Teils<br />

gab es noch eine Wortmeldung einer jungen<br />

Kollegin aus der Swiss Medical Students’<br />

Association (swimsa), die die Wichtigkeit<br />

der Unterstützung der Transplantationsinitiative<br />

betonte.<br />

Highlight des Abends war das Referat über<br />

ein Thema, das bei Medizinern oft viel zu<br />

kurz kommt, obwohl es unabdingbar zum<br />

beruflichen Leben gehört: Lohnverhandlungen.<br />

Frau Danuser, Leiterin des Student<br />

Career Services der Universität St.<br />

Gallen, betonte die Wichtigkeit, im Gespräch<br />

mit der Klinikleitung auch über<br />

Lohnverhältnisse zu sprechen und diese<br />

zu verhandeln. An der HSG werde den<br />

Studenten von Anfang an beigebracht,<br />

dass man nicht an einem Gespräch teilnimmt,<br />

ohne sich über Fakten und Zahlen<br />

informiert zu haben, erzählte Frau Danuser.<br />

Aber wie ist es in der Gesundheitsbranche?<br />

Weiss jeder, wie viel Lohn ihm zusteht?<br />

Reden wir offen über dieses Thema?<br />

Im Anschluss an das spannende Referat<br />

konnten die Mitglieder interessante Erfahrungen<br />

miteinander teilen und über das<br />

Thema Lohnverhandlungen diskutieren:<br />

Wer hat bereits erlebt, dass die Klinikleitung<br />

gesagt hat, sie wisse nicht über die<br />

Lohneinteilung Bescheid? Wie kann ein<br />

Assistenzarzt, der sich wegen seiner Facharztausbildung<br />

in einem offensichtlichen<br />

Abhängigkeitsverhältnis zum Universitätsspital<br />

befindet, in einem Gespräch mit<br />

dem Kader über Lohn verhandeln? Die<br />

regen Diskussionen wurden anschliessend<br />

im Rahmen eines Flying Dinners weitergeführt.<br />

Wir bedanken uns für den durchaus<br />

erfolgreichen Abend.<br />

Wie steht es mit Dir? Weisst Du<br />

Bescheid über Deinen Lohn?<br />

Auf der Website des <strong>VSAO</strong> ZÜRICH findet<br />

sich für alle jene, die nicht dabei waren,<br />

eine Kurzanleitung für erfolgreiche Lohnverhandlungen.<br />

Werde jedoch nicht ungeduldig,<br />

wenn es nicht beim ersten Mal<br />

klappt – freue Dich auf Deinen nächsten<br />

Vorstoss – denn wie überall gilt: Übung<br />

macht den Meister!<br />

■<br />

Anna Wang,<br />

Mitglied Geschäftsleitung<br />

Sektion Zürich<br />

20 <strong>VSAO</strong> <strong>JOURNAL</strong> ASMAC <strong>Nr</strong>. 4 <strong>August</strong> <strong>2018</strong>


<strong>VSAO</strong><br />

§<br />

Rechtsberatung<br />

Janine Junker, Rechtsanwältin,<br />

Geschäftsführerin <strong>VSAO</strong> Bern<br />

Wann ist ein Arbeitszeugnis<br />

wohlwollend,<br />

klar und wahr?<br />

Ein Arzt erhielt nach dreieinhalbjähriger<br />

Tätigkeit in einer Praxis ein Schlusszeugnis<br />

mit der folgenden Formulierung: «Leider<br />

ist es im Verlauf der Anstellung zu<br />

Behandlungsfehlern gekommen.» Ihm<br />

wurde unter anderem aufgrund dieser<br />

Vorwürfe gekündigt. Ein Jahr vorher hatte<br />

er noch ein sehr gutes Zwischenzeugnis<br />

erhalten. Die Vorwürfe wurden nicht konkretisiert<br />

und der Arbeitnehmer streitet ab,<br />

dass es zu Behandlungsfehlern gekommen<br />

ist.<br />

Gestützt auf Artikel 330a Absatz 1 OR haben<br />

alle Arbeitnehmer Anspruch auf ein<br />

Zeugnis, welches über die Art und die<br />

Dauer des Arbeitsverhältnisses sowie über<br />

die Leistungen und das Verhalten Auskunft<br />

erteilt. Inhaltlich muss ein Zeugnis<br />

folgende Elemente aufweisen:<br />

• Personalien Arbeitnehmer,<br />

• notwendige Angaben, damit der Aussteller<br />

eindeutig identifiziert werden<br />

kann, und dessen rechtsgültige Unterschrift<br />

samt Ausstellungsdatum,<br />

• Beginn und Ende des Arbeitsverhältnisses,<br />

• detaillierte Auflistung der wichtigen<br />

Funktionen und der das Arbeitsverhältnis<br />

prägenden Tätigkeiten<br />

sowie deren Zeitdauer und<br />

• aussagekräftige Bewertung der<br />

Arbeitsleistung und des Verhaltens.<br />

• Ein Zeugnis sollte entsprechend den<br />

folgenden Grundsätzen formuliert<br />

werden:<br />

• Vollständigkeit,<br />

• Wahrheitspflicht,<br />

• Verhältnismässigkeitsprinzip,<br />

• Treu und Glauben sowie<br />

• Wohlwollen.<br />

Ein Zeugnis soll das berufliche Fortkommen<br />

des Arbeitnehmers fördern, einem<br />

zukünftigen Arbeitgeber aber gleichzeitig<br />

ein wahrheitsgetreues Bild vermitteln.<br />

Diese Anforderungen können zu Diskussionen<br />

und einem Interessenkonflikt führen.<br />

Diese Konstellation ist in diesem Fall<br />

eingetreten. Die Arbeitgeberin beharrt auf<br />

der Erwähnung der Behandlungsfehler,<br />

welche der Arbeitnehmer abstreitet. Auch<br />

wenn die Behandlungsfehler tatsächlich<br />

auftraten, bin ich der Meinung, dass sie<br />

im Sinne eines wohlwollenden Zeugnisses<br />

nicht erwähnt werden dürfen, ausser sie<br />

seien äusserst gravierender Natur. Das<br />

Zeugnis soll einen fairen Überblick über<br />

das gesamte Arbeitsverhältnis vermitteln<br />

und sich nicht nur auf den oftmals missgestimmten<br />

Abschluss abstützen. Auf<br />

Dankesworte und Zukunftswünsche hat<br />

man übrigens keinen Anspruch.<br />

Zum Nebenschauplatz wurde in diesem<br />

Fall der Rückruf des vorher ausgestellten<br />

Zwischenzeugnisses. Die Arbeitgeberin<br />

stellte sich im Verlauf des Verfahrens auf<br />

den Standpunkt, dass nach dem Ausstellen<br />

des sehr guten Zwischenzeugnisses<br />

Fehler aufgedeckt worden seien, die sich<br />

vor dem Ausstellen des Zwischenzeugnisses<br />

zugetragen hätten. Sie forderte in der<br />

Folge die Rückgabe des Zwischenzeugnisses.<br />

Bei einem Arbeitszeugnis handelt es<br />

sich um eine Urkunde, welche meines<br />

Erachtens nicht zurückgerufen werden<br />

kann. Die Arbeitgeberin hatte sie bedingungsfrei<br />

ausgestellt und hätte den Inhalt<br />

vorher sorgfältig(er) abklären müssen.<br />

Die gerichtliche Beurteilung des Falles ist<br />

noch ausstehend.<br />

Grundsätzlich empfiehlt es sich, das Arbeitszeugnis<br />

vor Unterzeichnung sorgfältig<br />

durchzusehen und sich im Zweifelsfall<br />

rechtlich beraten zu lassen. ■<br />

<strong>Nr</strong>. 4 <strong>August</strong> <strong>2018</strong><br />

<strong>VSAO</strong> <strong>JOURNAL</strong> ASMAC<br />

21


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22 <strong>VSAO</strong> <strong>JOURNAL</strong> ASMAC <strong>Nr</strong>. 4 <strong>August</strong> <strong>2018</strong>


FOKUS KOSTBAR<br />

Vom Wert der Dinge<br />

Was des einen Uhl, ist des andern Nachtigall: Je nach Epoche, Region oder Kultur gewinnt oder<br />

verliert eine Sache an Wert. Das im 17. Jahrhundert in Holland grassierende «Tulpenfieber» ist nur<br />

ein Beispiel hierfür. Obwohl es längst abgeklungen ist, lassen sich dessen Spuren noch heute<br />

finden, auch in der Schweiz.<br />

M. A. Tabea Buri, Kuratorin Museum der Kulturen Basel<br />

Kulturen können sich in ihren Wertvorstellungen<br />

unterscheiden – das wird<br />

aktuell oft diskutiert im Kontext von Radikalismus<br />

oder Gleichberechtigung.<br />

Werte unterscheiden sich aber nicht nur<br />

in Bezug auf Ideologien. Kulturen weisen<br />

Phänomenen und Objekten aller Art Bedeutung<br />

zu. Der deutsche Soziologe Max<br />

Weber beschrieb Kultur folgendermassen:<br />

«Kultur ist ein vom Standpunkt des Menschen<br />

aus mit Sinn und Bedeutung<br />

bedachter endlicher Ausschnitt aus der<br />

sinnlosen Unendlichkeit des Weltgeschehens.»<br />

Welchen Sinn und welche Bedeutung<br />

wir einem Objekt zuschreiben, ist<br />

folglich kulturell bedingt. So verhält es<br />

sich auch mit Kostbarkeiten: Was in<br />

einem Kontext als kostbar gilt, ist in einem<br />

anderen Umfeld möglicherweise<br />

unbedeutend. Selbstverständlich sind<br />

diese Zuschreibungen nicht fix; sie werden<br />

laufend in Frage gestellt, über Bord<br />

geworfen oder erneuert. So wandeln sich<br />

Kulturen und damit die Definitionen<br />

dessen, was kostbar ist.<br />

Tulpen und Geheimfächer<br />

Was kostbar ist, ist häufig ein Stück weit<br />

exklusiv. Was nur wenige haben können,<br />

gilt oft als besonders erstrebenswert und<br />

wertvoll. Ein Beispiel dafür ist die Tulpe.<br />

Während wir Tulpen heute in jeder Migros-<br />

oder Coop-Filiale kaufen können,<br />

waren diese Blumen einst rarstes Gut –<br />

und entsprechend kostbar! Nachdem die<br />

Tulpenzwiebel Mitte des 16. Jahrhunderts<br />

aus dem Osmanischen Reich nach Europa<br />

importiert worden war, brach einige Jahrzehnte<br />

später in Holland ein regelrechtes<br />

«Tulpenfieber» aus: Die Zwiebeln wurden<br />

zum Wert von Häusern gehandelt, und so<br />

manche Kaufleute gingen mit Preisspekulationen<br />

um die Tulpe bankrott. Wer die<br />

Blüte in seinem Garten zeigen konnte, war<br />

sich hohen Ansehens sicher – sie war der<br />

Inbegriff von Exotik und Luxus. Besonders<br />

die gestreiften Tulpen waren wertvoll.<br />

Erst zum Ende der 1920er-Jahre wurde<br />

bekannt, dass die Streifen durch einen<br />

Virus zustande kommen, der der Pflanze<br />

an sich schadet.<br />

Die Tulpe wurde zum Symbol für Exotik<br />

und Reichtum – und auch wenn sich die<br />

«Tulpomanie» Ende des 17. Jahrhunderts<br />

wieder beruhigt hatte, galt die Tulpe weiterhin<br />

als Kostbarkeit und wurde unter<br />

anderem in der Bauernmalerei häufig als<br />

Symbol des Reichtums verwendet. So zum<br />

Beispiel auf einer Truhe unserer Sammlung<br />

aus Heimberg von 1736. Zu jener Zeit<br />

war eine Truhe meist Teil der Mitgift: Die<br />

Familie der Braut liess das Möbel in Auftrag<br />

geben und übergab sie der frisch<br />

Vermählten beim festlichen Einzug in den<br />

neuen Haushalt. Beim Hochzeitszug wurde<br />

sie zur Schau gestellt; in der Stube<br />

hatte sie repräsentativen Charakter – entsprechend<br />

wurde das Möbel in gut situierten<br />

Bauernfamilien aufwendig bemalt.<br />

Während die Truhe gegen aussen mit den<br />

Tulpen Reichtum anzeigt, verstecken sich<br />

die wahren Kostbarkeiten in ihren Geheimfächern:<br />

Die Fronten lassen sich bei<br />

Truhe mit Geheimfach. Heimberg, Bern; 1736; VI 2192<br />

© Museum der Kulturen, Fotograf Omar Lemke<br />

geöffnetem Deckel nach oben schieben<br />

und legen damit Schubladen frei. Die<br />

verborgene Kostbarkeit (vielleicht ein<br />

Schmuck- oder Erinnerungsstück) ist<br />

symbolisch zwar angedeutet, bleibt aber<br />

dennoch gut geschützt. Die Truhe steht<br />

aktuell in der Ausstellung «Das Geheimnis»<br />

im Museum der Kulturen Basel und<br />

zeigt dort ihre Geheimfächer.<br />

Stroh und Gold<br />

Was kostbar ist, verändert sich je nach<br />

Kontext. Sehr deutlich ist das bei Reliquien:<br />

Wird ein Stück Textil oder gar ein<br />

Knochensplitter mit einer heiligen Figur<br />

assoziiert, so steigt der Wert dieses Stücks<br />

für Gläubige ins fast Unermessliche.<br />

Irdische Kostbarkeiten wie Edelmetalle<br />

oder Edelsteine kommen bei der Gestaltung<br />

der Schatullen oder des Schreins<br />

zum Einsatz – und diese Behältnisse sind<br />

in säkularen Museen dann wiederum als<br />

die eigentlichen Kostbarkeiten ausgestellt.<br />

Wie sich Sinn und Bedeutung von Objekten<br />

oder Materialien wandeln, dem widmet<br />

sich das Museum der Kulturen Basel<br />

<strong>Nr</strong>. 4 <strong>August</strong> <strong>2018</strong><br />

<strong>VSAO</strong> <strong>JOURNAL</strong> ASMAC<br />

23


FOKUS KOSTBAR<br />

in der Dauerausstellung «StrohGold –<br />

kulturelle Transformationen sichtbar gemacht».<br />

Die Ausstellung zeigt, dass es eine<br />

Frage der Perspektive ist, ob etwas als<br />

wertlos oder wertvoll, als Stroh oder Gold<br />

wahrgenommen wird. Ein und derselbe<br />

Gegenstand kann für einen Menschen<br />

Abfall, für einen anderen ein wertvoller<br />

Werkstoff sein. Titelgebendes Beispiel dafür<br />

sind Schmuckstücke aus Stroh, wie sie<br />

vor allem im Europa des 19. Jahrhunderts<br />

hergestellt wurden. Stroh ist ein günstiges<br />

Material, das bei Getreidebauern im Überfluss<br />

anfällt und oft im Stall als Streu<br />

endet. Bleiben die Halme unversehrt, haben<br />

sie einen goldenen Schimmer, der den<br />

Flechtwerken eine kostbare Optik verleiht.<br />

Dies machte sich auch der prominente<br />

Modeschöpfer Jean-Paul Gaultier zunutze,<br />

als er das kostengünstige Material für die<br />

Haute Couture seiner Kollektion im Jahr<br />

2006 einsetzte. Hier ist es die Kunstfertigkeit,<br />

die Originalität, bestimmt auch der<br />

Markenname, der aus den Kleidungsstücken<br />

eine Kostbarkeit macht – nicht aber<br />

das Material. Vergleichbare Prozesse der<br />

Aufwertung lassen sich beim Upcycling<br />

beobachten: wenn Abfallprodukte umgenutzt<br />

und durch eine neue Verwendung<br />

aufgewertet werden.<br />

Herz und Kultur<br />

Was für jeden Menschen persönlich kostbar<br />

ist, das ist noch einmal eine andere<br />

Geschichte. In Liebesbriefen unserer<br />

Sammlung ist die Rede von «Liebes-<br />

Kleinoden» und von «theuren Geliebten».<br />

Wer oder was uns kostbar ist, ist<br />

also einerseits kulturell, andererseits<br />

auch persönlich geprägt. Indem wir entscheiden,<br />

welchen Wert wir einem Objekt<br />

oder einer Person zusprechen, orientieren<br />

wir uns in der «sinnlosen Unendlichkeit<br />

des Weltgeschehens». Wir schaffen<br />

Bedeutung und sind damit Teil einer<br />

Kultur.<br />

■<br />

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MEDIZIN<br />

7. – 10. November <strong>2018</strong><br />

32 h<br />

Update Refresher<br />

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29. – 30. Oktober <strong>2018</strong><br />

14 Credits SGAIM / 14 h 1A Credits SGK<br />

PÄDIATRIE<br />

29. – 31. Oktober <strong>2018</strong><br />

24 Credits SGP<br />

DIABETES<br />

15. – 17. November <strong>2018</strong><br />

21 Credits SGED / 6 Credits SVDE<br />

PNEUMOLOGIE<br />

30. Nov. – 1. Dez. <strong>2018</strong><br />

14 h<br />

INNERE<br />

MEDIZIN<br />

4. – 8. Dezember <strong>2018</strong><br />

40 h<br />

KARDIOLOGIE<br />

9. – 10. November <strong>2018</strong><br />

16 h<br />

ONKOLOGIE /<br />

HÄMATOLOGIE<br />

16. – 17. November <strong>2018</strong><br />

14 h<br />

PSYCHOLOGIE<br />

4. – 7. Dezember <strong>2018</strong><br />

28 h<br />

CHIRURGIE<br />

17. – 18. Januar 2019<br />

16 h<br />

Veranstaltungsorte<br />

Technopark Zürich | Novotel Zürich City West |<br />

UniversitätsSpital Zürich<br />

Information / Anmeldung<br />

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FOKUS KOSTBAR<br />

Wie bitte? Seltene Erden?<br />

Mit Erde im herkömmlichen Sinn haben sie nichts zu tun, und so selten wie ihr Name sagt, sind<br />

sie auch nicht. Im Gegenteil, wir begegnen ihnen heutzutage auf Schritt und Tritt. Die technischen<br />

Errungenschaften des modernen Lebens sind ohne sie kaum denkbar. Ob Handy, Katalysator,<br />

Leuchtröhre oder MRI – überall finden sie sich. Doch was sind seltene Erden eigentlich?<br />

Jean-Claude G. Bünzli, Ecole polytechnique fédérale de Lausanne, Institut des sciences et ingénierie chimiques, 1015 Lausanne,<br />

Dr. Kennedy Wong, Distinguished Professor, Hong Kong Baptist University, Hong Kong, S.A.R., P.R. China<br />

Der Begriff «seltene Erden» bezeichnet<br />

eine Serie von 17 chemischen Elementen:<br />

Scandium, Yttrium, Lanthan und 14<br />

Lanthanoide (Abbildung 1). Das erste Element<br />

dieser Serie, Yttrium, wurde Ende<br />

des 18. Jahrhunderts in Turku (heute<br />

Finnland) entdeckt. Der Begriff «Erde»<br />

wurde damals verwendet, um das Oxyd<br />

eines Elements oder seiner mineralischen<br />

Form zu bezeichnen; und «selten», weil<br />

sich diese Elemente aufgrund ihrer sehr<br />

ähnlichen chemischen Eigenschaften als<br />

schwer trennbar erwiesen. Trotz dieser<br />

Bezeichnung sind sie in der Erdkruste<br />

ziemlich weit verbreitet. Deren Konzentration<br />

reicht von 66 Milligramm pro Kilogramm<br />

(ppm) für das am reichlichsten<br />

vorhandene, Cerium, bis 1 ppm für das<br />

am wenigsten vorhandene, Lutetium.<br />

Zum Vergleich findet man Kupfer, Silber<br />

und Platin in Mengen von 68 ppm,<br />

0.08 ppm und 0.01 ppm. Es gibt über 200<br />

Mineralien, die seltene Erden beinhalten.<br />

In ihrer elementaren Form sind seltene<br />

Erden sehr reaktive Metalle, ähnlich wie<br />

Calcium oder Natrium [1, 2].<br />

Abbildung 1<br />

Seltene Erden im Periodensystem der Elemente, oben zwei der metallischen<br />

Elemente, unten drei Mineralien, wovon rechts das Mineral, aus welchem<br />

die erste seltene Erde, Yttrium, 1794 durch Johann Gadolin extrahiert wurde.<br />

Efficacité de conversion électricité/lumière<br />

Abbildung 2<br />

Beitrag der seltenen Erden zur Verbesserung der Beleuchtung.<br />

Die Zwerge der Industrie<br />

Die Derivate der seltenen Erden finden in<br />

sämtlichen technischen Gegenständen<br />

Verwendung. Dies dank ihrer einzigartigen<br />

chemischen, optischen und magnetischen<br />

Eigenschaften. Zahlreiche Schlüsseltechnologien<br />

sind von diesen Elementen<br />

abhängig und wurden von vielen<br />

Staaten, wie den USA, China sowie der EU,<br />

als strategisch wichtige Elemente klassifiziert.<br />

Die chemischen Eigenschaften. Als<br />

elektropositive und oxophile Elemente<br />

findet man die seltenen Erden gerne als<br />

trivalente Ionen vor. Einige davon sind<br />

auch divalent oder tetravalent, wie bspw.<br />

Ceriumoxid CeO 2 , aber alle sind Lewis-<br />

Säuren. Daher werden sie bereits seit<br />

1962 in Katalysatoren für die Umwandlung<br />

von Erdöl in Benzin und die Nachbehandlung<br />

von Abgasen in Motorfahrzeugen<br />

verwendet. Hier wird hauptsächlich<br />

Ceriumoxid verwendet. Es wird auch in<br />

den selbstreinigenden Backöfen eingesetzt.<br />

Die Produktion von künstlichem<br />

Gummi für die Herstellung von Autoreifen<br />

nutzt die Neodymsalze (Nd), die als<br />

Katalysatoren gleichzeitig die Verwendung<br />

von weniger umweltschädlichen<br />

Lösungsmitteln ermöglichen.<br />

Optik und Photonik. Etliche optische<br />

Gläser beinhalten seltene Erden, entweder<br />

als Pigmente zur Färbung oder um<br />

sie durch Oxidation der Eisenrückstände<br />

durch CeO 2 transparenter zu machen.<br />

Lanthanoxid dient der Erhöhung des<br />

Brechungsindexes der Linsen für Kameras<br />

oder Mikroskope. Ceriumoxid, als<br />

Feinpartikel, ist ein hervorragendes Poliermittel<br />

und es gibt kaum eine Glasfläche,<br />

Linse, Brille, Bildschirm oder<br />

<strong>Nr</strong>. 4 <strong>August</strong> <strong>2018</strong><br />

<strong>VSAO</strong> <strong>JOURNAL</strong> ASMAC<br />

25


FOKUS KOSTBAR<br />

Efficacité de conversion électricité/lumière<br />

Abbildung 3<br />

Europium schützt die Euro-Geldscheine<br />

durch seine orange<br />

Lumineszenz. Abschnitt einer<br />

50-Euro-Note unter UV-Licht<br />

(gemessen im Labor des Autors).<br />

Abbildung 4<br />

Ein 1,5-MW-Windkraftwerk beinhaltet<br />

900 kg Nd-Fe-B-Magnete. Ist seine<br />

Produktion umweltschädigend?<br />

Heutzutage kann man mit den<br />

geltenden Gesetzen und adäquaten<br />

Techniken sagen: nicht schädigender<br />

als die Produktion anderer<br />

Metalle. Die graue Energie, die für<br />

die Herstellung einer solchen<br />

Turbine notwendig ist, entspricht<br />

der Strommenge, welche die Turbine<br />

in 4 bis 6 Monaten produziert.<br />

Fenster, die nicht durch dieses Oxid poliert<br />

wird.<br />

Seltene Erden wurden erstmals industriell<br />

für die 1891 durch Carl Auer von Welsbach<br />

patentierten Gasglühlichter für Gaslampen<br />

verwendet, die mit 1 Prozent CeO 2 der<br />

Flamme ein intensiv weisses Licht verliehen.<br />

Der kommerzielle Erfolg war entsprechend<br />

gross und diese Gasglühlichter<br />

werden noch heute für Campinglampen<br />

verkauft. Beiläufig löste Auer auch ein<br />

wiederkehrendes Problem der seltenen<br />

Erden: Das schlechte Verhältnis zwischen<br />

Verfügbarkeit und Nachfrage. Bei der Extraktion<br />

von Cerium fand Auer grosse<br />

Mengen anderer nicht verwendeter seltener<br />

Erden. Er erfand das «Mischmetall»,<br />

eine pyrotechnische Legierung, die 30<br />

Prozent Eisen beinhaltet und für Feuersteine<br />

verwendet wird.<br />

Der Beitrag der seltenen Erden zur Beleuchtung<br />

ist beeindruckend (Abbildung<br />

2). Dank der grossen Reinheit des durch<br />

die Ionen der seltenen Erden erzeugten<br />

Lichts ermöglichte ab 1960 eine Kombination<br />

von drei Phosphoren (rot, grün,<br />

blau) in Leuchtstoffröhren die Erzeugung<br />

von weissem Licht, das dem Tageslicht<br />

ähnlich ist. 1995 fand das Abenteuer seine<br />

Fortsetzung mit der ersten Generation von<br />

LED-Lampen, zuerst mit Gleichstrom und<br />

heute mit Wechselstrom. Von 1970 bis 2015<br />

konnte die Umwandlungseffizienz von<br />

elektrischer Energie zu Licht um den<br />

Faktor 8–9 erhöht werden, was zu entsprechenden<br />

Energieersparnissen geführt hat.<br />

Andere photonische Materialien, die mit<br />

seltenen Erden gedopt werden, sind Laser,<br />

insbesondere diejenigen für Glasfasern in<br />

der Telekommunikation, Nachtsichtgeräte,<br />

Sicherheitsabdrucke gegen Fälschungen,<br />

Sicherheitstinten für Banknoten<br />

(Abbildung 3), fluoreszierende Markierungen,<br />

um strukturelle Fehler in Brücken<br />

oder Druckbehältern sichtbar zu<br />

machen, oder die Generierung von unsichtbaren<br />

Barcodes oder QR-Codes.<br />

Man kann sogar auf die molekulare Ebene<br />

gehen, um Biomoleküle zu markieren.<br />

Und kürzlich konnte mittels wellenlängenumwandelnder<br />

Materialien die Leistung<br />

der Solarzellen verbessert werden [3].<br />

Die Magnete. 1970 wurde eine Legierung<br />

aus Samarium und Kobalt entdeckt, deren<br />

magnetische Eigenschaften denjenigen<br />

der klassischen Magnete deutlich überlegen<br />

waren. Diese Entdeckung ermöglichte<br />

die schrittweise Miniaturisierung der<br />

Motoren und der Audiokopfhörer, die in<br />

die Produktion des berühmten Walkmans<br />

mündete (1979–2010). Probleme bei der<br />

Versorgung mit Kobalt und die hohen Kosten<br />

von Samarium führten zur Entwicklung<br />

einer anderen, 2,5-mal stärkeren,<br />

aus Neodym, Eisen und Bor bestehenden<br />

Legierung. Diese Permanentmagnete werden<br />

überall verwendet, insbesondere in<br />

sämtlichen Objekten mit einem elektrischen<br />

Antrieb, beispielsweise Autos, die<br />

20–25 davon beinhalten, E-Bikes oder<br />

Magnetschwebebahnen (in Asien, bis<br />

600 km/h). Diese Magnete finden weiter<br />

eine Verwendung in Windkraftwerken<br />

(Abbildung 4), in Magnetresonanztomographen,<br />

in Kopfhörern, Computerfestplatten,<br />

magnetisch-optischen Aufnahmegeräten<br />

und Blasenspeichern der<br />

Supercomputer. Bezüglich Menge und<br />

Kosten handelt es sich um die am meisten<br />

verwendeten seltenen Erden.<br />

Andere Verbundstoffe. Zu erwähnen sind<br />

noch, unter anderem, Hydride von<br />

seltenen Erden für wiederaufladbare elektrische<br />

Batterien, für Elektroden der<br />

Brennstoffzellen, Hochtemperatur-Supraleiter,<br />

keramische Bestandteile von elektronischen<br />

Komponenten, Komponenten<br />

für die magnetische oder optische Kühlung,<br />

Leichtmetalllegierungen, die Scandium<br />

beinhalten, für die Aviatik.<br />

Und in der Medizin?<br />

In diesem Bereich findet man auch seltene<br />

Erden, die häufig versteckt, aber dennoch<br />

sehr wichtig sind. Mitte der 1970er-Jahre<br />

wurden sie in die Produktion der Röntgenstrahlbildverstärker<br />

eingebracht, was eine<br />

starke Senkung der Strahlendosis für die<br />

Patienten ermöglichte. Parallel dazu konnte<br />

man dank der Lumineszenz immunologische<br />

anstelle von radioaktiven Analysen<br />

durchführen, was die Laboratorien von<br />

den mit der Radioaktivität verbundenen<br />

Auflagen befreit hat. Ab 1988 wurden auf<br />

Gadolinium basierte Kontrastmittel für<br />

die Magnetresonanztomographie (MRI)<br />

zertifiziert und die Qualität der Bilder<br />

erheblich verbessert. Zurzeit sind es die optischen<br />

Eigenschaften, die im Rahmen der<br />

neuen in Labors oder in der Praxis getesteten<br />

Anwendungen zum Tragen kommen,<br />

beispielsweise bei der photodynamischen<br />

Krebstherapie, der optischen medizinischen<br />

Bildgebung, beispielsweise von<br />

Krebsgewebe (Abbildung 5) [4], oder dem<br />

Transport und der Freisetzung von Medikamenten<br />

in einem bestimmten Organ [5].<br />

Die Nuklearmedizin verwendet mehrere<br />

Isotope von seltenen Erden, entweder für<br />

die PET-Bildgebung (Positronen-Emissions-Tomographie)<br />

oder die Strahlentherapie,<br />

wie Yttrium-90 (heterogene Tumore),<br />

Samarium-153 (Prostata), Lutetium-177<br />

(kleine Tumore), Holmium-166<br />

oder Promethium-149 (Biodistributionsstudien)<br />

[6, 7].<br />

26 <strong>VSAO</strong> <strong>JOURNAL</strong> ASMAC <strong>Nr</strong>. 4 <strong>August</strong> <strong>2018</strong>


FOKUS KOSTBAR<br />

20 m<br />

Kilogramm führen würde. Die Preise sind<br />

aktuell eher tief. Sie hängen von der seltenen<br />

Erde und deren Reinheit ab. Sie liegen<br />

zwischen 2,5 USD pro Kilogramm Ceriumoxid<br />

bis 465 für Terbium oder 4200 für<br />

Scandium (Shanghai, Ende 2017). ■<br />

Abbildung 5<br />

Gleichzeitiger Nachweis der Östrogenmarker (ER, rot) und HER2/neu (grün)<br />

in Brustkrebsgewebe. Der Nachweis erfolgt mittels monoklonarer Antikörper,<br />

von welchen einer mit einem Europium (rot) oder Terbium (grün) konjugiert<br />

wird [4].<br />

Die Ressourcen und der<br />

Markt<br />

Bis auf wenige Ausnahmen, wobei die der<br />

Magnete bekannt ist, finden seltene Erden<br />

in kleinen Mengen Anwendung in Produkten,<br />

die sie zum Leben erwecken: Wenige<br />

Prozente in einem Katalysator, ungefähr<br />

1 Gramm in einer Leuchtstoffröhre,<br />

0,1 Gramm in einer LED, 0,2–0,3 Gramm<br />

in einem Smartphone (7–9 verschiedene<br />

seltene Erden), weniger als 1 Promille<br />

Gewicht in einer Glasfaser, weniger als ein<br />

Mikrogramm für eine immunologische<br />

Analyse! Dies erklärt, weshalb der jährliche<br />

Verbrauch an seltenen Erden mit<br />

Mengen zwischen 120 000 und 160 000<br />

Tonnen (in Oxidäquivalenten), d.h. ungefähr<br />

250 Intermodalcontainer, nicht sehr<br />

gross ist. Dies entspricht 0,01 Prozent aller<br />

auf der Erde produzierten Metalle. Die<br />

Ressourcen sind ziemlich gut verteilt. China<br />

soll angeblich 35 Prozent davon besitzen,<br />

aber 80–85 Prozent produzieren, was<br />

ein geopolitisches Problem mit sich<br />

bringt. Brasilien besitzt 15–20 Prozent,<br />

Russland 15 Prozent, Indien 6 Prozent,<br />

Australien zwar nur 3 Prozent, produziert<br />

aber 15 Prozent. Global reichen die bekannten<br />

Reserven für mindestens 100<br />

Jahre aus. Einige der Elemente sind seltener<br />

als andere, was deren Anwendung<br />

einschränkt. Sie können zwar ersetzt<br />

werden, was aber mit einem Leistungsverlust<br />

verbunden ist. Beispielsweise könnten<br />

die Magnete der Lautsprecher, die sich in<br />

den Türen eines Autos befinden durch<br />

Eisenmagnete ersetzt werden, was aber zu<br />

einer Gewichtssteigerung von 100 bis 150<br />

Ausgewählte Bibliographie<br />

(es können Sonderdrucke beim Autor bestellt<br />

werden)<br />

1. J.-C. G. Bünzli, Lanthanides, Kirk-Othmer<br />

Encyclopedia of Chemical Technology, Wiley<br />

Online Library, (2013), 2013, pp. 1–43.<br />

2. J.-C. G. Bünzli, I. McGill, Rare Earth Elements,<br />

Ullmann’s Encyclopedia of Industrial<br />

Chemistry (<strong>2018</strong>) pp. 1–53.<br />

3. J.-C. G. Bünzli, Lanthanide Luminescence:<br />

From a Mystery to Rationalization, Understanding,<br />

and Applications, in: Bünzli, J.-C.<br />

G. and Pecharsky, V. K., Handbook on the<br />

Physics and Chemistry of Rare Earths, Elsevier<br />

Science, B.V., Amsterdam, 2016, Vol. 50,<br />

Ch. 287, pp. 141–176.<br />

4. J.-C. G. Bünzli, C. D. B. Vandevyver, A.-S.<br />

Chauvin, M. A. M. Gijs, H.-A. Lehr, Lighting<br />

up Cancerous Cells with Lanthanide Luminescence,<br />

Chimia 65 (2011) p. 361–361.<br />

5. H. Li, C. Xie, R. Lan, S. Zha, C. F. Chan, W. Y.<br />

Wong, K.-L. Ho, B. D. Chan, Y. Luo, J. Pan,<br />

J.-X. Zhang, G. L. Law, W. C. S. Tai, J.-C. G.<br />

Bünzli, K.-L. Wong, A smart europium-ruthenium<br />

complex as anticancer prodrug: controllable<br />

drug release and real-time monitoring<br />

under different light excitations, J. Med.<br />

Chem. 60 (2017) pp. 8923–8932.<br />

6. J.-C. G. Bünzli, Lanthanides in Biological<br />

Labeling, Imaging, and Therapy, in: Kretsinger,<br />

R. H., Uversky, V. N., Permyakov, E. A.<br />

(Eds), Encyclopedia of Metalloproteins,<br />

Springer Science+Business Media, New York,<br />

(2013), 150, pp. 1110–1118.<br />

7. J.-C. G. Bünzli, Lanthanide light for biology<br />

and medical diagnosis, J. Lumin. 170 (2016)<br />

pp. 866–878.<br />

Die Elemente<br />

Die chemischen Elemente sind die Bausteine des Universums. Bis heute wurden 118 entdeckt, aber 20 Prozent davon sind synthetische<br />

Elemente. Jedes Element wird durch ein chemisches Symbol mit einem oder zwei Buchstaben identifiziert. In der Erdkruste<br />

ist Sauerstoff (O, 46% des Gewichts) das häufigste Element, gefolgt von Silizium (Si, 28%), Aluminium (Al, 8,2%), Eisen (Fe,<br />

5,6%), Kalzium (Ca, 4,2%) und Natrium (Na, 2,5%). Karbon (C) befindet sich an 15. Stelle mit 0,02%. Unter den 94 Elementen, die<br />

man auf der Erde findet, sind 25 davon Bestandteil der biologischen Systeme. Die gängigsten Elemente sind Karbon, Wasserstoff<br />

(H), Sauerstoff, Phosphor (P) und Schwefel (S). Wasser H 2 0 enthält zwei davon, Tafelzucker C 12 H 22 O 11 drei und Hämoglobin sechs<br />

(C, H, N, O, S, Fe).<br />

Und wie sieht es mit Ihrem Handy aus? Aus wie vielen chemischen Elementen besteht es?<br />

Aus ungefähr 60, davon 7–9 seltene Erden<br />

<strong>Nr</strong>. 4 <strong>August</strong> <strong>2018</strong><br />

<strong>VSAO</strong> <strong>JOURNAL</strong> ASMAC<br />

27


FOKUS KOSTBAR<br />

«Kostbar heisst selten und schön»<br />

Zum Ersten, zum Zweiten, zum Dritten: Im Auktionshaus Rapp im sankt-gallischen Städtchen Wil<br />

kommen regelmässig Kostbarkeiten unter den Hammer. Geschäftsleiterin Marianne Rapp Ohmann<br />

bereist mit ihrem Expertenteam die halbe Welt, um ihrer internationalen Kundschaft erlesene<br />

Sammlerstücke anbieten zu können.<br />

Mit Marianne Rapp Ohmann, Geschäftsleiterin Auktionshaus Rapp, sprach Catherine Aeschbacher, Chefredaktorin <strong>VSAO</strong>-Journal.<br />

Bilder: Martin Guggisberg.<br />

Das Motto Ihres Auktionshauses<br />

lautet «Was kostbar ist,<br />

gehört in gute Hände». Was ist<br />

Ihnen kostbar?<br />

Marianne Rapp Ohmann: Im übertragenen<br />

Sinn ist das Kostbarste natürlich meine<br />

Familie. Wenn es um Materielles geht,<br />

ist es wohl mein Schmuck (lacht). Weniger<br />

wegen seines Werts, sondern weil ich<br />

mit den einzelnen Stücken Gefühle und<br />

Erinnerungen verbinde. Ich denke an die<br />

Person, die mir ein Schmuckstück geschenkt<br />

hat oder an eine spezielle Gelegenheit,<br />

bei der ich etwas getragen habe.<br />

Aus beruflicher Sicht würde ich sagen:<br />

Briefmarken, Münzen, Schmuck und Uhren.<br />

Mit diesen Objekten habe ich täglich<br />

zu tun.<br />

Sprechen wir über die berufliche<br />

Sicht. Wodurch wird ein<br />

Gegenstand kostbar?<br />

Es müssen verschiedene Faktoren zusammenkommen,<br />

um einen Gegenstand kostbar<br />

zu machen. Zunächst spielt auch hier<br />

das Gesetz von Angebot und Nachfrage. Ist<br />

etwas sehr selten, wächst die Wahrscheinlichkeit,<br />

dass es kostbar ist. Bestimmend<br />

sind im Weiteren die Qualität eines Objekts<br />

und seine Ausstrahlung, seine<br />

Schönheit. Kommen diese Eigenschaften<br />

zusammen, wird etwas meist auch teuer,<br />

d.h., der Preis ist ein weiterer Faktor.<br />

Ihr Unternehmen gehört zu den<br />

weltweit führenden Auktionshäusern<br />

im Bereich Philatelie.<br />

Briefmarken besitzen im<br />

Gegensatz zu Schmuck keinen<br />

Warenwert. Worin liegt ihr<br />

Wert?<br />

Bei Briefmarken ist es in erster Linie die<br />

Seltenheit, aber auch die Schönheit, welche<br />

den Wert ausmachen. Hinzu kommt<br />

die Unversehrtheit.<br />

Welches ist der wertvollste<br />

Gegenstand, der bis jetzt bei Ihnen<br />

«unter den Hammer kam»?<br />

Ursprünglich haben wir ausschliesslich<br />

mit Briefmarken gehandelt. Von daher<br />

sind die teuersten Objekte sicher Briefmarken.<br />

Wir hatten sehr kostbare Sammlungen,<br />

aber auch Einzelstücke, die einen<br />

Verkaufspreis von über einer Million erzielt<br />

hatten. Der Umsatz der jährlichen<br />

Auktionen beläuft sich auf 8 bis 15 Millionen<br />

Franken.<br />

Ist Briefmarkensammeln<br />

heutzutage noch aktuell?<br />

Es ist sicher nicht mehr so verbreitet wie<br />

früher. Heute gibt es deutlich weniger<br />

Sammler im Hobbybereich, aber immer<br />

noch eine stattliche Anzahl von ernsthaften<br />

Sammlern, die zu unsern Kunden<br />

gehören. Diese kaufen Briefmarken quasi<br />

professionell und investieren in ihre<br />

Sammlungen.<br />

Inwiefern sind Briefmarken<br />

eine Investition?<br />

Das ist ähnlich wie bei Kunstsammlern.<br />

Es gibt Briefmarkensammler, die Millionen<br />

investieren und gezielt kaufen und<br />

verkaufen, um ihre Sammlungen möglichst<br />

zu vervollständigen. Solche Sammler<br />

erwerben Stücke auch mit einem Investitionsgedanken.<br />

Aber natürlich wird<br />

kaum jemand ein Vermögen nur in Briefmarken<br />

anlegen. Wie überall ist der Markt<br />

in Bewegung und Trends unterworfen. Vor<br />

40 Jahren beispielsweise hat sich kaum<br />

jemand für chinesische Briefmarken interessiert.<br />

Heute sind diese Marken extrem<br />

gefragt und entsprechend teuer. Das Gegenteil<br />

sind Ersttagsbriefe, die die Schweizer<br />

Post regelmässig herausgibt. Diese<br />

sind heute kaum noch etwas wert. Wer vor<br />

40, 50 Jahren dafür zwei, drei Franken<br />

bezahlt hat, erhält heute noch 20 Rappen.<br />

Das hängt mit der massenhaften Verbreitung<br />

dieser Briefe und Marken zusammen.<br />

Wer also vor 50 Jahren für 10 000<br />

Franken chinesische Briefmarken erworben<br />

hat, besitzt heute ein Vermögen. Wer<br />

dieselbe Summe in Schweizer Ersttagsbriefe<br />

investiert hat, hat deutlich Geld<br />

verloren.<br />

28 <strong>VSAO</strong> <strong>JOURNAL</strong> ASMAC <strong>Nr</strong>. 4 <strong>August</strong> <strong>2018</strong>


FOKUS KOSTBAR<br />

Wie gelangen die Gegenstände,<br />

die Sie versteigern, überhaupt<br />

zu Ihnen?<br />

Wir werden in der Regel angefragt, ob wir<br />

uns für einen Gegenstand oder eine<br />

Sammlung interessieren, oftmals von Erben.<br />

Folglich bin ich sehr viel in Europa<br />

unterwegs, um zusammen mit meinem<br />

Expertenteam Objekte zu besichtigen.<br />

Idealerweise organisieren wir vor Ort zusätzlich<br />

eine offene Veranstaltung, zu der<br />

alle Interessierten mit ihren Objekten<br />

kommen können. Wir entscheiden dann,<br />

ob wir etwas in die Auktion nehmen oder<br />

nicht.<br />

Wie stellen Sie die Provenienz<br />

der Objekte fest?<br />

Bedeutende Einzelstücke, z.B. Kunstwerke,<br />

sind in der Regel bekannt, und man<br />

weiss, woher sie stammen. Bei Münzen<br />

und Marken jedoch ist es schwieriger, da<br />

es sich eben nicht um Einzelstücke handelt.<br />

Wird uns etwas angeboten, klären wir<br />

zuerst die Echtheit ab. Bei unbekannten<br />

Anbietern frage ich nach der Geschichte<br />

eines Objekts. Wenn mir Zweifel an der<br />

Glaubwürdigkeit kommen, lehne ich es<br />

ab. Wir hatten schon Fälle, wo Leute gutgläubig<br />

etwas gekauft hatten, es uns Jahre<br />

später in die Auktion gaben und wir<br />

feststellen mussten, dass es ursprünglich<br />

gestohlen worden war. Das kommt nicht<br />

oft vor, aber mit diesem Problem sind alle<br />

Auktionshäuser konfrontiert.<br />

Wie muss man sich eine Auktion<br />

heute vorstellen? Sitzen<br />

die Bieter noch immer im Saal<br />

oder läuft es hauptsächlich via<br />

Telefon oder online?<br />

Wir haben noch immer eine traditionelle<br />

Auktion mit Bietern hier vor Ort. Pro Auktion<br />

kommen rund 2000 Leute persönlich<br />

nach Wil, vor allem aus dem Ausland.<br />

Natürlich treffen auch viele Gebote übers<br />

Telefon oder via Internet ein. Deshalb haben<br />

wir an Auktionstagen zwölf Telefonlinien<br />

in Betrieb und ein eigenes Internetteam.<br />

Wir halten aber an der traditionellen Auktion<br />

fest, da wir mit unsern Stammkunden<br />

so in Kontakt bleiben können. Diesen<br />

Kunden bieten wir natürlich ein anspruchsvolles<br />

Rahmenprogramm und<br />

einen angemessenen Service. Da wir in<br />

einer absoluten Luxusbranche tätig sind,<br />

gehört dieses Umfeld einfach dazu.<br />

Wie wissen Sie, ob ein Bieter<br />

auch zahlen kann? Insbesondere<br />

wenn er am andern Ende<br />

der Welt sitzt?<br />

Zur Person<br />

Marianne Rapp Ohmann, (geb. 1976) ist in Wil (SG) aufgewachsen,<br />

wo sie eine Banklehre absolvierte. Nach einigen Semestern an der<br />

Hotelfachschule übernahm sie bereits 1998 die Geschäftsleitung des<br />

von Vater Peter Rapp gegründeten Auktionshauses und der Galerie<br />

Kunsthaus Rapp. Sie ist verheiratet, hat ein Kind und leitet erfolgreich<br />

und innovativ mit Leidenschaft und Engagement das traditionsreiche<br />

Familienunternehmen .<br />

Im Vorfeld einer Auktion klären wir ab, ob<br />

ein Bieter zahlungsfähig ist und bis zu<br />

welchem Limit. Da wir zunehmend Kunden<br />

aus Asien, insbesondere aus China,<br />

haben, wird diese Aufgabe immer anspruchsvoller.<br />

Der potentielle Kunde muss<br />

sich ausweisen und Bankverbindungen,<br />

Referenzen etc. angeben. Zudem gilt natürlich:<br />

Ware nur gegen Bezahlung. ■<br />

Auktionshaus Rapp<br />

Das Auktionshaus Rapp gehört international<br />

zu den führenden Auktionshäusern<br />

für Briefmarken, Münzen,<br />

Schmuck und Uhren und besitzt zudem<br />

eine Galerie für zeitgenössische<br />

Kunst. Seit rund 50 Jahren werden<br />

persönliche Beziehungen zu Sammlern,<br />

Liebhabern und Investoren von<br />

schönen und kostbaren Objekten gepflegt.<br />

Das Auktionshaus Rapp befindet<br />

sich seit der Gründung im Jahr<br />

1970 zu 100 Prozent in Familienbesitz.<br />

<strong>Nr</strong>. 4 <strong>August</strong> <strong>2018</strong><br />

<strong>VSAO</strong> <strong>JOURNAL</strong> ASMAC<br />

29


Das kostbarste Gut von allen<br />

Sich Zeit nehmen, jemandem Zeit schenken oder Zeit vergeuden – die Verben machen klar, dass Zeit<br />

unserem Empfinden nach eine endliche Ressource ist. Spätestens seit der Industrialisierung besteht<br />

ein direkter Zusammenhang zwischen Zeit und Geld. Seither bestimmt die Uhr unser Dasein. Wer<br />

seine Lebenszeit geniessen will, sollte ein vielfältiges Zeitempfinden entwickeln.<br />

Ludwig Heuwinkel, Dr. phil., Dozent (pens.) am Westfalen-Kolleg Bielefeld und Zeitforscher<br />

Benjamin Franklin (1706–1790) hat mit<br />

seiner berühmten Aussage «Zeit ist Geld»<br />

die seit der Industrialisierung zentrale<br />

Maxime der effektiven Zeitnutzung in<br />

prägnanter Form auf den Punkt gebracht.<br />

Für ihn ist Zeit die kostbarste Ressource.<br />

«Wie viel verlieren wir nicht allein dadurch,<br />

dass wir länger schlafen, als nötig<br />

wäre, ohne zu bedenken, dass der schlafende<br />

Fuchs kein Huhn fängt, und dass<br />

wir im Grabe lange genug schlafen werden.<br />

Ist die Zeit das kostbarste unter allen<br />

Dingen, so ist Verschwendung der Zeit<br />

die grösste aller Verschwendungen...»<br />

(Benjamin Franklin).<br />

In der Agrargesellschaft waren die Arbeitszeiten<br />

weitgehend durch die natürlichen<br />

Tages- und Jahresrhythmen und die<br />

damit verbundenen Arbeiten wie Viehfütterung,<br />

Feldbestellung und Ernte bestimmt.<br />

Diese aufgabenbezogene Zeiteinteilung<br />

ist nach Auffassung des englischen<br />

Historikers Edward P. Thompson<br />

für Bauern und Landarbeiter, welche die<br />

Notwendigkeit ihrer Arbeit unmittelbar<br />

wahrnehmen, verständlicher als eine<br />

durch eine abstrakte Uhrzeit vorgegebene<br />

Arbeitszeit. Ferner scheine die Trennung<br />

zwischen «Arbeit» und «Leben» im Mittelalter<br />

weniger ausgeprägt gewesen zu<br />

sein, «und es gibt kaum das Gefühl eines<br />

Konflikts zwischen ‹Arbeit› und ‹Zeit verbringen›»<br />

(ebenda, 39).<br />

Arbeitszeit = Warenwert<br />

Seit dem Beginn des Industriekapitalismus,<br />

worauf sich Franklin bezieht, wird<br />

dagegen für einen erweiterten anonymen<br />

Markt produziert, der weitestgehend unabhängig<br />

von natürlichen Rhythmen<br />

funktioniert und der einen anderen Umgang<br />

mit Zeit erfordert. Der auf den Märkten<br />

festgelegte Preis für Waren und<br />

Dienstleistungen wird auf der Grundlage<br />

der in ihnen enthaltenen gesellschaftlich<br />

durchschnittlich notwendigen Arbeitszeit<br />

ermittelt. «Als Werte sind alle Waren nur<br />

bestimmte Masse festgeronnener Arbeitszeit»<br />

(Marx/Engels). Im Interesse der<br />

Unternehmen ist es daher, die Arbeitszeit<br />

möglichst effektiv zu nutzen. Wer im gleichen<br />

Zeitraum und bei gleichbleibender<br />

Qualität mehr produziert, gewinnt zum<br />

einen Marktanteile gegenüber der Konkurrenz,<br />

und zum anderen erhöht er<br />

seinen Gewinn.<br />

Auch zu Beginn des 21. Jahrhunderts<br />

verweisen Begriffe wie z.B. Just-in-time-<br />

Produktion, Lean-Management, Digitalisierung,<br />

flexible Arbeitszeiten, Kennziffernvorgaben<br />

und Berichtspflichten auf<br />

Zeitknappheit und Zeitdruck erzeugende<br />

betriebswirtschaftliche Zeitlogiken (vgl.<br />

30 <strong>VSAO</strong> <strong>JOURNAL</strong> ASMAC <strong>Nr</strong>. 4 <strong>August</strong> <strong>2018</strong>


FOKUS KOSTBAR<br />

Heuwinkel 2006). Zeitliche Freiräume als<br />

wichtige Voraussetzung für Kreativität<br />

und Erholung sind in der Arbeitswelt nicht<br />

vorgesehen; vermeintliche Gegentrends<br />

z.B. in der IT-Branche basieren letztlich<br />

auf ausgeklügelten Managementmethoden<br />

zur Steigerung der Arbeitsproduktivität.<br />

Der durch die Digitalisierung und<br />

auch die Globalisierung erhöhte Wettbewerbs-<br />

und Kostendruck erhöht den Zeitund<br />

Leistungsdruck in den Betrieben.<br />

Dieser wird mit der in den 70er und 80er<br />

Jahren des 20. Jahrhunderts beginnenden<br />

Neoliberalisierung von Wirtschaft und<br />

Gesellschaft auf bis dahin marktferne<br />

gesellschaftliche Sphären, wie z.B. Bildung,<br />

Gesundheit, Sport und Kultur, ausgeweitet.<br />

Während das ökonomische<br />

Effizienzdenken für ökonomische Bereiche<br />

wie Produktion und Finanzmärkte<br />

als weitgehend unproblematisch angesehen<br />

wird, beurteilen Kritiker die Ökonomisierung<br />

des Nichtökonomischen, so<br />

auch die zunehmende effizienzorientierte<br />

Bewertung der Zeit, differenzierter.<br />

Konkrete Beispiele für die zunehmende<br />

Ökonomisierung der Zeit sind z.B. die<br />

Verkürzung von Schul- und Studienzeiten,<br />

die Ausweitung der Ladenöffnungszeiten,<br />

Fast-Food-Angebote und die<br />

Abrechnung von Pflegezeiten nach vorgegebenen<br />

Zeiteinheiten, die keine Zeit für<br />

persönliche Gespräche oder unvorhergesehene<br />

Ereignisse vorsehen. Der in der<br />

Soziologie entwickelte Typus des ab<br />

hängig Beschäftigten als «Arbeitskraftunternehmer»<br />

(Voss/Pongratz) kommt<br />

angesichts der an betriebswirtschaftlichen<br />

Rentabilitätserwägungen ausgerichteten<br />

Vorgaben und Kontrollen mächtig<br />

ins Schwitzen, von der versprochenen<br />

höheren Arbeitszeitautonomie zur Erreichung<br />

einer ausgewogenen «Work-Life-<br />

Balance» darf er nur träumen.<br />

Vielfalt der Zeiten<br />

Die Ausweitung der Maxime effektiver<br />

Zeitnutzung basiert auf der Vorstellung<br />

einer objektiven, physikalisch messbaren<br />

Uhrzeit, die homogen, quantitativ, kontinuierlich,<br />

abstrakt und universal ist und<br />

die möglichst effizient genutzt werden<br />

sollte. Dagegen lässt sich die subjektive,<br />

die sogenannte Handlungs- und Ereigniszeit,<br />

durch Adjektive wie qualitativ, heterogen,<br />

diskret, konkret und lokal kennzeichnen.<br />

In Michael Endes Buch<br />

«Momo» verkörpern die grauen Herren<br />

die erste, Momo die zweite Zeitauffassung.<br />

Heute wenden sich viele Zeitexperten gegen<br />

die einseitige naturwissenschaftliche<br />

Betrachtung der Zeit und sie plädieren für<br />

die Vielfalt der Zeiten (vgl. Heuwinkel<br />

2017). Diese Zeitdiversität kommt auch in<br />

unserem Zeitempfinden zum Ausdruck,<br />

wenn wir davon sprechen, dass die Zeit<br />

vergeht, rennt, verrinnt, kommt, schleicht<br />

oder kriecht. Unterschiedliche Zeitempfindungen,<br />

deren Wert bzw. Qualität von<br />

den Betroffenen unterschiedlich eingeschätzt<br />

wird, werden durch Begriffe wie<br />

Langeweile, Warten, Sehnsucht, Geduld,<br />

Gelassenheit, Trauer und Musse zum Ausdruck<br />

gebracht.<br />

Die in den vorindustriellen Agrargesellschaften<br />

verbreitete Vielfalt der Zeiten ist<br />

durch die Industrialisierung weitgehend<br />

zurückgedrängt worden, sie hat den Umgang<br />

mit der Zeit auf die Organisation<br />

und Kontrolle der Zeit eingeengt. Zeit- und<br />

Selbstmanagement fördern diese Entwicklung.<br />

Die Pflege und das Erleben<br />

verschiedener Zeitmodi ist aber die Voraussetzung<br />

dafür, ein von ökonomischen<br />

Zwängen befreites Zeitgefühl ausbilden<br />

zu können und die unterschiedlichen<br />

Qualitäten der Zeit erleben zu können.<br />

Ein Spaziergang am Strand hat eine andere<br />

Qualität als der morgendliche Weg<br />

zur Arbeit.<br />

Die unterschiedlichen Zeitqualitäten und<br />

die Grenzen einer einseitigen ökonomischen<br />

Betrachtungsweise der Zeit werden<br />

auch in Bereichen wie Erziehung, Bildung,<br />

Familie, Freundschaft, künstlerischem<br />

Schaffen oder Konzertbesuch<br />

deutlich, in denen einseitige zeiteffiziente<br />

Überlegungen fehl am Platz sind. Jean<br />

Jacques Rousseau hat sich bekanntlich in<br />

seinem Erziehungsroma «Emile» dafür<br />

ausgesprochen, dass es in der Erziehung<br />

darum gehe, Zeit zu verlieren, und nicht<br />

Zeit zu gewinnen.<br />

Um Zeit als kostbare Ressource empfinden<br />

zu können, muss die von Benjamin<br />

Franklin empfohlene Zeitvorstellung<br />

«Zeit ist Geld» relativiert werden. Diese<br />

hat zwar in der Betriebswirtschaft ihren<br />

Platz, und der durch eine effiziente Zeitnutzung<br />

ermöglichte materielle Wohlstand<br />

hat auch zur Erhöhung des Lebensstandards<br />

beigetragen. Aber aus der<br />

Glücksforschung wissen wir, dass ein<br />

hoher Wohlstand nicht automatisch die<br />

Lebenszufriedenheit steigert. Diese kann<br />

aber durch das bewusste Zulassen und<br />

Erleben unterschiedlicher Zeitempfindungen<br />

gefördert werden. «Das Leben,<br />

besonders aber das gute Leben, braucht<br />

Zeit, und es braucht dazu viele verschiedene<br />

gelebte und lebendige Zeitformen»<br />

(Geissler).<br />

■<br />

Literatur<br />

Franklin, Benjamin (1794): Der alte, arme Richard<br />

oder Mittel, reich zu werden. In: Ders.:<br />

Kleine Schriften, meist in der Manier des<br />

Zuschauers, nebst seinem Leben, 2. Teil,<br />

(Übersetzung: Schaz, Georg), Weimar: Verl.<br />

des Industrie-Comptoirs, S. 76–93.<br />

Geissler, Karlheinz A. (2006): Von der Vielfalt der<br />

Zeiten – und der Einfalt der Uhrzeit. In:<br />

Geissler, Karlheinz A; Kümmerer, Klaus und<br />

Sabelis, Ida (Hrsg.): Zeitvielfalt. Wider das<br />

Diktat der Uhr, Stuttgart: Hirzel Verlag.<br />

Heuwinkel, Ludwig (2006): Umgang mit Zeit in<br />

der Beschleunigungsgesellschaft, Schwalbach/Ts.:<br />

Wochenschau-Verlag.<br />

Heuwinkel, Ludwig (2017): Die Vielfalt von<br />

Zeitaspekten in Wissenschaft und Gesellschaft<br />

in aktuellen Neuerscheinungen. Literaturbericht.<br />

In: Sozialwissenschaftliche<br />

Literaturrundschau (SLR) 75, 2/2017, S.<br />

5–43.<br />

Marx, Karl/Engels, Friedrich (1970): Das Kapital.<br />

Band 1, MEW 23, 5. Auflage, (Ost-)Berlin:<br />

Dietz Verlag.<br />

Thompson, Edward P. (1980): Zeit, Arbeitsdisziplin<br />

und Industriekapitalismus. In: Ders.<br />

(Hrsg.): Plebejische Kultur und moralische<br />

Ökonomie, Frankfurt a.M., Berlin und Wien:<br />

Ullstein, S. 35–66.<br />

Voss, Gerd Günter/Pongratz, Hans J. (1998): Der<br />

Arbeitskraftunternehmer. Eine neue Grundform<br />

der «Ware Arbeitskraft»? In: Kölner<br />

Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie,<br />

50. Jg., Heft 1, S. 131–158.<br />

<strong>Nr</strong>. 4 <strong>August</strong> <strong>2018</strong><br />

<strong>VSAO</strong> <strong>JOURNAL</strong> ASMAC<br />

31


FOKUS KOSTBAR<br />

Der Heilige Gral der Schauspieler<br />

Wer ihn trägt, überragt alle seiner Zunft. Im Gegensatz zu andern Auszeichnungen gibt es den<br />

Iffland-Ring nur einmal. Sein Gewinner erhält ihn auf Lebzeiten und bestimmt den Nachfolger. Der<br />

höchsten Auszeichnung für Schauspieler im deutschsprachigen Raum haftet selbst etwas Dramatisches<br />

an. Nicht nur die Bestimmung des Nachfolgers löst bisweilen mehr als bloss Theaterdonner aus.<br />

Rolf Krekeler, Trier (www.rolf-krekeler.de)<br />

Ob etwas kostbar ist, entscheidet man oft<br />

selbst. Wir sagen dann, dass es für uns<br />

kostbar ist. Was aber macht Dinge für<br />

viele andere auch so kostbar? Hier können<br />

verschiedene Aspekte ausschlaggebend<br />

sein: Es gibt vielleicht nur wenige Stücke<br />

davon wie etwa von der Roten und der<br />

Blauen Mauritius aus dem Jahr 1847, vielleicht<br />

ist es die Einmaligkeit eines Kunstwerks<br />

wie der Mona Lisa oder aber der<br />

Gegenstand gehörte einer bekannten<br />

Persönlichkeit, beispielsweise das goldene<br />

Piano von Elvis Presley.<br />

Wenn all diese Punkte zusammenkommen,<br />

kann man mit Fug und Recht von<br />

einer Kostbarkeit sprechen. Der Iffland-<br />

Ring existiert in dieser Form und Ausführung<br />

nur einmal, hat eine mystische und<br />

teilweise bewegte Vergangenheit und wurde<br />

zudem von vielen Persönlichkeiten<br />

(zugegeben nur aus dem schauspielerischen<br />

Umfeld) getragen.<br />

Die Legende<br />

<strong>August</strong> Wilhelm Iffland (1759–1814) war<br />

ein deutscher Schauspieler, Intendant und<br />

Dramatiker, der grosse Erfolge feierte.<br />

Goethe würdigte ihn als «bedeutendsten<br />

Schauspieler seiner Zeit». Wohl in Anlehnung<br />

an Lessings Ringparabel liess Iffland<br />

eine kleine Anzahl gleicher Ringe<br />

anfertigen und übergab sie seinen engsten<br />

Freunden. Die Goldringe enthalten einen<br />

dunkelvioletten Halbedelstein, in den das<br />

Antlitz Ifflands eingraviert ist. Einer dieser<br />

Ringe jedoch ist zusätzlich mit Brillantsplittern<br />

verziert, er gilt als der eigentliche<br />

Stiftungsring. Er soll dem «jeweils bedeutendsten<br />

und würdigsten Bühnenkünstler<br />

des deutschsprachigen Theaters auf<br />

Lebenszeit» verliehen werden. Wer diese<br />

Person ist, bestimmt der aktuelle Träger.<br />

Bereits die Gründungsurkunde enthält<br />

zwei Irrtümer. Auf einen Zettel, der an der<br />

Unterseite des Etuis befestigt ist, in dem<br />

sich der Ring befindet, schrieb Friedrich<br />

Haase (Träger des Rings 1878–1911) eigenhändig:<br />

«Insignie – von Theodor Döring<br />

(Träger 1872–1878) an Friedrich<br />

Haase ein Ring mit Ifflands Bildnis, den<br />

derselbe Ludwig Devrient (Träger bis<br />

1832) in Berlin übergab. Gewidmet von<br />

Dörings Witwe an mich 75.» In seinem<br />

Brief an Albert Bassermann (Träger 1911–<br />

1952) teilte Haase mit, dass Iffland bei<br />

seinem letzten Gastspiel in Breslau den<br />

Ring Ludwig Devrient übergeben habe.<br />

Diese Darstellung scheint der Wahrheit<br />

näher, da Devrient erst 1815 von Breslau<br />

an das Berliner Nationaltheater kam. Iffland<br />

aber starb schon im Dezember 1814.<br />

Unwahrscheinlich ist auch, dass die Witwe<br />

von Theodor Döring den Ring 1875 an<br />

Friedrich Haase weiterreichte, da ihr<br />

Mann erst drei Jahre später sterben sollte.<br />

Das Datum bezieht sich folglich wohl auf<br />

das Jahr, in dem Döring entschied, wer der<br />

nächste Träger sein soll.<br />

Dem Feuer entrissen<br />

Haase selbst vermachte den Iffland-Ring<br />

Albert Bassermann und schrieb diesem<br />

den berühmten Brief, der als die Geschichtsurkunde<br />

des Ringes gelten kann.<br />

Bassermann liess ein neues Etui anfertigen<br />

und vermachte das Kleinod nacheinander<br />

Alexander Girardi, Max Pallenberg<br />

und Alexander Moissi. Als alle drei (!)<br />

noch zu Lebzeiten Bassermanns verstarben,<br />

wollte er den Ring nicht mehr weitergeben.<br />

Beinahe theatralisch streifte<br />

Bassermann an der Beerdigung Moissis<br />

1935 den Ring mit der Bemerkung ab,<br />

dass nun kein Schauspieler mehr würdig<br />

sei, ihn zu tragen. Dann trat er auf den<br />

Sarg zu und legte den Iffland-Ring darauf.<br />

Noch hatten sich die Trauergäste vom<br />

Staunen nicht erholt, da eilte der Direktor<br />

des Wiener Burgtheaters, Hermann Röbbeling,<br />

nach vorne und nahm den Ring<br />

vom langsam nach unten gleitenden<br />

Sarg, wobei er in höchster Erregung die<br />

Worte ausstiess: «Dieser Ring gehört<br />

einem lebenden Schauspieler, nicht einem<br />

toten.» So hatte Röbbeling den Iffland-<br />

Ring vor den Flammen bewahrt. Vielleicht<br />

wäre es ein eindrucksvoller Abschluss der<br />

Ringgeschichte gewesen: Der letzte Träger<br />

schenkt in Anwesenheit der grössten deutschen<br />

Schauspieler den Ring einem Toten,<br />

so dass weder Hader noch Neid unter den<br />

Lebenden mehr herrsche.<br />

Bassermann selbst übergab den Ring<br />

offiziell am 10. Oktober 1935 der Theatersammlung<br />

der österreichischen Nationalbibliothek<br />

in Wien. Hier war es zunächst<br />

recht still um den Ring, bis ihn Dr. Egon<br />

32 <strong>VSAO</strong> <strong>JOURNAL</strong> ASMAC <strong>Nr</strong>. 4 <strong>August</strong> <strong>2018</strong>


FOKUS KOSTBAR<br />

Hilbert, Leiter der Bundestheaterverwaltung<br />

von 1946 bis 1953, entdeckte. Hilbert<br />

benutzte die Gelegenheit, als Bassermann<br />

im November 1946 in Wien zur Entgegennahme<br />

des Ehrenbürgerrechtes der Stadt<br />

weilte, um mit dem Schauspieler zwei<br />

Unterredungen zu führen. Bei der ersten<br />

Unterredung, bei der Hilbert die Frage<br />

nach dem Schicksal des Ringes stellte,<br />

brachte Bassermann in unmissverständlicher<br />

Form zum Ausdruck, dass er nicht<br />

die Absicht habe, den Ring wieder an sich<br />

zu nehmen. Bei der zweiten Unterredung<br />

erklärte der Künstler, Hilbert möge den<br />

Ring bis zu seinem (Bassermanns) Tode<br />

aufheben und sodann nach eigenem Gutdünken<br />

über ihn verfügen. Somit war<br />

Hilbert nach Bassermanns Tod 1952 bevollmächtigt,<br />

den künftigen Ringträger<br />

zu bestimmen.<br />

Umstrittene Verleihungen<br />

Am 28. November 1954 wurde der Iffland-<br />

Ring an Werner Krauss verliehen. Die<br />

Verleihung rief Kritik hervor. Zwar erfüllte<br />

Krauss alle Kriterien eines Ringträgers,<br />

was sein Talent betraf. Jedoch erschien er<br />

wegen seiner Haltung während des Nationalsozialismus,<br />

insbesondere wegen der<br />

Teilnahme am antisemitischen Film «Jud<br />

Süss» als ungeeignet. Ungeachtet der Einwände<br />

erhielt Krauss den Ring anlässlich<br />

seines 70. Geburtstags. Nur wenige Tage<br />

später übergab Krauss der Bundestheaterverwaltung<br />

einen versiegelten Briefumschlag,<br />

der die Bestimmung über seinen<br />

Nachfolger enthielt. Werner Krauss lebte<br />

noch fünf Jahre und starb am 20. Oktober<br />

1959 als letzter der deutschen Schauspielertitanen.<br />

Am 9. Juni 1958 schrieb er Josef<br />

Meinrad, den er schon 1954 zum Nachfolger<br />

bestimmt hatte, den Brief, in dem er ihm<br />

die Gründe seiner Entscheidung mitteilte:<br />

«Sie, lieber Josef Meinrad, sind für mich<br />

in Ihrer Einfachheit, Ihrer Schlichtheit,<br />

Ihrer Wahrhaftigkeit der Würdigste.»<br />

In Deutschland wurde die Entscheidung<br />

Werner Krauss’ nicht allgemein gebilligt.<br />

Viele meinten, dass Gustav Gründgens der<br />

berechtigte Nachfolger gewesen wäre.<br />

Zweifellos kommt Gründgens dem Stifter<br />

des Ringes, <strong>August</strong> Wilhelm Iffland, am<br />

nächsten, weil er im Theaterleben auf<br />

dreifache Art eine überragende Stellung<br />

einnimmt: als faszinierender Schauspieler,<br />

als richtungweisender Regisseur und<br />

als bester deutscher Theaterdirektor. Warum<br />

hat einer der dämonischsten Schauspieler<br />

(Krauss) den Ring einem Kollegen<br />

(Meinrad) vererbt, dem das Dämonische<br />

fremd zu sein schien? Vielleicht ist es<br />

gerade dieser Mangel, der das Menschliche<br />

in Meinrads Darstellung so rein aufleuchten<br />

liess. Vielleicht ist es auch das<br />

Wunder der Schlichtheit, das Krauss in<br />

Meinrads Darstellung berührte.<br />

Die Einfachheit siegte über die Berühmtheit,<br />

die Schlichtheit über die Faszination.<br />

Man kann darüber streiten, ob Meinrad<br />

der beste Schauspieler deutscher Sprache<br />

war. Auch über die Würde mögen die Meinungen<br />

auseinanderstreben, in einem<br />

aber kam Meinrad der Lessing’schen<br />

Ringparabel am nächsten: Er war der<br />

bisher Liebenswerteste von allen.<br />

Wien braucht Trost<br />

Sein letzter Auftritt war sein erster Streich:<br />

Der Österreicher Meinrad übergab den<br />

Ring 1996 nicht etwa einem der als Favoriten<br />

gehandelten Österreicher wie Klaus<br />

Maria Brandauer, Helmuth Lohner oder<br />

Otto Schenk, sondern dem Schweizer Bruno<br />

Ganz. Jetzt brauchte Wien viel Trost.<br />

Trost, der für die Tageszeitung «Die Presse»<br />

darin bestand, dass Bruno Ganz ein<br />

«makelloses, nicht regional zuordenbares,<br />

«Burgtheaterdeutsch» spricht. Immerhin.<br />

■<br />

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<strong>Nr</strong>. 4 <strong>August</strong> <strong>2018</strong><br />

<strong>VSAO</strong> <strong>JOURNAL</strong> ASMAC<br />

33


FOKUS KOSTBAR<br />

Gold, das nicht glänzt<br />

Gold ist der Inbegriff des Kostbaren. Das glänzende Material fasziniert die Menschen von jeher.<br />

Und von jeher sorgt es für Zwist, Hass und Krieg. Selbst wenn es in modernen Kriegen nicht unbedingt<br />

mehr Objekt der Begierde ist, so ist es doch Mittel zum Zweck. Was im Kongo aus den Minen geholt<br />

wird, zieht seine blutige Spur bis in die Schweiz.<br />

Daniel Puntas Bernet, Chefredaktor «REPORTAGEN»<br />

Kann man Schuld messen? Ja, man<br />

kann. 160 000 Tonnen schwer. Glitzernd.<br />

Pures Gold. Ein Würfel, etwas<br />

über 20 Meter Kantenlänge, das ist,<br />

zusammengetragen, all das Gold, das<br />

die Menschheit je gefördert hat. Darin<br />

steckt alles. Nicht nur Ihr Hochzeitsring,<br />

das Namenskettchen für Ihr Kind,<br />

die Uhr am Handgelenk. Auch der<br />

Holocaust, die Inquisition, die Kreuzzüge.<br />

All das verschwindet nicht, denn<br />

Gold ist zu wertvoll. Fast nichts in dieser<br />

Welt wird so exakt dokumentiert. Gold<br />

ist wie ein Register seiner eigenen Geschichte.<br />

Man spricht von Blutgold, wenn etwas<br />

daran nicht stimmt, wenn dafür getötet,<br />

geraubt und gefoltert wurde. Aber<br />

das ist falsch. Gold ist sauber. Das Blut<br />

klebt nicht am Gold, es klebt an den<br />

Händen der Täter. Gold wird gewaschen,<br />

immer wieder eingeschmolzen,<br />

vermengt, purifiziert. Am Schluss wird<br />

es raffiniert.<br />

Die Raffination ist die Wäsche des Goldes.<br />

Die glühend heisse Reinigung, alles<br />

kommt hinein in die Öfen, heraus<br />

kommen einheitliche Goldbarren. Die<br />

grösste Menge der besten Qualität<br />

strömt aus dem «goldenen Dreieck» im<br />

südlichen Tessin, das drei der weltgrössten<br />

Raffinerien beherbergt, die zusammen<br />

ein Drittel des Weltmarkts für<br />

24-Karat-Feingold kontrollieren. Reinheitsgrad<br />

99,99 Prozent, fast keine Spur<br />

von Schmutz. Es soll frei sein von aller<br />

Geschichte, aller Schuld. Aber so einfach<br />

ist es nicht.<br />

Relative Lichtgestalt<br />

«Sind wir nicht alle schuld am Unglück<br />

dieser Welt?», sagt Jürgen Heraeus und<br />

drückt an einem kleinen braunen Zuckerpäckchen<br />

herum, während er im<br />

Café Einstein in Berlin sitzt. Im Hinterzimmer,<br />

dort, wo nur die wirklich Wichtigen<br />

verkehren. Klimawandel und Autofahren,<br />

in Urlaub fliegen, Fleisch essen!<br />

Machen wir doch alle! Dr. Jürgen<br />

Heraeus. Er ist eine Lichtgestalt. Träger<br />

des Deutschen Bundesverdienstkreuzes,<br />

Chef von UNICEF Deutschland und<br />

Patriarch des Familienunternehmens<br />

Heraeus mit rund 15,5 Milliarden Euro<br />

Jahresumsatz. Ein Mann der Tat, formte<br />

er aus dem losen Firmenkonglomerat<br />

einen Stolz der deutschen Industrie,<br />

eines der zehn grössten Familienunternehmen<br />

des Landes, orchestriert von<br />

der Heraeus Holding GmbH. Aktiv ist die<br />

Gruppe vor allem in den Bereichen<br />

Technologie und Edelmetalle. Und der<br />

Patriarch ist über alles informiert: Die<br />

Compliance-Verantwortlichen aus jedem<br />

Unternehmen berichten an den<br />

zentralen Compliance-Officer, der wiederum<br />

ihm unterstellt ist.<br />

Wenn man Heraeus fragt, in welchem<br />

Bereich seines Weltkonzerns er sich am<br />

besten auskenne, dann sagt er: bei den<br />

Rohstoffen, namentlich bei Platin, Palladium,<br />

Gold. Dr. Jürgen Heraeus ist<br />

nämlich noch etwas: Miteigentümer der<br />

Raffinerie Argor-Heraeus. Hauptsitz ist<br />

Mendrisio, eine kleine Stadt im Tessin,<br />

nahe der italienischen Grenze.<br />

Beginnt hier die Schuld? Im so unschuldig<br />

wirkenden Tessin? In der Raffinerie<br />

von Dr. Jürgen Heraeus? Oder im<br />

Kongo, in jenem geschundenen und<br />

gebeutelten Land, das so weit weg<br />

scheint von der Schweiz – und doch so<br />

nah ist?<br />

Unermüdliche Jägerin<br />

Kathi Lynn Austin hat lange gebraucht,<br />

um eine Antwort auf diese Frage zu finden.<br />

Austin jagt Kriminelle. Sie ist eine<br />

der intimsten Kennerinnen globaler<br />

Waffenschmuggler-Netzwerke. Sie will<br />

wissen, wer die Schuld trägt. Daran,<br />

dass die Kriege im Kongo nicht aufhören.<br />

Und wer am Ende der Blutgoldkette<br />

steht.<br />

Bis sie alles belegen konnte, arbeitete sie<br />

zwei Jahrzehnte. Akribisch und unnachgiebig<br />

recherchierte sie im Auftrag<br />

der UNO, wie Gold aus den Minen des<br />

Kriegsgebiets Ostkongo erst nach Uganda<br />

gebracht wurde, von dort seinen Weg<br />

über England in die Schweiz fand –<br />

bis in die Raffinerie von Dr. Jürgen<br />

Heraeus, der von alldem nichts gewusst<br />

haben will. «Dieses Gold war mehrfach<br />

illegal», erklärt Austin in ihrer New<br />

Yorker Wohnung. «Einerseits durfte es<br />

nach kongolesischem Recht ohne staatliche<br />

Lizenz weder gefördert noch gehandelt<br />

werden. Zudem verletzt der<br />

Goldhandel das UNO-Waffenembargo,<br />

weil er die Rebellen finanziert. Und damit<br />

ist es ein Kriegsverbrechen.» Sie, die<br />

Jägerin, schweigt kurz, in ihrem Kopf<br />

scheint es zu arbeiten. «Wenn es eine<br />

Gemeinsamkeit zwischen all den<br />

Schmugglernetzwerken gibt», sagt sie,<br />

die Jägerin, «dann die, dass es immer<br />

einen sauberen Player geben muss.»<br />

2005 legte Austin ihren Bericht vor, die<br />

UNO-Mission war abgeschlossen. Ihre<br />

letzte Empfehlung ist eine Sanktionsliste.<br />

Darauf steht auch der saubere Player,<br />

nach dem sie so lange suchte: Argor-<br />

Heraeus.<br />

Am 31. Oktober 2013 reichte Kathi Lynn<br />

Austin zusammen mit zwei NGO Klage<br />

ein. 2950 Kilo Gold soll Argor-Heraeus<br />

zur Weiterverarbeitung zwischen Juli<br />

2004 und Mai 2005 von einem britischen<br />

Zwischenhändler angenommen<br />

haben, das entsprach zum damaligen<br />

Zeitpunkt etwa 48 Millionen US-Dollar<br />

Sachwert. Austin hat alles lückenlos<br />

dokumentiert. Von den traurigen Minenlöchern<br />

Afrikas bis in die Schweiz.<br />

34 <strong>VSAO</strong> <strong>JOURNAL</strong> ASMAC <strong>Nr</strong>. 4 <strong>August</strong> <strong>2018</strong>


FOKUS KOSTBAR<br />

#41 / JULI <strong>2018</strong><br />

Hinter<br />

KILIAN KIRCHGESSNER<br />

der<br />

Firewall<br />

Was tun, wenn Hacker angreifen?<br />

In einem Trainingszentrum in Tschechien<br />

proben Firmen den Ernstfall.<br />

S.34<br />

SUSANNE DONNER<br />

Der Profiteur<br />

Mehmet D.<br />

Millionenschwere Gewinne,<br />

Todesdrohungen, unbezahlte Rechnungen<br />

– vom fiesen Geschäft mit Flüchtlingen.<br />

S.18<br />

Sprachlos<br />

ROCÍO PUNTAS BERNET<br />

in Sevilla<br />

Staatliche Korruption, Faulheit und<br />

eine verbaute Zukunft: Das Leben der jungen<br />

Analphabeten aus Andalusien.<br />

S.50<br />

Die Anschuldigung: Gehilfenschaft zu<br />

Kriegsverbrechen durch Plünderung<br />

und Geldwäsche. Die Bundesanwaltschaft<br />

nahm die Klage so ernst, dass die<br />

Polizei am 4. November in Mendrisio<br />

eine Hausdurchsuchung bei Argor-Heraeus<br />

durchführte.<br />

www.reportagen.com CHF 20 / EUR 15<br />

Die<br />

DANIELA<br />

Party<br />

SCHRÖDER<br />

deines Lebens<br />

In Ghana sind Beerdigungen<br />

rauschende Feste – und ein Business,<br />

das boomt.<br />

S.66<br />

CHRISTIAN SCHMIDT<br />

Schweizer<br />

im Rotlicht<br />

Sie wollen schmusen, heiraten<br />

oder retten. Wieso es Freiern oft nur<br />

am Rande um Sex geht.<br />

S.82<br />

DIE HISTORISCHE REPORTAGE<br />

VIPASSANA<br />

TIZIANO TERZANI<br />

S.103<br />

Berlin, 2015. Heraeus erinnert sich. «Dass<br />

die Schweizer Staatsanwaltschaft überhaupt<br />

ermittelt hat, lag wohl auch daran,<br />

dass man zeigen wollte, dass man aufgrund<br />

des wachsenden Drucks gegen<br />

den Finanz- und Rohstoffhandelsplatz<br />

Schweiz aus Regierungssicht etwas tut.»<br />

Er schüttelt den Kopf. «Es gibt keine Möglichkeit<br />

in dieser Branche, sauberes Gold<br />

zu raffinieren. Seit 2005 importiert Argor-<br />

Heraeus nicht mehr aus Afrika.» Wieso<br />

blieben denn eigentlich neue Berichte<br />

in der Schweizer «Wochenzeitung» unwidersprochen,<br />

die behaupten, dass<br />

Argor-Heraeus bis 2008 Gold aus den für<br />

notorische Kinderarbeit berüchtigten<br />

Lehmlöchern Malis importiert habe?<br />

Heraeus wirkt auf einmal sehr müde. Daran<br />

könne er sich nicht erinnern.<br />

Die Bundesanwaltschaft sieht das anders.<br />

In ihrem Schlussbericht von 2015 schreibt<br />

sie, dass Argor-Heraeus 2950 Kilogramm<br />

Rohgold tatsächlich aus Uganda bezogen<br />

hat. «Argor-Heraeus leistete somit objektiv<br />

Hilfe zu den vor Ort in Ituri begangenen<br />

Kriegsverbrechen.» Trotz heftiger Kritik<br />

an Argor-Heraeus («das Unternehmen<br />

hätte dies wissen können»), sieht die Bundesanwaltschaft<br />

von einer Verurteilung<br />

ab.<br />

Auch Kathi Lynn Austin, diese kleine Frau<br />

mit dem netten Gesicht, weiss es besser.<br />

Auf all den Goldlieferscheinen, die sie über<br />

die Jahre gesichtet hat, steht immer wieder:<br />

Herkunftsland Demokratische Republik<br />

Kongo. Es ist schwer vorstellbar, dass<br />

bei Argor-Heraeus niemand gewusst hat,<br />

woher das Gold tatsächlich kam.<br />

Auf jedem Goldbarren, der das Haus<br />

Argor-Heraeus verlässt, steht: «Heraeus<br />

99,99». So gut wie sauber. Aber eben nur<br />

fast. Die Schuld, sie bleibt auch am reingewaschenen<br />

Gold kleben. ■<br />

Dieser Text ist eine gekürzte Fassung von «UNICEF und Blutgold», erschienen im<br />

Magazin REPORTAGEN <strong>Nr</strong>. 26 vom Januar 2016. Die ganze Reportage können Leserinnen<br />

und Leser des <strong>VSAO</strong>-Journals hier lesen: https://reportagen.com/content/<br />

unicef-und-blutgold. Ein kostenloses Kennenlernexemplar von REPORTAGEN gibt<br />

es hier: https://reportagen.com/kennenlernen.<br />

<strong>Nr</strong>. 4 <strong>August</strong> <strong>2018</strong><br />

<strong>VSAO</strong> <strong>JOURNAL</strong> ASMAC<br />

35


FOKUS KOSTBAR<br />

Alter und neuer Luxus<br />

Ein Kofferset von Louis Vuitton, ein Aston Martin oder ein hochkarätiger Diamantring –<br />

Luxusgüter zeichnen sich nebst hohen Preisen durch Seltenheit und Qualität aus. Obgleich man von<br />

einer Luxusgüterindustrie spricht, sind es meist eher Manufakturen, die diese Güter produzieren.<br />

Die herkömmlichen Statussymbole erhalten jedoch Konkurrenz, nicht zuletzt durch einen<br />

gesellschaftlichen Wandel.<br />

Florian Fröhlich, Designer bei Mansur Gavriel, New York<br />

Beim Begriff kostbar<br />

kommt mir ein kleines<br />

Objekt in den Sinn, welches<br />

einen grossen Wert<br />

hat. Also Schmuck zum<br />

Beispiel. Gleichzeitig ist<br />

es eine Dimension, welche<br />

ich noch nie richtig<br />

verstehen konnte. Kein<br />

Wunder, studierte ich<br />

doch an einer deutschen<br />

Designfachhochschule,<br />

welche stark von der<br />

Bauhausphilosophie geprägt<br />

ist. Hier sind Minimalismus<br />

und Praktikabilität<br />

Trumpf. Die Gründer<br />

des Bauhauses wollten in erster Linie<br />

Konsumgüter in ansprechender Qualität<br />

zu erschwinglichen Preisen für die gesamte<br />

Bevölkerung kreieren. Wie kann<br />

also ein kleines Objekt alleine durch<br />

den Einsatz von etwas Metall und einigen<br />

Steinen in gewissen Fällen den<br />

Gegenwert eines Autos oder sogar eines<br />

Einfamilienhauses haben? Beim Diamantring<br />

bestimmt die Seltenheit des<br />

Steins den Preis. Man bezahlt also dafür,<br />

etwas zu besitzen, was nicht jeder<br />

besitzen kann.<br />

Savoir faire<br />

Qualitäten wie edles Material und Seltenheit<br />

sind wichtig in der Luxusgüterindustrie.<br />

Und genau dort landete ich<br />

nach meinem Studium. Mein erster Job<br />

als Designer führte mich zu einer grossen<br />

Pariser Lederwarenmarke. Bald<br />

realisierte ich, dass in dieser Sparte<br />

Seltenheit ausschlaggebend ist – quasi<br />

kommerziell kreierte Kostbarkeit. Das<br />

mag zunächst etwas kalt und berechnend<br />

klingen und ist es zum Teil wohl<br />

auch. An dieser Stelle möchte ich aber<br />

die positiven Aspekte dieser Industrie<br />

hervorheben. Dank ihr können nämlich<br />

bestimmte handwerkliche Berufe<br />

erhalten werden. Oftmals macht weniger<br />

das Material ein Objekt kostbar,<br />

sondern vielmehr die Kunstfertigkeit<br />

der Herstellung. In Frankreich gibt es<br />

sogar einen Begriff dafür: savoir faire!<br />

Der Luxusgüterproduzent Hermès hat<br />

beispielsweise der traditionsreichen<br />

französischen Glasmanufaktur Saint-<br />

Louis vor vielen Jahren neues Leben<br />

eingehaucht. So können heutzutage in<br />

den Geschäften von Hermès wieder<br />

wundervolle Kristallgläser bestaunt<br />

und – je nach Portemonnaie – gekauft<br />

werden, welche von begabten Glasschleifern<br />

mit herrlichen Motiven versehen<br />

wurden.<br />

Fair und langlebig<br />

Lustig, dass etwas, was früher üblich<br />

war, nämlich ein von einem Handwerker<br />

hergestelltes Unikat zu besitzen, in<br />

der Zeit der Massenproduktion etwas<br />

Seltenes und damit Kostbares geworden<br />

ist. Luxusprodukte haben jedoch noch<br />

andere positive Eigenschaften. So darf<br />

man beim Kauf eines solchen Produkts<br />

davon ausgehen, dass es unter ethisch<br />

einwandfreien Bedingungen hergestellt<br />

wurde, von Arbeitern mit fairen Löhnen<br />

und angemessenen Arbeitsbedingungen.<br />

Zustände also, die speziell in der Modebranche<br />

leider nicht zum allgemeinen<br />

Standard gehören. Ein weiterer wichtiger<br />

Faktor schliesslich ist die Qualität.<br />

Wer sich eine Uhr beispielsweise aus<br />

dem Hause Rolex gönnt, darf damit<br />

rechnen, dass diese noch einige weitere<br />

Generationen überlebt.<br />

Denken im Wandel<br />

Hochwertige Einzelstücke bekannter<br />

Marken liegen seit Jahrzehnten im<br />

Trend. Die Luxusgüterindustrie hat –<br />

allen wirtschaftlichen Hochs und Tiefs<br />

zum Trotz – grosse Gewinne erzielt,<br />

und diejenigen, die in sie investiert haben,<br />

gleichermassen. Doch derzeit ist<br />

ein Wandel im Gange. Die junge Generation<br />

definiert neue Statussymbole. Es<br />

geht oft nicht mehr darum, etwas zu<br />

besitzen, was nicht alle haben. Manchmal<br />

fallen modernste Technik oder weltanschauliche<br />

Gründe stärker ins Gewicht. So<br />

kann die Apple Watch einer Rolex den<br />

Rang ablaufen, und ein akkubetriebenes<br />

Auto vermag einen Lamborghini als<br />

überholtes Statussymbol erscheinen<br />

lassen. Erfrischend ist auch, dass die<br />

neue Erlebnisgeneration kostbare Momente<br />

kostbaren Objekten vorzieht: Es<br />

dürfen gerne einige Reisen mehr sein,<br />

bevor man sich mit einer Hypothek belastet.<br />

Von daher liegt eine spannende<br />

Zeit vor uns, in der immaterielle und<br />

materielle Kostbarkeiten aufeinandertreffen.<br />

Gutes tun<br />

Ich denke, die Organisation «Parley for<br />

the Oceans» ist hier ein Vorreiter. Gegründet<br />

wurde sie von dem deutschen<br />

Designer Cyrill Gutsch, der allerdings<br />

vor allem in den USA aktiv ist. «Parley<br />

for the Oceans» hat sich dem Schutz der<br />

Weltmeere verschrieben. Die Organisation<br />

arbeitet mit Firmen wie der Jeansmarke<br />

G-Star oder Adidas zusammen.<br />

Der aus Meeren und von Stränden gesammelte<br />

Plastikabfall wird aufbereitet<br />

und als «bionic yarn» in Kleiderstücken<br />

oder Schuhen verarbeitet. So entstand<br />

beispielsweise die Marke Parley Adidas.<br />

Das Motto der Organisation bringt es<br />

auf den Punkt: «Purpose is the new<br />

luxury». Man muss nicht immer nur<br />

sich selbst etwas Gutes tun, sondern<br />

sollte generell etwas Gutes tun. Für andere<br />

und unseren Planeten, denn der ist<br />

immer noch weitaus kostbarerer als alle<br />

Diamantringe zusammen. ■<br />

36 <strong>VSAO</strong> <strong>JOURNAL</strong> ASMAC <strong>Nr</strong>. 4 <strong>August</strong> <strong>2018</strong>


PERSPEKTIVEN<br />

FACHSERIE: AKTUELLES AUS DER IMMUNOLOGIE – IMPFEN<br />

Impfen bei<br />

immunkompromittierten Patienten<br />

Die Optimierung des Impfschutzes kann einen wichtigen Beitrag zum Wohlergehen immunkompromittierter<br />

Patienten leisten, gibt aber häufig Anlass zu Fragen, sowohl von Grundversorgern wie auch von<br />

jeweiligen Spezialisten. Im Folgenden werden die wichtigsten Prinzipien und Regeln zusammengefasst,<br />

die es beim Impfen von Patienten mit medikamentöser Immunsuppression oder anderen primären oder<br />

sekundären Immundefekten zu beachten gilt.<br />

Dr. med. Philipp Kaiser, Abteilung für Infektiologie und Spitalhygiene, Luzerner Kantonsspital<br />

Gegen viele Erreger wie Staphylokokken,<br />

Enterobakteriazeen, Pilze oder das<br />

Zytomegalievirus, die immunkompromittierte<br />

Patienten bedrohen, gibt es<br />

keine Impfungen. Mit den Impfungen<br />

gegen Influenza und Pneumokokken<br />

und in geringerem Masse auch gegen<br />

Meningokokken, Hepatitis B-, Varicella-<br />

Zoster- und humane Papillomaviren<br />

stehen uns jedoch Vakzinen gegen Erkrankungen<br />

zur Verfügung, welche bei<br />

immunkompromittierten Patienten<br />

gehäuft vorkommen oder virulentere<br />

Verläufe zeigen.<br />

Prinzipiell gelten für Immunkompromittierte<br />

die allgemeinen Impfempfehlungen<br />

(hierzulande gemäss Schweizerischem<br />

Impfplan [1]) mit den unten aufgeführten<br />

generellen Einschränkungen. Bei Diagnose<br />

einer Immunschwäche oder Erkrankung<br />

mit immunsupprimierender Therapie<br />

sollte der Impfstatus anhand von<br />

Impfdokumenten oder Antikörperbestimmungen<br />

geprüft werden und es<br />

sollten allenfalls Booster-Dosen oder<br />

neu indizierte Grundimmunisierungen<br />

appliziert werden (siehe Box). Ein besonderes<br />

Augenmerk gilt dabei den<br />

Lebendimpfstoffen, die unter Umständen<br />

später nicht mehr gegeben werden<br />

dürfen. In gewissen Situationen sind<br />

Erfolgskontrollen mittels Impfantikörpertiterkontrollen<br />

(siehe unten) gefordert.<br />

Auch ist zu bedenken, dass immunsupprimierte<br />

Patienten häufig ungenügend<br />

auf Impfungen ansprechen. Daher wäre<br />

die optimale Immunisierung der allgemeinen<br />

Population (Herdenimmunität),<br />

sicher aber der Familie und anderer<br />

enger Kontaktpersonen (sog. «Cocooning»)<br />

mindestens ebenso wichtig wie<br />

diejenige der Patienten selbst. So ist<br />

jedenfalls die Impfung von Angehörigen<br />

schwer immunkompromittierter<br />

Patienten gegen Influenza und Pneumokokken<br />

indiziert.<br />

Wann ist Vorsicht<br />

geboten?<br />

Lebendimpfstoffe (bei uns ausschliesslich<br />

MMR-, Varicella-Zoster-, Gelbfieber- und<br />

orale Typhusimpfung) gelten bei Patienten<br />

mit moderater bis schwerer primärer<br />

Immundefizienz [2] (z.B. severe<br />

combined immunodeficiency, common<br />

variable immunodeficiency, Agammaglobulinämien)<br />

oder mit medikamentös<br />

induzierter Immunsuppression generell<br />

als kontraindiziert. Ausnahmen bilden<br />

hier Monotherapien mit topischen oder<br />

niedrig dosierten systemischen Kortikosteroiden<br />

(


PERSPEKTIVEN<br />

Vorgehen Impfen (zukünftig) immunkompromittierter Patienten<br />

1. Impfstatus erheben<br />

Anamnese, Impfausweis<br />

Antikörpertiter: immer anti-HBs; wenn nicht dokumentiert, zusätzlich VZV und Masern<br />

2. Nachholimpfungen:<br />

Lebendimpfstoffe ≥4, Totimpfstoffe ≥2 Wochen vor Immunsuppression<br />

Impfung<br />

dTpa<br />

Hib<br />

IPV<br />

PCV13$<br />

HBV<br />

MMR*$<br />

VZV*$<br />

Zoster*§$<br />

Influenza$<br />

MenACWY<br />

HAV<br />

HPV<br />

Indikation Grundimmunisierung<br />

gemäss BAG [1]<br />

alle<br />

alle<br />

alle<br />

Risikogruppen inkl. Immunkompromittierte<br />

alle Immunkompromittierten<br />

alle nicht Immunen<br />

alle nicht Immunen<br />

alle Immunkompromittierten >50 Jahre<br />

alle Immunkompromittierten<br />

Risikogruppen inkl. Komplementdefekte<br />

und Asplenie<br />

Risikogruppen; für Immunkompromittierte<br />

sinnvoll<br />

alle 10 Jahre<br />

nicht notwendig<br />

nur Risikogruppen<br />

nicht notwendig<br />

bei anti-HBs 5 Jahre<br />

wenn insgesamt 100 IE/ml)<br />

vor Organtransplantation zusätzlich Tetanus, Masern, Röteln, VZV<br />

* Lebendimpfstoffe: kontraindiziert bei Immunsuppression innerhalb


PERSPEKTIVEN<br />

Als Grundregel sollten indizierte Impfungen<br />

mit Totimpfstoffen mindestens zwei<br />

Wochen vor Beginn einer schwer immunsupprimierenden<br />

Therapie appliziert werden.<br />

Im Allgemeinen darf drei Monate<br />

nach Therapieende (resp. 6 Monate nach<br />

Anti-B-Zell-Antikörpern) wieder von<br />

einem relativen Ansprechen ausgegangen<br />

werden [6]. Fällt die Grundimmunisierung<br />

(z.B. bei Kindern mit Neoplasien)<br />

zeitlich mit einer moderat immunsupprimierenden<br />

Therapie zusammen, empfiehlt<br />

sich die Weiterführung des Impfzyklus.<br />

Die entsprechenden Impfdosen<br />

sollten jedoch nach Beendigung der<br />

immunsupprimierenden Therapie nachgeholt<br />

werden oder es sollte eine Kontrolle<br />

des allfälligen Schutzkorrelates erfolgen.<br />

Schliesslich ist zu erwähnen, dass<br />

akute Entzündungszustände (Infektionen,<br />

Akut-Phase-Reaktion nach mechanischem<br />

Trauma) die Impfantwort signifikant<br />

beeinträchtigen können, sodass der<br />

Patient zum Zeitpunkt einer Impfung<br />

zumindest die katabole Phase hinter sich<br />

gelassen haben sollte. Pragmatischerweise<br />

impfen wir Patienten nach notfallmässiger<br />

Splenektomie kurz vor Spitalaustritt<br />

gegen Pneumo- und Meningokokken [7].<br />

Wann müssen Impfungen<br />

wiederholt werden?<br />

Gewisse medikamentöse Therapien können<br />

neben einer unmittelbaren Suppression<br />

der Impfantwort eine teilweise oder<br />

vollständige Auslöschung des zentralen<br />

immunologischen Gedächtnisses induzieren.<br />

Beste Beispiele dafür sind der<br />

Graft-versus-Leukämie-Effekt nach allogener<br />

Stammzelltransplantation und<br />

wahrscheinlich auch Apoptose-fördernde<br />

Onkologika wie Venetoclax. Rituximab,<br />

vor allem in Kombination mit hochdosierter<br />

aplasierender Chemotherapie beeinträchtigt<br />

zumindest das humorale<br />

Gedächtnis ebenfalls. Empfohlen wird<br />

eine volle Grundimmunisierung frühestens<br />

sechs Monate nach allogener und –<br />

individualisiert – auch nach autologer<br />

Stammzelltransplantation [8]. Nach konventionellen<br />

Chemotherapien wird keine<br />

Neuimmunisierung empfohlen, allerdings<br />

können einmalig Auffrischimpfungen<br />

nach Abschluss der Therapie erwogen<br />

werden. Ich persönlich halte bei typischen<br />

erwachsenen Patienten drei Monate nach<br />

Lymphomtherapie eine Booster-Dosis<br />

dT(pa), die konjugierte Pneumokokkenimpfung<br />

sowie – je nach Alter – die Zosterimpfung<br />

[9] für sinnvoll.<br />

Wann sind Kontrollen<br />

von Impfantikörpertitern<br />

sinnvoll?<br />

Persistenz von neutralisierenden Antikörpern<br />

ist in vielen Impfungen ein entscheidender<br />

Faktor für den Schutz vor<br />

Infektion. Allerdings spielen gerade bei<br />

Lebendimpfstoffen häufig auch zellvermittelte<br />

Mechanismen eine wichtige<br />

Rolle. Validiert als Schutzkorrelate [10]<br />

sind Impfantikörpertiter gegen Tetanus,<br />

Diphtherie, Haemophilus influenzae Typ<br />

b, Hepatitis A und B, Pneumokokken,<br />

Frühsommer-Meningoencephalitis, Tollwut,<br />

Masern, Röteln und Varizellen [8,<br />

11]. Für die übrigen Impfungen inklusive<br />

Mumps und Gelbfieber gibt es keine<br />

routinemässig messbaren Schutzkorrelate.<br />

Die Bestimmung von Impfantikörpertitern<br />

ist nur in bestimmten Situationen<br />

indiziert; so wird sie vor und zwölf Monate<br />

nach einer Organtransplantation resp.<br />

vier bis sechs Wochen nach einer ergänzenden<br />

Impfung bei diesen Patienten<br />

empfohlen [11]. Weitere gute Indikationen<br />

sind die Erfolgskontrolle nach Impfung<br />

aktuell immunsupprimierter oder<br />

stammzelltransplantierter Patienten sowie<br />

der unklare Impfstatus. Klare Empfehlungen<br />

zur Kontrolle von Schutzkorrelaten<br />

nach Chemotherapie gibt es gegenwärtig<br />

nicht, ein solches Vorgehen stellt<br />

jedoch eine valable Alternative zur empirischen<br />

Auffrischimpfung dar. ■<br />

Referenzen<br />

1. BAG, Schweizerischer Impfplan 2017. Bern:<br />

Bundesamt für Gesundheit, 2017.<br />

2. Eibl, M. M. and H. M. Wolf, Vaccination in<br />

patients with primary immune deficiency,<br />

secondary immune deficiency and autoimmunity<br />

with immune regulatory abnormalities.<br />

Immunotherapy, 2015. 7(12): p.<br />

1273–92.<br />

3. BAG, Impfprinzipien und Empfehlungen für<br />

Personen mit chronisch entzündlichen<br />

Darmerkrankungen oder anderen gastroenterologischen<br />

(Auto-)Immunerkrankungen.<br />

Bern: Bundesamt für Gesundheit, 2017.<br />

4. BAG, Impfprinzipien und Empfehlungen für<br />

Personen mit autoimmu-entzündlichen<br />

rheumatischen Erkrankungen. Bern: Bundesamt<br />

für Gesundheit, 2014.<br />

5. S. Rothschild, C. B., L. Kaufmann, M. Stanczak,<br />

M. Syedbasha, D. Vogt, O. Gautschi, A.<br />

Egli, A. and H. L. C. Zippelius, Immune response<br />

and adverse events to influenza vaccine<br />

in cancer patients undergoing PD-1<br />

blockade. Abstract 112P_PR – European<br />

Lung Cancer Conference, Geneva, May 5–8<br />

2017, 2017.<br />

6. Rubin, L. G., et al., 2013 IDSA clinical practice<br />

guideline for vaccination of the immunocompromised<br />

host. Clin Infect Dis, 2014.<br />

58(3): p. 309–18.<br />

7. BAG, Prävention schwerer Infektionen bei<br />

anatomischer oder funktioneller Asplenie.<br />

Bern: Bundesamt für Gesundheit, 2015.<br />

8. BAG, Empfehlungen zur Impfung von Empfängerinnen<br />

und Empfängern von Blut-<br />

Stammzellen. Bern: Bundesamt für Gesundheit,<br />

2014.<br />

9. BAG, Empfehlungen zur Impfung gegen<br />

Herpes Zoster/«Gürtelrose». Bern: Bundesamt<br />

für Gesundheit, 2017.<br />

10. Plotkin, S. A. and P. B. Gilbert, Nomenclature<br />

for immune correlates of protection after<br />

vaccination. Clin Infect Dis, 2012. 54(11): p.<br />

1615–7.<br />

11. BAG, Impfempfehlungen für Personen vor<br />

und nach Transplantation eines soliden<br />

Organs. Bern: Bundesamt für Gesundheit,<br />

2014.<br />

<strong>Nr</strong>. 4 <strong>August</strong> <strong>2018</strong><br />

<strong>VSAO</strong> <strong>JOURNAL</strong> ASMAC<br />

39


PERSPEKTIVEN<br />

AUS DER «THERAPEUTISCHEN UMSCHAU» * : ÜBERSICHTSARBEIT<br />

Opiate – Fluch oder Segen? –<br />

Eine aktuelle Übersicht<br />

Tobias Schneider und Wilhelm Ruppen<br />

Departement für Anästhesie, Operative Intensivbehandlung, präklinische Notfallmedizin und Schmerztherapie,<br />

Universitätsspital Basel, Basel<br />

Zusammenfassung: Opiate werden sowohl in der Behandlung von akuten als auch chronischen, häufig nicht malignen Schmerzen<br />

eingesetzt. Innerhalb der letzten 10 Jahre ist es weltweit, aber auch in der Schweiz, zu einer massiven Zunahme von Verschreibungen<br />

und Langzeitbehandlungen mit Opioiden gekommen. Neuere Zahlen über aus Opioid-Behandlungen entstehende Nebenwirkungen,<br />

Abhängigkeiten und auch Opioid bedingten Todesfällen haben uns vor allem aus den USA erreicht. Diese haben Opiate in<br />

den Fokus der medizinischen Untersuchungsbehörden gebracht und die Diskussion über eine Schmerztherapie mit Opiaten neu<br />

entfacht. In diesem Artikel geben die Autoren daher einen Überblick über den aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand bezüglich<br />

der in der klinischen Anwendung relevanten Themen: opiatinduzierte Hyperalgesie (OIH), Einfluss der Opiatbehandlung auf<br />

Lebensqualität und Schmerzlinderung, das Nebenwirkungsprofil, Komplikationsrisiko sowie das Missbrauchs- und Abhängigkeitspotential<br />

einer Behandlung mit Opioiden. Zwei Beispiele aus der klinischen Praxis sowie eine Empfehlung für den Einsatz von<br />

Opioiden in der täglichen Praxis, orientiert an den Richtlinien des Universitätsspitals Basel, runden den Artikel ab.<br />

Opioids – boon or bane? – An overview<br />

Abstract: Opioids are frequently used in the treatment of acute and chronic, often not malignant, pain states. During the last decade<br />

prescriptions of and long term treatments with opioids have enormous increased, not only all over the world but also especially<br />

in Switzerland. New data, manly collected in the United States, about side-effects, addictions, and deaths related to treatment with<br />

opioids have set these substances into the focus of investigative authorities. Further these data have newly launched the discussion<br />

of the role of opioids in the treatment of chronic pain states. In this article we therefore give an overview of the current scientific<br />

state of knowledge about important questions in clinical use of opioids. This includes: opioid induced hyperalgesia, influence on<br />

quality of life and pain reduction, side-effects, risk of treatment complications and the misuse- and abuse-potential of a pain<br />

treatment with opioids. Two examples out of daily clinical work and a recommendation how to use opioids in pain treatment<br />

(based on the guidelines of the university hospital Basel) complete this overview.<br />

Einführung und<br />

Epidemiologie<br />

Opioide werden bei akuten, chronischen<br />

sowie Tumor-bedingten Schmerzen eingesetzt.<br />

Unbestritten ist, dass der Gebrauch<br />

von Opioiden im In- und Ausland<br />

massiv zugenommen hat. So zeigt eine<br />

Studie aus Deutschland, dass in den letzten<br />

10 Jahren der Gebrauch von Opioiden<br />

insgesamt um 37 % zugenommen hat [1].<br />

Auffallend war bei dieser Untersuchung,<br />

dass die grösste Zunahme der Opiatverschreibungen<br />

bei der Therapie von chronischen,<br />

nicht-malignen Schmerzen<br />

stattfand.<br />

* Der Artikel erschien ursprünglich in der «Therapeutischen<br />

Umschau» (2017), 74(5), 277–283. MEDISER-<br />

VICE <strong>VSAO</strong>-Mitglieder können die «Therapeutische<br />

Umschau» zu äusserst günstigen Konditionen abonnieren.<br />

Details s. unter www.hogrefe.ch/downloads/vsao.<br />

In der Schweiz ist der Gebrauch von Opioiden<br />

[2] in den letzten Jahren sogar<br />

noch deutlicher als in Deutschland angestiegen.<br />

So hat sich die Anzahl der<br />

Verschreibungen von Opioiden von 2006<br />

bis 2013 verdoppelt (von 64 839 auf<br />

137 458) [2]. Die durchschnittliche Anzahl<br />

Verschreibungen pro Person stieg von 3.9<br />

auf 4.8 an. Hochgerechnet auf 100 000<br />

Personen stieg die Morphin-Äquivalenz-<br />

Dosis um 117 % und die Anzahl der Behandlungstage<br />

um 101 %. Am meisten hat<br />

die Verschreibung starker Opioide in den<br />

Kantonen Jura (+ 260 %), Fribourg<br />

(+ 270 %), Basel-Stadt (+ 219 %), Uri<br />

(+ 220 %), und Schaffhausen (+ 201 %)<br />

zugenommen.<br />

Angefangen hat dieser Trend in den USA<br />

[3]: bis 1990 war die Abgabe von Opiaten<br />

zur Behandlung von chronischen<br />

Schmerzen in den meisten Bundesstaaten<br />

verboten. Ohne vorliegende wissenschaftliche<br />

Evidenz wurde ab 1990 empfohlen,<br />

Opiate chronischen Schmerzpatienten<br />

nicht weiter vorzuenthalten. Schmerz-<br />

Interessen Gruppen, medizinische Gesellschaften<br />

und Schmerz-Spezialisten<br />

begannen u. a. auch in Medical Boards<br />

und bei regulatorischen Behörden zu<br />

lobbyieren[4]; dies mit Erfolg, wie die<br />

retrospektive Entwicklung zeigt. So war<br />

Ende der 90-er Jahre in mindestens 20<br />

US-amerikanischen Bundesstaaten der<br />

Gebrauch von Opioiden bei der Behandlung<br />

benigner chronischer Schmerzen<br />

zugelassen. Einige dieser lobbyierenden<br />

Interessensgruppen wie auch Einzelpersonen<br />

sind unlängst offenbar in den Fokus<br />

der Untersuchungsbehörden und des<br />

US-Senats gekommen [3, 5].<br />

So stellt sich unweigerlich die Frage: warum<br />

dieser Aufschrei? Immerhin hat diese<br />

Bewegung es geschafft, das Bewusstsein<br />

für das Leid der Patienten mit chroni-<br />

40 <strong>VSAO</strong> <strong>JOURNAL</strong> ASMAC <strong>Nr</strong>. 4 <strong>August</strong> <strong>2018</strong>


PERSPEKTIVEN<br />

schen Schmerzen derart zu schärfen, dass<br />

Schmerz sogar als Vitalzeichen institutionalisiert<br />

wurde [6].<br />

Zudem galt auch in der Schweiz noch vor<br />

etwa 15 Jahren die Lehrmeinung, dass<br />

Opiate bei chronischen benignen Schmerzen<br />

sicher sind, keine Abhängigkeit erzeugen,<br />

kaum Nebenwirkungen haben (Ausnahme<br />

Obstipation) und bestens wirksam<br />

sind. Somit besser zur Therapie chronischer<br />

Schmerzen geeignet sind als jedes<br />

andere Analgetikum.<br />

Ebenso berichteten 92 % der Langzeit-<br />

Opioid-Patienten [7] in einer amerikanischen<br />

Befragung, dass Opioide zu einer<br />

merklichen Schmerzlinderung führen<br />

würden. 53 % berichteten, dass die<br />

Schmerzlinderung sogar sehr gut sei. 57 %<br />

berichten, dass ihre Lebensqualität deutlich<br />

besser sei als ohne Opioide [4]. Auch<br />

gaben 20 % der Befragten an, dass ihre<br />

psychische Verfassung unter Opioiden<br />

besser sei, 60 % behaupteten, dass die<br />

Opioide keinen Einfluss auf ihre Psyche<br />

hätten und weitere 20 % behaupteten, dass<br />

die Opioide einen auf die Psyche kompromittierenden<br />

Einfluss hätten [7]. Beeindruckend<br />

ist, dass 70 % dieser Patienten in<br />

der Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit<br />

stark eingeschränkt beziehungsweise<br />

arbeitsunfähig waren, oder anführten in<br />

ihren alltäglichen Aktivtäten stark eingeschränkt<br />

zu sein.<br />

Der vorliegende Artikel versucht, das Phänomen<br />

«Opioide» kritisch näher zu<br />

beleuchten. Am Schluss werden anhand<br />

von zwei Patienten-Fällen wichtige Merkpunkte<br />

zur Therapie mit transdermalen<br />

Opioid-Pflastern (TTS) herausgearbeitet.<br />

Mehrere Empfehlungen für den praktischen<br />

Einsatz von Opioiden basierend auf<br />

internationalen Guidelines runden den<br />

Artikel ab.<br />

In diesem Artikel werden lediglich einige<br />

ausgewählte Thematiken aufgegriffen, da<br />

die Literatur riesig und schier unüberschaubar<br />

geworden ist. Diese sind aus<br />

Autoren Sicht jedoch von besonderer, auch<br />

klinischer Relevanz. Dem besonders interessierten<br />

Leser sei deshalb bereits an<br />

dieser Stelle der 90 (!) Seiten starke Review<br />

von Manchikanti et al mit 715 Referenzen<br />

diesen Jahres empfohlen [4].<br />

Opioid induzierte<br />

Hyperalgesie (OIH)<br />

Unter OIH versteht man den paradoxen<br />

Effekt, dass die Gabe von Opioiden zu<br />

einer Hyperalgesie (also Schmerzüberempfindlichkeit)<br />

führt. Gemäss dem Konzept<br />

der OIH werden also Patienten nach<br />

der Gabe von Opioiden für Schmerzreize<br />

empfindlicher. Mittlerweile gibt es genügend<br />

wissenschaftliche Evidenz, dass es<br />

kompensatorische Mechanismen im Sinne<br />

einer Pronociception gibt, die bei längerfristiger<br />

oder gar kurzfristiger niedrig<br />

dosierter Opioideinnahme aktiviert werden<br />

und die einerseits zu einer OIH und<br />

andererseits wesentlich zu einer Chronifizierung<br />

von Schmerzen beitragen können<br />

[8 – 10]. Dieser Effekt konnte sowohl<br />

für Fentanyl, Remifentanil, Morphin,<br />

Buprenorphin wie auch Tramadol nachgewiesen<br />

werden. In einer eigenen Untersuchung<br />

konnten wir an gesunden<br />

Probanden zeigen, dass eine OIH auch<br />

noch nach sechs Stunden anhand eines<br />

artifiziellen Schmerzmodells nachweisbar<br />

ist [11]. Bereits der kurzfristige Einsatz von<br />

Opioiden induziert Gen-bedingte Veränderungen<br />

sowie die Aktivierung am<br />

N-Methyl-D-Aspartat (NMDA)-Rezeptor.<br />

Diese Modulationen führen zu einer Art<br />

«spinal pain memory» mit erhöhter<br />

Sensibilität für Schmerzreize [8]. Aufgrund<br />

von Labor- und Klinik-Daten<br />

konnte zudem gezeigt werden, dass diese<br />

Pronociception in der Tat eine Hyperalgesie<br />

induziert [9, 12]. So ist es für den Kliniker<br />

schlussendlich nicht mehr möglich<br />

zu unterscheiden, ob die vom Patienten<br />

beklagten Schmerzen nun durch vermehrte<br />

nozizeptive oder neuropathische<br />

Schmerzimpulse oder durch die Verabreichung<br />

von Opioiden bedingt ist. Eine<br />

Opiat-Dosisreduktion oder gar ein vollständiges<br />

Ausschleichen der Opiat-Therapie<br />

kann bei solchen Patienten zu einer<br />

Verbesserung der Schmerzsituation<br />

führen. Dies in dem Sinn, dass die Pronociception<br />

zugunsten von Schmerzinhibierenden<br />

Mechanismen aufgehoben<br />

wird [13 – 16]. Andererseits kann die<br />

durch die OIH-induzierte Vulnerabilität<br />

aber auch nach dem Absetzen persistieren<br />

[8], so dass auch Rivat und Ballantyne<br />

schlussfolgern, dass Opioide in die<br />

Chronifizierung von Akutschmerzen involviert<br />

sein können. So konnte im Tierversuch<br />

noch nach 119 Tagen eine latente<br />

Schmerzsensibilisierung nachgewiesen<br />

werden [17]: Stress führt normalerweise<br />

bei Ratten zu einer Analgesie. Wurden<br />

diese Tiere vorgängig mit Opioiden behandelt,<br />

führte Stress nun zu einer Hyperalgesie.<br />

Lebensqualität und<br />

Schmerzlinderung<br />

Oftmals ist weder den betroffenen<br />

Schmerzpatienten noch den Behandlern<br />

bewusst, dass Schmerzreduktion zwar<br />

eines der Behandlungsziele ist, viel wichtiger,<br />

langanhaltender und erstrebenswerter<br />

aber ist die Steigerung bzw. das Wiedererlangen<br />

der Lebensqualität. Unter<br />

dieser Prämisse ist es wichtig, zwischen<br />

der Wirksamkeit einer Therapie und den<br />

möglichen Nebenwirkungen und Komplikationen<br />

abzuwägen.<br />

Es gibt mehrere Studien, die die Wirksamkeit<br />

von Opioiden bei chronischen<br />

Schmerzpatienten untersuchten und auch<br />

belegen konnten. Die überwiegende Anzahl<br />

dieser Studien verfolgen die Patienten meist<br />

aber nur über wenige Wochen, womit jeweils<br />

nur Aussagen über einen sehr kurzen<br />

Therapieraum gemacht werden können.<br />

Drei in Deutschland 2014 durchgeführte<br />

und in einer Ausgabe des Deutschen Ärzteblatts<br />

zusammengefasste Metaanalysen<br />

[18] schlossen nur Studien mit einem<br />

Beobachtungszeitraum von mehr als vier<br />

Wochen ein. Untersucht wurden Patienten<br />

mit chronischen Rückenschmerzen, chronischen<br />

Arthrose Schmerzen sowie chronischen<br />

neuropathischen Schmerzen ein<br />

(Tabelle 1). Die «number needed to treat»<br />

bewegte sich dabei für eine 50 %-ige<br />

Schmerzreduktion um 19 bei chronischen<br />

Rückenschmerz-Patienten, die «number<br />

needed to harm» für die Abbruchrate wegen<br />

Nebenwirkungen lag bei 5 (chron.<br />

Arthrose Schmerz) bis 7 (chron. Rückenschmerzen).<br />

Dowell [19] führte aufgrund von Beobachtungsstudien<br />

und randomisiert-kontrollierten<br />

Studien eine Metaanalyse über<br />

die Wirksamkeit von Opioiden bei chronischen<br />

Schmerzpatienten durch. Da die<br />

eingeschlossenen Studien gemäss Evidence<br />

based Medicine-Kriterien von<br />

niedriger Studienqualität waren, eine<br />

hohe Variabilität bezüglich Studiendesign<br />

und klinischer Heterogenität sowie methodologische<br />

Schwächen aufwiesen,<br />

verzichtete Dowell auf das Erstellen einer<br />

Metaanalyse. Keine der Studien untersuchte<br />

das Outcome über mehr als ein<br />

Jahr. Dowell fand hingegen eine klare<br />

Tendenz zu erhöhtem Risiko bezüglich<br />

Missbrauch, Überdosierung und Tod.<br />

Diese Publikation zeigt, wie schwierig es<br />

ist, an qualitativ gute Daten zur Beurteilung<br />

der Wirksamkeit von Opioiden in der<br />

Langzeittherapie zu kommen.<br />

<strong>Nr</strong>. 4 <strong>August</strong> <strong>2018</strong><br />

<strong>VSAO</strong> <strong>JOURNAL</strong> ASMAC<br />

41


PERSPEKTIVEN<br />

So gesehen erstaunen die Ergebnisse<br />

der zuvor genannten US-amerikanischen<br />

Umfrage bezüglich Beliebtheit<br />

und Wirksamkeit aus der Sicht der Patienten<br />

[4], da diese in Widerspruch zur<br />

wissenschaftlichen Evidenz stehen, die<br />

zeigt, dass die Funktionalität unter<br />

Opioiden abnimmt und der psychische<br />

Stress unter Opioiden zunimmt [16,<br />

19 – 31].<br />

Wir haben weitere 27 Arbeiten identifizieren<br />

können, die entweder keine oder<br />

nur geringfügige Vorteile von Opioiden<br />

gegenüber einer Placebo-Behandlung<br />

zeigten. Wenn Vorteile für eine Opioid-<br />

Therapie gezeigt werden konnten, waren<br />

dies meist Kurzzeitstudien, Studien mit<br />

tiefer Studienqualität oder Pharma-gesponserte<br />

Studien. Ebenfalls konnten die<br />

meisten Studien keine Funktionsverbesserungen<br />

oder gar verbesserte Arbeitsfähigkeit<br />

nachweisen [22]. Deyo et al.<br />

schlossen gar, dass Opioide ironischerweise<br />

die Effektivität anderer Behandlungen<br />

einschränken können. Ebenfalls<br />

gibt es Studien, die zeigen, dass der<br />

Einsatz von Opioiden bei akutem «Low<br />

Back Pain» zu Langzeitkonsum führen<br />

kann, ganz besonders, wenn den Patienten<br />

grosse Opioid-Packungen verschrieben<br />

werden [22, 32]. Mehrere Autoren<br />

beschreiben auch Abbruchraten der Teilnehmer<br />

von bis zu 50 % wegen Nebenwirkungen.<br />

Aufgrund der mittlerweile bekannten<br />

Fülle von Nebenwirkungen ist<br />

dies nicht weiter erstaunlich.<br />

Nebenwirkungen und<br />

Komplikationen der<br />

Langzeittherapie<br />

Die Risiken einer Opiatverschreibung<br />

reichen von milden bis zu schwerwiegenden<br />

Nebenwirkungen. Die folgende Liste<br />

an Nebenwirkungen ist lang und nur<br />

grobkursorisch: Pruritus, chronische Obstipation,<br />

Atemdepression, Nausea und<br />

Erbrechen, sexuelle Dysfunktionen, Myoklonien,<br />

Muskelrigidität, Mundtrockenheit<br />

und daraus folgender Karies, Schlafstörungen,<br />

kognitive Einschränkungen,<br />

Hyperalgesie, Schwindel, Sedation, Abhängigkeit,<br />

Sucht, Strassenverkehrsunfälle,<br />

Stürze mit Frakturen und Schädel-<br />

Hirn-Traumata, Tod, Opioid-assoziierte<br />

Endokrinopathien, Toleranz und Opiatinduzierte<br />

Hyperalgesie [4, 33 – 37].<br />

Dennoch leiden die meisten Patienten<br />

eher unter leichteren Nebenwirkungen,<br />

welche meist gastrointestinale Symptome<br />

(Obstipation, Übelkeit) und zentralnervöse<br />

Symptome wie Müdigkeit, Schwindel,<br />

Konzentrationsschwäche, Mundtrockenheit<br />

sowie Schwitzen beklagen [38]. Nicht<br />

selten sind diese aber der Grund für ein<br />

Absetzen der Opiattherapie [39]. So sollen<br />

gemäss einer Arbeit von Kalso [33] 80 %<br />

der Patienten unter Opioiden an Opioidassoziierten<br />

Nebenwirkungen leiden: 41 %<br />

an Obstipation, 32 % an Nausea und 29 %<br />

an Müdigkeit und Schläfrigkeit. Patienten<br />

berichten selten von sich aus über Nebenwirkungen:<br />

so fand eine Untersuchung<br />

aus dem Jahre 2011 [38], dass gezieltes<br />

Nachfragen eine 8-fach höhere Nebenwirkungsquote<br />

zeigt als die Patienten selber<br />

berichten.<br />

Ray et al. [40] fanden im Übrigen heraus,<br />

dass lang-wirksame Opioide ein deutlich<br />

erhöhtes Mortalitätsrisiko im Vergleich zu<br />

den schmerztherapeutisch oft eingesetzten<br />

Co-Analgetika (Antikonvulsiva und<br />

Antidepressiva) bei chronischen Schmerzpatienten<br />

aufwiesen.<br />

Sucht und Missbrauch<br />

U-Opioid Rezeptoren sind im Hirn unter<br />

anderem im ventralen tegmentalen Kern<br />

sowie im Nucleus accumbens verdichtet,<br />

Tabelle 1. Wirkeffekt, Nebenwirkungen und Abbruchraten von Opioiden im Vergleich zu Placebo (randomisierte<br />

doppelblinde Studien, Dauer ≥ 4 Wochen) (modifiziert gemäss Häuser 2014, Deutsches Ärzteblatt).<br />

42 <strong>VSAO</strong> <strong>JOURNAL</strong> ASMAC <strong>Nr</strong>. 4 <strong>August</strong> <strong>2018</strong>


PERSPEKTIVEN<br />

beides Hirnareale, welche dem Belohnungssystem<br />

hinzugerechnet werden.<br />

Deshalb produzieren Opioide neben einer<br />

Schmerzlinderung auch Euphorie [41].<br />

Opioide wirken aber nicht nur über diese<br />

Opioid Rezeptoren, sondern führen auch<br />

zu einem konditionierten Lernen mit der<br />

Assoziation «Opioid Einnahme» und «gebesserter<br />

Stimmung». Dieser Lerneffekt ist<br />

umso grösser, je schneller die Opioide im<br />

Hirn an fluten [42].<br />

Für den Kliniker ist wichtig, die beiden<br />

Begriffe Abhängigkeit und Sucht zu unterscheiden.<br />

Die repetitive Verabreichung<br />

von Opioiden führt quasi unweigerlich<br />

zur Toleranzentwickung (verminderte<br />

Wirkung der Opioide z. B. durch Rezeptoren-Internalisierung)<br />

und (physischer)<br />

Abhängigkeit[43]. Patienten sind von<br />

Medikamenten viel öfter abhängig, als<br />

wir uns bewusst sind; so ist der Typ I Diabetiker<br />

unbedingt auf sein Insulin angewiesen,<br />

es käme aber niemandem in<br />

den Sinn zu behaupten, er sei danach<br />

süchtig, obwohl er in höchstem Masse<br />

vom Insulin «abhängig» ist. Sucht ist<br />

durch die englischen 4 «C» s definiert: a)<br />

«impaired control over drug consume»,<br />

b) «compulsive use», c) «continued use<br />

despite harm» und d) «craving». Im<br />

Englischen wird im Weiteren neben der<br />

Sucht (Addiction) zwischen «Misuse»<br />

und «Abuse» unterschieden.<br />

Unter «Misuse» versteht man den Gebrauch<br />

entgegen der intendierten Verschreibung<br />

mit Selbstmedikation von<br />

Schlaf-, Gemüts- oder Angststörungen<br />

verbunden mit zwanghaftem Gebrauch des<br />

Opioids [44]. Ebenso wird falscher Gebrauch<br />

aufgrund von fälschlich verstandener<br />

Anweisung der Opioid Einnahme als<br />

«Misuse» begriffen. Ein «Absuse» wird<br />

hingegen definiert als Opioid-Gebrauch<br />

ohne Verordnung oder anders als verordnet<br />

und / oder für das Erreichen eines besseren<br />

Gemütszustandes[44]. Gemäss einer Übersichtsarbeit<br />

von Vowles [45] aus dem Jahre<br />

2016 weisen etwa 21 – 29 % der legal Opioide<br />

konsumierenden Patienten einen «Misuse»<br />

und etwa 8 bis 12 % eine «Addiction» auf.<br />

In den USA wurden 2014 3 bis 4 % der Bevölkerung<br />

mit Opioiden längerfristig therapiert[43].<br />

Dies entspricht 9 bis 11.5 Millionen<br />

Patienten. Damit assoziiert waren<br />

28 647 Todesfälle mit Opioiden, 15 559<br />

dieser Todesfälle waren mit natürlichen<br />

und semisynthetischen Opioiden verbunden<br />

[4]. Es scheint, dass etwa 63 % dieser<br />

Opioid assoziierten Todesfälle in den USA<br />

auf legal verschriebene Opioide zurückzuführen<br />

sind[46].<br />

In der Schweiz liegen keine Zahlen zu Todesfällen<br />

vor, wir wissen aber aufgrund von<br />

Untersuchungen von Maria Wertli, dass sich<br />

die Anzahl Verschreibungen von Opioiden<br />

von 2006 bis 2013 verdoppelt hat (64 839 zu<br />

137 458)[2] (siehe auch Einleitung).<br />

Jena und Co-Mitarbeiter fanden mit Hilfe<br />

einer grossen Datenbankanalyse von<br />

mehr als 1.1 Millionen Patienten heraus,<br />

dass 34.6 % der Patienten ihre Opioid<br />

Verschreibungen von 2 Ärzten erhielten,<br />

14.2 % von drei und 11.9 % von vier oder<br />

mehr Ärzten [47]. So erstaunt es kaum,<br />

dass Redican et al[48] herausfanden, dass<br />

die zwei wichtigsten Quellen für süchtigen<br />

Opioidkonsum Ärzte und (weniger überraschend)<br />

Strassen-Dealer waren.<br />

Lernvignetten Fall<br />

Nummer 1: letal<br />

verlaufende Intoxikation<br />

Eine 54-jährige Patientin [49] wurde aufgrund<br />

einer zunehmend schweren Depression<br />

in eine psychiatrische Klinik<br />

eingeliefert. Die Patientin wurde wegen<br />

chronischen Knieschmerzen mit Fentanyl<br />

TTS 25 μg / h behandelt. Am 5. Hospitalisationstag<br />

wurde die Patientin tot im Bett<br />

aufgefunden, obwohl diese 90 Minuten<br />

vorher von der Pflege in noch gutem Allgemeinzustand<br />

angetroffen wurde.<br />

Die gerichtsmedizinische Autopsie fand<br />

ein Fentanyl TTS 25 μg / h im Rachen der<br />

Patientin, Hinweise auf eine Fremdeinwirkung<br />

oder Injektionen waren nicht vorhanden.<br />

Im Weiteren wurde eine hochtoxische<br />

Konzentration von 25 μg / L<br />

Fentanyl im Herz-Blut gefunden (therapeutische<br />

Breite: 0.3 bis 10 μg / L).<br />

Ein 25 μg / h TTS Fentanyl Pflaster enthält<br />

vor Gebrauch 4.2 mg Fentanyl Gesamtdosis,<br />

die orale Bioverfügbarkeit beim Kauen<br />

eines solchen Pflasters beträgt ca. 50 %,<br />

was bedeutet, dass durch Kauen von Fentanyl<br />

TTS-Pflastern innert Minuten toxische<br />

Plasma-Spiegel entstehen. In einem<br />

TTS Pflaster ist nach 3 Tagen korrekter<br />

Anwendungsdauer also noch bis zu 50 bis<br />

60 % der Ursprungs-Gesamtdosis enthalten;<br />

bei einem 25 μg Pflaster (neu =<br />

4200 μg Gesamtdosis) wären dies also<br />

nach 3 Tagen korrekter Anwendung noch<br />

immer 2400 μg Gesamtdosis.<br />

Zwischenzeitlich wurde auch die Öffentlichkeit<br />

durch die Medien über den hohen<br />

Fentanyl Gehalt in TTS Pflaster aufmerksam,<br />

so dass offenbar neuerdings auch<br />

Drogenabhängige Patienten die Müllcontainer<br />

von Spitälern nach solchen<br />

(gebrauchten) und nicht fachgerecht entsorgten<br />

Pflastern durchsuchen und diese<br />

ebenfalls kauen oder gar das in den Pflastern<br />

verbliebene Fentanyl extrahieren und<br />

injizieren.<br />

Fazit: die Gesamtdosis an Fentanyl in einem<br />

TTS Pflaster überrascht und ist in<br />

etwa die vierfache Dosis, welche für eine<br />

Herz-Bypass-Anästhesie-Einleitung benötigt<br />

wird. In unserem Fallbericht haben<br />

wir deshalb am Schluss die Frage gestellt,<br />

ob bei Patienten mit schweren Depressionen<br />

und Suizidalität Opioid TTS Pflaster<br />

kontraindiziert sind. Zudem ist gerade in<br />

Institutionen die fachgerechte Entsorgung<br />

von gebrauchten TTS-Opioiden essentiell.<br />

Fall Nummer 2: schwere<br />

Opioidintoxiation bei<br />

einem postoperativen<br />

Patienten<br />

Ein 75-jähriger multimorbider Patient<br />

wird einer Total-Prothesenoperation im<br />

Bereiche der rechten Hüfte unterzogen.<br />

Postoperativ klagt er über starke Schmerzen.<br />

Der Patient ist Opiat-naiv. Vom zuständigen<br />

Stationsarzt werden in der Folge<br />

25 μg Fentanyl TTS Pflaster verschrieben.<br />

Der Patient klagt weiterhin über sehr starke<br />

Schmerzen. Erst nach 2 bis 3 Tagen<br />

klagt der Patient nicht mehr, ist aber<br />

kaum mehr weckbar und zeigt eine Hypopnoe.<br />

Der Grund hierfür ist die Tatsache,<br />

dass ein Fentanyl TTS System in etwa 3<br />

bis 5 Tage braucht, bis es im pharmakologischen<br />

Steady state ist. Mit anderen<br />

Worten: die volle Wirkung setzt erst nach<br />

ca. 3 Tagen ein. Andererseits wird die<br />

Wirkstärke von Fentanyl TTS Systemen<br />

oftmals massiv unterschätzt, da ein 25 μg<br />

Fentanyl TTS Pflaster etwa 60 bis 80 mg<br />

retardiertem Morphin entspricht, eine<br />

Anfangsdosis, die bei einem 75-jährigen,<br />

multimorbiden, Opiat-naiven Patienten<br />

viel zu hoch ist und deshalb unweigerlich<br />

zu Opiat-Überdosierungserscheinungen<br />

führen musste.<br />

Fazit: TTS Opioide sind hochpotente<br />

pharmakologische System, welche viel klinische<br />

Erfahrung voraussetzen. Opioid-<br />

Rotationen sind anspruchsvoll. TTS Opioi de<br />

haben in akuten und instabilen Situationen<br />

nichts verloren, da die Pharmakokinetik<br />

und -Dynamik zu träge sind.<br />

<strong>Nr</strong>. 4 <strong>August</strong> <strong>2018</strong><br />

<strong>VSAO</strong> <strong>JOURNAL</strong> ASMAC<br />

43


PERSPEKTIVEN<br />

1. Vor Beginn einer Opioid-Therapie sollen realistische Ziele formuliert werden.<br />

2. Vor allem schwerwiegende psychische Störungen sowie Suchtverhalten des Patienten sollen vor dem Therapie-Start ausgeschlossen werden.<br />

3. Der Patient soll partizipativ in die Behandlung eingebunden werden.<br />

4. Monotherapien mit Opioiden bei chronischen Schmerzpatienten sollen vermieden werden. Chronische Schmerzpatienten benötigen einen multimodalen<br />

Behandlungspfad.<br />

5. Der Patient soll ausführlich über die Wirkweise, Nebenwirkungen, Komplikationen, die Therapieerfolgswahrscheinlichkeit sowie über medicolegalen<br />

Probleme (z. B. Fahrfähigkeit) informiert werden.<br />

6. Es sollen nur Opioide verwendet werden, mit denen der Arzt bestens vertraut ist (nicht immer sind moderne und teure Präparate<br />

besser[50]; so gilt im Universitätsspital Basel (USB) der breit und fächerübergreifende akzeptierte Standard von Morphin / MST, bei<br />

Niereninsuffizienz wird Hydromorphon verwendet).<br />

7. Präparate mit retardierter Galenik sollen Opioiden mit kurzer Wirkungsdauer vorgezogen werden.<br />

8. Es soll tiefst dosiert begonnen werden. Bei uns am USB meist MST 10 mg 1 – 0 – 1, bei Niereninsuffizienz Hydromorphon tief dosiert.<br />

9. Bei akuten Schmerzen (z. B. Traumata) zeitlich streng begrenzt (meist drei Tage) Morphin Tropfen 0.2 mg / kg Körpergewicht in Reserve<br />

bis zu stündlich per oral. Keine TTS Systeme bei akuten oder instabilen Schmerzsituationen.<br />

10. Die Einnahme soll nach einem festen Zeitplan in Abhängigkeit von der Wirkdauer des jeweiligen Opioids erfolgen.<br />

11. Eine Höchstdosis von mehr als 120 mg Morphin-Äquivalenten pro Tag soll nicht überschritten werden.<br />

12. Eine Therapiedauer von mehr als 3 Monaten soll nur bei klaren Respondern durchgeführt werden.<br />

13. Eine antiemetische Behandlung kann bereits zu Beginn der Therapie erfolgen. Nach etwa 2 bis 4 Wochen soll die Indikation für die<br />

antiemetische Therapie mittels Auslassversuch überprüft werden.<br />

14. Die Behandlung von Obstipation soll proaktiv angegangen werden: viel laufen, viel Flüssigkeit, Laxantien. Bei vielen Patienten ist<br />

während der gesamten Behandlungsdauer eine Behandlung mit Laxantien notwendig.<br />

15. Eine erste klinische Kontrolle erfolgt bereits nach einer Woche: Ziel ist es, sowohl die Wirksamkeit sowie allfällige Nebenwirkungen<br />

der begonnen Opioid Therapie zu evaluieren. Dann kann je nach Verlauf ebenfalls eine Dosissteigerung in Erwägung gezogen werden.<br />

16. Nach spätestens 6 Monaten soll die Möglichkeit einer Dosisreduktion oder gar das vollständigen Ausschleichen in Erwägung gezogen werden.<br />

17. Stets soll auf das Nutzen / Risiko-Verhältnis (Wirksamkeit versus z. B. Lebensqualitätsminderung, Libidoverlust, Fahrfähigkeit,<br />

Konzentrationsstörungen, Sturzereignisse, etc.) sowie auf eine allfällige Suchtentwicklung fokussiert werden.<br />

18. TTS Pflaster sollen trotz ihrer grossen Beliebtheit gerade bei Hausärzten und Onkologen wegen ihrer komplexen Pharmakokinetik<br />

zurückhaltend eingesetzt werden.<br />

Tabelle 2. Empfehlungen zur Opioid-Therapie bei chronischen Schmerzpatienten; entwickelt aus S3-Leitlinie und<br />

Behandlungsstandard USB.<br />

Empfehlungen für den<br />

Einsatz von Opioiden im<br />

Alltag<br />

Es existieren diverse nationale Empfehlungen<br />

von Fachgesellschaften im Umgang<br />

mit Opioiden bei chronischen<br />

Schmerzen. Angelehnt an die deutsche<br />

S3-Leitlinie aus dem Jahre 2014[18] werden<br />

abschliessend nachfolgend unsere<br />

eigenen Empfehlungen und Erfahrungen<br />

in tabellarischer Form wiedergegeben.<br />

Vgl. Tabelle 2.<br />

Zusammenfassung<br />

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass<br />

es sich bei Opioiden um pharmakologisch<br />

hoch potente und komplexe Substanzen<br />

handelt, die in ihrer Wirkung auf<br />

den menschlichen Organismus weit<br />

über eine Beeinflussung von Schmerzen<br />

hinausgehen. Entgegen der initialen<br />

Euphorie zu Beginn des «Opioid-Zeitalters»<br />

werden mögliche initiale Schmerztherapeutische<br />

Behandlungserfolge teils<br />

mit starken Nebenwirkungen und Risiken<br />

für den Patienten erkauft. In der<br />

Praxis ist daher eine genaue Indikationsprüfung<br />

vor Therapiestart und eine<br />

ständige Re-evaluation bzgl. eines Therapienutzens<br />

für den betreuenden ärztlichen<br />

Kollegen unabdingbar, sollte<br />

man sich für eine Therapie mit Opioiden<br />

entscheiden.<br />

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44 <strong>VSAO</strong> <strong>JOURNAL</strong> ASMAC <strong>Nr</strong>. 4 <strong>August</strong> <strong>2018</strong>


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<strong>Nr</strong>. 4 <strong>August</strong> <strong>2018</strong><br />

<strong>VSAO</strong> <strong>JOURNAL</strong> ASMAC<br />

45


PERSPEKTIVEN<br />

D as erleseneObjekt<br />

Eine segensreiche Maschine<br />

Prof. Iris Ritzmann, Medizinhistorikerin in Zürich<br />

Das Gerät stammt aus der Maschinenfabrik<br />

Condux in Hanau (D), wurde um 1950<br />

erbaut und stand in einem industriellen<br />

Betrieb. Wie der hohe Einfüllstutzen vermuten<br />

lässt, handelt es sich um eine Mühle,<br />

angetrieben von einem Elektromotor.<br />

Die massive Bauweise aus schwerem Metall<br />

erlaubte eine hohe Beanspruchung. Tatsächlich<br />

war die Mühle tagaus tagein in<br />

Betrieb. Natürlich nicht an Sonntagen.<br />

Denn was hier so rege gemahlen wurde,<br />

waren getrocknete Kräuter, Herrgotts Geschenke,<br />

«Chrut und Uchrut». Mit Gottes<br />

Segen gelangten sie in neue Formen, Tees,<br />

Pastillen, Salben und Tabletten. Als wichtigste<br />

Verarbeitungsform entstanden aus<br />

den heilenden Pflanzenteilen einfache,<br />

«lapidare» Pillen. Unter dem Namen «Lapidar-Pillen»<br />

brachte sie ihr Erfinder, der<br />

berühmte Kräuterpfarrer Künzle, in vielerlei<br />

Zusammensetzung und Indikation auf<br />

den Markt. Er legte damit den Grundstein<br />

für das Unternehmen «Kräuterpfarrer<br />

Künzle AG» im bündnerischen Zizers, wo<br />

die imposante Zerkleinerungsmühle stand.<br />

Johannes Künzle wurde 1857 als Bauernsohn<br />

geboren, studierte Theologie und<br />

wirkte als Priester in verschiedenen Ostschweizer<br />

Gemeinden. Für einige war er<br />

nicht nur ein Heiler, sondern fast schon<br />

ein Heiliger, für andere ein Scharlatan.<br />

Künzles Vorstellung, Gott habe Kräuter<br />

wachsen lassen, damit wir Menschen unsere<br />

Krankheiten damit heilen können,<br />

kann man ähnlich bei Paracelsus finden.<br />

Und sein Wissen über die Heilkraft der<br />

Pflanzen stammte aus dem Kräuterbuch<br />

von Tabernaemontanus aus dem Jahr<br />

1588, das Künzle in einer späteren Ausgabe<br />

auf einer Auktion erworben hatte. Seine<br />

Technikbegeisterung entsprang dem<br />

Zeitgeist und widersprach keineswegs der<br />

Vorstellung der göttlichen Natur. Künzle<br />

propagierte im hohen Alter die industrielle<br />

Produktion seiner Heilmittel unter anderem<br />

in einem Film, worin er mit grossem<br />

Stolz die maschinelle Herstellung<br />

seiner Pillen vorführt. Die Kräutermühle,<br />

die nach dem Tod Künzles in dessen Firma<br />

eingesetzt wurde, steht momentan in<br />

der sehenswerten Ausstellung «Kräuterdoktor<br />

– Kabispater. Heilen mit Pflanzen<br />

in Graubünden» im Rätischen Museum<br />

Chur. Dort wird der streitbare Kräuterpfarrer<br />

im Kontext anderer Heiler ideenreich,<br />

kritisch und humorvoll vorgestellt. ■<br />

Sonderausstellung<br />

noch bis 9.9.<strong>2018</strong><br />

Rätisches Museum Chur<br />

Hofstrasse 1, 7000 Chur<br />

www.raetischesmuseum.gr.ch<br />

Die Feinschneidmühle für Kräuter der Kräuterpfarrer Künzle AG, zweite Hälfte<br />

des 20. Jahrhunderts<br />

Öffnungszeiten:<br />

Dienstag–Sonntag 10.00–17.00<br />

46 <strong>VSAO</strong> <strong>JOURNAL</strong> ASMAC <strong>Nr</strong>. 4 <strong>August</strong> <strong>2018</strong>


MEDISERVICE <strong>VSAO</strong>-ASMAC<br />

Unsere Angebote – Ihre Vorteile<br />

MEDISERVICE <strong>VSAO</strong>-ASMAC hat mit folgenden Unternehmen Zusammenarbeitsverträge<br />

abgeschlossen und kann deren Versicherungslösungen anbieten:<br />

Allianz Suisse<br />

• Motorfahrzeugversicherung<br />

• Hausrat- und Privathaftpflichtversicherung<br />

• Berufs- und Betriebshaftpflichtversicherung<br />

• Geschäftsversicherung<br />

• Gebäudeversicherung<br />

• Technische Versicherung<br />

• Krankentaggeldversicherung<br />

• Unfallversicherung UVG<br />

• UVG-Zusatzversicherung<br />

Helvetia<br />

• Berufs- und Betriebshaftpflichtversicherung<br />

• Geschäftsversicherung<br />

• Technische Versicherung<br />

ZURICH<br />

• Motorfahrzeugversicherung<br />

• Hausrat- und Privathaftpflichtversicherung<br />

• Gebäudeversicherung<br />

• Reiseversicherung<br />

• Krankentaggeldversicherung<br />

Visana<br />

• Unfallversicherung UVG<br />

• UVG-Zusatzversicherung<br />

• Krankentaggeldversicherung<br />

AXA-ARAG<br />

• Rechtsschutzversicherung (Privat-, Verkehrs- und Berufsrechtsschutz)<br />

Innova<br />

• Krankentaggeldversicherung<br />

Schweizerische Ärzte-Krankenkasse<br />

• Krankentaggeldversicherung / Invaliditäts-Taggeld<br />

Assura · Concordia · Sanitas · Swica · Visana<br />

• Krankenzusatzversicherungen<br />

Versicherung der Schweizer Ärzte Genossenschaft<br />

• Lebensversicherung<br />

Nutzen Sie unsere Kooperationspartner und profitieren Sie von<br />

den Vorteilen und Rabatten.<br />

Falls Sie bereits eine Versicherung bei einer der oben genannten Versicherungen besitzen,<br />

dann prüfen Sie einen Übertritt in unsere Kollektivverträge. Wir unterstützen Sie gerne dabei.<br />

Für Auskünfte wenden Sie sich bitte an:<br />

MEDISERVICE <strong>VSAO</strong>-ASMAC<br />

Telefon 031 350 44 22<br />

info@mediservice-vsao.ch<br />

<strong>Nr</strong>. 4 <strong>August</strong> <strong>2018</strong><br />

<strong>VSAO</strong> <strong>JOURNAL</strong> ASMAC<br />

47


MEDISERVICE <strong>VSAO</strong>-ASMAC<br />

BRIEFKASTEN<br />

Wenn es Eis regnet<br />

Ein Sommergewitter ist ein faszinierendes Wetterphänomen. Doch oft<br />

bringt es auch einen unerwünschten Hagelsturm mit sich. Was ist<br />

Hagel überhaupt? Und warum kommt er gerade im Sommer, wenn es<br />

doch warm ist?<br />

Hagelkörner können in wenigen Minuten verheerende Schäden anrichten. Die Opfer:<br />

Obstbäume, Fensterscheiben und vor allem Autos.<br />

Gross wie ein Fussball<br />

Ab einem Durchmesser von 0,5 cm gelten Eisklumpen als Hagel, vorher werden sie<br />

Graupel genannt. Sie entstehen in sommerlichen Gewitterwolken, wenn unterkühltes<br />

Wasser gefriert und sich die Teilchen durch Aufwinde in der Wolke Schicht um Schicht<br />

vergrössern. Ab einem Durchmesser von 2 cm verursachen Hagelkörner Schäden an<br />

Autos, Glasscheiben oder Zelten. Das grösste bekannte Hagelkorn fiel 2010 in South<br />

Dakota, USA, zur Erde. Es war 875 g schwer und mit einem Durchmesser von 20 cm fast<br />

so gross wie ein Fussball.<br />

Julia Lenz,<br />

Key Account Manager Kooperationen,<br />

Zurich Schweiz<br />

Lässt sich Hagel verhindern?<br />

Bereits seit der Antike versuchen die Menschen, Hagel zu verhindern. Waren es früher<br />

Opferrituale oder Hagelprozessionen, so werden heute technische Methoden angewendet:<br />

Das «Impfen» von Wolken mit Silberiodid soll die Hagelkörner verkleinern – doch die<br />

Wirksamkeit ist umstritten. In der Landwirtschaft werden Netze aufgespannt, um Pflanzen<br />

vor Hagel zu bewahren. Als Privatperson kann man sein Eigentum schützen, indem<br />

man empfindliche Gegenstände ins Haus trägt und das Auto unter ein Dach fährt. Doch<br />

das klappt nicht immer – weil das Hagelgewitter meistens überraschend kommt.<br />

Zerbeultes Autodach und zerfetzte Lounge<br />

Was macht den Hagel so gefährlich? Je grösser, desto schneller: Kleine Eiskugeln haben<br />

nur eine Geschwindigkeit von etwa 35 km/h, grössere Kugeln ab 2 cm Durchmesser<br />

knallen bereits mit 70 km/h auf Pflanzen, Dächer oder Autos. Deshalb kann schon ein<br />

kurzer Hagelschauer Autokarosserien in Wellblech verwandeln, die Rattanlounge zerfetzen<br />

oder die Apfelernte des kommenden Herbstes auf Apfelkuchenmenge schrumpfen<br />

lassen.<br />

Und wenn der Hagel zugeschlagen hat?<br />

Beim Auto sind die Kosten für die Reparatur von Hagelschäden über die Teilkaskoversicherung<br />

abgedeckt. Spezialisten können Hageldellen in der Karosserie «herausmassieren».<br />

Für die Sitzgarnitur auf der Terrasse zahlt die Hausratversicherung, ein<br />

Zusatzmodul kommt für wertvolle Gärten oder teure Zierpflanzen auf. Zerbrochene<br />

Fensterscheiben, zum Beispiel an älteren Wohngebäuden, sind durch die Gebäudeversicherung<br />

versichert.<br />

■<br />

Mein Expertentipp:<br />

Zurich ist für Sie da, wenn der Hagel Ihr Autodach verbeult oder Ihre Lounge zerschlagen hat: Unter der 24-h-Gratisnummer 0800 80 80 80 erhalten<br />

Sie Hilfe. Mit Ihrem Auto können Sie auch im Help Point vorbeikommen – wir organisieren die Reparatur für Sie, übrigens bereits seit 20 Jahren.<br />

Und bei grossen Hagelereignissen richtet Zurich in Ihrer Region sogar einen Hagel-Drive-in ein, wo die Autos direkt vor Ort repariert werden.<br />

Möchten Sie mehr wissen? Nehmen Sie mit uns Kontakt auf.<br />

MEDISERVICE <strong>VSAO</strong>-Mitglieder profitieren bei Zurich von Vorzugskonditionen.<br />

So schnell und einfach kommen Sie zu ausgezeichnetem Service und attraktiven Preisen: zurich.ch/de/partner/login<br />

Ihr Zugangscode: TqYy4Ucx<br />

0800 33 88 33<br />

Mo bis Fr von 8.00 bis 18.00 Uhr<br />

Bitte erwähnen Sie Ihre MEDISERVICE <strong>VSAO</strong>-Mitgliedschaft.<br />

48 <strong>VSAO</strong> <strong>JOURNAL</strong> ASMAC <strong>Nr</strong>. 4 <strong>August</strong> <strong>2018</strong>


Bitte bewerben<br />

Sie sich direkt<br />

online auf<br />

www.spitalfmi.ch<br />

Als modernes Spitalzentrum gewährleistet die Spitäler fmi AG mit rund 1‘300 Mitarbeitenden die<br />

multidisziplinäre medizinische Versorgung im östlichen und zentralen Berner Oberland, einer der<br />

touristisch attraktivsten Regionen der Schweiz.<br />

Die Medizinische Klinik (B) im Spital Interlaken versorgt Patientinnen und Patienten auf der akutmedizinischen<br />

und -geriatrischen Station (48 Betten), im Ambulatorium (Onkologie), in der Dialyse, auf<br />

der Intensiv- sowie Notfallstation. Per April 2019 wird zudem die «Walk-in Clinik» am Bahnhof Interlaken<br />

West eröffnet, um die medizinische Erstversorgung für Einheimische ohne Hausarzt sowie<br />

Touristen sicherzustellen.<br />

Zur Erweiterung unseres Teams im Spital Interlaken suchen wir per 1. Januar 2019 oder nach<br />

Vereinbarung engagierte Persönlichkeiten als<br />

Oberarzt/Oberärztin Medizin<br />

Leitende/r Ärztin/Arzt Medizin 50 % – 100 %<br />

Ihr Aufgabengebiet<br />

Sie behandeln gemeinsam mit Ihren Dienstkolleginnen und -kollegen ambulante und stationäre<br />

Patientinnen und Patienten mit unterschiedlichsten Krankheiten und kulturellen Hintergründen. Dabei<br />

werden Sie innerhalb der Medizinischen Klinik entsprechend Ihrer Erfahrung und Interessen in<br />

mehreren Teilbereichen eingesetzt, auf Wunsch mit besonderer Führungs- und Fachverantwortung<br />

als Leitende/r Ärztin/Arzt Ambulante Dienste. Sie profitieren vom engen und gut funktionierenden<br />

Austausch mit Ihren Teamkolleginnen und -kollegen, mit Konsiliarärztinnen und -ärzten u.a. aus<br />

dem Inselspital Bern sowie mit weiteren internen und externen Schnittstellen/Kontakten.<br />

Ihre Kompetenzen<br />

Sie verfügen über eine abgeschlossene Facharztausbildung Allgemeine Innere Medizin und möchten<br />

Ihre Kenntnisse und mehrjährige Berufserfahrung in einer familiären Klinik mit breitem Angebotsspektrum<br />

einsetzen. Für unsere nationalen und internationalen Patientinnen und Patienten<br />

übernehmen Sie Verantwortung, auch in Notfallsituationen, und kommunizieren dabei stilsicher in<br />

Deutsch sowie sehr gut in Englisch.<br />

Wir bieten Ihnen<br />

Sie sind in einem engagierten und kompetenten Team tätig und werden in den von Ihnen erwünschten<br />

Fachbereichen gefordert und gefördert. Sie können Ihre Ideen einbringen und die Zukunft<br />

des Angebots der Medizinischen Klinik nachhaltig mitprägen. Dabei profitieren Sie von einer<br />

gut ausgebauten, modernen Infrastruktur. Wir bieten attraktive und familienfreundliche Anstellungsbedingungen<br />

mit einmaliger Aussicht auf Ihren nächsten Karriereschritt und auf Eiger, Mönch +<br />

Jungfrau!<br />

Wir freuen uns auf Sie!<br />

Weitere Auskünfte erteilen Ihnen Herr Dr. Heinz Schaad, Chefarzt Medizinische Klinik Spital<br />

Interlaken, oder Herr Dr. Otto Maurer, Stv. Chefarzt Medizinische Klinik Spital Interlaken,<br />

Tel. +41 33 826 27 76.<br />

Spitäler Frutigen Meiringen Interlaken AG, Weissenaustrasse 27, CH-3800 Unterseen<br />

Telefon +41 33 826 26 26, info@spitalfmi.ch, www.spitalfmi.ch


MEDISERVICE <strong>VSAO</strong>-ASMAC<br />

Patientendaten im Visier von<br />

Cyberkriminellen<br />

Das Thema Cyberkriminalität ist heute allgegenwärtig. Insbesondere Unternehmen und Selbstständige,<br />

die mit sensiblen Daten arbeiten, sind einem hohen Risiko ausgesetzt. Ärzte gehören<br />

dazu. Wenn das IT-System einer Arztpraxis gehackt oder mit einem Schadprogramm infiziert wird,<br />

kann dies nicht nur den Praxisbetrieb stören.<br />

Ob Herzprobleme, Bluthochdruck oder<br />

Depressionen – Diagnosen werden bei<br />

Ärzten digital gespeichert. Patientenakten<br />

werden angelegt und Labordaten<br />

digital übertragen. Dadurch wird ein<br />

Arztbesuch effizienter und Therapien<br />

können besser koordiniert werden.<br />

Doch es lauern Gefahren: Cyberkriminelle<br />

haben es zunehmend auf die sensiblen<br />

Informationen abgesehen.<br />

Hacker erbeuten Gesundheitsdaten vor<br />

allem, um sie später z.B. für Erpressungen<br />

zu verwenden. Aber auch sogenannte<br />

«Ransomware» kommt immer<br />

häufiger zum Einsatz: Diese Schadprogramme<br />

sperren den Zugriff auf Dateien,<br />

Ordner oder gleich die ganze Festplatte<br />

(indem die Daten verschlüsselt<br />

werden), für die Freigabe der Daten<br />

werden erhebliche Geldsummen eingefordert.<br />

Hackerangriffe können eine Arztpraxis<br />

besonders schwer treffen. Patienten<br />

können das Vertrauen in den Arzt verlieren,<br />

wenn sie von einem Hackerangriff<br />

und schlimmstenfalls von gestohlenen<br />

Patientendaten hören. Welcher<br />

Patient möchte, dass Fremde Informationen<br />

über seine Krankheiten und<br />

andere Beschwerden besitzen? Zudem<br />

kann der Arzt in Bezug auf Datenschutz<br />

und Persönlichkeitsrechtsverletzungen<br />

haftbar gemacht werden.<br />

Bei der täglichen Arbeit<br />

ansetzen<br />

Zu einer Verminderung von Risiken<br />

können bereits wenige Schritte beitragen,<br />

wie die Sensibilisierung und Schulung<br />

von Mitarbeitenden in Hinblick<br />

auf die Sicherheit. Hinzu kommen<br />

viele kleine Arbeitsschritte, die in der<br />

Bestimmung<br />

eines<br />

IT-Verantwortlichen<br />

Technische<br />

Schutzmassnahmen<br />

(z.B. Firewalls,<br />

Virenscanner,<br />

Spam-Filter etc.)<br />

Berechtigungsmanagement<br />

Überspannungsschutz<br />

Sicherungskopien der<br />

eingesetzten Software<br />

sowie deren sichere<br />

Aufbewahrung<br />

Cyberrisiken<br />

Checkliste. Überprüfen Sie Ihren<br />

Sicherheitszustand. Haben Sie an diese Punkte gedacht?<br />

www.helvetia.ch/cyber-versicherung<br />

Tägliche<br />

Datensicherung<br />

(Back-up) sowie<br />

deren sichere Aufbewahrung<br />

Abwehrstrategien<br />

gegen<br />

DoS-Attacken<br />

Patch- und<br />

Update-<br />

Management<br />

Passwort-<br />

Richtlinien<br />

PCI-DSS-Regeln<br />

bei Kredit- oder<br />

Debitkarten-<br />

Transaktionen<br />

Physische<br />

Sicherungsmassnahmen<br />

(z.B.<br />

für den Zugang zu<br />

Serverräumen)<br />

Sensibilisierung<br />

der Mitarbeitenden und<br />

Sicherheits-Trainings<br />

Schadsoftware-Tests<br />

vor<br />

dem Einsatz von<br />

externen digitalen<br />

Daten und<br />

Software<br />

Verschlüsselung<br />

schützenswerter<br />

Daten<br />

50 <strong>VSAO</strong> <strong>JOURNAL</strong> ASMAC <strong>Nr</strong>. 4 <strong>August</strong> <strong>2018</strong>


MEDISERVICE <strong>VSAO</strong>-ASMAC<br />

alltäglichen Arbeit verankert sein sollten,<br />

um so einen möglichst sicheren Schutz<br />

gegen Cyberrisiken zu gewährleisten.<br />

Dazu zählen unter anderem technische<br />

Schutzmassnahmen wie Firewalls oder<br />

Spamfilter, Passwort-Richtlinien und die<br />

Verschlüsselung schützenswerter Daten.<br />

Aber auch bereits die tägliche Datensicherung<br />

und deren sichere Aufbewahrung<br />

kann im Falle von Störungen (z.B. einem<br />

Verschlüsselungsangriff mittels Ransomware)<br />

beruhigen.<br />

■<br />

Die Cyberrisiko-Checkliste bietet neu eine zusätzliche Möglichkeit, den Sicherheitsstandard gegenüber Cybergefahren zu überprüfen<br />

und gegebenenfalls zu erweitern. Aber natürlich bietet sie nicht 100% Sicherheit. Um das vorhandene Restrisiko des Unternehmens<br />

auf ein Minimum zu reduzieren, eignet sich die Cyberversicherung der Helvetia perfekt. Sie nimmt sich der Risiken an, die über<br />

technische und organisatorische Sicherheitsmassnahmen nicht abgedeckt werden können, und bildet daher die optimale Ergänzung<br />

im Risikomanagementprozess jedes KMU – oder jeder Arztpraxis.<br />

MEDISERVICE <strong>VSAO</strong>-Mitglieder profitieren von sehr vorteilhaften Konditionen. Sind Sie interessiert an einer Versicherungslösung?<br />

Wenden Sie sich an Ihren Ansprechpartner bei MEDISERVICE <strong>VSAO</strong>-ASMAC; telefonisch unter 031 350 44 22 oder per E-Mail:<br />

info@mediservice-vsao.ch.<br />

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<strong>Nr</strong>. 4 <strong>August</strong> <strong>2018</strong><br />

<strong>VSAO</strong> <strong>JOURNAL</strong> ASMAC<br />

51


MEDISERVICE <strong>VSAO</strong>-ASMAC<br />

Den Moment bewusst erleben<br />

Hektik im Job, eine volle Familienagenda, Hobbys und stets jederzeit erreichbar: Stress ist zur<br />

Volkskrankheit geworden. Abschalten ist schwierig, ständig kreisen die Gedanken. Abhilfe<br />

schafft eine Form der Meditation, die immer populärer wird: Stressbewältigung durch Achtsamkeit.<br />

Dank Handys mit Flatrates sind wir nonstop<br />

online und kommunizieren über<br />

alles und jeden. Wir essen nebenbei, eilen<br />

von einer Sache zur anderen und verlieren<br />

uns dabei selbst aus den Augen. Für<br />

die Weltgesundheitsorganisation (WHO)<br />

zählt Stress zu den grössten Gesundheitsgefahren<br />

des 21. Jahrhunderts. Früher<br />

war das ein typisches Managerleiden,<br />

heute fühlt sich bereits jeder vierte Erwerbstätige<br />

in der Schweiz gestresst und<br />

erschöpft.<br />

Kraft tanken mit<br />

Meditation<br />

Für einen gesunden Lebensstil sind Ernährung,<br />

Bewegung und Entspannung<br />

wichtige Bausteine. Wir benötigen Pausen,<br />

um belastbar zu bleiben. Eine Möglichkeit,<br />

solche Oasen in den Alltag zu integrieren,<br />

ist Meditation. Es gibt viele<br />

verschiedene Formen der Meditation. Beliebt<br />

und gut erforscht ist «Mindfulness-<br />

Based Stress Reduction», abgekürzt<br />

MBSR. Übersetzt wird MBSR mit «Stressbewältigung<br />

durch Achtsamkeit» – es<br />

handelt sich also nicht um reine Meditation.<br />

Wer achtsam ist, nimmt die eigenen<br />

Handlungen, Gefühle und Gedanken bewusst<br />

wahr und verliert sich nicht in anderen<br />

Gedanken. Oder man konzentriert<br />

sich auf die Umwelt und erlebt den Moment<br />

intensiv. Ob Stress, Verluste oder<br />

andere schmerzhafte Lebenserfahrungen:<br />

Die Praxis der Achtsamkeit kann helfen,<br />

mit schwierigen Lebenssituationen besser<br />

umzugehen. MBSR beschäftigt sich mit<br />

alltäglichen Fragen und eignet sich für<br />

alle Menschen unabhängig von Alter, Beruf<br />

oder Lebenssituation. Zahlreiche wissenschaftliche<br />

Studien haben die positive<br />

Wirkung auf das psychische und physische<br />

Wohlbefinden nachgewiesen.<br />

Achtsam im Alltag<br />

Während des Zähneputzens den Geschirrspüler<br />

ausräumen oder auf der Joggingrunde<br />

die Arbeit planen: Häufig erledigen<br />

wir vieles gleichzeitig und sind mit den<br />

Gedanken immer bereits einen Schritt<br />

weiter. Versuchen Sie deshalb ab und zu,<br />

sich bei Aufgaben auf das Hier und Jetzt<br />

zu konzentrieren. Nehmen Sie zum Beispiel<br />

den Weg zur Arbeit bewusst wahr<br />

oder essen Sie mit allen Sinnen. Es gibt<br />

im Alltag viele Situationen und Sinneseindrücke,<br />

die Sie bewusst wahrnehmen<br />

können.<br />

Online-<br />

Gesundheitsplattform<br />

SWICA unterstützt MBSR-Kurse bei SWI-<br />

CA-anerkannten Kursleitern. Mehr Informationen<br />

zum Thema Achtsamkeit<br />

finden Sie auf der Gesundheitsplattform<br />

BENEVITA. Die kostenlose Online-Plattform<br />

bietet personalisierte und spannende<br />

Inhalte zu Ernährung, Bewegung und<br />

Wohlbefinden. Sie motiviert die Teilnehmenden<br />

zu einem gesundheitsorientierten<br />

Lebensstil und unterstützt sie dabei.<br />

www.benevita.ch<br />

■<br />

Exklusive<br />

Prämienrabatte<br />

Als Mitglied von MEDISERVICE <strong>VSAO</strong>-<br />

ASMAC profitieren Sie bei SWICA<br />

gleich doppelt: Der Rabatt aus dem<br />

Kollektivvertrag wird erhöht, wenn Sie<br />

zusätzlich am BENEVITA Bonusprogramm<br />

teilnehmen. Durch diese<br />

Kombination erhalten Sie bei den Spitalversicherungen<br />

bis zu 30 Prozent<br />

Rabatt. Ebenfalls unterstützt SWICA<br />

Ihre Aktivitäten in den Bereichen Bewegung,<br />

Ernährung und Entspannung<br />

mit bis zu 800 Franken pro Jahr.<br />

www.swica.ch/de/mediservice<br />

52 <strong>VSAO</strong> <strong>JOURNAL</strong> ASMAC <strong>Nr</strong>. 4 <strong>August</strong> <strong>2018</strong>


Zum 16. 15. Mal<br />

17. 16. November September <strong>2018</strong> 2017 – Hotel Seeburg Luzern<br />

www.deraerzteball.ch<br />

Eleganz trifft Herzlichkeit<br />

Zum 16. Mal sind Tanzbegeisterte aller beruflicher Orientierung zur Gala «Der Ärzteball» am<br />

17. Zum November 15. Mal sind <strong>2018</strong> im Tanzbegeisterte Hotel Seeburg in aller Luzern beruflicher eingeladen. Orientierung Die Gäste geniessen zur Gala Eleganz, «Der Ärzteball» Herzlichkeit,<br />

am<br />

ein 16. September Sechs-Gang-Diner 2017 im Hotel mit ausgesuchten Seeburg in Luzern Weinen eingeladen. und stimmigen Die Gäste Sound geniessen bis in Eleganz, die frühen Herzlichkeit, Morgenstunden.<br />

ein Sechs-Gang-Diner Die Charity geht mit an ausgesuchten die Ruedi Lüthy Weinen Foundation.<br />

stimmigen Sound bis in die frühen Morgenstunden.<br />

Die Charity geht an die Ruedi Lüthy Foundation.<br />

Le 16e Gala «Le Bal des Médecins» se déroulera le 17 novembre <strong>2018</strong> à l’hôtel Seeburg de Lucerne.<br />

Dans Le 15e un Gala cadre «Le élégant Bal des et Médecins» festif, les se invités déroulera savoureront le 16 september un dîner 2017 gastronomique à l’hôtel Seeburg accompagné de Lucerne. de<br />

vins Dans sélectionnés un cadre élégant et d’une et ambiance festif, les invités musicale savoureront incitant à danser un dîner jusqu’à gastronomique l’aurore. Sont accompagné invités toutes<br />

de<br />

les vins passionnées sélectionnés et et tous d’une les ambiance passionnés musicale de danse incitant de tous à horizons danser jusqu’à professionnels. l’aurore. L’engagement Sont invités toutes caritatif<br />

les passionnées revient à «Ruedi et tous Lüthy les passionnés Foundation».<br />

de danse de tous horizons professionnels. L’engagement caritatif<br />

revient à «Ruedi Lüthy Foundation».<br />

Chiropraktor | medizinische Diagnose | manuelle Behandlung<br />

Chiropraktor | medizinische Diagnose | manuelle Behandlung<br />

Charity<br />

Charity<br />

Schweizerische Ärzte-Krankenkasse – Senevita AG – Schulthess-Klinik – MegeMIT Medizinische Gesellschaft für Mikroimmuntherapie (A)


Logo_Q-Publikation_D_<strong>2018</strong>_CMYK.pdf 1 03.04.18 11:40<br />

IMPRESSUM<br />

KONTAKTADRESSEN DER SEKTIONEN<br />

<strong>Nr</strong>. 4 • 37. Jahrgang • <strong>August</strong> <strong>2018</strong><br />

Herausgeber/Verlag<br />

MEDISERVICE <strong>VSAO</strong>-ASMAC<br />

Bollwerk 10, Postfach, 3001 Bern<br />

Telefon 031 350 44 88<br />

journal@vsao.ch, journal@asmac.ch<br />

www.vsao.ch, www.asmac.ch<br />

Im Auftrag des <strong>VSAO</strong><br />

Redaktion<br />

Catherine Aeschbacher (Chefredaktorin),<br />

Giacomo Branger, Franziska Holzner-Arnold, Kerstin<br />

Jost, Lukas Staub, Anna Wang, Sophie Yammine<br />

Geschäftsausschuss <strong>VSAO</strong><br />

Anja Zyska (Präsidentin), Patrizia Kündig (Vizepräsidentin),<br />

Angelo Barrile (Vizepräsident), Nora Bienz,<br />

Christoph Bosshard, Michel Clément, Karin Etter,<br />

Marius Grädel-Suter, Dina-Maria Jakob, Gert Printzen,<br />

Miodrag Savic, Sergio Sesia, Hervé Spechbach, Robin<br />

Walter (swimsa)<br />

Druck, Herstellung und Versand<br />

Stämpfli AG, Wölflistrasse 1, CH-3001 Bern<br />

Telefon +41 31 300 66 66<br />

info@staempfli.com, www.staempfli.com<br />

Layout<br />

Tom Wegner<br />

Inserate<br />

Zürichsee Werbe AG, Fachmedien, Markus Haas<br />

Laubisrütistrasse 44, 8712 Stäfa<br />

Telefon 044 928 56 53<br />

E-Mail vsao@fachmedien.ch<br />

Auflagen<br />

Druckauflage: 22 300 Expl.<br />

WEMF/SW-Beglaubigung 2017: 21 842 Expl.<br />

Erscheinungshäufigkeit: 6 Hefte pro Jahr.<br />

Für <strong>VSAO</strong>-Mitglieder im Jahresbeitrag inbegriffen.<br />

ISSN 1422-2086<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 5/<strong>2018</strong> erscheint im Oktober <strong>2018</strong>.<br />

Thema: Energie<br />

© <strong>2018</strong> by <strong>VSAO</strong>, 3001 Bern<br />

Printed in Switzerland<br />

AG <strong>VSAO</strong> Sektion Aargau, Geschäftsstelle: lic. iur. Eric Vultier, Auf der Mauer 2,<br />

8001 Zürich, vultier@schai-vultier.ch, Tel. 044 250 43 23, Fax 044 250 43 20<br />

BL/BS<br />

<strong>VSAO</strong> Sektion beider Basel,<br />

Geschäftsleiterin und Sekretariat: lic. iur. Claudia von Wartburg, Advokatin,<br />

Hauptstrasse 104, 4102 Binningen, Tel. 061 421 05 95,<br />

Fax 061 421 25 60, sekretariat@vsao-basel.ch, www.vsao-basel.ch<br />

BE <strong>VSAO</strong> Sektion Bern, Schwarztorstrasse 7, 3007 Bern, Tel. 031 381 39 39,<br />

bern@vsao.ch, www.vsao-bern.ch<br />

FR ASMAC Sektion Freiburg, Gabriela Kaufmann-Hostettler, Wattenwylweg 21,<br />

3006 Bern, Tel. 031 332 41 10, Fax 031 332 41 12, info@gkaufmann.ch<br />

GE Associations des Médecins d’Institutions de Genève, Postfach 23,<br />

Rue Gabrielle-Perret-Gentil 4, 1211 Genf 14, amig@amig.ch, www.amig.ch<br />

GR<br />

JU<br />

<strong>VSAO</strong> Sektion Graubünden, 7000 Chur, Samuel B. Nadig, lic. iur. HSG,<br />

RA Geschäftsführer/Sektionsjurist, Tel. 078 880 81 64, info@vsao-gr.ch,<br />

www.vsao-gr.ch<br />

ASMAC Jura, 6, chemin des Fontaines, 2800 Delémont, marie.maulini@h-ju.ch<br />

NE ASMAC Sektion Neuenburg, Joël Vuilleumier, Jurist, Rue du Musée 6,<br />

Postfach 2247, 2001 Neuenburg, Tel. 032 725 10 11, vuilleumier@valegal.ch<br />

SG/AI/AR <strong>VSAO</strong> Sektion St. Gallen-Appenzell, Bettina Surber, Oberer Graben 44,<br />

9000 St. Gallen, Tel. 071 228 41 11, Fax 071 228 41 12,<br />

Surber@anwaelte44.ch<br />

SO<br />

TI<br />

<strong>VSAO</strong> Sektion Solothurn, Geschäftsstelle: lic. iur. Eric Vultier,<br />

Auf der Mauer 2, 8001 Zürich, vultier@schai-vultier.ch,<br />

Tel. 044 250 43 23, Fax 044 250 43 20<br />

ASMAC Ticino, Via Cantonale 8-Stabile Qi, 6805 Mezzovico-Vira,<br />

segretariato@asmact.ch<br />

TG <strong>VSAO</strong> Sektion Thurgau, Geschäftsstelle: lic. iur. Eric Vultier, Auf der Mauer 2,<br />

8001 Zürich, vultier@schai-vultier.ch, Tel. 044 250 43 23, Fax 044 250 43 20<br />

VD<br />

VS<br />

ASMAV, case postale 9, 1011 Lausanne-CHUV,<br />

asmav@asmav.ch, www.asmav.ch<br />

ASMAVal, p.a. Maître Valentine Gétaz Kunz,<br />

Ruelle du Temple 4, CP 20, 1096 Cully, contact@asmaval.ch<br />

Zentralschweiz (LU, ZG, SZ, GL, OW, NW, UR)<br />

<strong>VSAO</strong> Sektion Zentralschweiz, Geschäftsstelle: lic. iur. Eric Vultier,<br />

Auf der Mauer 2, 8001 Zürich, vultier@schai-vultier.ch,<br />

Tel. 044 250 43 23, Fax 044 250 43 20<br />

Publikation<strong>2018</strong><br />

FOKUSSIERT<br />

KOMPETENT<br />

TRANSPARENT<br />

Gütesiegel Q-Publikation<br />

des Verbandes Schweizer Medien<br />

ZH/SH<br />

<strong>VSAO</strong> ZÜRICH/SCHAFFHAUSEN, Rechtsanwältin Susanne Hasse,<br />

Rämistrasse 31, Postfach 160, 8024 Zürich, Tel. 044 941 46 78, info@vsao-zh.ch<br />

54 <strong>VSAO</strong> <strong>JOURNAL</strong> ASMAC <strong>Nr</strong>. 4 <strong>August</strong> <strong>2018</strong>


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