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vsao Journal Nr. 5 - Oktober 2023

Sprache - Verstehen, verstummen, vermitteln Politik - Zulassungssteuerung – quo vadis? Adipositas - Neue Medikamente wecken Hoffnungen Offene Handverletzungen - Tipps und Tricks für den Notfall

Sprache - Verstehen, verstummen, vermitteln
Politik - Zulassungssteuerung – quo vadis?
Adipositas - Neue Medikamente wecken Hoffnungen
Offene Handverletzungen - Tipps und Tricks für den Notfall

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<strong>vsao</strong><br />

<strong>Nr</strong>. 5, <strong>Oktober</strong> <strong>2023</strong><br />

<strong>Journal</strong><br />

Das <strong>Journal</strong> des Verbandes Schweizerischer Assistenz- und Oberärztinnen und -ärzte<br />

Sprache<br />

Verstehen,<br />

verstummen,<br />

vermitteln<br />

Seite 28<br />

Politik<br />

Zulassungssteuerung –<br />

quo vadis?<br />

Seite 6<br />

Adipositas<br />

Neue Medikamente<br />

wecken Hoffnungen<br />

Seite 40<br />

Offene Handverletzungen<br />

Tipps und Tricks für den Notfall<br />

Seite 44


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Inhalt<br />

Sprache<br />

Verstehen, verstummen, vermitteln<br />

Coverbild: Stephan Schmitz<br />

Editorial<br />

5 Wortreich und sprachlos<br />

Politik<br />

6 Bürokratiemonster statt sinnvolles<br />

Steuerungsinstrument<br />

8 Nationale Wahlen: die Vertretung der<br />

Ärzteschaft stärken<br />

11 Auf den Punkt gebracht<br />

Weiterbildung /<br />

Arbeitsbedingungen<br />

12 «Eine chirurgische Weiterbildung ist in<br />

einer 42+4-Stunden-Woche möglich»<br />

17 Im AA-Universum<br />

Perspektiven<br />

40 Aktuelles zur Adipositas:<br />

Therapie statt Chirurgie?<br />

44 Aus der «Therapeutischen<br />

Umschau» – Übersichtsarbeit:<br />

Tipps und Tricks in der Behandlung<br />

offener Handverletzungen in der<br />

Notfallpraxis<br />

51 Der besondere Ort<br />

mediservice<br />

52 Briefkasten<br />

54 Wie schnell ist schnell genug?<br />

56 Erdbeben: die unterschätzte Gefahr<br />

58 Impressum<br />

<strong>vsao</strong><br />

18 Neues aus den Sektionen<br />

25 <strong>vsao</strong>-Inside<br />

26 <strong>vsao</strong>-Rechtsberatung<br />

Fokus: Sprache<br />

28 «Es gibt keine Übersetzung<br />

ohne Eingriffe»<br />

31 Sprachlos in die Therapie<br />

34 Lost in Translation<br />

36 Im Jordan der Sprachen<br />

38 Was macht die Linguistin<br />

in der Klinik?<br />

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Kathrin Grüneis<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 5/23 3


Allgemeine<br />

Innere Medizin<br />

15. – 18.11.<strong>2023</strong> Zürich<br />

32 h<br />

Innere Medizin<br />

05. – 09.12.<strong>2023</strong> Zürich<br />

40 h<br />

Allergologie<br />

04. – 05.12.<strong>2023</strong> Zürich<br />

13 h<br />

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Diabetes<br />

09. – 11.11.<strong>2023</strong> Zürich<br />

21 SGAIM | 20 SGED<br />

EKG – Aufbaukurs<br />

23. – 24.10.<strong>2023</strong> Zürich<br />

14 SGAIM | 16 SSAPM<br />

Gynäkologie<br />

30.11. – 02.12.23 Zürich<br />

24 SGGG | 4 SGUM | 13 SGAIM<br />

Kardiologie<br />

10. – 11.11.<strong>2023</strong> Zürich<br />

Neurologie<br />

29. – 30.11.2024 Zürich<br />

16 h<br />

Pädiatrie<br />

23. – 25.10.<strong>2023</strong> Zürich<br />

21 SSP-SGP | 23 SGAIM<br />

Psychiatrie und<br />

Psychotherapie<br />

30.11. – 02.12.23 Zürich<br />

21 SGPP | 20 SAPPM |<br />

24 ASP | 21 FSP<br />

Psychologie<br />

07. – 09.12.<strong>2023</strong> Zürich<br />

21 h<br />

Update Refresher<br />

Information / Anmeldung<br />

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Und damit das so bleibt, sind wir<br />

bei Fragen auf dem Weg zur Besserung<br />

für Emma, ihren Papi und all unsere<br />

Versicherten da.


Editorial<br />

Wortreich und<br />

sprachlos<br />

Regula Grünwald<br />

Chefredaktorin <strong>vsao</strong> <strong>Journal</strong><br />

Ob beim Bestellen eines Kaffees, beim Lesen der Zeitung<br />

oder beim Ausfüllen eines Formulars: Sprache ist allgegenwärtig.<br />

Wir benutzen sie ständig und wahrscheinlich meist,<br />

ohne gross darüber nachzudenken. Dass Sprache prägend,<br />

vielfältig und bisweilen auch herausfordernd ist, zeigt unser Schwerpunkt:<br />

So etwa, wenn ein mehrdeutiger Ausgangstext in der Übersetzung<br />

eine eindeutige Zuordnung verlangt, weil die Zielsprache eine<br />

andere Struktur aufweist. Mehr dazu im Fokusteil. Auch im medizinischen<br />

Alltag ist Kommunikation ein bedeutendes Werkzeug. Wie sich<br />

Sprache und Medizin gegenseitig beeinflussen, erforscht das 2021<br />

gegründete Kompetenzzentrum Language & Medicine Zurich. Was es<br />

hingegen bedeutet, wenn in der psychiatrischen Behandlung die<br />

Sprache fehlt, zeigt ein weiterer Beitrag. Und schliesslich befassen wir<br />

uns mit der Entwicklung vom brabbelnden Baby zum sprechenden<br />

und schreibenden Individuum.<br />

Nicht (nur) mit sprachlichen Herausforderungen hat es der <strong>vsao</strong><br />

zu tun. Die Zulassungssteuerung sorgt nach wie vor für Diskussionen<br />

und bisweilen auch für etwas Verwirrung. Welche Kantone haben<br />

nun in welchen Bereichen Höchstzahlen definiert? Wo stockt es?<br />

Und wie geht es weiter? Ein Übersichtsartikel bringt etwas Licht ins<br />

Dunkel. Wie politische Entscheide zukünftig ausfallen werden,<br />

hängt auch davon ab, wer im Parlament sitzt. Wir stellen deshalb<br />

<strong>vsao</strong>-Mitglieder vor, die diesen Herbst bei den eidgenössischen<br />

Wahlen für den Na tionalrat kandidieren. Eher auf Ebene der Spitäler<br />

wird die 42+4-Stunden-Woche debattiert. Ist dieses Arbeitszeitmodell<br />

mit dem Alltag von Chirurginnen und Chirurgen vereinbar?<br />

Wir haben nachgefragt.<br />

<strong>vsao</strong> <strong>Journal</strong>:<br />

neue Redaktionsmitglieder gesucht<br />

Sind Sie vielseitig interessiert und haben Lust, das <strong>vsao</strong> <strong>Journal</strong><br />

mitzuprägen?<br />

Gewinnen Sie einen Einblick in unsere Arbeit, und nehmen Sie unverbindlich<br />

an einer Redaktionssitzung teil. Hauptaufgaben der Redaktion<br />

sind<br />

• die thematische Planung der Hefte,<br />

• die Suche nach Autorinnen und Autoren,<br />

• die regelmässige Teilnahme an den Sitzungen<br />

(sechs abendliche Sitzungen und eine Retraite).<br />

Interessiert? Dann melden Sie sich unter journal@<strong>vsao</strong>.ch.<br />

Wir freuen uns auf neue Gesichter.<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 5/23 5


Politik<br />

Bürokratiemonster<br />

statt sinnvolles<br />

Steuerungsinstrument<br />

Mit der Zulassungsbeschränkung wollte die Politik<br />

die Gesundheitskosten in den Griff kriegen und die Versorgung sichern.<br />

Eine vorläufige Zwischenbilanz deutet darauf hin,<br />

dass mit dem geschaffenen Instrument weder das eine<br />

noch das andere erreicht werden kann.<br />

Philipp Thüler, Leiter Politik und Kommunikation / stv. Geschäftsführer <strong>vsao</strong><br />

Seit Mitte 2021 ist der Artikel 55a<br />

des Krankenversicherungsgesetzes<br />

(KVG) in Kraft. Er erlaubt den<br />

Kantonen, die Zahl der Ärztinnen<br />

und Ärzte, die ambulante Leistungen zu<br />

Lasten der Grundversicherung erbringen<br />

dürfen, zu begrenzen. Solche Beschränkungen<br />

sind in einem oder mehreren medizinischen<br />

Fachgebieten sowie in bestimmten<br />

Regionen möglich. Ist die vom<br />

Kanton festgelegte Höchstzahl erreicht,<br />

stellt dieser vorerst keine zusätzlichen Berufsausübungsbewilligungen<br />

mehr aus.<br />

Die Festlegung der Höchstzahlen geschieht<br />

aufgrund von drei Faktoren:<br />

– dem bestehenden Angebot an Ärztinnen<br />

und Ärzten, das von den Kantonen in<br />

Vollzeitäquivalenten bestimmt werden<br />

muss,<br />

– dem Versorgungsgrad, der vom Bund berechnet<br />

und in der Höchstzahlenverordnung<br />

publiziert wird,<br />

– dem Gewichtungsfaktor, den die Kantone<br />

selbst bestimmen.<br />

Diese Regelung, zu welcher der <strong>vsao</strong> gegenüber<br />

dem Bundesamt für Gesundheit<br />

in Vernehmlassungen und Umfragen bereits<br />

mehrmals Stellung genommen hat,<br />

ist extrem geprägt vom Bestreben, die<br />

Kosten im Gesundheitswesen zu senken<br />

bzw. das Kostenwachstum zu beschränken.<br />

Die Politik sah in diesem Zulassungsstopp<br />

während vieler Jahre das Allheilmittel<br />

für die steigenden Gesundheitskosten.<br />

Fachkräftemangel als zentrales<br />

Problem<br />

Heute aber sind wir mit einem Fachkräftemangel<br />

konfrontiert, im Gesundheitswesen<br />

wie auch in vielen anderen Branchen.<br />

Ausgerechnet in dieser Situation sind die<br />

Kantone nun verpflichtet, den Zulassungsstopp<br />

umzusetzen. Eine geradezu<br />

paradoxe Situation: Statt Massnahmen gegen<br />

den Fachkräftemangel ergreifen zu<br />

können, müssen die Kantone nun mit<br />

grossem bürokratischem Aufwand<br />

Höchstzahlen für Ärztinnen und Ärzte<br />

festlegen.<br />

Trotz der schwierigen Situation: Die<br />

Kantone sind verpflichtet, das Gesetz umzusetzen,<br />

und kommen dieser Pflicht auch<br />

nach. Wie die Erfahrungen der letzten Monate<br />

zeigen, ist dies aber gar nicht so einfach.<br />

Einerseits ist die Datenlage sehr unsicher.<br />

Dies macht es schwierig, zu bestimmen,<br />

in welchem Fachgebiet und<br />

welcher Region eine Beschränkung nun<br />

tatsächlich angebracht ist. Andererseits<br />

ist auch juristisch weiterhin vieles unklar,<br />

unter anderem die Frage, ob die Höchstzahlen<br />

auf Verordnungsstufe festgelegt<br />

werden können oder ob es dafür eine kantonale<br />

Gesetzesgrundlage braucht.<br />

Grosse Unterschiede zwischen<br />

den Kantonen<br />

Es präsentiert sich deshalb zurzeit ein föderalistischer<br />

Flickenteppich. Einzelne<br />

Kantone haben ihre Pflicht erfüllt, indem<br />

sie eine Höchstzahl in einem Fachgebiet<br />

festlegten, das für ihren Kanton nicht besonders<br />

relevant ist bzw. in dem es ohnehin<br />

ein genügendes Angebot gibt. Beispiele<br />

dafür sind Appenzell Innerrhoden oder<br />

Glarus, welche die Bereiche Handchirurgie<br />

(AI) bzw. Nuklearmedizin, Pathologie,<br />

Radio-Onkologie und Strahlentherapie<br />

sowie Radiologie (GL) beschränkt haben.<br />

Im Kanton Basel-Landschaft wurde<br />

der ursprüngliche Beschluss, in acht Fachrichtungen<br />

eine Beschränkung festzulegen,<br />

vom Kantonsgericht aufgehoben. Der<br />

Kanton muss nun zuerst eine gesetzliche<br />

Grundlage schaffen, um Höchstzahlen<br />

festlegen zu können. Diese unerwartete<br />

Intervention des Gerichts hat grosse Kantone<br />

wie Bern und Zürich dazu bewogen,<br />

ihre ebenfalls auf Verordnungsstufe geplante<br />

Regelung vorerst aufzuschieben.<br />

Wartelisten in Genf<br />

Am weitesten ging der Kanton Genf. Dort<br />

gilt seit dem 1. <strong>Oktober</strong> 2022 eine Beschränkung<br />

in allen 45 Fachrichtungen.<br />

Die Genfer Ärztegesellschaft legte Rekurs<br />

gegen die Regelung ein, dieser wurde aber<br />

vom Kantonsgericht abgewiesen. Der Entscheid<br />

wurde zwar ans Bundesgericht weitergezogen,<br />

die Entscheidung steht aber<br />

noch aus, und der Weiterzug hat keine aufschiebende<br />

Wirkung zur Folge. Die Liste<br />

von Ärztinnen und Ärzten, die auf eine<br />

Zulassung warten, ist dementsprechend<br />

lang. Sie umfasst unter anderem acht Per-<br />

6<br />

5/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


Politik<br />

Das lange Warten auf die Zulassung: Im Kanton Genf bestehen bereits Wartelisten für Ärztinnen und Ärzte, die eine ambulante Tätigkeit aufnehmen möchten.<br />

Bild: Adobe Stock<br />

sonen, die auf eine Zulassung im Bereich<br />

Psychiatrie warten, drei Personen im Bereich<br />

Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie<br />

vier Ärztinnen und Ärzte im Fachgebiet<br />

Allgemeine Innere Medizin.<br />

Besonders Letzteres sticht ins Auge,<br />

da es im Kanton Genf – wie auch an anderen<br />

Orten – nicht einfach ist, eine Hausärztin<br />

oder einen Hausarzt zu finden, wie<br />

Céline Dehavay, Oberärztin am Unispital<br />

Genf und Co-Präsidentin der AMIG<br />

(<strong>vsao</strong>-Sektion Genf), sagt. Sie hält fest:<br />

«Die Unsicherheit bezüglich Laufbahnfragen<br />

ist sehr gross, auch bei den Studierenden.<br />

Die Anzahl der Anfragen, die wir bei<br />

der Sektion zum Thema erhalten, ist in den<br />

letzten Monaten stark gestiegen.» Dehavay<br />

betont, dass die AMIG nicht grundsätzlich<br />

gegen eine Steuerung sei. «Aber einerseits<br />

sind die Daten, auf deren Grundlage nun<br />

reguliert wird, schlicht ungenügend. Und<br />

andererseits ist es problematisch, dass die<br />

Steuerung erst im Moment der Zulassung<br />

erfolgt. Zu diesem Zeitpunkt sind die meisten<br />

Ärztinnen und Ärzte bereits an einen<br />

Ort gebunden und nicht mehr so mobil wie<br />

etwa direkt nach dem Studium.»<br />

Ausserdem gebe es zahlreiche andere<br />

Wege, um die Kostenfrage anzugehen, ist<br />

Céline Dehavay überzeugt. Sie erwähnt als<br />

Beispiel die Stärkung des Gatekeeper-Ansatzes<br />

und verweist auf die Niederlande,<br />

wo dies gut umgesetzt worden sei. Die<br />

AMIG setzt sich gegenüber dem Kanton<br />

dafür ein, dass wenigstens die Grundversorgung<br />

von der Beschränkung ausgenommen<br />

wird, also die Hausarztmedizin,<br />

die Kinder- und Jugendmedizin, die Psychiatrie<br />

inkl. Kinder- und Jugendpsychiatrie<br />

und die Gynäkologie.<br />

Fokus auf Versorgungssicherheit?<br />

Wie die Entwicklung weitergeht, bleibt offen,<br />

aber es gibt Anzeichen, dass eine neue<br />

Dynamik entstehen könnte. Vermehrt<br />

werden Stimmen laut, welche die Versorgungssicherheit<br />

ins Zentrum stellen<br />

möchten. Eine dieser Stimmen gehört<br />

Bernhard Pulver, Präsident der Inselgruppe<br />

und Ständeratskandidat der Berner<br />

Grünen, der im Gespräch mit der «NZZ am<br />

Sonntag» die Meinung vertrat, dass die<br />

Kostenfrage zu stark gewichtet werde.<br />

Deshalb «werden die wirklichen Probleme<br />

nicht angegangen. Der dramatische Fachkräftemangel<br />

bei den Ärzten und Pflegenden<br />

etwa, den wir mit Zugangsbeschränkungen<br />

für Ärztinnen und Ärzte noch verschlimmern.»<br />

Auch im Bundesparlament ist das<br />

Thema präsent. Der Walliser Ständerat<br />

Beat Rieder bezeichnet die Höchstzahlenverordnung<br />

in einer Interpellation vom<br />

14. Juni <strong>2023</strong> «juristisch und gesundheitspolitisch<br />

als Farce». Die Erhebungsmethodik<br />

sei «nicht bedarfsorientiert», und die<br />

Verordnung als Ganzes gefährde die medizinische<br />

Verordnung mehr, als dass sie diese<br />

sicherstelle. Seine Eingabe schliesst mit<br />

dem Satz: «Der Handlungsbedarf ist akut.»<br />

Klar ist, dass der Fachkräftemangel<br />

eine der grössten Herausforderungen für<br />

das Gesundheitswesen ist. Die Zulassungsbeschränkung<br />

wird dieses Problem<br />

nicht lösen. Stattdessen macht sie den<br />

Arztberuf unattraktiver und sorgt für zusätzlichen<br />

bürokratischen Aufwand bei<br />

den Behörden und den Spitälern. Nicht<br />

zuletzt gefährdet sie auch die ärztliche<br />

Weiterbildung, da der Weg in die freie Praxis<br />

versperrt wird und es so auch für Assistenzärztinnen<br />

und -ärzte schwieriger<br />

wird, nachzurücken und den gewünschten<br />

Weg in der vorgesehenen Zeit zu gehen.<br />

Auch diesen Aspekt gilt es zu beachten,<br />

wenn die Gesundheitsversorgung<br />

und die hohe Qualität des Schweizer Gesundheitswesens<br />

langfristig gesichert<br />

werden sollen.<br />

@<strong>vsao</strong>asmac<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 5/23 7


Politik<br />

Nationale Wahlen:<br />

die Vertretung der Ärzteschaft<br />

stärken<br />

Am 22. <strong>Oktober</strong> werden in der Schweiz National- und Ständerat gewählt.<br />

Über 5000 Kandidierende stellen sich für die Bundesversammlung zur Wahl,<br />

darunter auch einige <strong>vsao</strong>-Mitglieder.<br />

Damit der <strong>vsao</strong> Anliegen wie<br />

bessere Arbeitsbedingungen<br />

und eine gesicherte Weiterbildung<br />

vorwärtsbringen kann,<br />

braucht er politische Unterstützung. Und<br />

wer kann die Anliegen der Assistenz- und<br />

Oberärztinnen und -ärzte besser repräsentieren<br />

als die praktizierenden Ärztinnen<br />

und Ärzte selbst? Darum stellen wir hier<br />

<strong>vsao</strong>-Mitglieder, die für den Nationalrat<br />

kandidieren, in einem kurzen Porträt vor.<br />

Es ist möglich, dass noch weitere <strong>vsao</strong>-Mitglieder<br />

kandidieren. Die jeweiligen Angaben<br />

stammen von den Kandidierenden<br />

selbst und entsprechen nicht unbedingt der<br />

offiziellen Position des <strong>vsao</strong> oder dessen<br />

Sektionen.<br />

Bettina Balmer, Kanton Zürich<br />

Eckdaten: Nationalratskandidatin,<br />

Freisinnig-<br />

Demokratische Partei (FDP),<br />

Fachärztin für Kinderchirurgie<br />

am Kinderspital Zürich,<br />

1966, wohnhaft in Zürich<br />

Dafür setze ich mich ein:<br />

Als Kantonsrätin habe<br />

ich unter anderem bei der<br />

Revision des Spitalplanungsund<br />

Finanzierungsgesetzes<br />

mit gewirkt, damit die Ärzteschaft weiterhin ausreichende<br />

Freiräume hat. Die Gesundheitspolitik braucht eine vernünftige<br />

Digitalisierungsstrategie sowie sinnvolle Rahmenbedingungen<br />

im Umgang mit künstlicher Intelligenz. Überbordende<br />

Regulierungen und Bürokratie sind mir aber ein Dorn im<br />

Auge, sie verteuern unser Gesundheitswesen und behindern<br />

die Arbeit der Ärzteschaft. Auch gute Arbeitsbedingungen<br />

sind wichtig, denn sie führen zu guter Medizin und damit zu<br />

zufriedenen Patientinnen und Patienten. Wichtig sind für<br />

mich ausserdem Vereinbarkeit von Beruf und Familie, insbesondere<br />

die Einführung der Individualbesteuerung sowie<br />

die Nachwuchsplanung der Ärzteschaft. Schliesslich braucht<br />

es auch eine anständige und zeitgemässe Tarifierung von<br />

medizinischen Leistungen.<br />

Fabian Kraxner, Kanton Zürich<br />

Eckdaten: Nationalratskandidat,<br />

Grünliberale Partei<br />

(GLP), Leitender Oberarzt,<br />

Spital Affoltern, 1992, wohnhaft<br />

in Hedingen<br />

Dafür setze ich mich ein:<br />

Zentral für mich ist ein<br />

qualitativ hochstehendes,<br />

menschenzentriertes<br />

und digitales Gesundheitssystem.<br />

Hierin muss die<br />

Ärzteschaft direkt mitgestalten und entscheiden können.<br />

Es braucht eine konsequente Entbürokratisierung der ärztlichen<br />

Prozesse. Mit dem klaren Fokus auf die ärztliche<br />

Tätigkeit gewinnt der Beruf an Attraktivität, und es steigt die<br />

Qualität. Noch umfangreichere Qualitätsmanagementsysteme<br />

führen nur zu mehr Qualitätsbürokratie. Wir müssen den<br />

Arztberuf stärken: Um dem Fachkräftemangel zu begegnen,<br />

brauchen wir mehr eigenen Nachwuchs, weniger Auslandsabhängigkeit<br />

sowie attraktive berufliche Rahmenbedingungen.<br />

Weiter setze ich mich für ein intelligentes und praxistaugliches<br />

elektronisches Patientendossier ein. Das elektronische<br />

Patientendossier (EPD) muss Mehrwert bringen und darf keine<br />

zusätzliche Bürokratie generieren oder die Behandlungszeit<br />

verlängern.<br />

Bilder: Portraits zvg; Hintergrund: Adobe Stock<br />

8<br />

5/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


Politik<br />

David Garcia Nuñez, Kanton Zürich<br />

Eckdaten: Nationalratskandidat,<br />

Alternative Liste<br />

(AL), Facharzt für Psychiatrie<br />

und Psychotherapie am<br />

Universitätsspital Basel, 1975,<br />

wohnhaft in Zürich<br />

Dafür setze ich mich ein:<br />

Die gesundheitspolitischen<br />

Entwicklungen der letzten<br />

Jahre haben uns schmerzhaft<br />

gezeigt, wie schlecht es um<br />

die Situation unseres Gesundheitswesens tatsächlich steht.<br />

Insbesondere die Coronapandemie und ihre Folgen haben<br />

längst bekannte Geheimnisse gelüftet: Mit der aktuellen<br />

Gesetzeslage können weder die chronifizierten Systemfinanzierungsprobleme<br />

noch die Unproduktivität von 26 kantonalen<br />

(Pseudo-)Wettbewerbssituationen gelöst werden. Aufgrund<br />

dieser Fakten braucht es eine neue Analyse und eine<br />

Massnahmenoffensive, um das Gesundheitswesen zu stabilisieren<br />

und zu verbessern. Insbesondere braucht es die Einführung<br />

einer Einheitskrankenkasse, mehr nationale Koordination,<br />

die Zurückbesinnung auf das bio-psycho-soziale Modell,<br />

bessere Arbeitsbedingungen für Assistenz- und Oberärztinnen<br />

und -ärzte sowie eine radikale Entbürokratisierung des<br />

Gesundheitswesens.<br />

Frank Rühli, Kanton Zürich<br />

Eckdaten: Nationalratskandidat,<br />

Freisinnig-<br />

Demokra tische Partei (FDP),<br />

Prof Dr. Dr. med, Direktor,<br />

Institut für Evolutionäre<br />

Medizin, Universität Zürich,<br />

1971, wohnhaft in Zürich<br />

Dafür setze ich mich ein:<br />

Die Ärzteschaft braucht<br />

dringend eine vernünftige,<br />

starke Vertretung in Bern.<br />

Ein wesentliches Element eines qualitativ hochstehenden und<br />

bezahlbaren Gesundheitswesens sind wir Ärztinnen und Ärzte<br />

mit unserer Fach- und Sozialkompetenz. Mit vollem Elan setze<br />

ich mich für den Medizinstandort Schweiz ein. Die Schweiz<br />

kann klinisch, aber auch forschungsmässig und in der Ausund<br />

Weiterbildung noch besser werden! Digitalisierung, personalisierte<br />

Medizin, Interprofessionalität und gesellschaftliche<br />

Resilienz sind alles Themen, die in Zukunft noch bedeutender<br />

werden und die wir aktiv angehen sollten. Viele Prozesse und<br />

Strukturen sind verkrustet und nicht patientenorientiert.<br />

Mehr Qualitätstransparenz und ganzheitliches Systemdenken<br />

senken die Kosten und erhöhen die Qualität. Die Ärzteschaft<br />

ist nicht das Problem, sondern die Lösung der Herausforderungen<br />

des Gesundheitswesens!<br />

Celine Schneider, Kanton Zürich<br />

Eckdaten: Nationalratskandidatin,<br />

Die Mitte,<br />

Assistenzärztin Anästhesie,<br />

Kantonsspital Winterthur,<br />

1995, wohnhaft in Zürich<br />

Dafür setze ich mich ein:<br />

Wir Ärztinnen und Ärzte<br />

kennen die Probleme und<br />

Bedürfnisse des Gesundheitswesens<br />

am besten – darum<br />

will ich mich aktiv an der<br />

Politik beteiligen. Um dem grossen Problem des Fachkräftemangels<br />

zu begegnen, müssen wir mehr Ärztinnen und Ärzte<br />

ausbilden und Arbeitsbedingungen schaffen, die verhindern,<br />

dass sie in andere Branchen wechseln. Dazu gehört die<br />

42+4-Stunden-Woche mit vermehrtem Fokus auf die Weiterbildung,<br />

die Flexibilisierung der Pensen und die angemessene<br />

Kompensation für Dienste oder Massnahmen, die es Eltern<br />

ermöglichen, weiterzuarbeiten. Die zunehmende Bürokratisierung<br />

der Medizin muss gestoppt werden. Dazu braucht es<br />

unter anderem endlich ein intuitives elektronisches Patientendossier<br />

sowie eine sinnvolle Nutzung von neuen Technologien.<br />

Zudem müssen wir die Grundversorgung, die für unser<br />

Gesundheitswesen unabdingbar ist, stärken.<br />

Irina Zürrer, Kanton Bern<br />

Eckdaten: Nationalratskandidatin,<br />

Grün-Liberale<br />

Partei (GLP), Assistenzärztin<br />

Orthopädie und Traumatologie,<br />

Tiefenauspital Bern,<br />

1991, wohnhaft in Herrenschwanden<br />

BE<br />

Dafür setze ich mich ein:<br />

Mein politisches Herz schlägt<br />

vor allem für Nachhaltigkeit,<br />

dies insbesondere in Bezug<br />

auf Umwelt- und Energieanliegen. Ein schonender Umgang<br />

mit unseren Ressourcen muss mehr Priorität einnehmen.<br />

Mein Engagement gilt zudem einem fairen Gesundheitssystem.<br />

Dieses soll allen Menschen in der Schweiz bezahlbare<br />

und wenn nötig sofortige medizinische Versorgung ermöglichen.<br />

Die Qualität dieser Versorgung muss wie bis anhin von<br />

höchster Qualität sein. Weiter ist es zentral, dass jegliche<br />

medizinische, pflegerische und andere Mitarbeitende in<br />

unseren Spitälern und Praxen fair entlöhnt werden, dass ihre<br />

Anstellungen dem Arbeitsgesetz entsprechen und dass ihre<br />

Arbeitsbedingungen mit einem gesunden Lebensstil zu vereinbaren<br />

sind.<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 5/23 9


Politik<br />

Orell Imahorn, Kanton St. Gallen<br />

Eckdaten: Nationalratskandidat,<br />

Die Mitte, Assistenzarzt<br />

Innere Medizin und<br />

Pädiatrie am Spital Wil, 1996,<br />

wohnhaft in Wil, St. Gallen<br />

Dafür setze ich mich ein:<br />

Meine politischen Schwerpunkte<br />

sind die Gesundheitspolitik,<br />

die Klimapolitik,<br />

Gleichberechtigung und<br />

Vereinbarkeit von Familie<br />

und Beruf. Im Gesundheitswesen braucht es weniger bürokratische<br />

Sisyphusarbeit aus Angst vor juristischen Konsequenzen<br />

– die ärztliche Tätigkeit soll im Zentrum stehen. Weiter<br />

gilt es, dem ausufernden Einsatz von temporären Pflegekräften<br />

Gegensteuer zu geben. Damit alle eine hochqualitative<br />

Gesundheitsversorgung wahrnehmen können, braucht es<br />

mehr Anreize für Grundversorger, insbesondere für ländliche<br />

Gebiete. Zuletzt braucht es unbedingt die Einführung eines<br />

elektronischen Patientendossiers.<br />

Yolanda Müller Chabloz,<br />

canton de Vaud<br />

Eckdaten: Nationalratskandidatin,<br />

Grüne, Gross rätin,<br />

Leitende Ärztin in der Abteilung<br />

für Hausarztmedizin<br />

bei Unisanté, 1976, wohnhaft<br />

in Le Mont-sur-Lausanne<br />

Dafür setze ich mich ein:<br />

Ich bin seit dem Abschluss<br />

meines Medizinstudiums vor<br />

über 20 Jahren aktives<br />

Mitglied des <strong>vsao</strong>. Da ich als<br />

Ärztin im öffentlichen Gesundheitswesen nicht in einer privaten<br />

Praxis tätig bin, habe ich es vorgezogen, beim <strong>vsao</strong> zu<br />

bleiben und nicht der kantonalen Ärztegesellschaft beizutreten.<br />

Dies auch, um die Rechte der Ärztinnen und Ärzte in<br />

Weiterbildung zu verteidigen. Ich engagiere mich für eine<br />

gesundheitsfördernde Politik, sei es in den Bereichen Mobilität,<br />

Raumplanung oder Sozialpolitik. Ich kämpfe gegen<br />

Geschlechterungleichheiten, die im Gesundheitswesen weit<br />

verbreitet sind, gegen Sexismus und gegen jegliche Form von<br />

Belästigung. Zudem setze ich mich für eine bessere Vereinbarkeit<br />

von Privat- und Berufsleben für alle ein.<br />

Mathias Bürki, Kanton Zug<br />

Eckdaten: Nationalratskandidat,<br />

Evangelische<br />

Volkspartei (EVP), Oberarzt<br />

Allgemeine Innere Medizin<br />

am Zuger Kantonsspital,<br />

1990, wohnhaft in Oberrüti<br />

Dafür setze ich mich ein:<br />

Ich setze mich für ein starkes,<br />

qualitativ hochstehendes<br />

Gesundheitswesen mit weniger<br />

Bürokratie und fairen<br />

Arbeitsbedingungen sowie für eine Optimierung des Tarifsystems<br />

ein. Zudem liegen mir eine nachhaltige Klimapolitik,<br />

die Stärkung von Familien, soziale Gerechtigkeit, Jugendschutz<br />

und Suchtprävention sowie eine ethische Wirtschaft,<br />

die sich nicht auf reine Profitmaximierung fokussiert, besonders<br />

am Herzen. In meiner politischen Arbeit will ich zu einer<br />

konstruktiven Diskussionskultur beitragen und als Brückenbauer<br />

zwischen den politischen Polen mithelfen, tragfähige<br />

Kompromisse zu schmieden. Ich unterstütze auch das wichtige<br />

Engagement des <strong>vsao</strong> zur Verbesserung des Gesundheitswesens,<br />

welches das Wohl der Patientinnen und Patienten<br />

sowie der Ärztinnen und Ärzte ins Zentrum stellt.<br />

10<br />

5/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


Politik<br />

Dankbarkeit und<br />

standespolitischer Einsatz<br />

– ein Widerspruch?<br />

Seit etwa einem Jahr darf ich regelmässig für die<br />

«Schweizerische Ärztezeitung» eine Kolumne zum<br />

Thema Wellbeing und Work-Life-Balance verfassen.<br />

Im Januar habe ich meine Vorstellung von Dankbarkeit<br />

und meine täglichen Rituale vorgestellt. 1<br />

Kurz zusammengefasst zeigt die Glücksforschung, dass<br />

Dankbarkeit ein zentrales Element für Glück ist und damit auch<br />

einen wichtigen Einfluss auf Gesundheit und Heilung haben kann.<br />

Auch deshalb baue ich Dankbarkeitsrituale in meinen Alltag<br />

ein und empfehle sie meinen Patientinnen und Patienten in<br />

der Mind-Body-Medicine-Sprechstunde. Regelmässig<br />

mache ich mir die Dinge bewusst, die ich im<br />

Leben habe. Ich anerkenne, dass es zahlreichen<br />

Menschen schlechter geht als mir.<br />

Das hilft mir, die Realität so zu erkennen,<br />

wie sie ist, und verschafft mir<br />

Klarheit, um zu entscheiden, was ich<br />

noch erreichen kann und verbessern<br />

möchte.<br />

Letzthin wurde ich von einem<br />

ärztlichen Kollegen auf den Kolumnenartikel<br />

angesprochen. Dabei kam<br />

ein angeblicher Widerspruch zur<br />

Sprache, den ich hier gerne diskutiere.<br />

Er hat mir die Frage gestellt, inwiefern<br />

der Inhalt meiner Kolumne zum<br />

Thema Dankbarkeit mit meinem <strong>vsao</strong>-Präsidium<br />

und dem standespolitischen Einsatz<br />

für bessere Arbeitsbedingungen und Weiterbildung<br />

vereinbar ist. Sinngemäss verlangte er von mir,<br />

der <strong>vsao</strong> solle mit dem Erreichten zufrieden sein, anstatt so<br />

viel Energie in den Kampf für die Einhaltung des Arbeitsgesetzes,<br />

die Weiterbildung und die Arbeitsbedingungen zu investieren.<br />

Zu seiner Zeit habe er da auch durchmüssen, und heute sei<br />

es schon lange nicht mehr so schlimm wie früher. Naja – uns<br />

bestens bekannte Argumente wurden mal anders verpackt …<br />

Dieses Thema greife ich hier wieder auf, weil im Gespräch ein<br />

weitverbreiteter Irrtum zum Vorschein kam. Dankbarkeit für das,<br />

was wir haben, darf auf keinen Fall mit Gleichgültigkeit und<br />

Resignation verwechselt werden. Dankbar zu sein, hilft mir, die<br />

Perspektive zu wechseln: Das Glas ist halb voll, nicht mehr halb<br />

leer. Zwar ändert sich meine innere Einstellung, trotzdem bleiben<br />

die Ungerechtigkeiten bestehen: Eine Mehrheit der Spitalärztinnen<br />

und -ärzte kann das Arbeitsgesetz nicht einhalten, die vereinbarten<br />

Weiterbildungen finden nicht statt oder können aus<br />

Auf den<br />

Punkt<br />

gebracht<br />

Zeitgründen nicht besucht werden, immer mehr junge Ärztinnen<br />

und Ärzte steigen aus dem Beruf aus.<br />

Selbstverständlich anerkenne ich, dass sich die Arbeitsbedingungen<br />

in den Spitälern in den über 20 Jahren seit meinem<br />

Staatsexamen verbessert haben, Assistenz- und Oberärztinnen<br />

und -ärzte dem Arbeitsgesetz unterstellt wurden und auch das<br />

Anrecht auf Weiter- bzw. Fortbildung festgehalten wurde. Ich sehe<br />

in unserer Mitgliederumfrage aber auch, dass die gesetzlichen<br />

Vorgaben mehrheitlich nicht eingehalten werden und dass die<br />

Arbeitsbelastung und burn-out-typische Symptome mit jeder<br />

unserer Umfragen zunehmen. Zudem ist heute – zu<br />

Recht – die Vereinbarkeit von Privatleben und<br />

Beruf wichtiger als früher, als Ärztinnen<br />

und Ärzte sozusagen mit ihrer Arbeit im<br />

Spital verheiratet waren. Irgendetwas<br />

läuft doch falsch, wenn heute der<br />

ärztliche Beruf häufiger an den Nagel<br />

gehängt wird als früher. Daran<br />

ändert sich nichts, auch wenn ich<br />

voller Dankbarkeit das halb volle<br />

Glas betrachte!<br />

Es ist unsere Aufgabe, dafür<br />

zu sorgen, dass sich die Arbeitsbedingungen<br />

so verbessern, dass der<br />

ärztliche Beruf gerne ausgeübt wird<br />

und genug Energie und Kraft bleiben,<br />

um Arbeits- und Privatleben zu vereinbaren.<br />

Tue ich dies dankbar und motiviert,<br />

habe ich mehr Energie, um dafür zu kämpfen,<br />

dass das Glas auch noch ganz gefüllt wird ...<br />

Bild: zvg<br />

1<br />

https://saez.ch/article/doi/saez.<strong>2023</strong>.21414<br />

Angelo Barrile,<br />

Präsident <strong>vsao</strong><br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 5/23 11


Weiterbildung / Arbeitsbedingungen<br />

«Eine chirurgische<br />

Weiterbildung ist in einer<br />

42+4-Stunden-Woche<br />

möglich»<br />

Zur 42+4-Stunden-Woche gibt es kritische Stimmen,<br />

gerade von Chirurginnen und Chirurgen. Wie eine Umsetzung<br />

dieses Arbeitszeitmodells auch in der Chirurgie möglich ist,<br />

erklärt Pascal Probst, Leitender Arzt Chirurgie in der Spital Thurgau AG,<br />

im Interview.<br />

Oliviero Reusser, Mitarbeiter Politik und Kommunikation <strong>vsao</strong><br />

Sind viele Assistenzärztinnen und -ärzte in einem Team, können die einzelnen Personen weniger Erfahrung im Operationssaal sammeln.<br />

12<br />

5/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


Weiterbildung / Arbeitsbedingungen<br />

Bilder: Adobe Stock; zvg<br />

Wie sieht die durchschnittliche<br />

Arbeitszeit bei chirurgischen Fachpersonen<br />

in Ihrer Abteilung aus?<br />

Das wollte ich auch wissen, deshalb haben<br />

wir dies im letzten Jahr gemessen [2]. Unsere<br />

Chirurginnen und Chirurgen in Weiterbildung<br />

haben gemäss Vertrag eine<br />

48-Stunden-Woche und halten diese während<br />

des Tagdienstes auf der Station und<br />

auf der Notfallstation im Durchschnitt<br />

auch ein. Die Frage nach der Arbeitszeit<br />

greift aber zu kurz. In den für meine Masterarbeit<br />

geführten Interviews [1] hat sich<br />

herausgestellt, dass es in der gegenwärtigen<br />

Diskussion nicht so sehr um Arbeitszeit,<br />

sondern vielmehr um Weiterbildung<br />

geht. Die Weiterbildungszeit haben wir<br />

ebenfalls gemessen, und es hat sich gezeigt,<br />

dass unsere Assistenzärztinnen<br />

und -ärzte innerhalb der 48 Stunden Arbeitszeit<br />

eine strukturierte Weiterbildung<br />

von durchschnittlich acht Stunden erhalten<br />

[2]. Dies ist sicher einer der Gründe dafür,<br />

weshalb sie zu den Zufriedensten im<br />

Land gehören [3].<br />

Gesamtschweizerisch sieht es aber<br />

anders aus. Im Durchschnitt arbeiten<br />

Assistenz- und Oberärztinnen und<br />

-ärzte 56 Stunden pro Woche, und bei<br />

Ersteren erhält nur rund ein Fünftel<br />

vier Stunden strukturierte Weiterbildung<br />

pro Woche. Zudem zeigt die<br />

<strong>vsao</strong>-Umfrage, dass viele ein Teilzeitpensum<br />

anstreben und fast niemand<br />

mehr als 50 Stunden pro Woche<br />

arbeiten möchte. Ist das umsetzbar?<br />

Dass eine 48-Stunden-Woche inklusive<br />

strukturierter Weiterbildung machbar ist,<br />

zeigen wir in unserer Abteilung. Es sollte<br />

also möglich sein, dies auch an anderen<br />

Spitälern umzusetzen. Dass ein grosser<br />

Teil der zukünftigen Generation nicht<br />

mehr im Vollpensum arbeiten will, ist eine<br />

Realität – auch in der Chirurgie [4]. Die<br />

Umsetzbarkeit wird sich am Arbeitsmarkt<br />

zeigen. Wollen Chirurginnen und Chirurgen<br />

reduziert arbeiten, erhöht dies den<br />

Bedarf an Fachkräften. Dies wiederum<br />

steigert die Arbeitsbelastung der anderen,<br />

solange es zu wenig Bewerbende auf dem<br />

Markt hat. Ein Teufelskreis, der nur durchbrochen<br />

werden kann, wenn wir gesamtheitliche<br />

Lösungen schaffen, unter anderem<br />

in der Weiterbildung. Wichtig ist in<br />

diesem Zusammenhang auch die konsequente<br />

Fokussierung auf das Wesentliche<br />

und die Reduktion von administrativen<br />

Arbeiten.<br />

Ist die 42+4-Stunden-Woche in der<br />

Chirurgie möglich? Und wenn ja, wie?<br />

Ja, eine chirurgische Weiterbildung ist in<br />

einer 42+4-Stunden-Woche möglich. Wie<br />

bereits erwähnt, arbeiten wir in unserer<br />

Abteilung faktisch mit einer 40+8-Stunden-Woche.<br />

Auch der Blick über die Landesgrenzen<br />

hinaus zeigt, dass es möglich<br />

ist. In den meisten Ländern der EU haben<br />

Assistenzärztinnen und -ärzte eine<br />

42-Stunden-Woche. Wichtiger als die Arbeitszeit<br />

ist für die chirurgische Weiterbildung<br />

aber der Caseload. Dieser wird aktuell<br />

auf zu viele Assistenzärztinnen und<br />

-ärzte verteilt.<br />

Was braucht es, damit genügend<br />

Weiterbildung und OP-Erfahrung<br />

möglich sind, ohne das Arbeitsgesetz<br />

zu verletzen?<br />

Es braucht drei Dinge: klare Strukturen<br />

und optimierte Prozesse in der Klinik, damit<br />

die angehenden Chirurginnen und<br />

Chirurgen für den OP freigespielt werden<br />

können, den expliziten Willen vom Kader,<br />

die nächste Generation gut auszubilden,<br />

sowie motivierte und leistungsbereite Assistenzärztinnen<br />

und -ärzte. Grundsätzlich<br />

muss das Arbeitsgesetz eingehalten<br />

werden – zum Schutz des ärztlichen Personals.<br />

Aber es gibt Ausnahmesituationen,<br />

in denen es vorübergehend und<br />

punktuell mehr zu leisten gilt. Zudem ist<br />

für mich klar: In sechs Jahren und in einer<br />

42+4-Stunden-Woche kann «nur» die Basischirurgie<br />

erlernt werden. Wer Spitzenchirurgie<br />

betreiben will, wird an irgendeinem<br />

Punkt in der Karriere mehr Zeit investieren<br />

müssen. Das ist eine Realität,<br />

wie sie in jedem akademisch-kompetitiven<br />

Beruf und zum Beispiel auch in künstlerischen<br />

Berufen oder im Spitzensport<br />

vorkommt.<br />

Wie wird die Weiterbildung in Ihrem<br />

Spital gehandhabt?<br />

Wir nutzen die Möglichkeiten der Digitalisierung,<br />

um die administrative Belastung<br />

zu reduzieren. Zudem setzen wir auf der<br />

Station klinische Fachspezialistinnen und<br />

-spezialisten ein. Dies führt dazu, dass wir<br />

weniger Assistenzärztinnen und -ärzte im<br />

Team haben und sie mehr im OP arbeiten<br />

können, da sich der operative Caseload auf<br />

weniger Personen verteilt. Schliesslich haben<br />

wir innerhalb des Wochenprogramms<br />

fixe Veranstaltungen, die explizit der<br />

strukturierten Weiterbildung dienen, so<br />

etwa Weiterbildungsvorträge, Morbidity-<br />

Konferenzen, den <strong>Journal</strong> Club und Weiteres.<br />

Wenn Kaderärztinnen und -ärzte dann<br />

Zur Person<br />

Prof. Dr. med. Pascal Probst ist<br />

Leitender Arzt Chirurgie in der Spital<br />

Thurgau AG. Nach dem Staatsexamen<br />

in Zürich im Jahr 2009 habilitierte<br />

er 2017 an der Universität Heidelberg.<br />

Im Rahmen eines Executive MBA<br />

verfasste er eine Masterarbeit mit dem<br />

Titel «Die 42-Stunden-Woche in der<br />

chirurgischen Ausbildung in der<br />

Schweiz – eine Stakeholder-Analyse»<br />

[1]. Der 43-Jährige ist verheiratet<br />

mit einer Ärztin und hat zwei Kinder<br />

im Vorschul- und Schulalter.<br />

noch während mindestens zweier Standardoperationen<br />

pro Woche Assistenzärztinnen<br />

und -ärzte aktiv instruieren,<br />

kommen diese ohne Mühe auf mindestens<br />

vier Stunden strukturierte Weiterbildung.<br />

Wieso gibt es so erbitterten Widerstand<br />

gegen die 42+4-Stunden-Woche<br />

aus gewissen Kreisen?<br />

Weil viele in der 42+4-Stunden-Woche den<br />

Versuch sehen, aus der freien ärztlichen<br />

Berufung einen Standardjob zu machen.<br />

Da wird es emotional. Durch gewisse Medienberichte<br />

konnte der Eindruck entstehen,<br />

dass Kaderärztinnen und -ärzte, die<br />

eigentlich sehr gerne in der Weiterbildung<br />

tätig sind, Teil des Problems sind. Das<br />

hat ihren Widerstand gefördert. Was es<br />

braucht, sind weniger Emotionen und<br />

mehr Fakten. Es ist klar, dass es ein Bedürfnis<br />

der jüngeren Generation ist, weniger<br />

zu arbeiten. Das ist ein Fakt, das<br />

kann man gut finden oder nicht, es bleibt<br />

ein Fakt. Wenn man sich dem nicht stellt<br />

und proaktiv Massnahmen ergreift, wird<br />

man langfristig als Arbeitgeber auf dem<br />

Arbeitsmarkt verlieren. Es ist aber genauso<br />

ein Fakt, dass Assistenzärztinnen<br />

und -ärzte punktuell mehr als zehn Stunden<br />

am Stück arbeiten können, ohne dass<br />

die Patientensicherheit gefährdet wird.<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 5/23 13


Weiterbildung / Arbeitsbedingungen<br />

Zudem gibt es berechtigte Sorgen um<br />

die langfristigen Konsequenzen einer<br />

42+4-Stunden-Woche, die man seitens<br />

des <strong>vsao</strong> nicht ignorieren darf. Beispielsweise,<br />

dass sich so die Weiter- und Fortbildungszeit<br />

bis zur Spezialisierung verlängert,<br />

wodurch Oberärztinnen und -ärzte<br />

erst später selbstständig werden, was wiederum<br />

die Arbeitslast des Kaders erhöht.<br />

Zudem gibt es immer mehr Chirurginnen.<br />

Viele davon haben mir in den Interviews<br />

im Rahmen meiner Masterarbeit erzählt,<br />

dass sie darauf angewiesen sind, früh in<br />

ihrer Karriere viel Kompetenz zu erwerben,<br />

um danach ihre Familienplanung<br />

umzusetzen.<br />

Um allen gerecht zu werden, braucht<br />

es deshalb flexiblere Arbeitsmodelle. Hier<br />

ist es die Aufgabe der Kliniken und des<br />

<strong>vsao</strong>, die Bedürfnisse aller Beteiligten, also<br />

auch der Weiterbildenden, ernst zu<br />

nehmen und sich für die langfristigen Interessen<br />

des Berufsstandes einzusetzen.<br />

Denn die Assistenzärztinnen und -ärzte<br />

von heute sind das Kader von morgen!<br />

Literatur<br />

[1] Probst P. Die 42-Stunden-Woche<br />

in der chirurgischen Ausbildung in der<br />

Schweiz – eine Stakeholder-Analyse. 2022.<br />

SRH, Riedlingen.<br />

[2] Kovacevic D et al. Quality and<br />

Quantity of Structured Education for<br />

Surgical Residents at a Swiss Hospital.<br />

swiss knife. <strong>2023</strong>; 20: special edition, 21.<br />

[3] SIWF. Umfrage 2022 «Weiterbildung<br />

Beurteilung durch die Ärztinnen und<br />

Ärzte in Weiterbildung». <strong>2023</strong>.<br />

[4] Fenner D et al. Career Goals of<br />

Surgeons in Switzerland. Langenbeck’s<br />

Archives of Surgery. <strong>2023</strong>. Accepted.<br />

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5/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


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Weiterbildung / Arbeitsbedingungen<br />

Im AA-Universum<br />

OP das überhaupt<br />

was wird?<br />

Kaum ist der erste Schock<br />

des Berufseinstiegs überlebt,<br />

steht auch schon die nächste<br />

Challenge an: die Rotation<br />

auf der Operationsabteilung.<br />

Glücklicherweise ist man als ehemalige<br />

Anästhesie-UHUline bereits<br />

im Stande, geübt ins schicke OP-Outfit<br />

zu schlüpfen. Dazu gehören – zur Information<br />

für Psychiater, Internisten und<br />

andere operationsabteilungsvermeidende<br />

Fachpersonen – ein grüner, zweiteiliger<br />

Spitaldress, modische, gartenschuhähnliche<br />

Plastikpantoffeln (in anderen Lebenssituationen<br />

ein Style-No-Go, möchte<br />

ich an dieser Stelle noch anmerken),<br />

eine Kopfhaube, wie sie auch Fabrikarbeiterinnen<br />

und -arbeiter tragen, und<br />

natürlich ein hübscher Mundschutz.<br />

Wenn das alles sitzt, betritt man die sterile<br />

und fensterlose Abteilung und bahnt sich<br />

einen Weg zum Vorraum des zugeteilten<br />

Operationssaals. Spätestens beim heiligen<br />

anderthalbminütigen Händedesinfizierungsritual<br />

könnte jedoch der erste Flop<br />

stattfinden. Die TOA-Polizei (technische<br />

Operationsassistentinnen oder – selten –<br />

-assistenten) lauert nämlich an jeder<br />

Ecke, zückt, wenn immer es sein muss,<br />

die Rote Karte und weist einen bei<br />

falschem Benehmen gekonnt zurecht.<br />

Wenn diese Etappe überstanden ist,<br />

steht der Übertritt in den eigentlichen<br />

Operationssaal an, wo man mit einem<br />

dreistimmigen «Achtung, das ist steril!»<br />

oder «Achtung, nicht da stehen!» begrüsst<br />

wird. Anschliessend hat man mit senkrecht<br />

hinaufgehaltenen Armen soldatenhaft<br />

in Bereitschaft zu stehen, bis man<br />

die Operationsschürze und die sterilen<br />

Handschuhe übergestülpt bekommt.<br />

«Jetzt kommt mein Einsatz», dachte<br />

ich mir erst. «Jetzt kann ich wenigstens<br />

einmal meine feinmotorischen Fähigkeiten<br />

unter Beweis stellen und der anwesenden<br />

Kaderärzteschaft zeigen, dass<br />

ich doch schon etwas draufhabe.» Einsatzmoment:<br />

Blasenkatheter einlegen.<br />

Mit grösstem Selbstvertrauen (gleichzeitig<br />

aber auch grösster Nervosität) schnappte<br />

ich mir das Katheterrohr und schob<br />

es in die Öffnung zwischen den Labien<br />

der bereits schlafenden Patientin.<br />

Schon rasch warf sich jedoch ein<br />

Schatten über den erhofften heldenhaften<br />

Moment – denn leider floss kein<br />

Urin in den Urinsack. Mit grösstem<br />

Widerwillen musste ich zugeben, dass<br />

ich den Katheter vor lauter Aufregung<br />

höchstwahrscheinlich nicht richtig platziert<br />

hatte. Auch weiteres Hineinschieben<br />

rettete mich nicht aus der peinlichen<br />

Situation. Nach einer Weile warf der<br />

Kaderarzt einen gelangweilten Blick<br />

hinüber und meinte nur: «Das ist die<br />

Klitoris, meine Liebe.»<br />

Zum Glück fand sich dann doch<br />

noch die richtige Öffnung, und die Blase<br />

der Patientin konnte sich während der<br />

Operation munter entleeren. Nach diesem<br />

Erlebnis musste ich jedoch zugeben:<br />

Ein männliches Geschlechtsteil hätte die<br />

Situation definitiv einfacher gemacht.<br />

Camille Bertossa,<br />

Assistenzärztin im<br />

1. Weiterbildungsjahr<br />

Bild: zvg<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 5/23 17


<strong>vsao</strong><br />

Neues aus<br />

den Sektionen<br />

Bern<br />

Informationsanlass<br />

zur kompetenzbasierten<br />

Weiterbildung<br />

Die ärztliche Weiterbildung wird in Zukunft<br />

kompetenzbasiert erfolgen. Diese<br />

Umstellung ist spannend und herausfordernd<br />

zugleich. Wir haben die Präsidentin<br />

des Schweizerischen Instituts für ärztliche<br />

Weiter- und Fortbildung (SIWF), PD<br />

Dr. med. Monika Brodmann, eingeladen,<br />

um uns über die Umsetzung zu informieren<br />

und Fragen zu klären. Wir freuen uns<br />

sehr auf diesen spannenden Austausch<br />

und laden alle dazu ein!<br />

Umsetzung der kompetenz basierten<br />

Weiterbildung<br />

Referat und Diskussion mit PD Dr. med.<br />

Monika Brodmann, Präsidentin SIWF<br />

19. <strong>Oktober</strong> <strong>2023</strong><br />

19.00 bis 19.45 Uhr: Input-Referat<br />

Anschliessend: Diskussion und<br />

Apéro riche<br />

Berner Generationenhaus, Bahnhofplatz 2,<br />

3011 Bern<br />

Eine Anmeldung ist nicht notwendig. Wir<br />

freuen uns auf zahlreiche Teilnehmende!<br />

Waadt<br />

Die ASMAV setzt sich für die<br />

Einhaltung der Arbeits- und<br />

Weiterbildungsbedingungen<br />

ein<br />

Auch dieses Jahr hat sich der Vorstand der<br />

ASMAV (<strong>vsao</strong>-Sektion Waadt) bei den<br />

regelmässigen Sitzungen mit den Spitaldirektionen<br />

und Kliniken sehr aktiv eingebracht.<br />

Dabei wurden auch spezifische<br />

Probleme gelöst, die uns von Assistenzärztinnen<br />

und -ärzten in Zusammenhang<br />

mit der Einhaltung der Arbeitsbedingungen<br />

sowie der Weiterbildungszeit und<br />

-qualität gemeldet wurden. Weiter wurden<br />

auch Fälle von Mobbing und Persönlichkeitsverletzungen<br />

angegangen.<br />

Wir nehmen diese Themen sehr ernst<br />

und ermutigen alle Assistenz- und Oberärztinnen<br />

und -ärzte, uns bei Problemen<br />

in den Kliniken zu kontaktieren. Wir bieten<br />

konkrete Unterstützung in Form einer<br />

persönlichen Beratung und Begleitung bei<br />

psychischen sowie physischen Problemen<br />

und einer Rechtsberatung durch unsere<br />

Vorstandsmitglieder und/oder den Anwalt<br />

der Sektion, Fürsprecher Patrick Mangold.<br />

Sie finden unsere Kontaktangaben<br />

unter www.asmav.ch/contact.<br />

Übernahme der Kosten des<br />

CEPUSPP durch die Weiterbildungsstätten<br />

In der Westschweiz (ausgenommen in<br />

Genf) ist die Weiterbildung für den<br />

FMH-Titel in Psychiatrie und Psychotherapie<br />

im CEPUSPP (Centre d’enseignement<br />

post-universitaire pour la spécialisation<br />

en psychiatrie et psychothérapie) organisiert.<br />

2017 haben die Weiterbildungsstätten<br />

entschieden, nur noch 50 Prozent<br />

der Weiterbildungskosten im CEPUSPP zu<br />

übernehmen, was für die Assistenzärztinnen<br />

und -ärzte zu jährlichen Mehrkosten<br />

von ca. CHF 1500.– geführt hat!<br />

Die ALPPF (Association latine des psychiatres-psychothérapeutes<br />

en formation)<br />

hat sich erfolgreich gegen diesen Entscheid<br />

gewehrt. Sie hat mit Unterstützung<br />

der ASMAV ein Rechtsgutachten vorlegen<br />

können, das bestätigt, dass die Spitäler von<br />

den Assistenzärztinnen und -ärzten keine<br />

Beteiligung an ihren Weiterbildungskosten<br />

verlangen dürfen, da dies eine obligatorische<br />

Leistung ist, für welche die Spitäler<br />

Beiträge vom Kanton erhalten.<br />

Bis zur Umsetzung hat es noch weitere<br />

drei Jahre gedauert. Seit November<br />

2022 werden die Kosten des CEPUSPP<br />

vollumfänglich von den Weiterbildungsstätten<br />

im Kanton Waadt übernommen.<br />

Janine Junker, Geschäftsführerin VSAO Bern<br />

Bild: zvg<br />

18<br />

5/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


<strong>vsao</strong><br />

Bilder: zvg<br />

Machen Sie Werbung für den <strong>vsao</strong><br />

Sie sind bereits Mitglied beim <strong>vsao</strong>? Schön – und gut zu wissen, denn je mehr Mitglieder wir<br />

sind, desto mehr Gewicht hat unsere Stimme. Wir belohnen Mitglieder, die aktiv Werbung<br />

für den <strong>vsao</strong> machen. Schliesslich gibt es keine bessere Werbung, als wenn jemand aus<br />

eigener Überzeugung andere Ärztinnen und Ärzte zu uns bringt. Für jedes neu angeworbene<br />

Mitglied erhalten Sie ein kleines Dankeschön, z. B. eine Lunchbox, einen Büchergutschein<br />

oder einen SBB-Gutschein im Wert von jeweils CHF 50.–. Ebenfalls zur Auswahl steht eine<br />

Spende an eine gemeinnützige Organisation. Alles Weitere finden Sie auf unserer Website<br />

unter www.<strong>vsao</strong>.ch/mitgliederkampagne.<br />

Die ALPPF wird auf ihren Kanälen<br />

(Website: www.alppf.ch, Instagram: @asso.<br />

alppf) über die Rückerstattungsmodalitäten<br />

informieren. Sie steht für Fragen zu<br />

diesem Thema gerne zur Verfügung.<br />

Höchstzahlen/Zulassungsstopp<br />

Der Waadtländer Kantonsarzt hat diverse<br />

Arbeitstreffen zum Thema Höchstzahlen<br />

veranstaltet. Wir wurden glücklicherweise<br />

auch eingeladen. Auch unsere Kolleginnen<br />

und Kollegen der SVM (Société vaudoise de<br />

médecine), die Spitalärztinnen und -ärzte<br />

sowie die frei praktizierenden Ärztinnen<br />

und Ärzte in den betroffenen Fachrichtungen<br />

haben daran teilgenommen.<br />

Wir sind froh, dass wir als vollwertige<br />

Partner an diesen Gesprächen teilnehmen<br />

konnten. Dies mit dem Ergebnis, dass nun<br />

ein einziges Fachgebiet im Kanton Waadt<br />

mit Höchstzahlen belegt wird: die Neurochirurgie.<br />

Diese Einschränkung ist am<br />

1. Juli <strong>2023</strong> in Kraft getreten.<br />

Eine Vertreterin bzw. ein Vertreter der<br />

ASMAV wird in der neu gebildeten kantonalen<br />

Kommission für die Planung des<br />

ärztlichen Angebotes Einsitz nehmen.<br />

Indexierung der Löhne – Zusammenarbeit<br />

mit der ASMAVal und<br />

dem HRC für <strong>2023</strong><br />

Die Indexierung der Löhne der Assistenzärztinnen<br />

und -ärzte des Spitals Rennaz<br />

(HRC) für das Jahr <strong>2023</strong> wurde nach Gesprächen<br />

zwischen der ASMAV, der ASMA-<br />

Val und dem HRC festgelegt. Im Kanton<br />

Waadt sind die Löhne mit 1,4 Prozent indexiert,<br />

im Wallis mit 2,8 Prozent. Das Spital<br />

Rennaz wird zu zwei Dritteln vom Kanton<br />

Waadt und zu einem Drittel vom Kanton<br />

Wallis finanziert. Wir haben eine Indexierung<br />

von 1,8 Prozent erreicht, die<br />

damit diesem Verhältnis Rechnung trägt.<br />

Dieser Entscheid wurde Anfang Jahr gefällt<br />

und gilt rückwirkend ab 1. Januar<br />

<strong>2023</strong>.<br />

Apéro und soziale Aktivitäten<br />

Der Sommerapéro der ASMAV im 20. Stock<br />

des CHUV (Centre hospitalier universitaire<br />

vaudois) war ein voller Erfolg, der mit<br />

einem wunderschönen, dem Sturm geschuldeten<br />

Regenbogen belohnt wurde.<br />

Wir danken allen Personen, die daran<br />

teilgenommen haben, und freuen uns bereits<br />

jetzt auf die nächste Ausgabe!<br />

Nächste Mitgliederversammlung<br />

16. November <strong>2023</strong><br />

Sandrine Devillers, Generalsekretärin ASMAV<br />

Zürich /<br />

Schaffhausen<br />

Neue Weiterbildungsbroschüre<br />

für Ärztinnen<br />

und Ärzte sowie Leitende<br />

von Weiterbildungsstätten<br />

Alle weiterzubildenden Ärztinnen und<br />

Ärzte haben Anspruch auf vier Stunden<br />

strukturierte Weiterbildung pro Woche.<br />

Diese dient der Sicherstellung der Versorgungsqualität<br />

und leistet einen wichtigen<br />

Beitrag zum Kompetenzzuwachs der Ärztinnen<br />

und Ärzte der nächsten Generation.<br />

Im Berufsalltag ist es oft eine Herausforderung,<br />

die vier Stunden strukturierte<br />

Weiterbildung für alle Beteiligten zufriedenstellend<br />

umzusetzen. Sei es aufgrund<br />

der fehlenden Priorisierung, der fehlenden<br />

Zeit seitens Ärztinnen und Ärzte oder der<br />

Qualität des Angebotes in den Kliniken.<br />

Das Ressort Weiterbildung des VSAO<br />

Zürich hat deshalb eine Weiterbildungsbroschüre<br />

erstellt, die in kompakter und<br />

übersichtlicher Form aufzeigt, was struktu-<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 5/23 19


<strong>vsao</strong><br />

rierte Weiterbildung konkret bedeutet, wie<br />

die vier Stunden pro Woche eingehalten<br />

werden können und wie Leitende von Weiterbildungsstätten<br />

sie noch attraktiver und<br />

zugänglicher gestalten können.<br />

Die Broschüre findet ihr auf<br />

www.<strong>vsao</strong>-zh.ch/was-wir-tun/<br />

weiterbildung.<br />

Gedruckte Exemplare könnt ihr via<br />

info@<strong>vsao</strong>-zh.ch bestellen.<br />

Leitfaden «Planetary Health» für<br />

VSAO-Mitglieder<br />

Die Auswirkungen der Klimakrise sind in<br />

der Schweiz bereits spürbar. Die steigenden<br />

Temperaturen, die zunehmenden Extremwetterereignisse<br />

und die Veränderung<br />

von Ökosystemen beeinflussen nicht<br />

nur die Umwelt, sondern haben auch direkte<br />

Auswirkungen auf unsere Gesundheit.<br />

Deshalb haben wir als Ärztinnen,<br />

Ärzte und Health Advocates eine besondere<br />

Verantwortung, uns aktiv mit diesem<br />

Thema auseinanderzusetzen und unsere<br />

Stimme zu erheben.<br />

Der neue Leitfaden des VSAO Zürich<br />

soll euch bei der Vertretung und Förderung<br />

von Planetary Health unterstützen. Indem<br />

wir uns auf allen Ebenen dafür einsetzen,<br />

können wir einen bedeutenden Einfluss auf<br />

die Gesundheit der Bevölkerung nehmen.<br />

Im neuen Leitfaden «Planetary Health»<br />

findet ihr beispielsweise konkrete Handlungsmöglichkeiten,<br />

die helfen, unserer<br />

ärztlichen Rolle gerecht zu werden, sowie<br />

die wirksamsten Massnahmen, um Veränderungen<br />

herbeizuführen. Darüber hinaus<br />

haben wir einfache Tipps zusammengetragen,<br />

beispielsweise wie ihr eure Meetings<br />

nachhaltiger gestalten könnt.<br />

Ihr findet den Leitfaden «Planetary<br />

Health» auf www.<strong>vsao</strong>-zh.ch/nuetzliches.<br />

Dominique Iseppi, Kommunikationsassistentin,<br />

VSAO Zürich / Schaffhausen<br />

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besticht durch eine einfache, übersichtliche Bedienung und klaren<br />

Arbeitsabläufen. Mit einer Vielzahl an Softwareoptionen lässt sich<br />

Ihre persönliche pex II Lösung zusammenstellen. Zudem ist eine<br />

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20<br />

5/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


medifuture<br />

your career starts here<br />

4. November<br />

4 novembre<br />

Stadion Wankdorf, Bern<br />

Stade de Wankdorf, Berne<br />

<strong>2023</strong><br />

Der jährliche Laufbahnkongress<br />

für Medizinstudierende und<br />

junge Ärztinnen und Ärzte.<br />

Le congrès professionnel annuel<br />

pour les étudiant-es en méde cine<br />

et jeunes médecins<br />

Noch nicht<br />

angemeldet?<br />

medifuture.ch/anmeldung<br />

Pas encore inscrit?<br />

medifuture.ch/fr/inscription<br />

medifuture c/o <strong>vsao</strong><br />

Bollwerk 10 Postfach<br />

3001 Bern<br />

Tel. 031 350 44 88<br />

admin@medifuture.ch<br />

medifuture.ch<br />

Organisation:<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 5/23 21


Kongressprogramm<br />

Programme du congrès<br />

08.45–9.15 Networking – Kaffee Networking – Café<br />

09.20–09.40<br />

Swissmedtalk – Ärztinnen-Karriere<br />

und Verbandstätigkeiten<br />

– Afreed Ashraf & Willi Balandies<br />

Angehende Ärzte<br />

– Dr. med. Jana Siroka<br />

Leitende Ärztin Notfall / IMC in der Klinik Arlesheim<br />

und Mitglied ZV FMH<br />

Swissmedtalk – carrière médicale<br />

féminine et activités de l’association<br />

– Afreed Ashraf & Willi Balandies<br />

Futurs médecins<br />

– Dr méd. Jana Siroka<br />

Médecin adjointe Service des urgences / soins intermédiaires<br />

(IMC), clinique Arlesheim et membre<br />

CC FMH<br />

DE<br />

FR<br />

09.40–10.00<br />

Auf dem Weg zum Facharzttitel:<br />

Topics, Tipps und e-Tools<br />

– Christoph Hänggeli<br />

Geschäftsführer SIWF/FMH,<br />

Rechtsanwalt, MPA unibe<br />

En route vers le titre de médecin<br />

spécialiste: sujets, conseils et outils<br />

électroniques<br />

– Christoph Hänggeli<br />

Directeur ISFM / FMH , avocat, MPA unibe<br />

DE<br />

FR<br />

10.00–10.10 Fragerunde / Disskusion Questions / discussion<br />

10.10–10.40<br />

Podiumsdiskussion Fachgesellschaften<br />

– SGAIM – Schweizerische Gesellschaft für Allgemeine<br />

Innere Medizin<br />

Dr. med. Stefanie Mosimann<br />

– SSAPM – Swiss Society for Anaesthesiology and<br />

Perioperative Medicine<br />

Tatjana Dill<br />

– SHOOT – Swiss Hematologists and Oncologists<br />

of tomorrow<br />

Dr. med. Yvette von Aarburg<br />

Dr. med. Astrid Beerlage<br />

– Junges Forum Gynäkologie Suisse<br />

Dr. med. Claudia Becker<br />

Sociétés de discipline<br />

– SSMIG – Société Suisse de Médecine<br />

Interne Générale<br />

Dr méd. Stefanie Mosimann<br />

– SSAPM – Swiss Society for Anaesthesiology<br />

and Perioperative Medicine<br />

Tatjana Dill<br />

– SHOOT – Swiss Hematologists and Oncologists<br />

of tomorrow<br />

Dr méd. Yvette von Aarburg<br />

Dr méd. Astrid Beerlage<br />

– Jeune forum gynécologie suisse<br />

Dr méd. Claudia Becker<br />

DE<br />

FR<br />

10.40–11.25 Kaffeepause Pause-café<br />

11.25–11.45<br />

DE<br />

Arbeiten in der Notfallmedizin:<br />

Chancen und Herausforderungen<br />

– Dr. med. Brigitte Nyfeler<br />

Chefärztin Notfallzentrum Lindenhofspital Bern<br />

La carrière en médecine interne<br />

générale hospitalière<br />

– Prof. Julien Vaucher<br />

Professeur ordinaire de médecine interne générale<br />

à l’Université de Fribourg.<br />

FR<br />

11.45–12.05<br />

Arbeitsplatz Praxis / Belegarzt<br />

– Dr. med. Lars Frauchiger<br />

Belegarzt, Praxis Orthopädische Chirurgie<br />

und Traumatologie des Bewegungsapparates<br />

DE<br />

Le cabinet du généraliste: un espace de<br />

liberté urbi et orbi<br />

– PD Dr. Patrick Ruedin<br />

Médecine interne-Néphrologie FMH, Directeur<br />

de cours Société Suisse d’Echographie, Hypnose<br />

médicale FMH<br />

FR


12.05–12.15 Fragerunde / Disskusion Questions / discussion<br />

12.15–14.00<br />

Mittagspause (Stehlunch)<br />

Pause de midi (apéro dînatoire)<br />

13.25–13.45<br />

Lunchreferat<br />

– Schweizer Paraplegiker-Zentrum (SPZ)<br />

Exposés dînatoires<br />

– Centre suisse des paraplégiques (CSP)<br />

DE<br />

FR<br />

14.00–14.20<br />

Medizin im ländlichen Tanzania<br />

– PD Dr. med. Martin Rohacek<br />

Internist und Notfallmediziner<br />

La médecine dans la Tanzanie rurale<br />

– PD Dr méd. Martin Rohacek<br />

Médecin interniste et urgentiste<br />

DE<br />

FR<br />

14.20–14.40<br />

Verschiedene Gesichter einer Hausarztpraxis<br />

- Lager- und Festivalmedizin<br />

– Dr. med. Raphael Stolz<br />

Hausarzt, ärztlicher Leiter der Sanität am am Open­ OpenAir<br />

St. St. Gallen, Vizepräsident im im SIWF SIWF<br />

Les différents visages d’un cabinet<br />

de médecine de famille – médecine<br />

festivalière<br />

– Dr méd. Raphael Stolz<br />

Médecin de famille, responsable médical de de l’Open- l’OpenAir<br />

St-Gall, vice-président de de l’ISFM<br />

DE<br />

FR<br />

14.40–15.00<br />

10 Top Fragen zur chirurgischen<br />

Weiterbildung, an das Swiss College<br />

of Surgeons<br />

– Prof. Dr. med. Dieter Hahnloser<br />

Präsident Swiss College of Surgeons, Leiter der<br />

koloproktologischen Chirurgie am Universitätsspital<br />

in Lausanne<br />

– Dr. med. Anna Wang<br />

Oberärztin, Plastische Chirurgie und Handchirurgie<br />

– Kantonsspital Aarau / Co ­ Präsidentin<br />

<strong>vsao</strong> Zürich<br />

10 questions clés sur la formation<br />

postgraduée en chirurgie, adressées au<br />

Swiss College of Surgeons<br />

– Prof. Dr méd. Dieter Hahnloser<br />

Président du Swiss College of Surgeons, responsable<br />

du team colon, rectum et proctologie à<br />

l’Hôpital universitaire de Lausanne (CHUV).<br />

– Dr med. Anna Wang<br />

Cheffe de clinique, chirurgie plastique<br />

et chirurgie de la main – Hôpital cantonal<br />

d‘Aarau / Co – Présidente <strong>vsao</strong> Zurich<br />

DE<br />

FR<br />

15.00–15.10 Fragerunde / Disskusion Questions / discussion<br />

15.10–15.20 Wettbewerb Verlosung Concours tirage<br />

15.20–16.00<br />

Networking – Apéro<br />

Die Ausstellung ist noch offen<br />

Networking – Apéro<br />

L’exposition est encore ouverte


Der Kongress bietet dir die perfekte Möglichkeit, dich über<br />

die Themen Karriereplanung und Karrieremöglichkeiten zu<br />

informieren. Das Ziel von medifuture ist es, den Teilnehmenden<br />

aufzuzeigen, welche verschiedenen Facetten der Arztberuf mit<br />

sich bringt, und die unterschiedlichen Wege zum anvisierten<br />

Karriereziel darzulegen.<br />

Neben praxisnahen Referaten von Fachleuten aus verschiedensten<br />

Bereichen des Gesundheitswesens präsentieren<br />

dir die Aussteller ihre vielfältigen Angebote. In den Pausen<br />

hast du genügend Zeit, die Ausstellung mit über 50 Ständen<br />

(Universitätsspitäler der Schweiz sowie zahlreiche weitere<br />

grosse Spitäler und Fachgesellschaften) zu besuchen, Kontakte<br />

zu knüpfen, Informationen auszutauschen und dich an<br />

den Buffets zu bedienen.<br />

Le congrès te donne la possibilité de t’informer sur les thèmes<br />

de la planification de carrière et les options de carrière. Le but<br />

de medifuture est de montrer aux participant(e)s les nombreuses<br />

facettes de la profession de médecin et les différentes<br />

voies qui peuvent les mener à leur objectif de carrière.<br />

Outre des exposés proches de la pratique de spécialistes de<br />

différents domaines de la santé, environ 40 exposants t’attendent<br />

avec leurs stands. Pendant les pauses, tu as suffisamment<br />

de temps pour visiter l’exposition qui compte plus de<br />

50 stands (hôpitaux universitaires de la Suisse, ainsi que de<br />

nombreux autres grands hôpitaux et sociétés de discipline),<br />

nouer des contacts et échanger avec tes collègues, sans oublier<br />

de profiter du buffet.<br />

Premium-Partner Partenaires Premium<br />

Bonus-Partner Partenaires Bonus<br />

Alle weiteren Sponsoren und<br />

Informationen unter: medifuture.ch<br />

Tous les autres sponsors et<br />

informations sous : medifuture.ch/fr


<strong>vsao</strong><br />

<strong>vsao</strong>-Inside<br />

Oliviero Reusser<br />

Wohnort: Zürich<br />

Beim <strong>vsao</strong> seit: Februar <strong>2023</strong><br />

Der <strong>vsao</strong> für Dich in drei Worten:<br />

Pragmatisch, praxisnah, modern<br />

In der Freizeit lässt er sich<br />

manchmal einfach treiben,<br />

macht dieses oder jenes,<br />

je nachdem, wie das Wetter<br />

aussieht oder was seine Freundinnen<br />

und Freunde vorhaben. Bei der<br />

Arbeit hingegen läuft dies bei<br />

Oliviero Reusser anders.<br />

Als Mitarbeiter Politik und Kommunikation<br />

achtet Oliviero Reusser aufmerksam<br />

auf aktuelle Entwicklungen und<br />

Trends, arbeitet sehr strukturiert und hat<br />

die Deadlines von <strong>vsao</strong> <strong>Journal</strong> und<br />

Newsletter im Griff.<br />

Auch die Website und die Social-<br />

Media-Kanäle des Verbands betreut<br />

Oliviero Reusser, der in Zürich Politikund<br />

Islamwissenschaft und in London<br />

Konfliktwissenschaft studiert hat.<br />

Besonders wichtig ist ihm die politische<br />

Dimension seiner Arbeit. Er denkt deshalb<br />

gerne laut mit, stellt wichtige Fragen<br />

und bringt immer wieder neue Vorschläge<br />

für mehr oder weniger konventionelles<br />

Vorgehen ein. Dabei achtet er sehr darauf,<br />

dass bei der politischen Arbeit des <strong>vsao</strong><br />

konkrete Probleme und Erfahrungen aus<br />

der Praxis im Mittelpunkt stehen und dass<br />

die Zusammenarbeit mit den zahlreichen<br />

Partnerorganisationen gut funktioniert.<br />

Die Arbeit beim <strong>vsao</strong> macht ihn glücklich,<br />

weil sie für ihn sinnstiftend ist und er<br />

seine Fähigkeiten optimal einsetzen kann.<br />

Als Halbtessiner ist ihm der gute Draht zur<br />

Tessiner Sektion ein besonderes Anliegen,<br />

und er möchte dazu beitragen, dieser<br />

Sprachminderheit einen gebührenden<br />

Platz im Dachverband zu geben.<br />

Oliviero schätzt an seiner Arbeit<br />

speziell den Dialog und die Interaktion<br />

mit Ärztinnen und Ärzten und Medizinstudierenden.<br />

Es gefällt ihm, am Puls<br />

der Aktualitäten und Entwicklungen im<br />

Gesundheitswesen zu sein, und das<br />

Erarbeiten von öffentlichen Reaktionen<br />

oder Stellungnahmen gemeinsam<br />

mit dem Team zählt er zu seinen spannendsten<br />

Aufgaben. Die dafür nötigen<br />

Diskussionen, in denen verschiedene<br />

Perspektiven aufkommen, mag er sehr.<br />

Dabei kommen ihm auch seine vielfältigen<br />

Erfahrungen zugute, die er bei<br />

der Arbeit für kleinere Verbände und<br />

seinen diversen ehrenamtlichen politischen<br />

Tätigkeiten gesammelt hat.<br />

Nebst diesen ehrenamtlichen Tätigkeiten<br />

pflegt Oliviero weitere Hobbys:<br />

So spielt er regelmässig Volleyball und ist<br />

oft im Gym anzutreffen. Er ist gerne in<br />

der Natur unterwegs, sei es beim Wandern<br />

in den Bergen, am See oder beim «Böötle»<br />

auf der Limmat. Er mag aber auch sehr<br />

gerne Brett- und Kartenspiele, vor allem<br />

Jass. Und nicht zuletzt investiert er seine<br />

Zeit in gutes Essen und ist leidenschaftlicher<br />

Pizzabäcker und Pastakoch.<br />

Bild: zvg<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 5/23 25


<strong>vsao</strong><br />

<strong>vsao</strong>-Rechtsberatung<br />

Wann läuft die Frist ab?<br />

Ich bin ausgebildete Assistenzärztin<br />

und mit einem 100-Prozent-Pensum<br />

in einem Spital<br />

angestellt. Mein Arbeitsvertrag<br />

ist zwar befristet, sieht aber trotzdem<br />

eine Kündigungsfrist vor. Nach meinem<br />

Wissensstand endet ein befristeter<br />

Arbeitsvertrag jedoch ohne<br />

Kündigungsmöglichkeit zum vereinbarten<br />

Zeitpunkt.<br />

Was bedeutet diese Kündigungsfrist<br />

in meinem Vertrag? Gelten nun spezielle<br />

Regeln und endet mein Vertrag<br />

trotzdem zum vereinbarten Zeitpunkt<br />

automatisch oder muss ich (auf diesen<br />

Zeitpunkt hin) kündigen? Was gilt bei<br />

Krankheit und/oder Schwangerschaft?<br />

Grundsätzlich ist es richtig, dass ein<br />

befristeter Arbeitsvertrag ohne Kündigungsmöglichkeit<br />

zum vereinbarten<br />

Zeitpunkt automatisch endet (Art. 334<br />

Abs. 1 OR). In diesem Fall spricht man<br />

von einem sogenannten echten befristeten<br />

Arbeitsvertrag. Der Vertrag kann<br />

dabei entweder auf einen bestimmten<br />

Zeitpunkt begrenzt («bis am 30. August»)<br />

oder für eine bestimmte Dauer abgeschlossen<br />

werden («für vier Monate»)<br />

und muss von beiden Parteien bis zum<br />

Beendigungstermin erfüllt werden.<br />

In der Konsequenz bedeutet dies, dass<br />

der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis<br />

nicht vorzeitig kündigen kann und Sie<br />

als Arbeitnehmerin auch nicht kündigen<br />

müssen, um das Arbeitsverhältnis zu<br />

beenden.<br />

Allerdings gibt es – wie so oft – Ausnahmen<br />

von dieser Regel. So kann auch<br />

bei einem befristeten Arbeitsvertrag<br />

eine Kündigungsfrist vereinbart werden.<br />

In diesem Fall spricht man von einem<br />

Arbeitsvertrag mit Maximaldauer. Dabei<br />

ist es wichtig, zu beachten, dass die<br />

Kündigungsfrist für beide Parteien gleich<br />

lang sein muss und somit keine unterschiedlichen<br />

Kündigungsfristen vereinbart<br />

werden dürfen, die eine Partei<br />

benachteiligen. Im Ergebnis bedeutet<br />

dies, dass sowohl Arbeitgeber als auch<br />

Arbeitnehmende das Arbeitsverhältnis<br />

vorzeitig kündigen können, sofern<br />

die vereinbarte Kündigungsfrist eingehalten<br />

wird.<br />

Muss nun aber auch gekündigt<br />

werden, wenn das Arbeitsverhältnis<br />

beendet werden soll? Nein. Wird der<br />

Vertrag nicht vor Ablauf der vereinbarten<br />

Maximaldauer gekündigt, endet er<br />

nach Ablauf der vereinbarten Dauer<br />

automatisch und ohne Kündigung.<br />

Die vereinbarte Kündigungsfrist räumt<br />

den Vertragsparteien somit lediglich<br />

eine Möglichkeit (aber keine Pflicht) ein,<br />

den Vertrag früher als zum vereinbarten<br />

Zeitpunkt zu kündigen.<br />

Wissenswert ist auch die folgende<br />

Tatsache: Wird ein befristetes Arbeitsverhältnis<br />

von beiden Parteien stillschweigend<br />

fortgesetzt, gilt dieses als<br />

unbefristetes Arbeitsverhältnis, bei dem<br />

ordentlich innert Frist gekündigt werden<br />

kann und auch muss, um das Arbeitsverhältnis<br />

zu beenden.<br />

Die Lohnfortzahlung bei Krankheit<br />

ist grundsätzlich in Art. 324a OR geregelt.<br />

Im Falle von Krankheit oder Komplikationen<br />

bei der Schwangerschaft besteht<br />

die Lohnfortzahlung jedoch nur, sofern<br />

das befristete Arbeitsverhältnis auf mehr<br />

als drei Monate festgelegt wurde. Durch<br />

besondere Vorschriften in einem Gesamtarbeitsvertrag<br />

kann hiervon allerdings<br />

abgewichen werden.<br />

Eine weitere Besonderheit eines<br />

befristeten Arbeitsvertrags, bei dem eine<br />

Kündigungsfrist vereinbart wurde, ist,<br />

dass im Falle der Kündigung der sogenannte<br />

sachliche und zeitliche Kündigungsschutz<br />

des Art. 336c Abs. 1 OR<br />

greift. Somit kann der Vertrag während<br />

einer gewissen Zeit unter anderem nicht<br />

aufgrund von Krankheit, Schwangerschaft<br />

oder Unfall gekündigt werden.<br />

Bei echten befristeten Arbeitsverträgen<br />

ohne Kündigungsfrist gilt dieser Kündigungsschutz<br />

jedoch nicht. Auch in dieser<br />

Konstellation kann durch besondere<br />

Vorschriften in einem Gesamtarbeitsvertrag<br />

hiervon abgewichen werden.<br />

Diese Ausführungen zeigen, dass<br />

bei befristeten Arbeitsverhältnissen<br />

durchaus Vorsicht geboten ist. Bei Fragen<br />

stehen Ihnen die Sektionsjuristinnen<br />

und -juristen des <strong>vsao</strong> gerne zur Verfügung.<br />

Samuel Nadig,<br />

Geschäftsführer und Jurist<br />

der Sektion Graubünden<br />

Bild: zvg<br />

26<br />

5/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


Ihre Bedürfnisse<br />

im Mittelpunkt<br />

Visitationen<br />

Bewertungen, Löhne, Arbeitszeiten,<br />

Kitas, Jobs - und noch viel<br />

mehr: medicus ist das umfassende<br />

Portal für Ihre Karriere. Dort<br />

finden Sie die optimal zu Ihnen<br />

passende Stelle!<br />

Die Spitäler und <strong>vsao</strong>-Sektionen<br />

bieten Ihnen wichtige Informationen<br />

zu den Arbeitsbedingungen. Den<br />

wichtigsten Beitrag leisten jedoch<br />

Sie: Bewerten Sie anonym Ihren<br />

bisherigen Arbeitgeber. Damit<br />

helfen Sie anderen – und profitieren<br />

selber von deren Erfahrungen.<br />

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Wie gut ist die Weiterbildung in<br />

den Kliniken? Dieser Frage gehen<br />

die Visitationen auf den Grund. Zu<br />

den Expertenteams gehört immer<br />

jemand vom <strong>vsao</strong>. Die Besuche vor<br />

Ort dienen dazu, Verbesserungsmöglichkeiten<br />

zu erkennen. Denn<br />

Sie als unser Mitglied sollen von<br />

einer hohen Weiterbildungsqualität<br />

profitieren.<br />

Falls Sie selber Visitationen<br />

begleiten möchten: eine E-Mail<br />

an visitationen@<strong>vsao</strong>.ch, und<br />

Sie erfahren mehr!<br />

www.<strong>vsao</strong>.ch/visitationen<br />

Feedback-<br />

Pool<br />

Für Sie als Mitglied ist sie zentral:<br />

die Weiterbildung. Deshalb fühlen<br />

wir unserer Basis mit Umfragen<br />

regelmässig den Puls dazu. Dank<br />

dieses Feedback-Pools können wir<br />

unsere Verbandsarbeit gezielt auf<br />

Ihre Anliegen ausrichten.<br />

Wollen Sie mitmachen?<br />

Dann schreiben Sie an<br />

sekretariat@<strong>vsao</strong>.ch.<br />

www.<strong>vsao</strong>.ch/studien-undumfragen<br />

Arztberuf<br />

und Familie<br />

• Wie bringe ich Familie, Freizeit und<br />

Beruf unter einen Hut?<br />

• Wie steige ich nach der Babypause<br />

wieder ein?<br />

• Wie meistere ich die täglichen<br />

Herausforderungen?<br />

Antworten auf solche Fragen erhalten Sie<br />

als <strong>vsao</strong>-Mitglied bei unserem kostenlosen<br />

Coaching. Die Beratung erfolgt telefonisch<br />

durch die Fachstelle UND.<br />

044 462 71 23<br />

info@fachstelle-und.ch<br />

www.<strong>vsao</strong>.ch/telefoncoaching


Fokus: Sprache<br />

Island ist bekannt für seine Geysire. Seit dem 19. Jahrhundert wird das isländische Wort Geysir auch in anderen Sprachen für heisse Springquellen verwendet.<br />

«Es gibt keine<br />

Übersetzung ohne<br />

Eingriffe»<br />

Wörter, Strukturen, soziokulturelle Hintergründe:<br />

Sprachen unterscheiden sich auf mehreren Ebenen. Literarische<br />

Übersetzungen bedürfen deshalb immer auch der Interpretation.<br />

Der preisgekrönte Übersetzer Karl-Ludwig Wetzig über Geysire,<br />

isländische Verwandte und Krimis aus dem Norden.<br />

Regula Grünwald, Chefredaktorin <strong>vsao</strong> <strong>Journal</strong><br />

Bild: Adobe Stock<br />

28<br />

5/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


Fokus: Sprache<br />

Bild: © Karl-Ludwig Wetzig, zvg<br />

Sie sind Spezialist für skandinavische<br />

Sprachen und übersetzen vor allem<br />

aus dem Isländischen ins Deutsche.<br />

Was tun Sie mit Wörtern, die sich nicht<br />

übersetzen lassen?<br />

Manche Wörter erscheinen als unübersetzbar,<br />

weil mit ihnen Dinge bezeichnet<br />

werden, die in der Zielkultur nicht vorhanden<br />

sind. Solche Wörter kann ich umschreiben,<br />

erklären, ihre Wortbestandteile<br />

übersetzen und so ein neues deutsches<br />

Wort kreieren oder sie als Fremdwörter<br />

übernehmen, um die Fremdartigkeit hervorzuheben.<br />

Und manchmal integrieren<br />

wir solche Wörter in unsere eigene Sprache:<br />

Nehmen Sie nur Geysir, ein isländisches<br />

Wort, das heute überall auf der Welt<br />

für heisse Springquellen verwendet wird.<br />

Und vor zehn Jahren hätte ich noch überlegt,<br />

den isländischen Skyr vielleicht mit<br />

«Sauerquark» zu übersetzen; heute steht<br />

er bei uns im Supermarkt. Probleme mit<br />

vermeintlicher Unübersetzbarkeit sehe<br />

ich daher weniger auf der Wortebene, sondern<br />

mehr auf den übergeordneten und<br />

umfassenderen Ebenen von Satz, Text,<br />

Konnotationen und soziokulturellem<br />

Hintergrund.<br />

Haben Sie Beispiele für solche<br />

Herausforderungen?<br />

Zwei verschiedene Sprachen sind niemals<br />

völlig gleich strukturiert. Das Isländische<br />

ist nicht so auf Präzision und Eindeutigkeit<br />

der Bezüge versessen wie das Deutsche.<br />

Zwei Beispiele: Das Isländische kann<br />

Verwandtschaftsgrade begrifflich bis in<br />

den fünften Grad differenzieren. Im Alltag<br />

bezeichnet man Verwandte, die nicht Eltern<br />

oder Geschwister sind, allerdings<br />

meist lediglich als frændi beziehungsweise<br />

frænka. In der Übersetzung muss ich<br />

differenzieren, ob es sich dabei um Onkel<br />

oder Cousins respektive Tanten oder<br />

Cousinen handelt, obwohl der Ausgangstext<br />

da unbestimmt bleibt. Und wenn ein<br />

isländisches Personalpronomen im Singular<br />

und Plural dieselbe Form aufweist, darf<br />

durchaus offenbleiben, ob es für eine oder<br />

mehrere Personen steht. Nicht so in der<br />

Übersetzung. Eindeutigkeit herzustellen,<br />

wo die Ausgangssprache mehrere Deutungsmöglichkeiten<br />

zulässt, stellt für<br />

mich eine Einschränkung und letztlich<br />

Verarmung des literarischen Potenzials<br />

dar, gegen die ich mich sträube. Denn<br />

Mehrdeutigkeit ist doch eine der produktivsten<br />

Qualitäten von Literatur. Weiter<br />

sollte ich als Übersetzer nicht bloss die<br />

Zielsprache gut kennen, sondern auch die<br />

Kultur und Gesellschaft, in die sie eingebettet<br />

ist. Nehmen Sie nur die schlichte<br />

Aussage aus der Bibel: «Siehe, ich stehe<br />

vor der Tür und klopfe an.» Und dann malen<br />

Sie sich die Wirkung aus, wenn ein<br />

Missionar diesen Vers wörtlich in eine<br />

Sprache Afrikas übersetzt hätte, wo niemand<br />

anklopft ausser Einbrecher, die testen<br />

wollen, ob jemand im Haus ist … Wortwörtliche<br />

Übersetzungen können fatale<br />

Folgen haben.<br />

Wie gehen Sie bei einer Übersetzung<br />

konkret vor?<br />

Selbstverständlich lese ich den Ausgangstext<br />

zuerst einmal möglichst gründlich<br />

und analytisch durch. Wenn Handlung<br />

oder Personenkonstellationen besonders<br />

kompliziert sind, erstelle ich Stammbäume<br />

oder Soziogramme der handelnden<br />

Personen, um den Überblick zu behalten.<br />

Bei anspruchsvollen Texten wie etwa den<br />

Isländersagas führe ich eine Art Arbeitsjournal,<br />

in dem ich beispielsweise einzelne<br />

Übersetzungslösungen notiere und<br />

begründe für den Fall, dass die gleiche<br />

Vokabel später noch einmal auftauchen<br />

sollte. Seit es das Internet gibt, recherchiere<br />

ich Dinge immer gleich dann, wenn<br />

eine Schwierigkeit im Text auftaucht,<br />

denn ich möchte am liebsten gleich eine<br />

gültige Übersetzungslösung finden und<br />

nicht im Nachgang vor einem Wust ungeklärter<br />

Textstellen stehen. Den Vorgang<br />

des Übersetzens selbst können Sie sich bei<br />

mir als eine Kette zahlloser Re-Lektüren<br />

vorstellen: Jeder Arbeitstag beginnt damit,<br />

dass ich mir das am Vortag Übersetzte<br />

noch einmal genau ansehe, bevor ich das<br />

nächste Kapitel in Angriff nehme. Nach<br />

dem Feinschliff lektoriert der Verlag die<br />

Übersetzung und ich überlege an jeder<br />

einzelnen Stelle, ob ich den Änderungsvorschlag<br />

des Lektorats übernehme, meine<br />

ursprüngliche Übersetzung doch passender<br />

finde oder nach einer dritten Möglichkeit<br />

suche. Nach einer letzten Prüfung<br />

der Druckfahnen erteile ich dem scheinbar<br />

fertigen Text das Imprimatur. Ich sage<br />

«scheinbar fertig», weil ich zu der Ansicht<br />

gekommen bin, dass eine literarische<br />

Übersetzung niemals endgültig fertig ist.<br />

Wenn ich nach zehn oder zwanzig Jahren<br />

eine meiner Übersetzungen erneut ansehe,<br />

finde ich immer Stellen, die ich heute<br />

anders übersetzen würde als damals.<br />

Zur Person<br />

Karl-Ludwig Wetzig, geboren 1956<br />

in Düsseldorf, lehrte Skandinavistik<br />

an den Universitäten Göttingen und<br />

Reykjavík und übersetzt seit 20 Jahren<br />

Literatur aus nordischen Sprachen,<br />

darunter Werke von Autoren wie<br />

Jón Kalman Stefánsson, Gunnar<br />

Gun narsson und Hallgrímur Helgason<br />

sowie mittelalterliche Isländersagas.<br />

Daneben veröffentlicht er eigene<br />

Bücher. Für seine Übersetzung von<br />

«Dein Fortsein ist Finsternis» erhielt<br />

er <strong>2023</strong> den Christoph-Martin-<br />

Wieland- Übersetzerpreis.<br />

Inwiefern sind Sie in den übersetzten<br />

Werken spürbar?<br />

Der ideale Übersetzer ist in den Augen vieler<br />

der unsichtbare Übersetzer; eine gläserne<br />

Instanz, die den Lesenden das Original<br />

auf allen Ebenen möglichst ohne eigenes<br />

Zutun oder Weglassen nahebringt. Die<br />

vorhin erwähnten Beispiele zeigen, dass<br />

das eine Illusion ist. Es gibt keine Übersetzung<br />

ohne Eingriffe. Dennoch habe ich<br />

mich anfangs gewundert, als ein Kollege<br />

einmal behauptete, er würde selbstverständlich<br />

jedes von mir übersetzte Buch<br />

auch ohne Nennung meines Namens erkennen.<br />

Ja, es ist wohl so: Übersetzerinnen<br />

und Übersetzer entwickeln im Lauf<br />

der Zeit ihre eigene, wiedererkennbare<br />

Sprache – auch wenn sie ganz unterschiedliche<br />

Werke übersetzen.<br />

Wie stark tauschen Sie sich jeweils mit<br />

den Autorinnen und Autoren aus?<br />

Ich selbst nehme vor Beginn einer Übersetzung<br />

fast immer Verbindung zur Autorin<br />

oder zum Autor auf, besonders wenn es<br />

um komplexe, schwierigere Werke geht.<br />

Da finde ich es enorm hilfreich, wenn ich<br />

mich rückversichern kann, ob ich die eine<br />

oder andere Textstelle auch wirklich im<br />

Sinn der Textintention verstanden habe.<br />

Der Austausch kann sehr fruchtbar und<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 5/23 29


Fokus: Sprache<br />

bereichernd sein; in manchen Fällen haben<br />

sich aus solchen Gesprächen persönliche<br />

Freundschaften entwickelt.<br />

Haben Sie ein Lieblingsgenre für<br />

Übersetzungen?<br />

Ich mag Bücher, die mein Denken anregen<br />

und herausfordern. In seinem lesenswerten<br />

Essay «Die Lust am Text» bezeichnet<br />

Roland Barthes den literarischen Text als<br />

eine Insel, ein Refugium also, und die<br />

Lust, Literatur zu geniessen, als Liebhaberei<br />

von wenigen. Dem kann ich nur zustimmen.<br />

Leider sind literarische, anspruchsvollere<br />

Titel für die Verleger oft zu<br />

wenig lukrativ und mittlerweile zu einer<br />

Minorität auf dem Buchmarkt geworden.<br />

Island boomt seit einigen Jahren,<br />

sei es als Reiseziel, aber auch wegen der<br />

Literatur, insbesondere der Krimis.<br />

Spüren Sie das bei Ihrer Arbeit?<br />

Ja, aber nicht nur im positiven Sinn. Verlage<br />

haben für Übersetzungen aus bestimmten<br />

Sprachen oft vorgegebene Kontingente.<br />

Seit es eine anscheinend unauflösliche<br />

Verbindung zwischen «Norden» und «Krimi»<br />

gibt – Morden im Norden! –, kann ich<br />

beobachten, dass immer weniger literarische<br />

Werke aus nordischen Ländern die<br />

wenigen für ihre Herkunftsregion vorgesehenen<br />

Programmplätze bekommen und<br />

stattdessen lieber noch ein Krimi auf den<br />

Markt geworfen wird. Lesen ist eben für<br />

die meisten Zerstreuung.<br />

Inwiefern hat sich Ihre Arbeit mit dem<br />

Aufkommen von Übersetzungstools<br />

und KI verändert?<br />

In meiner eigenen Arbeit spielen KI und<br />

Übersetzungstools bislang keine Rolle.<br />

Aber sie werden in unserer Zunft derzeit<br />

stark beobachtet und diskutiert: Können<br />

sie auch für literarische Übersetzer hilfreiche<br />

Werkzeuge sein? Falls ja: Wie werden<br />

sie mit intendierten Mehrdeutigkeiten<br />

und versteckten Anspielungen fertig?<br />

Werden sie bald Instrumente, mit denen<br />

Verleger Übersetzungshonorare noch tiefer<br />

drücken wollen? Erste Vorstösse in<br />

diese Richtung sind bereits bekannt geworden.<br />

Werden Sprachtools einmal das<br />

Lektorieren automatisieren? Aber was<br />

soll’s, wenn bis dahin die Schriftsteller ihre<br />

Werke ebenfalls von KI erstellen lassen?<br />

Die Menschen werden sich auch daran gewöhnen<br />

und es ebenso als gegeben hinnehmen<br />

wie permanente Videobeobachtung<br />

und Datenüberwachung.<br />

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<strong>Nr</strong>. 4, August <strong>2023</strong><br />

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Kinder, Käuze,<br />

Kräuter<br />

Seite 26<br />

Politik<br />

Weitblick am<br />

Runden Tisch<br />

Seite 8<br />

Impfungen<br />

Neue Ausgangslage,<br />

neuer Aktionsplan<br />

Seite 46<br />

Palliativmedizin<br />

Wie gelingt gute<br />

Kommunikation?<br />

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5/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


Fokus: Sprache<br />

Sprachlos in die<br />

Therapie<br />

Ein Hauptwerkzeug der Psychiatrie ist die Kommunikation.<br />

Doch was, wenn die Sprache fehlt? Als Vorstandsmitglied des Vereins<br />

delta und Oberärztin an der Klinik für Konsiliarpsychiatrie<br />

und Psychosomatik des Universitätsspitals Zürich hat Justina<br />

Račkauskaitė mit Sprachlosigkeit verschiedener Art zu tun.<br />

Regula Grünwald, Chefredaktorin <strong>vsao</strong> <strong>Journal</strong><br />

Bild: Adobe Stock<br />

Psychische Erkrankungen, sprachliche Barrieren und kulturelle Hürden können zu Sprachlosigkeit unterschiedlicher Art führen.<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 5/23 31


Fokus: Sprache<br />

Zur Person<br />

Justina Račkauskaitė ist Oberärztin<br />

an der Klinik für Konsiliarpsychiatrie<br />

und Psychosomatik des Universitätsspitals<br />

Zürich. Ihre Tätigkeit umfasst<br />

die Arbeit mit verschiedenen Krankheitsbildern<br />

vor allem bei Personen<br />

mit Migrationshintergrund. Ergänzend<br />

und nicht weniger bedeutsam ist<br />

ihre Arbeit als Vorstandsmitglied der<br />

NGO delta (Develop Life through<br />

Action), wo sie Projekte für die psychische<br />

Gesundheit in ressourcenarmen<br />

Gebieten in Indien mitentwickelt.<br />

Welchen Formen von Sprachlosigkeit<br />

begegnen Sie?<br />

Verschiedene psychische Erkrankungen<br />

können dazu führen, dass Betroffene trotz<br />

vollständig entwickeltem Hör- und<br />

Sprechvermögen nicht mehr reden können.<br />

Dann sprechen wir von totalem Mutismus.<br />

Eine andere Art von Sprachlosigkeit<br />

entsteht, wenn Migrantinnen und<br />

Migranten sich aufgrund fehlender<br />

Sprachkenntnisse oder kultureller Unterschiede<br />

hier nicht verständlich machen<br />

können. Und schliesslich treffe ich auch<br />

bei meiner Tätigkeit für den Verein delta<br />

(siehe Box, Anm. d. Red.) immer wieder<br />

auf kommunikative Herausforderungen.<br />

Bleiben wir zunächst beim totalen<br />

Mutismus. Wie gehen Sie bei der<br />

Anamnese vor, wenn eine Person nicht<br />

sprechen kann?<br />

Ich sammle Hinweise auf verschiedenen<br />

Ebenen. So arbeite ich eng mit Kolleginnen<br />

und Kollegen aus anderen Disziplinen<br />

zusammen. Durch körperliche Untersuchungen<br />

können sie organische Ursachen<br />

ausschliessen und weitere wichtige Informationen<br />

beisteuern. Zudem benutze ich<br />

alle meine Sinne: Wie betritt die Person<br />

den Raum? Ist sie gepflegt? Wie gut ist sie<br />

ernährt? Und schliesslich fliessen auch die<br />

Aussagen und Beobachtungen von Angehörigen,<br />

vom Rettungsdienst oder von<br />

Passanten in die Anamnese ein.<br />

Wie gelingt es Ihnen, für die Therapie<br />

mit den Betroffenen in einen Dialog zu<br />

treten?<br />

Manche Patientinnen und Patienten reagieren<br />

auf Ja-/Nein-Fragen, und ich sehe,<br />

dass sie verstehen, was ich ihnen sage. Andere<br />

hingegen sind in diesem Moment<br />

komplett erstarrt und nicht zugänglich. In<br />

solchen Fällen helfen häufig eine ruhige<br />

Umgebung und Geduld in Kombination<br />

mit Medikamenten. In der Regel löst sich<br />

dieser Zustand nach einigen Minuten,<br />

Stunden oder Tagen.<br />

Wie wichtig ist Sprache bei Ihrer<br />

Arbeit?<br />

Sie ist unser Hauptwerkzeug. Mit etwas<br />

Kreativität lassen sich jedoch auch andere<br />

Wege finden, um die Therapie zu gestalten.<br />

Oft hilft es, mehrere Sinne anzusprechen:<br />

Ein Bild kann positive Emotionen<br />

erzeugen, Musik ein angenehmes Gefühl<br />

hervorrufen und ein besonderer Duft<br />

schöne Kindheitserinnerungen wecken.<br />

Dies gibt Betroffenen Kraft – und ist in diesem<br />

Moment wichtiger als Sprache.<br />

Der Verein delta fördert professionelle Betreuung<br />

Psychische Erkrankungen in ressourcenarmen Ländern nehmen zu, die medizinische<br />

Versorgung ist jedoch ungenügend. Mit Projekten wie einem Rehabilitationszentrum,<br />

einem sozialpsychiatrischen Zentrum, einer alterspsychiatrischen Tagesklinik und<br />

einem betreuten Wohnen in drei Regionen in Südindien fördert der gemeinnützige<br />

Verein delta eine fachgerechte Behandlung und Betreuung von Menschen mit psychischen<br />

Erkrankungen in unterversorgten Ländern.<br />

www.delta-ngo.ch<br />

Welche Bedeutung haben solche<br />

Elemente bei der Arbeit mit Menschen,<br />

die eine andere Sprache sprechen und<br />

aus einer anderen Kultur kommen?<br />

Sinneserfahrungen sind ein Weg, um trotz<br />

sprachlichen und kulturellen Barrieren<br />

Zugang zu diesen Personen zu finden.<br />

Glücklicherweise müssen wir aber auch da<br />

nicht auf die Sprache verzichten, da wir<br />

transkulturelle Übersetzende anfordern<br />

können. Die daraus entstehende triadische<br />

Beziehung ist oft eine Bereicherung,<br />

kann jedoch auch zu Schwierigkeiten führen.<br />

Welche Probleme können auftreten?<br />

Die übersetzende Person muss neutral<br />

bleiben, darf nicht eine beratende oder gar<br />

freundschaftliche Rolle einnehmen. So ist<br />

es beispielsweise wichtig, dass die Betroffenen<br />

mich im Gespräch anschauen und<br />

mit mir kommunizieren. Ebenfalls müssen<br />

wir auf absolute Vertraulichkeit zählen<br />

können. Denn häufig haben Betroffene<br />

und Übersetzende gemeinsame Bekannte.<br />

Gerade wenn jemand aus einem Kulturkreis<br />

kommt, in dem psychische Erkrankungen<br />

stark stigmatisiert werden, ist dies<br />

heikel. Und schliesslich haben auch Übersetzende<br />

häufig einen Migrationshintergrund,<br />

teils mit ähnlichen Erfahrungen<br />

wie unsere Patientinnen und Patienten.<br />

Bei manchen Themen müssen wir vorab<br />

klären, ob sie diese Dinge übersetzen können,<br />

ohne eine übermässige Belastung zu<br />

erleiden.<br />

Solche Schwierigkeiten liessen sich<br />

durch KI-Übersetzungen vermeiden.<br />

Denken Sie, dass Übersetzungstools<br />

Dolmetschende ersetzen können?<br />

Nein, denn da geht es um viel mehr als reine<br />

Übersetzungen. Sprache ist Ausdruck<br />

der Kultur, in der wir leben. Es kommt immer<br />

wieder vor, dass mein Gegenüber oder<br />

ich manche Fragen und Antworten nicht<br />

verstehen, auch wenn sie korrekt übersetzt<br />

sind. In diesen Fällen braucht es<br />

auch eine kulturelle Übersetzung. Und ich<br />

muss mich auf den kulturellen Hintergrund<br />

der Person einlassen, um ihr helfen<br />

zu können.<br />

Haben Sie ein Beispiel dafür?<br />

Wenn etwa eine Frau denkt, der Grund für<br />

ihre Depression sei ein böser Geist, der in<br />

ihr wohne, nehme ich zunächst ihr Erklärungsmodell<br />

auf und stelle ihr Fragen zu<br />

diesem Geist. Nach und nach versuche<br />

ich, ihre Terminologie umzuwandeln bzw.<br />

das Erklärungsmodell zu erweitern, in-<br />

Bild: zvg<br />

32<br />

5/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


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dem ich ihr wissenschaftliche Erkenntnisse<br />

vermittle. Idealerweise ist ihr soziales<br />

Umfeld in diesen Prozess der Psychoedukation<br />

integriert. Und auch hier spielt die<br />

Sprache eine zentrale Rolle: Nur wenn ich<br />

die wissenschaftlichen Inhalte einfach<br />

und verständlich erklären kann und nur<br />

wenn die übersetzende Person die richtigen<br />

Worte findet, kann die Therapie ihre<br />

volle Wirkung entfalten.<br />

Inwiefern verändert es Ihre Arbeit,<br />

wenn Sie im Rahmen Ihrer Tätigkeit<br />

beim Verein delta diejenige Person<br />

sind, welche die lokale Sprache nicht<br />

spricht?<br />

Lassen Sie mich etwas ausholen. Beispielsweise<br />

in Südindien haben wir zusammen<br />

mit einer lokalen Gynäkologin und Allgemeinmedizinerin<br />

ein Rehabilitationszentrum<br />

für Suchterkrankungen gegründet.<br />

In dieser Region werden die Familiensysteme<br />

von Männern getragen. Fallen diese<br />

aufgrund ihres zu hohen Alkoholkonsums<br />

aus, hat dies verheerende Auswirkungen<br />

auf die ganze Familie, deshalb ist unser<br />

Engagement dort dringend nötig. Jedoch<br />

mussten wir lernen, dass wir die therapeutischen<br />

Interventionen nicht selbst durchführen<br />

können. Zu gross sind die sprachlichen<br />

Hürden – in ländlichen Gebieten<br />

sprechen viele Menschen kein Englisch –,<br />

zu viele kulturelle und religiöse Aspekte<br />

spielen hinein. Deshalb arbeiten wir mit<br />

lokalen Fachpersonen zusammen und<br />

konzentrieren uns nicht nur auf die finanzielle<br />

Unterstützung, sondern auch auf<br />

Weiterbildung und Supervision. Auch so<br />

kommt es immer mal wieder zu Missverständnissen,<br />

denn auch wenn wir alle<br />

Englisch sprechen, haben wir eine andere<br />

Art, uns auszudrücken. Grundsätzlich<br />

funktioniert die Zusammenarbeit so aber<br />

sehr gut und lohnt sich auf jeden Fall,<br />

da wir bereits letztes Jahr über 150 Männern<br />

mit Alkoholabhängigkeit eine Chance<br />

gegeben haben, ein neues Leben aufzubauen.<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 5/23 33


Fokus: Sprache<br />

Lost in<br />

Translation<br />

Manche Wörter machen es einem schwer:<br />

Statt eines einzelnen Begriffs braucht es einen ganzen Satz, um sie auf<br />

Deutsch zu übersetzen. Einige Beispiele aus der ganzen Welt.<br />

Sanders, Ella Frances: «Lost in Translation. Unübersetzbare Wörter<br />

aus der ganzen Welt». DuMont Buchverlag, 2017.<br />

Bilder: DuMont Buchverlag GmbH & Co. KG<br />

34<br />

5/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


Fokus: Sprache<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 5/23 35


Fokus: Sprache<br />

Im Jordan der<br />

Sprachen<br />

Kleine Krallenaffen und Menschenkinder brabbeln.<br />

Doch schon bald lassen die kleinen Menschen<br />

die Affen weit hinter sich und beherrschen eine komplexe<br />

Sprache – wie das geht, erforscht Sabine Stoll.<br />

Thomas Gull, Redaktor UZH Magazin<br />

Beide tun es: Die kleinen Krallenaffen<br />

im brasilianischen Urwald<br />

und die Menschen – sie<br />

brabbeln. Wenn wir brabbeln,<br />

versuchen wir mitzureden. Gut, im Moment<br />

versteht uns noch niemand, und wir<br />

sehen Gesichter, die uns zwar begeistert,<br />

aber auch verständnislos anschauen. Daraus<br />

lernen wir zweierlei: Brabbeln ist<br />

noch nicht gut genug, um wirklich verstanden<br />

zu werden. Und: Ich kommuniziere,<br />

also bin ich. Denn wer brabbelt,<br />

wird wahrgenommen.<br />

Wahrgenommen zu werden, dürfte eine<br />

evolutionsbiologische Funktion des<br />

Brabbelns sein, weil Babys und junge Krallenaffen<br />

darauf angewiesen sind, nicht<br />

vergessen zu werden. Im Spracherwerb<br />

dient Brabbeln in erster Linie dazu, das<br />

Artikulieren zu üben und zu imitieren,<br />

was wir gehört haben. «Was das bedeutet,<br />

verstehen Babys aber erst etwa ab dem<br />

neunten Monat», sagt Sprachwissenschaftlerin<br />

Sabine Stoll, die erforscht, wie<br />

Kinder ihre erste Sprache lernen.<br />

Die Professorin für Vergleichende<br />

Sprachwissenschaft an der UZH untersucht<br />

im NFS «Evolving Language» zusammen<br />

mit dem Verhaltensbiologen Simon<br />

Townsend, wie die Umgebung den<br />

Spracherwerb von Menschen und Affenkindern<br />

beeinflusst. Dabei geht es um Fragen<br />

wie: Wie prägen Interaktionen mit der<br />

Umwelt die Sprachentwicklung? Oder:<br />

Wie lernen Säuglinge, Signale wie Mimik<br />

und Gestik zu interpretieren, und welche<br />

Rolle spielt der Kontext für das Lernen?<br />

Zu kommunizieren ist existenziell für<br />

uns Menschen und für viele der höher entwickelten<br />

Tiere. Deshalb haben auch sie<br />

einfachere Formen von Sprache entwickelt.<br />

Entsprechend haben wir und andere<br />

Tiere die angeborene Fähigkeit, Sprache<br />

zu lernen oder zumindest ein angeborenes<br />

Repertoire von Lauten gezielt einzusetzen.<br />

Das menschliche Gehirn muss allerdings<br />

ganz andere Mengen von Informationen<br />

verarbeiten können, um die drei<br />

grundlegenden Elemente der Sprache zu<br />

lernen – ihre Struktur, die Laute und den<br />

Inhalt.<br />

Der Mensch hat im Verlauf seiner Geschichte<br />

Tausende von Sprachen hervorgebracht,<br />

viele sind wieder verloren gegangen,<br />

doch heute gibt es immer noch<br />

rund 7000. Wir haben die kognitiven<br />

Fähigkeiten, sie uns anzueignen. Selbst<br />

solche, die ungeheuer komplex sind, wie<br />

etwa das Chintang in Nepal mit seinen<br />

4800 Verbformen oder das Archi im<br />

Kaukasus mit 1,5 Millionen. Sie alle können<br />

wir lernen, zumindest als Erstsprachen,<br />

das heisst, wenn wir in sie hineingeboren<br />

werden oder als Kinder in sie<br />

eintauchen – dank unserem Gehirn, das<br />

am Anfang noch unglaublich flexibel ist,<br />

und unserem formidablen Gedächtnis.<br />

Doch wie lernen wir die Sprache? Unser<br />

Spracherwerb orientiert sich entlang<br />

der vier grossen I: Immersion, Interpretation,<br />

Interaktion und Imitation. Ihr Zusammenspiel<br />

ermöglicht uns, selbst grammatisch<br />

sehr komplexe Sprachen zu lernen.<br />

Muster im Sprachbrei<br />

Die Immersion beginnt schon in der Wiege:<br />

«Wir werden in die Sprache eingetaucht<br />

wie die Täuflinge in den Jordan»,<br />

sagt Sabine Stoll. Als Babys und Kleinkinder<br />

sind wir umgeben von Sprache. «Ein<br />

Kind hört in den ersten drei bis vier Lebensjahren<br />

Millionen von Wörtern.» Das<br />

kognitive Kunststück besteht nun darin,<br />

aus diesem Strom von Lauten Bestandteile<br />

wie Wörter oder Sätze zu filtern und ihren<br />

Sinn zu verstehen, das heisst, zu interpretieren,<br />

was uns da entgegenschlägt<br />

und zuerst mal so klingt wie das, was uns<br />

zum Essen vorgesetzt wird: wie Brei.<br />

In diesem Sprachbrei gibt es Muster.<br />

Und wir können diese erkennen. Eine Fähigkeit,<br />

die uns angeboren ist. Sie ist das<br />

Fundament unseres stupenden Talents,<br />

Sprachen zu lernen. Kleinkinder analysieren<br />

ständig – unbewusst – den sprachlichen<br />

Input ihrer Umwelt und machen sich<br />

darauf einen Reim. «Indem es Millionen<br />

von Äusserungen verarbeitet, erfährt das<br />

Kind viel über die Regularität der Sprache»,<br />

sagt Sabine Stoll, «mit ihren Mustern<br />

wird es im ersten Lebensjahr schon unzählige<br />

Male konfrontiert.»<br />

Klar ist: Je grösser, je vielfältiger der<br />

Input ist, desto mehr Material hat das<br />

Kleinkind, mit dem es arbeiten kann.<br />

Wichtig ist aber auch die Qualität, betont<br />

Sabine Stoll. Damit meint sie, wie das Kind<br />

Sprache erlebt: «Es macht wenig Sinn, ein<br />

Kleinkind vor den Fernseher zu setzen<br />

und zu hoffen, so lerne es beispielsweise<br />

Hindi», sagt die Sprachwissenschaftlerin,<br />

«es braucht das Zwischenmenschliche,<br />

die Interaktion mit den Eltern oder Geschwistern.»<br />

Wenn wir Sprache(n) lernen,<br />

beziehen wir die Umgebung ein und interpretieren<br />

sie. Dazu gehören etwa Körpersprache<br />

und Mimik der Bezugspersonen.<br />

Diese Interaktion, womit wir bereits beim<br />

dritten grossen I wären, sorgt dafür, dass<br />

36<br />

5/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


Fokus: Sprache<br />

Damit ein Kind eine Sprache lernen kann, braucht es die Interaktion mit den Bezugspersonen.<br />

Bild: Adobe Stock<br />

wir die Interpretation des Gesprochenen<br />

ständig präzisieren und anpassen können.<br />

Eine Voraussetzung, um verstehen zu<br />

können, was das Gegenüber sagt und damit<br />

auch meint, ist die «Theory of Mind».<br />

Sie beschreibt die Fähigkeit, sich in die Gedanken<br />

anderer hineinzuversetzen. Das<br />

können vor allem wir Menschen. Menschenaffen,<br />

davon geht man heute aus,<br />

verfügen allenfalls über einfache Formen<br />

der Theory of Mind.<br />

Baum, puu, zuhaitz<br />

Zum grossen I der Interpretation gehört,<br />

Symbole zu erkennen und mit Bedeutung<br />

zu verbinden. So können wir das geschriebene<br />

Wort «Baum» mit dem Baum verknüpfen,<br />

den wir draussen im Wald sehen.<br />

Das ist essenziell, weil unsere Sprache<br />

arbiträr ist, das heisst Bedeutungen und<br />

Wörter willkürlich zuordnet. In verschiedenen<br />

Sprachen wird dasselbe mit verschiedenen<br />

Wörtern bezeichnet – der<br />

Baum etwa als arbre, tree, puu oder zuhaitz,<br />

um ein paar Beispiele aus dem europäischen<br />

Sprachraum zu nennen. Tiere<br />

können Laute ebenfalls mit Bedeutungen<br />

verbinden. So haben Erdmännchen verschiedene<br />

Rufe für Feinde in der Luft und<br />

auf dem Boden. Affen oder Vögel kennen<br />

vergleichbare Alarmrufe. Allerdings ist<br />

das sprachliche Repertoire von Tieren<br />

meist beschränkt. So verfügen Affen oder<br />

Erdmännchen über drei Ruftypen: Alarmrufe,<br />

Futterrufe und Rufe, um in Kontakt<br />

zu bleiben. Diese könnten der Situation<br />

angepasst werden. Anders als wir Menschen<br />

können Tiere jedoch nicht neue<br />

Wörter schöpfen. «Unsere Sprache ist viel<br />

produktiver und kreativer», sagt UZH-<br />

Verhaltensbiologe Simon Townsend, «im<br />

Englischen beispielsweise gibt es 40 Phoneme,<br />

also Laute, und wir können diese zu<br />

mehr als 200 000 Wörtern kombinieren.»<br />

Von älteren Tieren lernen<br />

Schliesslich lernen wir Sprache, indem wir<br />

imitieren, was wir hören, womit wir beim<br />

vierten grossen I wären. Später, wenn wir<br />

lesen und schreiben lernen, auch was wir<br />

sehen. Damit sind wir auf der «anderen<br />

Seite» des Spracherwerbs angelangt, der<br />

Produktion von Sprache. Sprechen und<br />

schreiben lernen wir nach dem Trial- and-<br />

Error-Prinzip, indem wir imitieren, was<br />

wir gehört haben, und unsere Äusserungen<br />

falls nötig korrigieren.<br />

Wie die Sprachforschung bei Tieren<br />

zeigt, lernen beispielsweise auch Affen<br />

oder Erdmännchen dank der Rückmeldung<br />

älterer Tiere, wann welche Rufe verwendet<br />

werden. Wichtig ist: Dieses Lautrepertoire<br />

ist angeboren. Affen und Erdmännchen<br />

sind keine «vocal learners».<br />

Das bedeutet, sie können keine Laute lernen,<br />

die nicht bereits zum Sprachrepertoire<br />

ihrer Art gehören. Das können ausser<br />

dem Menschen noch einige andere Tiere.<br />

Dazu gehören Wale, Seehunde, Seelöwen,<br />

Elefanten und bestimmte Vögel. Sie stehen<br />

uns in dieser Hinsicht näher als unsere<br />

nächsten Verwandten.<br />

Unsere Sprache ist in allen drei Dimensionen<br />

– Struktur, Laute und Inhalt –<br />

viel komplexer als die Tiersprachen, die<br />

jeweils Elemente menschlicher Sprache<br />

hervorgebracht haben. Entsprechend<br />

komplexer und aufwendiger ist es für uns,<br />

die Sprache(n) zu lernen. Das Erstaunliche<br />

dabei ist: Wir können es. Es wird uns in die<br />

Wiege gelegt.<br />

Dieser Text erschien erstmals im UZH Magazin 2021/2.<br />

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Fokus: Sprache<br />

Was macht<br />

die Linguistin<br />

in der Klinik?<br />

Kommunikation ist wesentlich in der medizinischen Behandlung.<br />

Ebenso kann eine Erkrankung die Sprache verändern.<br />

Diese und weitere Wechselwirkungen zwischen Sprache und Medizin<br />

erforscht das Kompetenzzentrum Language & Medicine Zurich.<br />

Dr. med. Anke Maatz, Psychiatrische Universitätsklinik Zürich,<br />

und lic. phil. Yvonne Ilg, Deutsches Seminar UZH<br />

«Wie geht es Ihnen denn heute?» Sprache ist ein wesentliches Element in der medizinischen Behandlung.<br />

Sprache und Medizin haben viele<br />

Schnittstellen [1, 2]: Unsere Sprache<br />

– konkret unser Sprechen,<br />

Hören und Verstehen – ist ein<br />

Medium, in dem sich beispielsweise Pathologien<br />

manifestieren. Sie kann daher<br />

auch als Diagnostikum dienen. Gleichzeitig<br />

gehört es zu den ärztlichen Aufgaben,<br />

die Fähigkeit zu sprechen, zu hören und<br />

zu verstehen zu erhalten oder wiederherzustellen.<br />

Als zentrale Form sozialer Interaktion<br />

ist Sprache zudem Behandlungsmedium<br />

und das ärztliche Gespräch<br />

ein wesentliches Heilmittel. Schliesslich<br />

ist sie sowohl als Fach- als auch als Alltagssprache<br />

unser zentrales Diskursmedium,<br />

das Wissen erschliesst, transportiert<br />

und unsere Wahrnehmung von Gesundheit<br />

und Krankheit sowie des Gesundheitssystems<br />

prägt. Sprache ist in der<br />

Medizin also auf ganz unterschiedliche<br />

Weise relevant. Um sie diagnostisch und<br />

therapeutisch gezielter nutzen zu können,<br />

sind linguistisches Wissen sowie<br />

Methoden zu ihrer Erforschung unerlässlich.<br />

Andersherum kann pathologisch<br />

verändertes oder therapeutisch genutztes<br />

Bild: Adobe Stock<br />

38<br />

5/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


Fokus: Sprache<br />

Sprechen, Hören und Verstehen das Verständnis<br />

der allgemeinen Strukturen und<br />

Funktionsweisen von Sprache vertiefen.<br />

Kommunikation bei Kopfschmerzen<br />

Vor dem Hintergrund dieses Potentials<br />

wurde 2021 an der Universität Zürich das<br />

Kompetenzzentrum Language & Medicine<br />

Zurich gegründet [3] (siehe Box).<br />

Zwei Beispiele für Projekte:<br />

Während Kommunikation im klinischen<br />

Handeln allgemein als wichtig<br />

erachtet wird, wie etwa die häufigen Praxistipps<br />

zu diesem Thema in der Schweizer<br />

Ärztezeitung zeigen [4], ist klinische<br />

Kommunikation in der medizinischen<br />

Forschung und Lehre unterrepräsentiert.<br />

Das Projekt «ComPain – Communication<br />

of Pain in Patients with Headache» [5]<br />

steht an der Schnittstelle von Neurologie,<br />

Psychiatrie und Linguistik. Auf Video<br />

aufgezeichnete Konsultationen in der<br />

Kopfschmerzsprechstunde am Universitätsspital<br />

Zürich werden gemeinsam mit<br />

klinischen Daten analysiert, um diagnostisch<br />

relevante sprachliche Muster sowie<br />

Zusammenhänge von Kommunikation und<br />

Behandlungszufriedenheit zu erkennen.<br />

Sprechen über psychische<br />

Erkrankungen<br />

Im Projekt «Drüber reden! Aber wie?»<br />

(www.drueberreden.ch) sind Betroffene<br />

und Angehörige eingeladen, von ihren<br />

Erfahrungen mit psychischen Erkrankungen<br />

zu erzählen. Fachpersonen und<br />

Betroffene analysieren anschliessend gemeinsam<br />

die auf Video aufgezeichneten<br />

Gespräche. Der Fokus liegt dabei auf<br />

den kommunikativen Ressourcen der<br />

Teil nehmenden zur Überwindung der<br />

Schwierigkeit, die das Sprechen über psychische<br />

Erkrankungen gerade ausserhalb<br />

des klinischen Kontexts häufig darstellt<br />

[6]. Zudem wird auf Basis dieser Daten<br />

ein Modul zur psychischen Gesundheit<br />

für die Schweizer Datenbank für Gesundheits-<br />

und Krankheitserfahrungen (DIPEx,<br />

www.dipex.ch) erarbeitet.<br />

Ein Kompetenzzentrum für Sprache und Medizin<br />

Das Kompetenzzentrum Language & Medicine Zurich wird von Prof. Dr. Johannnes<br />

Kabatek, Romanisches Seminar, und Prof. Dr. Nathalie Giroud, Arbeitsgruppe «Neurowissenschaften<br />

der Sprache und des Hörens», geleitet. Es dient als Ideenschmiede und<br />

Ort des inter- bzw. transdisziplinären Lernens und vernetzt Klinikerinnen und Kliniker<br />

mit Forschenden insbesondere aus der (Computer-)Linguistik und der Neurowissenschaft.<br />

Forschungskolloquien und Events wie etwa der Language&Medicine-Market<br />

bieten die Möglichkeit, Forschungsprojekte vorzustellen und Kontakte zu knüpfen.<br />

Weiter soll das Zentrum den Austausch zu unterschiedlichen Methoden und Herangehensweisen<br />

fördern und bestehende Ressourcen bündeln und koordinieren.<br />

Markenzeichen ist dabei die konsequent gelebte Interdisziplinarität, also die Kollaboration<br />

zwischen Medizin und Linguistik und den jeweils verwandten Wissenschaften.<br />

Mit der Vergabe von Seed-Grants konnten jüngst mehrere Vorhaben interdisziplinärer<br />

Zusammenarbeit gefördert werden. Thematisch haben sich bisher die folgenden<br />

Bereiche herauskristallisiert:<br />

– Stimm-, Sprech- und Sprachplastizität,<br />

– sprachliche Marker zur Prädiktion von Krankheits- und Therapieverlauf<br />

bei (neuro)psychiatrischen Erkrankungen,<br />

– klinische Kommunikation, einschliesslich der Frage der Mehrsprachigkeit<br />

und der Mundartkommunikation.<br />

Weitere Informationen unter www.language-and-medicine.uzh.ch<br />

Diskussion und Ausblick – oder:<br />

Was bringt’s?<br />

Das «Alltagsgeschäft der Interdisziplinarität»<br />

[7] bedeutet immer auch einen Mehraufwand,<br />

zeitlich und personell. Was also<br />

ist der Nutzen?<br />

Im klinischen Alltag führt der Einbezug<br />

der Sprachwissenschaft zu einer höheren<br />

Achtsamkeit für die verbale und nonverbale<br />

Kommunikation: Wie spreche ich?<br />

Wie spricht mein Gegenüber? Wie sprechen<br />

wir miteinander? Wie benutze ich<br />

Fachsprache? Wie setze ich technische und<br />

digitale Hilfsmittel in der Kommunikation<br />

ein? Die Sprachwissenschaft ermöglicht es,<br />

entsprechende Beobachtungen systematisch<br />

zu erfassen, kommunikative Ressourcen<br />

sichtbar zu machen sowie diese<br />

hinsichtlich ihrer klinischen Wirkung zu<br />

untersuchen und zu verbessern.<br />

Aus Sicht der Sprachwissenschaft bietet<br />

die Zusammenarbeit mit der Medizin<br />

für die Forschung im klinischen Kontext<br />

erst die Möglichkeit, verschiedene Kommunikationsformen,<br />

ihren Kontext sowie<br />

relevante pathologische Phänomene adäquat<br />

zu untersuchen, zu verstehen und<br />

Ergebnisse in die Praxis zurückzuspielen.<br />

Nicht selten führt der medizinische Blickwinkel<br />

dabei zu neuen Fragen und Erkenntnissen,<br />

die für die Erforschung der<br />

menschlichen Kommunikation – auch unabhängig<br />

vom klinischen Kontext – relevant<br />

sind.<br />

Zwar ist die Linguistin in der Klinik –<br />

ausser zum Zweck der Erhebung von Forschungsdaten<br />

– noch nicht Realität, jedoch<br />

will das Kompetenzzentrum die Interdisziplinarität<br />

künftig besonders in der<br />

klinischen Kommunikation nutzen. Es<br />

soll eine Brücke schlagen zwischen Medizin<br />

und Geisteswissenschaft, zwischen<br />

Grundlagenforschung und klinischer Anwendung,<br />

um Diagnostik und Therapie<br />

durch die Erforschung sprachbezogener<br />

Phänomene im medizinischen Kontext zu<br />

verbessern.<br />

Literatur<br />

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Handbuch Sprache und Wissen. Berlin,<br />

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Sprachwissenschaftliche Zugänge und<br />

interdisziplinäre Perspektiven, hrsg. v.<br />

dens. Berlin, Boston: De Gruyter. S. 1–10.<br />

https://doi.org/10.1515/9783110688696.<br />

[3] Ilg Y, Maatz A (2022):<br />

Leichter gesagt als getan? Ein Bericht aus<br />

der interdisziplinären Praxis zwischen<br />

Linguistik und Medizin. Scientia Poetica<br />

26(1): S. 245–262.<br />

[4] Langewitz W (<strong>2023</strong>):<br />

Ich sage Katze, aber Du verstehst Schwein.<br />

Schweizer Ärztezeitung <strong>2023</strong>;104(22):<br />

S. 80–81.<br />

[5] Eicher E, Räz S, Stucki P, Röthlin<br />

C, Stattmann M et al. (<strong>2023</strong>): ComPAIN–<br />

Communication of Pain in Patients with<br />

Headache. Clin. Transl. Neurosci. 7, 14.<br />

https://doi.org/10.3390/ctn7020014.<br />

[6] Maatz A, Ilg Y, Wiemer H (2022):<br />

Einfach drüber reden? Eine interdisziplinäre<br />

Untersuchung zu Schwierigkeiten und<br />

Ressourcen beim Reden über Erfahrungen<br />

psychischer Erkrankung. Sozialpsychiatrische<br />

Informationen 3: S. 6–12.<br />

[7] Gülich, E (2006): Das Alltagsgeschäft<br />

der Interdisziplinarität. Deutsche<br />

Sprache 34(1-2): S. 6–17.<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 5/23 39


Perspektiven<br />

Aktuelles zur Adipositas:<br />

Aufbruchsstimmung!? – Die schöne neue Pharmakotherapie<br />

Therapie statt<br />

Chirurgie?<br />

Neue Medikamente versprechen bei Menschen mit Adipositas eine<br />

Gewichtsabnahme, die den Erfolgen chirurgischer Eingriffe nahekommt.<br />

Eine schöne Nachricht – gäbe es da nicht zwei Haken.<br />

Dr. med. Susanne Maurer, Adimed – Zentrum für Adipositas- und Stoffwechselmedizin Winterthur GmbH<br />

Es herrscht Aufbruchsstimmung<br />

bei uns Adiposiologen. Und<br />

nein: Wir sind keine «Dickenärzte»!<br />

Wir haben in den letzten<br />

zehn Jahren viel gelernt über die<br />

Ursachen und die Pathophysiologie der<br />

Erkrankung Adipositas. Dies erzeugt peu<br />

à peu nicht nur bei unseren Patientinnen<br />

und Patienten, sondern auch bei uns Spezialisten<br />

eine Entdiskriminierung unserer<br />

eigenen Arbeit und Selbstwert für unsere<br />

Daseinsberechtigung.<br />

Und ja: Endlich könnten wir Adipositas<br />

auch pharmakologisch und nicht nur<br />

chirurgisch behandeln, wenn da nicht –<br />

aber eins nach dem anderen …<br />

Gewicht ist nur ein Symptom<br />

In den letzten zwei Jahren hat sich in<br />

meinem Kopf eine andere Definition<br />

des Begriffes Adipositas als Erkrankung<br />

ge bildet: Adipositas ist eine multifaktoriell<br />

bedingte, polygenetisch-umweltgetriggerte<br />

Störung der Energiebilanzregulation<br />

mit dem Hauptsymptom eines<br />

Bilder: Adobe Stock<br />

40<br />

5/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


Perspektiven<br />

erhöhten und/oder fehlverteilten Fettgewebes,<br />

welche zu Lebensqualitäts- und<br />

Lebenszeitreduktion infolge schwerwiegender<br />

metabolischer, mechanischer,<br />

mentaler und sozial­ monetärer Begleiterkrankungen<br />

führt.<br />

Gewicht ist dabei nur ein Symptom,<br />

wie beispielsweise Fieber ein Symptom<br />

eines Infektes, aber auch eines Schädelhirntraumas<br />

sein kann. Gewicht sollte<br />

ausschliesslich als Screening- und nicht<br />

als Behandlungsindikationskriterium genutzt<br />

werden.<br />

Vielfältige Ursachen<br />

Biologische Faktoren, wie z. B. die Genetik,<br />

sind bedeutend für die Entstehung<br />

von Adipositas: So korreliert der BMI von<br />

Menschen, die im ersten Lebensjahr adoptiert<br />

wurden, am ehesten mit dem BMI der<br />

leiblichen Mutter. Eine Insulinresistenz<br />

und hormonelle Aspekte der Hunger-Sättigungs-Regulation<br />

können sehr wohl genetisch<br />

disponiert sein, aber Gene benötigen<br />

die Anschaltung/Abschaltung durch<br />

die Umwelt, um Effekte auf Proteinebene<br />

zu erzeugen.<br />

Dabei kann z. B. Mikroplastik in der<br />

Nahrungskette im Fettgewebe eingelagert<br />

werden und den Fettabbau infolge von<br />

Entzündung erschweren. Persistant Organic<br />

Pollutants (z. B. Pestizide oder Pflanzenschutzmittel)<br />

können endokrine Disruptoren<br />

sein und in die Regulation des<br />

Stoffwechsels eingreifen. Auch eine verminderte<br />

Thermoregulation infolge gut<br />

geheizter Räume kann zur Adipositasgenese<br />

beitragen.<br />

Menschen mit niedrigerem Einkommen<br />

sind schwerer; möglicherweise nicht<br />

nur, weil auch ein niedrigerer Bildungsgrad<br />

mit Adipositas korreliert, sondern –<br />

wie eine aktuelle Studie aus Deutschland<br />

zeigt – auch, weil eine höhere Dichte von<br />

Fastfood-Restaurants in diesen Wohngegenden<br />

eruiert werden konnte.<br />

Menschen, die im Schichtsystem arbeiten<br />

und Disruptionen ihres Schlafes<br />

ertragen müssen, haben mehr Gewicht.<br />

Stress ist eine mittlerweile klar erkannte<br />

Ursache für Adipositas. Und all diese Aspekte<br />

interagieren miteinander.<br />

VERHALTEN<br />

Essen<br />

Trinken<br />

Sport<br />

GESUND-<br />

HEITSFAKTOR<br />

Schlaf<br />

Stress<br />

Hygiene<br />

SOZIO-<br />

DEMO-<br />

GRAPHIE<br />

Ethnie<br />

Migration<br />

LEBENSVER-<br />

HÄLTNIS<br />

Supermarkt<br />

Freizeit<br />

Pharmakotherapie wirkt auf<br />

verschiedenen Ebenen<br />

Seit dem Jahr 2017 sind in der Schweiz<br />

GLP-1-Rezeptor-Agonisten zur Behandlung<br />

der Adipositas zugelassen. GLP-1 ist<br />

ein körpereigenes Hormon, welches von<br />

spezialisierten Darmzellen insbesondere<br />

nach kohlenhydratreicher Nahrung ausgeschüttet<br />

wird. Nach wenigen Minuten<br />

wird das Peptid durch die Dipeptidylpeptidase<br />

(DDP) 4 im Blut deaktiviert.<br />

GLP-1-Rezeptor-Agonisten (RA) sind Analoga<br />

dieses Polypeptides, welche nicht<br />

durch DPP 4 deaktiviert werden können<br />

und durch die Albuminbindung lange in<br />

der Blutbahn zirkulieren. Die Therapie erfolgt<br />

durch eine tägliche/wöchentliche<br />

BIOLOGIE<br />

Genetik<br />

Stoffwechsel<br />

Hormone<br />

GRÜNDE<br />

FÜR<br />

ADIPOSITAS<br />

UMWELT<br />

Raumklimatisierung<br />

Mikroplastik<br />

ÖKONOMIE<br />

Einkommen<br />

Bildung<br />

SOZIALER<br />

FAKTOR<br />

Partnerschaft<br />

Beziehung<br />

PSYCHE<br />

Depressionen<br />

ADHS, Emotionsregulation<br />

Resilienz<br />

subkutane Injektion, an oral einsetzbaren<br />

Molekülderivaten wird geforscht.<br />

In der Schweiz sind aktuell Saxenda®<br />

(Liraglutid) und Wegovy® (Semaglutid) zugelassen,<br />

wobei Wegovy® hier momentan<br />

noch nicht verfügbar ist. Eine dritte Substanz<br />

mit der Bezeichnung Tirzepatid befindet<br />

sich in einer grossen Phase-3-Studie.<br />

Tirzepatid wirkt sowohl agonistisch am<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 5/23 41


Perspektiven<br />

GLP-1-Rezeptor als auch am Rezeptor des<br />

glukoseabhängigen insulinotropen Polypeptids<br />

(GIP) und ist somit ein Bi-Agonist.<br />

Unter dem Namen Mounjaro® wurde die<br />

Substanz von Swissmedic bereits für die<br />

Therapie des DmT2 zugelassen und wird<br />

dafür wohl Anfang 2024 verfügbar sein.<br />

Diese Medikamente erzeugen ihre<br />

Wirkung am GLP-1-Rezeptor: Im ZNS<br />

kommt es zur Sättigungssteigerung, zur<br />

Reduktion der Nahrungsaufnahme und<br />

des Körpergewichtes sowie zur Vermehrung<br />

der Übelkeit. An der Bauchspeicheldrüse<br />

resultieren eine Erhöhung der nahrungsabhängigen<br />

Insulinwirkung, eine<br />

Modifikation der Insulinaktion und eine<br />

Verminderung der Glucagonausschüttung.<br />

Am Magen-Darm-Trakt wird die Propulsion<br />

der Magen-Darm-Passage reduziert.<br />

Zudem werden am GIP-Rezeptor im<br />

ZNS Nahrungsaufnahme und Körpergewicht,<br />

aber auch Übelkeit reduziert sowie<br />

der Energieverbrauch erhöht. Am Pankreas<br />

werden die Insulinsekretion und die glukoseabhängige<br />

Glucagonsekretion gesteigert.<br />

Am subkutanen Fettgewebe erfolgen<br />

eine Verbesserung von Insulinsensitivität,<br />

Lipidpufferkapazität, Blutfluss und Fettspeicherkapazität<br />

sowie eine Reduktion<br />

von proinflammatorischen Prozessen.<br />

Wirkung indirekter Effekte<br />

Zusätzlich kommen auch indirekte Effekte<br />

zum Tragen: Beim GLP-1-Rezeptor erfolgt<br />

systemisch eine Verminderung der<br />

Hyperglykämie, an der Leber eine Steigerung<br />

der Insulinsensitivität sowie eine<br />

Reduktion der Glukoseproduktion und<br />

der ektopischen Lipidakkumulation.<br />

Beim GIP-Rezeptor erfolgen systemisch<br />

eine Verminderung der Hyperglykämie<br />

und eine Verbesserung der<br />

nahrungs abhängigen Thermogenese. Am<br />

Skelettmuskel hat die Therapie eine<br />

Verbes serung der Insulinsensitivität und<br />

der metabolischen Flexibilität sowie eine<br />

Verminderung der ektopischen Lipidakkumulation<br />

zur Folge.<br />

Noch effizientere Substanzen<br />

in der Pipeline<br />

Die durchschnittliche Gewichtsabnahme<br />

unter Liraglutid beträgt nach einem Jahr<br />

ca. zehn Prozent. Allerdings schwächt sich<br />

die Wirkung bei fortgesetzter Therapie etwas<br />

ab. Bitte nicht vergessen: Es handelt<br />

sich um eine polygenetische, sehr komplexe<br />

Erkrankung, und wir setzen mit dieser<br />

Therapie an einem einzigen Rezeptor<br />

im System an. Nach drei Jahren resultiert<br />

bei fortgesetzter Therapie eine Gewichtsabnahme<br />

von 7,5 Prozent. Diese Gewichtsabnahme<br />

reicht aus medizinischer Sicht<br />

bei 80 Prozent unserer Patientinnen und<br />

Patienten, um Gesundheit und Lebensqualität<br />

zu verbessern.<br />

Semaglutid ist dabei effizienter mit<br />

einem mittleren Gewichtsverlust von<br />

15 Prozent nach zwei Jahren. Tirzepatid<br />

wird an der 20-Prozent-Marke kratzen, damit<br />

kommen wir langsam in die Regionen<br />

der Wirkung einer chirurgischen Therapie<br />

der Adipositas.<br />

Und so unglaublich es klingt: Derzeit<br />

befinden sich mindestens noch 20 weitere<br />

Substanzen in der Pipeline, die eine Multirezeptor-Wirkung<br />

entfalten können. Diese<br />

neuen Medikamente werden uns in den<br />

nächsten zehn bis fünfzehn Jahren tatsächlich<br />

auf Augenhöhe mit der Chirurgie<br />

bringen.<br />

Zwei grosse Fragezeichen<br />

Bei aller Euphorie gibt es jedoch zwei<br />

grosse medizinische Fragezeichen: Welche<br />

Substanz soll bei welchen Patientinnen<br />

und Patienten zum Einsatz kommen?<br />

Und wie soll das bezahlt werden? Die<br />

42<br />

5/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


Perspektiven<br />

Therapie mit Liraglutid wird von den<br />

Kran ken kassen unter bestimmten Bedingungen<br />

während dreier Jahre bezahlt.<br />

Die Limi tation ist alles andere als befriedigend<br />

geregelt. 15 Prozent der erwachsenen<br />

Schweizerinnen und Schweizer haben<br />

eine Adipositas, aber nicht alle benötigen<br />

eine Behandlung. Viele Betroffene fordern<br />

diese jedoch ein. Wen genau sollen wir also<br />

behandeln? Wir wissen schon jetzt, dass<br />

wir chronisch behandeln müssen. Denn<br />

wenn wir die Therapie beenden, nehmen<br />

Betroffene nicht selten – wie dies auch bei<br />

anderen Gewichtsreduktionsstrategien oft<br />

der Fall ist – über das Startniveau hinaus<br />

an Gewicht zu.<br />

Lifestyle vs. Krankheit<br />

Wahrscheinlich haben auch Sie den unglaublichen<br />

Hype nach der Twitter-Aktion<br />

zum Semaglutid von Elon Musk mitbekommen.<br />

Das Resultat sehe ich täglich:<br />

Wartezeiten von sechs bis acht Monaten<br />

für neue Patientinnen und Patienten in<br />

unserem Zentrum; aktuelle Therapieunterbrüche<br />

bei der Hälfte meiner Patienten,<br />

da Saxenda® nicht lieferbar ist;<br />

der Ausverkauf von Ozempic®, was nicht<br />

lustig ist für unsere DmT2-Patienten;<br />

übergriffige Aktivitäten von notleidenden<br />

Patienten, die mich über Sicherheitsmassnahmen<br />

für meine Mitarbeitenden nachdenken<br />

lassen – dies alles ist dabei. Soll es<br />

wirklich Ziel sein, dass reiche Menschen<br />

eine hervorragende personalisierte Ernährungs-<br />

und Bewegungsbegleitung sowie<br />

Pharmakotherapie erhalten und arme<br />

Menschen operiert werden?<br />

Wir müssen uns als Ärztinnen und<br />

Ärzte, Betroffene sowie als Gesellschaft<br />

grundsätzlich Gedanken über diese bulimische<br />

Ökonomie machen: Wir erzeugen<br />

durch den Konsum von Produkten Probleme,<br />

welche wir durch die Produktion anderer<br />

Produkte und deren Konsum zu<br />

mindern wünschen.<br />

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<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 5/23 43


Perspektiven<br />

Aus der «Therapeutischen Umschau»* – Übersichtsarbeit<br />

Tipps und Tricks<br />

in der Behandlung offener<br />

Handverletzungen in<br />

der Notfallpraxis<br />

Reto Fuhrer, Bettina Juon Personeni und Esther Vögelin,<br />

Universitätsklinik für Plastische- und Handchirurgie, Inselspital Bern<br />

Zu den behandelten Themen gehören<br />

einerseits die vorbereitenden<br />

Massnahmen wie Lokalanästhesie,<br />

die Möglichkeit der<br />

zusätzlichen Fingerblutleere, -sperre oder<br />

der medikamentösen Vasokonstriktion<br />

mit Adrenalin, andererseits dann die Diagnostik<br />

und Behandlung von subungualen<br />

Hämatomen, Luxationen der Nagelplatte<br />

sowie Verletzungen des Nagelbettes.<br />

Aufgezeigt werden sollen zudem die<br />

Anwendungsbereiche und insbesondere<br />

auch die Grenzen des Semiokklusivverbandes<br />

in der Behandlung der Fin ger kuppenamputationen.<br />

Als letztes folgen dann<br />

noch ein paar Ratschläge zur Behandlung<br />

von Infekten, Bisswunden und Verbrennungen.<br />

lediglich als subkutanes Depot möglich.<br />

Falls proximal des A1-Ringbandes infiltriert,<br />

reichen im Gegensatz zur klassischen<br />

Infiltration von dorsal 1 – 2 ml des<br />

Anästhetikums, um sowohl die palmaren,<br />

als auch die dorsalen Anteile des Fingers<br />

suffizient zu betäuben. Zudem sind<br />

Nachinjek tionen signifikant weniger häufig<br />

notwendig und der dorsale venöse Abfluss<br />

wird nicht behindert [2].<br />

Vor Durchführung der Lokalanästhesie<br />

erfolgt zwingend die Prüfung und Dokumentation<br />

der Oberflächensensibi lität<br />

mittels Erhebung der Zweipunktediskrimination.<br />

Die Wahl des Lokalanästhetikums<br />

hängt von der erwünschten Wirkdauer ab.<br />

Lidocain wird bereits nach ca. zwei Stunden<br />

seine Wirkung verlieren, wohingegen<br />

die Anästhesie mit Mepivacain bis vier,<br />

Bupivacain bis zu acht und Ropivacain sogar<br />

bis zu zwölf Stunden dauern kann.<br />

Durch Pufferung des pH-Wertes mittels<br />

Beimengung von Natrium-Bicarbonat<br />

8.4 % (Verhältnis 1:10) kann das Brennen<br />

beim Injizieren des Lokalanästhetikums<br />

Lokalanästhesie<br />

Viele Eingriffe aus dem Gebiet der Handchirurgie<br />

wie ein fache Wundversorgungen,<br />

Sehnennähte, Knochenbrüche aber<br />

auch komplexere Rekonstruktionen können<br />

in örtlicher Betäubung und im ambulanten<br />

Setting durchgeführt werden.<br />

Die Leitungsanästhesie am Finger erfolgt<br />

klassischerweise von dorsal gemäss<br />

Oberst durch zwei Punktionsstellen [1].<br />

Alternativ ist die Injektion des Lokalanästhetikums<br />

über einen singulären Einstich<br />

palmar als sogenannte intrathekale Anästhesie<br />

in die Beugesehnenscheide oder<br />

* Der Artikel erschien ursprünglich in der<br />

«Therapeutischen Umschau» (2020), 77(5),<br />

199–206.<br />

Abbildung 1. Die singuläre subkutane Injektion zur Fingerleitungsanästhesie erfolgt proximal des<br />

A1-Ringbandes mit ca. 1 – 2 ml des Anästhetikums.<br />

44<br />

5/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


Perspektiven<br />

vermindert werden. Ausnahme: Die Alkanisierung<br />

von Ropivacain wird im klinischen<br />

Alltag nicht empfohlen.<br />

Das Wichtigste für die Praxis<br />

– Die Leitungsanästhesie erfolgt<br />

klassisch nach Oberst oder mittels<br />

singulärer palmarer Injektion.<br />

– Mögliche kurzwirksame Anästhetika<br />

sind Lidocain und<br />

Mepivacain; Bupivacain und<br />

Ropivacain sind langwirksam.<br />

– Durch Pufferung des pH-Wertes<br />

mittels Beimengung von<br />

Natrium­ Bicarbonat 8,4 %<br />

(Verhältnis 1:10) kann das<br />

Brennen beim Injizieren<br />

des Lokalanästhetikums<br />

vermindert werden.<br />

Fingerblutleere, Fingerblutsperre<br />

oder medikamentöse<br />

Vasokon striktion?<br />

Zur korrekten Reinigung, Beurteilung und<br />

chirurgischen Versorgung einer frischen<br />

Fingerverletzung ist nebst der suffizienten<br />

Anästhesie eine Blutsperre oder -leere<br />

(entspricht der Blutsperre inklusive venöser<br />

Auswickelung des Operationsgebietes)<br />

hilfreich. Zum Erreichen der Blutleere<br />

kann der Kleinfinger eines sterilen Handschuhs<br />

von distal nach proximal über den<br />

verletzten Finger gewickelt werden. Die<br />

Dauer der Blutsperre wird so kurz wie<br />

möglich gewählt und überschreitet im<br />

Praxisalltag 60 Minuten nicht zur Vermeidung<br />

von Kompressionsschäden an den<br />

peripheren Nerven. Die venöse Auswickelung<br />

vor Anlage der Fingerblutsperre ist<br />

bei Infekten zur Vermeidung von Keimverschleppung<br />

kontraindiziert. Dann soll<br />

lediglich ein kräftiger Gummischlauch<br />

um die Grundphalanx angelegt und mittels<br />

Klemme fixiert werden.<br />

Auch mittels medikamentöser Vasokonstriktion<br />

kann eine gute lokale Blutstillung<br />

und damit eine gute Übersicht<br />

erreicht werden. Diese Methode wird als<br />

WALANT-Anästhesie bezeichnet. Das englische<br />

Akronym steht für «wide-awake<br />

local anesthesia no tourniquet». Im Rahmen<br />

dieser von Donald Lalonde 2003<br />

eingeführten Methode wird nebst dem<br />

Lokal anästhetikum Epinephrin appliziert,<br />

um eine Vasokonstriktion zur Blutstillung<br />

ohne Blutsperre zu erreichen [3].<br />

Trotz Fallberichten über Fingernekrosen<br />

Abbildung 2. Fingerblutleere mit Fingerling eines Handschuhes.<br />

Abbildung 3. CAVE Falls immer möglich wird<br />

der zur Blutsperre verwendete Gummischlauch<br />

mittels Klemme oder Ähnlichem markiert, um<br />

ein akzidentelles Belassen der Sperre und damit<br />

eine Fingernekrose zu vermeiden.<br />

aus den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts<br />

konnten mehrere aktuelle Studien<br />

aufzeigen, dass die Verwendung von<br />

Epinephrin zur Vasokonstriktion in der<br />

Handchirurgie auch an Fingern sicher<br />

eingesetzt werden kann [3].<br />

Abbildung 4. Anlage einer Fingerblutsperre<br />

mittels Gummischlauches und Markierung<br />

mittels Klemme.<br />

Abbildung 5. Blutleeres Operationsfeld nach<br />

Infiltrationsanästhesie nach WALANT. Die<br />

Zeitspanne bis zum Erreichen eines blutungsfreien<br />

Operationsfeldes beträgt ca. 30 Minuten.<br />

Das Wichtigste für die Praxis<br />

– Fingerblutsperre mittels eines<br />

Gummischlauches, Fingerblutleere<br />

mittels eines Fingerlings<br />

von einem sterilen Handschuh.<br />

– Keine venöse Auswickelung bei<br />

Infekten.<br />

– Dauer der Fingerblutleere so<br />

kurz wie möglich, jedoch nicht<br />

über 60 Minuten.<br />

– Die medikamentöse Vasokonstriktion<br />

mittels Epinephrin ist<br />

auch an den Fingern möglich. Bei<br />

Hand- oder Fingerverletzungen<br />

mit potenziell bereits Trauma<br />

bedingter Ischämie soll aber<br />

weiterhin keine zusätzliche medikamentöse<br />

Vasokonstriktion<br />

verwendet werden.<br />

Hierzu wird dem Lokalanästhetikum<br />

Adrenalin der Konzentration 1 mg / ml im<br />

Verhältnis von maximal 1:100 000 beigemengt.<br />

Als absolute Kontraindikation<br />

gelten: bekannte Allergie gegen den Wirkstoff,<br />

Engwin kelglaukom, Myasthenia<br />

gravis, Phäochromozytom. Als relative<br />

Kontraindi kationen müssen Leberfunktionsstörungen,<br />

Herzrhythmusstörungen,<br />

Infekte im Fingerbereich beachtet werden.<br />

Bei Hand- oder Fingerverletzungen<br />

mit potenziell bereits Trauma bedingter<br />

Minderdurchblutung verwenden wir vorsichtshalber<br />

keine zusätzliche medikamentöse<br />

Vasokonstriktion. Wichtig ist,<br />

dass es sich bei dieser Methode um eine<br />

Infiltrationsanästhesie und nicht um eine<br />

Nervenblock anästhesie handelt.<br />

Frische Verletzungen am<br />

Fingerendglied<br />

Das subunguale Hämatom<br />

Subunguale Hämatome entstehen meist<br />

durch Quetschung der Endphalanx. Zum<br />

Ausschluss einer ossären Läsion erfolgt<br />

eine konventionelle Röntgenaufnahme in<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 5/23 45


Perspektiven<br />

Abbildung 6. Subunguales Hämatom ohne<br />

Ablösung der Nagelplatte mit Suffusion des<br />

proximalen Nagelwalles.<br />

zwei Ebenen. Durch Trepanation der Nagelplatte<br />

zum Beispiel mittels Kanüle,<br />

Elektrokauter oder erhitzter Büroklammer<br />

kann das Hämatom zur Schmerzbehandlung<br />

entlastet werden. Die Perforation<br />

darf dabei nur durch die Nagelplatte<br />

erfolgen und nicht im Bereich der Lunula,<br />

um die germinative Nagelmatrix nicht zu<br />

verletzen.<br />

Bei grossen Hämatomen kann jeweils<br />

auch eine vollständige Ablösung der Nagelplatte<br />

resultieren. Dann soll die Nagelmatrix<br />

inspiziert, Läsionen gegebenenfalls<br />

adaptiv versorgt und – falls vorhanden –<br />

der originäre Nagel oder ein Kunstnagel<br />

nach Trepanation wieder angebracht und<br />

mittels Matratzennaht fixiert werden.<br />

Das Wichtigste für die Praxis<br />

– Röntgenbildgebung in zwei<br />

Ebenen zum Ausschluss einer<br />

Fraktur.<br />

– Trepanation distal der Lunula<br />

mittels Kanüle, Elektrokauter<br />

oder erhitzter Büroklammer.<br />

Abbildung 7. Aus 10er Einmalspritze zugeschnittene<br />

Nagelplatte.<br />

Luxation der Nagelplatte sowie<br />

Läsion des Nagelbettes<br />

Bei luxierten Nägeln muss zwingend radiologisch<br />

eine Fraktur, welche in 50 % der Fälle<br />

vorliegt, ausgeschlossen werden [4]. Bei<br />

Kindern erfolgt dadurch zudem der Ausschluss<br />

einer dislozierten Epiphysenfraktur<br />

mit assoziierter Nagelbettläsion. Die<br />

Behandlung dieser als Seymour-Fraktur<br />

bezeichneten Entität ist immer operativ,<br />

um interponiertes Gewebe zu entfernen,<br />

die Fraktur anatomisch zu reponieren und<br />

die Läsion des Nagelbettes zu versorgen.<br />

Bei intaktem Nagelbett wird die Nagelplatte<br />

gereinigt, in die Nageltasche reponiert<br />

und mittels Annaht mit nicht resorbierbarem<br />

Faden der Stärke 4 – 0 fixiert.<br />

Diese Haltenaht wird dann nach ca. vier<br />

Wochen entfernt, normalerweise bleibt<br />

der Nagel noch einige Zeit adhärent. Das<br />

komplette Nachwachsen eines Fingernagels<br />

benötigt beim Erwachsenen jedoch<br />

ein Jahr, bis dahin können temporäre<br />

Nageldeformitäten verbleiben. Kann der<br />

Eigennagel nicht mehr verwendet werden,<br />

stehen kommerziell erhältliche Kunstnägel<br />

zur Verfügung. Alternativ kann aus<br />

der Hülle einer 10 ml Einmalspritze ein<br />

passender Nagel zugeschnitten werden.<br />

Das Wichtigste für die Praxis<br />

– Radiologische Bildgebung<br />

zum Ausschluss einer Fraktur –<br />

beim Kind insbesondere der<br />

Seymour-Fraktur – empfohlen.<br />

– Reposition des Nagels zum<br />

Schutz des Nagelbettes notwendig.<br />

– Nagelbettläsionen sollten unter<br />

Zuhilfenahme einer Lupenbrillenvergrösserung<br />

mit feinem<br />

resorbierbarem Nahtmaterial<br />

adaptiert werden.<br />

– Gewebsdefekte können durch<br />

Verkürzung oder Verschmälerung,<br />

alternativ durch autologes<br />

Nagelbettgewebe beispielsweise<br />

einer Zehe ersetzt werden.<br />

Bei Schädigung oder Defekten des<br />

Nagelbettes – sowohl der germinativen<br />

(proximaler Anteil), als auch der sterilen<br />

(distaler Anteil) Nagelmatrix – muss dieses<br />

anatomisch adaptiert oder rekonstruiert<br />

werden. Dies erfolgt unter Zuhilfenahme<br />

einer Lupenvergrösserung sowie<br />

in Fingerblutleere (mechanisch oder als<br />

medikamentöse Vasokon striktion) mittels<br />

eines resorbierbaren Fadens der Stärke<br />

6 – 0. Wenn die Läsion des Nagelbettes in<br />

der proximalen Nageltasche ausläuft, sollte<br />

der proximale Nagelwall einseitig radiär<br />

Abbildung 8. Endphalanxfraktur mit Fingernagelluxation und Nagelbettverletzung. 1) Nicht<br />

reponierte Nagelplatte. 2) Beurteilung der Nagelbettverletzung in Lokalanästhesie und Fingerblutleere,<br />

nach Entfernung der Nagelplatte. 3) Frakturfixation mit Kirschner-Draht, Nagelbettnaht mit<br />

Faden 6 – 0. 4) Korrekte Nagelplattenreposition und Fixation der Nagelplatte.<br />

46<br />

5/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


Perspektiven<br />

Abbildung 9. Fingerkuppendefekt mit freiliegendem Knochen, therapiert mittels Semiokklusivverband<br />

über 9 Wochen. Im Endergebnis funktionell zufriedenstellend bei leicht verkürztem Nagelbett.<br />

inzidiert, angehoben und so dann die Läsion<br />

der germinativen Nagelmatrix korrekt<br />

versorgt werden können.<br />

Fingerkuppendefekte – der<br />

Semiokklusivverband<br />

In der Therapie der Fingerkuppendefekte<br />

gewinnt die Behandlung mittels Semiokklusivverband<br />

zunehmende Beliebtheit<br />

und ersetzt in vielen Bereichen die chirurgische<br />

Lappenplastik [5, 6]. Jedoch gilt es,<br />

einige Grenzen der Methode zu beachten.<br />

Rein subkutan verlaufende Kuppendefekte<br />

im Pulpa bereich ohne Beteiligung<br />

von Hyponychialgewebe eignen sich sehr<br />

gut für die Semiokklusivverbandtherapie.<br />

Auch freiliegender Knochen ist keine Kontraindikation.<br />

Einzelne lose und potenziell<br />

irritierende Knochensplitter können<br />

noch entfernt, spitze distale Enden und<br />

deutliche Überstände der Endphalanx<br />

über das Weichteilniveau mit dem Luer<br />

abgeflacht werden.<br />

Sind entweder die Endphalanx<br />

langstreckig ossär oder Sehnen und<br />

Nerven freiliegend, ist die lokale Lappenplastik<br />

indiziert. Im Falle, dass eine Verletzung<br />

des Hyponychialgewebes oder<br />

ein grosser Knochendefekt vorliegt, kann<br />

durch die relative Überlänge des Nagelbettes<br />

eine Krallennagelfehlbildung (Onychogrypose)<br />

resultieren. Bei dieser Verletzung<br />

empfiehlt sich deshalb entweder<br />

die Kürzung des Nagelbettes vor Beginn<br />

der Semiokklusivverbandtherapie oder<br />

aber erneut die Lappenplastik mit Pulpaaufbau.<br />

Verlaufen Amputationen durch die<br />

Lunula, muss ent weder eine Rekonstruktion<br />

der germinativen Matrix oder aber<br />

dann eine komplette Entfernung der Nagelwachstumszone<br />

operativ erfolgen. Bei<br />

gelenksnahen Amputa tionen mit oder<br />

ohne Desinsertion des Streck- und Beugesehnenapparates<br />

ist eine mikrochirurgische<br />

Replantation technisch möglich.<br />

Als Folie eignet sich insbesondere<br />

OpSite ® -Folie. Die Verbandswechsel werden<br />

einmal wöchentlich terminiert, ohne<br />

dass dabei eine Desinfektion oder ein<br />

Débridement an der Amputationsstelle<br />

durchgeführt werden soll. Die Haut proximal<br />

der Amputationshöhe wird gereinigt,<br />

bei Mazeration getrocknet und mit Wundbenzin<br />

oder Cavilon ® zur erneuten Anlage<br />

der Folie vorbereitet. Über die Folie kann<br />

ein Fingerverband zum Schutz sowie eine<br />

Schicht Aktivkohle gegen die üble Geruchsentwicklung<br />

angebracht werden.<br />

Die Folie soll möglichst kurz geklebt werden,<br />

um die Beweglichkeit im PIP-Gelenk<br />

erhalten zu können. Am distalen freien<br />

Ende muss ein Reservoir verbleiben, damit<br />

sich dort das Sekret ansammeln kann<br />

und sich durch zu enges Kleben der Folie<br />

nicht eine Deforma tion der Weichteile<br />

entwickelt.<br />

Infekte werden selbst bei freiliegendem<br />

Knochen nicht beobachtet. Auch das<br />

Vorliegen eines Diabetes mellitus ist kein<br />

Risikofaktor für eine Infektion und damit<br />

keine Kontraindikation für diese Behandlungsform.<br />

Bei lokaler Ischämie, bei Sklerodermie<br />

oder peripherer arterieller Verschlusskrankheit<br />

ist eine langsamer fortschreitende<br />

Regeneration zu erwarten.<br />

Das Ende der Semiokklusivverbandstherapie<br />

ist dann erreicht, wenn durch<br />

ausreichende Epithelialisierung die Sekretion<br />

sistiert, die Folie somit allseits haften<br />

bleibt und das Niveau des Regenerates<br />

erneut eine kongruente Pulpakontur bildet.<br />

Üblicherweise sprechen wir hier von<br />

vier bis neun Wochen.<br />

Das Wichtigste für die Praxis<br />

– Bei palmarbetonten Kuppendefekten<br />

mit exponiertem Sehnen-,<br />

Nerven- und grossflächigem<br />

Knochengewebe erfolgt eine<br />

Defektdeckung mittels Lappenplastik.<br />

– Läsionen des Hyponychialgewebes<br />

benötigen entweder eine<br />

Rückkürzung des Nagelbettes<br />

oder aber eine Lappenplastik,<br />

ebenso sollten Amputationen mit<br />

Läsion der germinativen Nagelmatrix<br />

dem Spezialisten zur<br />

Rekonstruktion überwiesen<br />

werden.<br />

– Die meisten anderen Fingerkuppendefekte<br />

können mittels<br />

einmal wöchentlich neu angelegtem<br />

Semiokklusivverband<br />

(OpSite®-Folie) innerhalb von<br />

ca. vier bis neun Wochen zur<br />

ästhetisch und funktionell<br />

zufriedenstellenden Regeneration<br />

gebracht werden.<br />

Infekte im Nagelbereich<br />

Akute Weichteilinfekte entlang des Nagelkomplexes<br />

werden als Paronychie bezeichnet<br />

und sind auf Grund der exponierten<br />

Lage sehr häufig [7]. Die Keimflora<br />

setzt sich meist aus Staphylokokken,<br />

Streptokokken oder der menschlichen<br />

Mundflora zusammen. Bei chronischen<br />

Paronychien muss immer an eine Pilzinfektion<br />

oder eine Infektion mit Mykobakterien<br />

gedacht und eine konventionelle<br />

Bildgebung zum Ausschluss einer<br />

Osteomyelitis oder eines verbliebenen<br />

Fremdkörpers durchgeführt werden.<br />

Auch ein Tumor kann eine Rötung und<br />

Schwellung verursachen und ist bei chronischen<br />

Verläufen mittels Biopsie auszuschliessen.<br />

Zusätzlich zur klinischen Untersuchung<br />

und Röntgenbildgebung kann ein<br />

Ultraschall die Ausbreitung nach proximal<br />

widerspiegeln, wohingegen laborchemische<br />

Parameter wie CRP und Leukozyten<br />

mit dem Ausmass des Infektes nicht<br />

korrelieren.<br />

Erste Symptome sind pochender<br />

Schmerz, ausgeprägte Berührungsempfindlichkeit<br />

sowie lokale Rötung. In diesem<br />

Stadium kann eine konservative<br />

Therapie erfolgen. Zur Verhinderung einer<br />

Abszessbildung wird das Eponychium vorsichtig<br />

mittels Elevatorium oder Skalpell<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 5/23 47


Perspektiven<br />

Abbildung 10. Inzision bei chronischer<br />

Paronychie senkrecht zur Eponychial- oder<br />

Paronychialfalte wie in 1) – nicht wie in 2) –<br />

dargestellt.<br />

von der Nagelplatte gelöst und der seitliche<br />

Nagel angehoben. Die anschliessenden<br />

täglichen Fingerbäder in farb loser,<br />

wenig toxischer Flüssigkeit, z. B. in Prontosan<br />

® , verhindern eine erneute Adhäsion<br />

des Eponychiums mit der Nagelplatte und<br />

erhalten damit den Abfluss von Sekret.<br />

Farblose Flüssigkeiten haben den Vorteil<br />

der besseren Beurteilung der Rötung im<br />

Verlauf. Grundsätzlich ist keine antibiotische<br />

Therapie notwendig.<br />

Bei weiterer Progression entsteht eine<br />

lokale Abszedierung. Diese soll inzidiert,<br />

respektive die darüber liegende Epidermis<br />

abgetragen, der Wundgrund gereinigt und<br />

nekrotisches Gewebe exzidiert werden.<br />

Kosmetisch und funktionell ungünstige<br />

Ergebnisse durch falsche Schnittführung<br />

gilt es zu vermeiden. Die Orientierung<br />

der Schnittführung basiert auf der Anatomie<br />

des Blutflusses im Bereich der Nagelanlage.<br />

Nebst der allgemeinen 1:1-Regel<br />

bezüglich der Länge der Schnittführung<br />

sowie der Lappenbasis gilt deshalb, dass<br />

am proximalen Nagelwall die Inzision radiär<br />

– am besten lediglich einseitig – und am<br />

lateralen Nagelwall längs zum Nagelwachstum<br />

mit genügendem Abstand zum Nagelfalz<br />

gewählt werden sollte.<br />

Bei einem lokalisierten Infekt in der<br />

proximalen Nageltasche soll einseitig radiär<br />

inzidiert, der Nagelwall angehoben<br />

und die Nageltasche gespült werden. Gelangen<br />

Fremdkörper unter die Nagelplatte,<br />

so kann sich rasch ein subungualer<br />

Abszess bilden. Durch partielle Exzision<br />

der Nagelplatte von distal her kann<br />

dieser entlastet und suffi zient behandelt<br />

werden.<br />

Zusätzlich zum chirurgischen Débridement<br />

erfolgt dann die perorale antibiotische<br />

Therapie. Vor Beginn der empirischen<br />

Therapie ist jedoch die Asservierung<br />

von Gewebeproben zur mikrobiologischen<br />

Aufarbeitung zwingend notwendig. Ein<br />

«Abstrich» wird das Ergebnis auf Grund<br />

der Beimischung der Hautflora verfälschen,<br />

ebenso kann im reinen Pus als Abbauprodukt<br />

der Infektionsreaktion meist<br />

Das Wichtigste für die Praxis<br />

– Meistens sind Staphylokokken,<br />

weniger häufig Streptokokken<br />

und menschliche Mundflora für<br />

die Infektion verantwortlich.<br />

– Bei chronischen Verläufen soll<br />

immer an eine Pilzinfektion oder<br />

eine Infektion mit Mykobakterien<br />

gedacht werden. Als seltene<br />

Entität ist ein Tumor mittels<br />

Biopsie auszuschliessen.<br />

– Der Keimnachweis ist anzustreben<br />

bevor eine empirische<br />

antibiotische Therapie gestartet<br />

wird.<br />

– Gegenüber der alleinigen<br />

Inzision führt die Exzision des<br />

infizierten Gewebes zur rascheren<br />

Abheilung des Infektes.<br />

Gegeninzisionen sind nicht<br />

notwendig.<br />

– Für gute ästhetische und funktionelle<br />

Ergebnisse erfolgt<br />

die Schnittführung radiär am<br />

proximalen Nagelwall und<br />

längs am lateralen Nagelwall.<br />

kein Keimnachweis erfolgen. Die Dauer<br />

der antibiotischen Therapie sollte sieben<br />

bis zehn Tage nicht überschreiten und<br />

richtet sich nach der Klinik.<br />

Als weitere Progression kann das<br />

Panaritium ossale, articulare oder tenonale<br />

entlang der entsprechenden Strukturen<br />

entstehen. Die schonende, aber doch radikale<br />

Ex zision von infiziertem Gewebe bis<br />

hin zur Finger(teil)amputation als Therapie<br />

bei diesen Maximalstadien gehört sicherlich<br />

in die Hand des Spezialisten.<br />

Bisswunden<br />

Bisswunden werden unterschieden in<br />

oberflächliche Gewebsabrationen, tiefere<br />

Wunden mit von aussen nicht sichtbaren<br />

Verletzungen von Sehnen, Muskeln, Nerven<br />

oder Gelenken und Wunden mit Gewebsnekrosen<br />

und Substanzdefekten.<br />

Häufig sind Katzen und Hunde, seltener<br />

Menschen und andere Beisser für die Verletzungen<br />

verantwortlich. Beim Hundebiss<br />

entstehen meist grössere Gewebedefekte,<br />

zudem ist die Übertragung der Tollwut<br />

möglich.<br />

Katzenbissverletzungen sind zwar initial<br />

unspektakulär, auf Grund ihrer hohen<br />

Infektionsrate von bis zu 50 % jedoch stets<br />

ein medizinischer Notfall. Grund dafür ist<br />

die hohe Keimzahl (meist Pasteurella<br />

multocida) bei gleichzeitig kleiner und<br />

rasch spontan verschlossener Punktionsstelle<br />

[8].<br />

Bei klinischen Hinweisen auf eine Verletzung<br />

tiefer liegender Strukturen (Sehnen,<br />

Muskeln, Nerven, Gelenke) erfolgt die<br />

Zuweisung zum Spezialisten. Cave: Auch<br />

eine intakte Zweipunktediskrimination<br />

schliesst eine behandlungsbedürftige Nervenläsion<br />

nicht aus. Deshalb muss bei<br />

Weichteilläsion in anatomischer Region<br />

eines Nervs die chirurgische Wundexploration<br />

eine Nervenverletzung ausschliessen.<br />

Gelenk- oder Knochenverletzungen durch<br />

Zähne sowie verbliebene Zahnreste werden<br />

mittels Röntgen nachgewiesen.<br />

Trotz Antibiotikagabe (Amoxicillin<br />

/ Clavulansäure 875 / 125 mg 3 × tgl. per<br />

os, alternativ bei Penicillinallergie Ciprofloxacin<br />

500 mg 2 × tgl. + Clindamycin<br />

600 mg 3 × tgl. bei Katzen-, Hunden- und<br />

Menschenbissen) und Ruhigstellung wird<br />

jede Bissstelle primär chirurgisch exzidiert.<br />

Grundsätzlich wird eine Gewebebiopsie<br />

entnommen und bakteriologisch<br />

untersucht. Sodann erfolgt die sorgfältige,<br />

drucklose Wundspülung mittels<br />

steriler Flüssigkeit. Auf keinen Fall darf<br />

diese mittels Octenisept ® erfolgen, um<br />

weitere Gewebenekrosen zu vermeiden<br />

[9]. Nach Einlage von Drainagen kann der<br />

adaptierende Wundverschluss durchgeführt<br />

werden.<br />

Abbildung 11. Katzenbiss mit Entzündung über dem PIP-Gelenk, möglicherweise mit Gelenkspenetration.<br />

48<br />

5/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


Perspektiven<br />

Das Wichtigste für die Praxis<br />

– Bisswunden durch Tiere müssen<br />

dem kantonalen Veterinärdienst<br />

gemeldet werden.<br />

– Nebst der antibiotischen<br />

prä emptiven Therapie ist das<br />

chirurgische Débridement<br />

notwendig.<br />

– Keine Wundspülung mit<br />

Octenisept®.<br />

– Entwickeln sich trotz Débridement,<br />

antibiotischer Therapie<br />

und Ruhigstellung klinische<br />

Zeichen einer Infektion, sollte die<br />

Zuweisung zum Spezialisten<br />

evaluiert werden.<br />

Zusammenfassung<br />

Die Beurteilung und Erstbehandlung von frischen offenen Handverletzungen gehört<br />

zum Spektrum einer Notfallpraxis oder Notfallstation. In vielen Fällen kann durch dieses<br />

Team bereits die fachgerechte definitive Versorgung erfolgen. Mit dem vorliegenden<br />

Artikel möchten wir einige Tipps und Tricks für die Planung und Durchführung, aber<br />

auch die Nachbehandlung der häufigsten Verletzungen geben und Literaturverweise<br />

auf weitere Übersichtsarbeiten liefern.<br />

Abstract: Treatment of acute injuries of the hand<br />

Injuries to the hand are a common presentation in primary care units. When accurately<br />

assessed, many open injuries may be handled in the emergency department without<br />

referral to a hand surgery specialist. We would like to give some recommendations on<br />

how to treat the most frequent injuries like lesions to the nail and nailbed, fingertip<br />

amputation as well as burns, infections and bites. But first, we highlight the different<br />

methods of local anesthesia and discuss the use of a tourniquet or vasoconstriction<br />

with adrenalin – WALANT – instead.<br />

Die Dauer der antibiotischen Therapie<br />

richtet sich nach der Klinik, beträgt<br />

jedoch ohne Auftreten von Infektionszeichen<br />

fünf Tage. Zudem werden die benachbarten<br />

Gelenke während ein paar<br />

weniger Tage in funktioneller Position<br />

ruhiggestellt und dann mittels gezielter<br />

Bewegungsübungen mobilisiert.<br />

Entwickeln sich trotz dieser Therapie<br />

progrediente klinische Zeichen einer Infektion,<br />

sollte die Zuweisung zum Spezialisten<br />

zum erneuten chirurgischen<br />

Débridement, ggfs. auch zur stationären<br />

Aufnahme zur intravenösen antibiotischen<br />

Therapie erfolgen.<br />

Verbrennungen<br />

Oberflächliche Verbrennungen durch<br />

thermische Einflüsse an den oberen Extremitäten<br />

von bis zu ca. 10 % der Körperoberfläche<br />

können ambulant in der Praxis behandelt<br />

werden. Ziel der Behandlung ist<br />

eine Reduktion der Narbenbildung sowie<br />

die rasche Wiedererlangung der vollständigen<br />

Funktion [10, 11].<br />

Erstgradige sowie Verbrennungen<br />

Grad IIa können mittels konservativer Therapie<br />

zu einer vollständigen Erholung führen,<br />

wohingegen tiefergehende Verbrennungen<br />

zur Verminderung der Narbenbildung<br />

und damit Funk tions ein schränkung<br />

chirurgische Eingriffe brauchen und einem<br />

Spezialisten zugewiesen werden sollten.<br />

Beim Erwachsenen entspricht eine<br />

Handfläche ca. 1 % der Körperoberfläche<br />

(KOF), eine gesamte obere Extremität<br />

ca. 9 % (Neunerregel nach Wallace).<br />

Bei kleinflächigen Verbrennungen<br />

unter 5 % KOF erfolgen nach der initialen<br />

Kühlung für ca. 20 Minuten unter lauwarmem<br />

Leitungswasser die Reinigung sowie<br />

das Abtragen grösserer Blasen unter suffizienter<br />

Analgesie sowie sterilen Bedingungen.<br />

Erst dann kann die Ausdehnung<br />

und Tiefe der Verbrennung beurteilt werden.<br />

Zudem ist die Fotodokumentation<br />

der Befunde zur Verlaufskontrolle sinnvoll<br />

und die Erfragung und gegebenenfalls<br />

Auffrischung des Tetanusimpfstatus<br />

angezeigt.<br />

Erstgradige Verbrennungen betreffen<br />

lediglich die Epidermis, zeigen sich klinisch<br />

in einer Hautrötung. Beispiel dafür<br />

ist bereits der gewöhnliche Sonnenbrand.<br />

Initial können Pflegelotionen schmerzlindernd<br />

wirken, später sind rückfettende<br />

Salben anzuwenden.<br />

Zweitgradige Verbrennungen schädigen<br />

die Epidermis sowie die Dermis. Sie<br />

zeigen klinisch zusätzlich zur Rötung eine<br />

Blasenbildung. Wenn nur oberflächliche<br />

Schichten der Dermis betroffen sind, bleiben<br />

die Haare haften. Diese Verletzung ist<br />

äusserst schmerzhaft, da die Nervenendigungen<br />

frei liegen. Es empfiehlt sich die<br />

Anwendung einer nicht haftenden flüssigkeitsableitenden<br />

Wundauflage (z. B. Mepitel<br />

® oder Bactigras ® ), bedeckt von einem<br />

absorbierenden Kompressenverband. Der<br />

Verband sollte täglich unter suffizienter<br />

Analgesie gewechselt werden. Erst bei<br />

Auftreten einer Superinfektion wird antibiotisch<br />

behandelt. Lagerungsschienen in<br />

funktioneller Position der Gelenke sowie<br />

die frühzeitige aktive und passive Mobilisation<br />

verhindern Gelenkskontrakturen.<br />

In der Nachbehandlung sind primär die<br />

rasche Mobilisierung aller involvierter Gelenke,<br />

die Narben- und Kompressionsbehandlung<br />

sowie der konsequente Lichtschutz<br />

wichtig.<br />

Sind auch die tiefen Anteile betroffen,<br />

wo sich zum einen Haarfolikel, Schweissund<br />

Talgdrüsen, aber auch die Regenerationszone<br />

befinden, so zeigen sich klinisch<br />

nebst der Rötung und Blasenbildung teils<br />

auch weissliche Areale sowie lose Haare<br />

und es kann keine Spontanheilung ohne<br />

Narbenbildung stattfinden. Verbrennungen<br />

dieser Tiefe sollten an der Hand egal<br />

welcher Ausdehnung primär operativ vom<br />

Spezialisten versorgt werden. Ein konservativer<br />

Therapieversuch ist meist auch bei<br />

Das Wichtigste für die Praxis<br />

– Kleinflächige (bis 5 % der Körperoberfläche)<br />

Verbrennungen an<br />

der Hand sollen initial gekühlt<br />

werden.<br />

– Beim Erwachsenen entspricht<br />

eine Handfläche ca. 1 % der<br />

Körperoberfläche, eine gesamte<br />

obere Extremität ca. 9 %.<br />

– Oberflächliche Verbrennungen<br />

(bis Grad IIa) können konservativ<br />

durch Auflage nicht adhärenter<br />

Wundauflagen (z. B. Bactigras®)<br />

behandelt werden. Die frühzeitige<br />

Mobilisation verhindert<br />

Kontrakturen.<br />

– Verbrennungen an der Hand ab<br />

Grad III sollen einem Verbrennungszentrum<br />

überwiesen<br />

werden, egal welchen Ausmasses.<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 5/23 49


Perspektiven<br />

kleinflächigen Verbrennungen nicht sinnvoll,<br />

bleibt eine vollständige Wundheilung<br />

hierunter nach zehn Tagen aus, wird erneut<br />

eine operative Therapie evaluiert.<br />

Drittgradige Verbrennungen überschreiten<br />

auch die Grenze zur Subkutis<br />

und deren Behandlung gehört grundsätzlich<br />

in ein Verbrennungszentrum. In der<br />

Notfallversorgung sollen freiliegende verbrannte<br />

Areale mit sterilem, nicht haftendem<br />

Verband geschützt, die Auskühlung<br />

des Patienten verhindert und bereits am<br />

Unfallort ein intravenöser Zugang angelegt<br />

werden. An der Hand erfolgt gegebenenfalls<br />

die notfallmässige Escharotomie,<br />

um ein Logen syndrom der kleinen Handmuskeln<br />

oder der Finger zu vermeiden.<br />

Um eine Zunahme der Ausdehnung<br />

und der Tiefe der Verbrennung – insbesondere<br />

auch bei Verbrühungen – erkennen<br />

zu können, erfolgt eine klinische Reevaluation<br />

nach 24 Stunden.<br />

Frau Prof Dr. med. Esther Vögelin<br />

Universitätsklinik für Plastische- und<br />

Handchirurgie<br />

Inselspital Bern<br />

Freiburgstrasse 10<br />

3010 Bern<br />

esther.voegelin@insel.ch<br />

Literatur<br />

[1] Saul D, Roch J, Lehmann<br />

W, Dresing K. Leitungsanästhesie<br />

nach Oberst. Oper Orthop<br />

Traumatol. 2020; 32: 18 – 22.<br />

[2] Schelhorn N, Lamm S,<br />

Fricker R. Vergleich zweier Fingerleitungsanästhesie-Techniken.<br />

Randomisierte, prospektive Studie<br />

bezüglich Applikationsschmerz<br />

und Wirksamkeit zwischen dem<br />

singulären subkutanen Digitalblock<br />

und der Oberst-Leitungsanästhesie.<br />

Handchir Mikrochir<br />

Plast Chir. 2016; 48: 296 – 9.<br />

[3] Lalonde D. Minimally<br />

Invasive Anesthesia in Wide Awake<br />

Hand Surgery. Hand Clin. 2014;<br />

30: 1 – 6.<br />

[4] Schnabl SMK, Polykandriotis<br />

E, Dragu A, Kneser U,<br />

Horch RE. Verletzungen des<br />

Fingernagels und des Nagelbetts.<br />

CHAZ. 2008; 9(4): 174 – 183.<br />

[5] Hoigné D, Hug U.<br />

Amputationsverletzungen am<br />

Fingerendglied: Regeneration<br />

mittels Folienverband. Schweiz<br />

Med Forum. 2014; 14: 356 – 360.<br />

[6] Damert HG, Altmann S.<br />

Behandlung von Fingerkuppen ­<br />

amputationen mittels Semiokklusivverband.<br />

Unfallchirurg. 2012;<br />

115: 798 – 801.<br />

[7] Langer MF, Wieskötter<br />

B, Oeckenpöhler S, Breiter S. Akute<br />

Infektionen im Bereich des Fingernagels<br />

– die akuten Paronychien.<br />

Handchirurgie Scan. 2014; 3:<br />

69 – 85.<br />

[8] Vogt M. Diagnostik<br />

und Therapie von Bissverletzungen<br />

durch Hunde, Katzen und<br />

Menschen. Dtsch Med Wochenschr.<br />

2003;128:1059 – 1063.<br />

[9] Franz T, Vögelin E.<br />

Aseptic tissue necrosis and<br />

chronic inflammation after irrigation<br />

of penetrating hand wounds<br />

using Octenisept ® . J Hand Surg<br />

Eur Vol. 2012 Jan; 37: 61 – 64.<br />

[10] Künzli W, Wedler V.<br />

Wegweiser Verbrennungen.<br />

Beurteilung und Behandlung von<br />

Verbrennungen bei Erwachsenen.<br />

Pambio-Noranco: IBSA, Institut<br />

Biochimique SA; 2003.<br />

[11] Schneider M, Plock J.<br />

Verbrennungen. Swiss Med Forum.<br />

2016; 16: 910 – 915.<br />

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50<br />

5/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


Perspektiven<br />

Der besondere Ort<br />

Hohe Berge und<br />

herzliche Menschen<br />

Maya Cosentino, Redaktionsmitglied <strong>vsao</strong> <strong>Journal</strong><br />

Bilder: Adobe Stock; zvg<br />

Nach einigen Tagen in Kathmandu,<br />

der dynamischen<br />

Hauptstadt Nepals, fuhr ich<br />

mit dem Bus zwei Stunden<br />

Richtung Südosten nach Dhulikhel;<br />

einem Ort, der für sein Krankenhaus und<br />

die Aussicht auf die Berge bekannt ist und<br />

an dem ich die folgenden zwei Monate<br />

verbringen sollte. Nachdem ich übers<br />

Wochenende den Ort kennengelernt und<br />

eine Wanderung zu einem tibetischen<br />

Kloster in Namo Buddha unternommen<br />

hatte, war ich bereit, meine Arbeit im<br />

Dhulikhel Hospital aufzunehmen.<br />

Meine Tage begannen mit einer<br />

Schüssel Reis, einer aufgeschnittenen<br />

Banane und Büffelmilch. Während des<br />

Frühstücks leistete mir «Opa», Herz und<br />

Seele des familiengeführten Gästehauses,<br />

in dem ich wohnte, Gesellschaft. Gemeinsam<br />

lasen wir die Morgenzeitung und<br />

diskutierten über die nepalesische Politik.<br />

Auf dem Weg zur Arbeit machte ich<br />

jeweils einen kurzen Spaziergang durch<br />

die engen Strassen von Dhulikhels älteren<br />

Vierteln. Vom Teetrinken und geselligen<br />

Beisammensein bis hin zum Wäschewaschen<br />

und Baden fand alles in diesen Strassen<br />

statt. Die Einheimischen bereiteten dort<br />

sogar Büffelfleisch zu und verkauften es.<br />

Bis ich mich an diesen Anblick und die<br />

Gerüche gewöhnt hatte, dauerte es einige<br />

Tage. Ich beobachtete immer wieder, wie<br />

viele Einheimische die billigeren, aber<br />

offenbar schmackhaften Innereien wie<br />

Magen und Leber kauften. Eines Morgens<br />

sprach mich ein Metzger an und lud mich<br />

ein, ihm am nächsten Morgen um drei<br />

Uhr beim Schlachten eines Büffels<br />

zuzusehen. Ich lehnte höflich ab und liess<br />

mich stattdessen durch den kleinen<br />

Schlachthof führen, direkt hinter dem<br />

Ort, an dem bereits ein anderer Büffel in<br />

Stücken auf einer Plane lag.<br />

Kurz vor acht Uhr kam ich jeweils<br />

im Krankenhaus an. An der Morgenkonferenz<br />

berichteten wir über Neuauf-<br />

Nahe des buddhistischen Klosters in Namo Buddha wehen nepalesische Gebetsfahnen im Wind.<br />

nahmen, komplizierte Fälle und Todesfälle.<br />

Anschliessend gab es oftmals einen<br />

Vortrag von Assistenzärzten oder Gästen<br />

des Krankenhauses, dann ging es bis<br />

neun Uhr zum Frühstück und Tee in<br />

die Kantine.<br />

Ich arbeitete mit drei Dermatologen,<br />

einem Assistenzarzt und vier Pflegefachfrauen<br />

zusammen, die in der kleinen,<br />

aber aktiven dermatologischen Abteilung<br />

tätig waren. An meinem ersten Tag kam<br />

eine Mutter mit ihren drei Kindern ins<br />

Krankenhaus, um sich wegen angeborener<br />

Hypertrichose behandeln zu lassen;<br />

einer sehr seltenen Krankheit, bei der<br />

die Haare am Körper – einschliesslich<br />

Gesicht – deutlich länger und dicker<br />

wachsen. Die Familie war gekommen,<br />

um eine der sechs kostenlosen Laserbehandlungen<br />

zu erhalten, die das<br />

Krankenhaus für sie anbietet. Die Woche<br />

darauf sah ich einen Patienten mit<br />

Lepra – einer vernachlässigten tropischen<br />

Krankheit, die in Nepal immer noch<br />

vorkommt.<br />

Das Dhulikhel-Krankenhaus bietet<br />

auch Gesundheitsversorgung und Bildung<br />

in abgelegenen nepalesischen Dörfern<br />

an und baut manchmal für ein paar Tage<br />

ein Lager an weiter entfernten Orten auf.<br />

Ich hatte das Glück, mit zwei Ärzten<br />

und einer Pflegefachfrau an einer solchen<br />

Reise teilnehmen zu können. Es war<br />

besonders, ein abgelegenes Dorf zu<br />

besuchen und zu erleben, wie sinnvoll das<br />

Bereitstellen einer sehr grundlegenden<br />

medizinischen Versorgung für die<br />

Menschen sein kann.<br />

Der phänomenale Blick auf die Berge<br />

und die schöne Altstadt von Dhulikhel,<br />

aber vielmehr noch die Warmherzigkeit<br />

und Freundlichkeit der Menschen dort<br />

lassen in mir den Wunsch aufkommen,<br />

irgendwann wieder zurückzukehren.<br />

Maya Cosentino<br />

ist seit <strong>2023</strong> Redaktionsmitglied<br />

des <strong>vsao</strong><br />

<strong>Journal</strong>s. Sie arbeitet<br />

als stv. Oberärztin in<br />

der Kinder- und Jugendpsychiatrie<br />

der<br />

Universitären Psychiatrischen<br />

Dienste (UPD) Bern. Aktuell<br />

absolviert sie ein Fernstudium in Global<br />

Health Policy an der London School<br />

of Hygiene and Tropical Medicine<br />

(LSHTM) der Universität London.<br />

<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 5/23 51


mediservice<br />

Briefkasten<br />

Wer zahlt, wenn’s klirrt?<br />

Bei einem Umzug geht nicht<br />

selten etwas zu Bruch.<br />

Wer haftet, wenn durch<br />

schlecht gesicherte Möbel,<br />

unsorgfältige Behandlung oder<br />

durch ein Missgeschick Schäden<br />

entstehen?<br />

Umzugsfirmen können ganz legal<br />

bestimmte Haftungsausschlüsse im<br />

Vertrag festhalten und dabei die Verantwortung<br />

für beschädigte Waren in<br />

gewissen Situationen von sich weisen.<br />

Worauf Sie achten müssen, um den<br />

Umzug möglichst unbeschadet über<br />

die Bühne zu bringen:<br />

Gegenstände mit grossem finanziellen<br />

oder ideellen Wert, z. B. eine teure<br />

Vase oder das Geschenk eines Freundes,<br />

zügeln Sie am besten selbst. So vermeiden<br />

Sie böse Überraschungen. Wenn das<br />

nicht möglich ist, fotografieren Sie die<br />

Gegenstände und lassen Sie sie schätzen.<br />

Generell empfiehlt es sich, alle Möbel<br />

und wertvollen Gegenstände vor dem<br />

Umzug zu fotografieren. So können Sie<br />

beim Umzug entstandene Schäden<br />

belegen.<br />

Melden Sie sich bei der Zügelfirma,<br />

wenn Sie Mängel bereits während des<br />

Umzugs feststellen. Einen Arbeitsrapport<br />

oder eine Quittung sollten Sie nur mit<br />

den durch die Zügelfirma schriftlich<br />

anerkannten Mängeln unterschreiben.<br />

Anerkennt die Zügelfirma die Mängel<br />

nicht, so sollten Sie den ausstehenden<br />

Betrag nicht direkt begleichen.<br />

Alternativ können Sie vereinbaren,<br />

den Betrag des Schadens – sollte dieser<br />

direkt nach Arbeitsende anerkannt und<br />

bezifferbar sein – vom Gesamtbetrag in<br />

Abzug zu bringen und nur die Differenz<br />

zu zahlen. Auch hier ist ein Vermerk auf<br />

der Quittung notwendig.<br />

Wird vor Ort keine Einigung erzielt<br />

und schriftlich festgehalten, muss eine<br />

ordentliche Mängelrüge (schriftlich<br />

dokumentierte Schäden) erfolgen.<br />

Schäden müssen dem Umzugsunternehmen<br />

spätestens zwei bis drei Tage<br />

nach dem Umzug per Einschreiben<br />

gemeldet werden. Dies gilt unabhängig<br />

davon, ob Sie die Schäden bereits während<br />

des Umzugs oder erst danach<br />

entdeckt haben. Legen Sie Ihrem Schreiben<br />

Beweisfotos sowie eine Kostenschätzung<br />

bei.<br />

Offerte und Abrechnung: Bei einem<br />

Pauschalbetrag liegt es in der Verantwortung<br />

der Umzugsfirma, eine genaue<br />

Angebotsberechnung (ggf. mittels Besichtigungstermin)<br />

vorzunehmen. Ohne<br />

Besichtigungstermin sind Ihre Angaben<br />

ausschlaggebend und sollten der Wahrheit<br />

entsprechen, ansonsten sind allfällige<br />

Mehrkosten, die daraus resultieren,<br />

von Ihnen zu tragen.<br />

Wurde eine Offerte nach Aufwand<br />

(Stundensatz) erstellt, müssen Sie die<br />

effektiv geleisteten Stunden begleichen<br />

– vorausgesetzt, die vertraglichen<br />

Abmachungen (z. B. die Anzahl Mitarbeiter<br />

oder die Grösse des LKWs) wurden<br />

eingehalten und der Kostenvoranschlag<br />

wurde nicht erheblich überschritten.<br />

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Jurist, Experte in den<br />

Bereichen Vertrags-, Erb-,<br />

Familien- und Personenrecht<br />

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Bilder: zvg<br />

52<br />

5/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


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mediservice<br />

Wie schnell ist<br />

schnell genug?<br />

Auf die Plätze, fertig, los!<br />

Eine schnelle Reaktion ist nicht nur im Sport entscheidend.<br />

Jeden Tag erleben wir Situationen, in denen unser Körper<br />

sofort reagieren muss. Was es dazu braucht – und wie Sie Ihrer<br />

Reaktionszeit auf die Sprünge helfen.<br />

Antonia Bundi, PhD, dipl. Natw. ETH (Bewegungswissenschaften)<br />

Bild: Getty Images<br />

54<br />

5/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>


mediservice<br />

Der explosive Start beim 100-<br />

Meter- Lauf steht exemplarisch<br />

für eine extrem schnelle<br />

Reaktion. Kaum ertönt der<br />

Startschuss, schnellen die Athletinnen<br />

und Athleten mit kräftigem Abstossen<br />

aus den Startblocks. Bei Sprinterinnen<br />

und Sprintern werden Reaktionszeiten<br />

von 0,13 oder 0,14 Sekunden festgehalten.<br />

Alles unter 0,1 Sekunden wird als Fehlstart<br />

gewertet, da die Wissenschaft ausschliesst,<br />

dass ein Mensch schneller reagieren<br />

kann.<br />

Schnell und richtig reagieren<br />

Die Reaktionsfähigkeit ermöglicht uns,<br />

innerhalb einer bestimmten Zeit auf Reize<br />

zu reagieren. Rasch reagieren zu können,<br />

ist sowohl im Sport wie im Alltag aus verschiedenen<br />

Gründen wichtig. Ein schnelles<br />

Reaktionsvermögen beeinflusst in vielen<br />

Sportarten die Leistung massgeblich,<br />

so zum Beispiel in Ballsportarten. Bei einem<br />

Richtungswechsel sind schnelles<br />

Abbremsen und sofortiges Beschleunigen<br />

gefragt. Beim Volleyball oder Tennis muss<br />

ich mich an den richtigen Ort hinbewegen,<br />

um den Ball zu treffen. Beim Fahrradoder<br />

Skifahren wiederum muss ich mich,<br />

je nach Terrain, schnell für den richtigen<br />

Weg entscheiden. Aber nicht nur im Sport,<br />

sondern auch im Alltag ist eine gute Reaktion<br />

unverzichtbar. Sei es beim Kochen,<br />

beim Haushalten, bei der Gartenarbeit<br />

oder im Verkehr: Eine gute Reaktionsfähigkeit<br />

schützt uns vor Verletzungen, Stolpern,<br />

Stürzen und Unfällen.<br />

Was passiert im Körper, wenn wir<br />

reagieren?<br />

Bei der Reaktion spielen die Nerven eine<br />

zentrale Rolle. Vereinfacht gesagt, erreicht<br />

uns über Augen, Ohren, Haut, Nase oder<br />

Mund ein Signal. Nehmen wir nochmals<br />

das Beispiel des Startsignals beim Sprint.<br />

Dieses akustische Signal wird als Erregung<br />

über Nervenleitungen zum zentralen<br />

Nervensystem (Gehirn, Rückenmark) geleitet<br />

und verarbeitet. Daraus resultieren<br />

Anweisungen, die wieder über Nervenbahnen<br />

zu den entsprechenden Muskeln<br />

gelangen und dort mechanische Aktivität<br />

auslösen. Bei der Sprinterin oder dem<br />

Sprinter ist es das Abstossen von den<br />

Startblöcken.<br />

Reaktion und Kraft sind auch im<br />

Alltag wichtig<br />

Unsere Leistungsfähigkeit basiert immer<br />

sowohl auf den koordinativen wie auf den<br />

konditionellen Faktoren, also Kraft, Ausdauer<br />

und Schnelligkeit. Die Reaktionsfähigkeit<br />

zählen wir zu den koordinativen<br />

Fähigkeiten. Wer möglichst lang selbständig<br />

und fit bleiben möchte, investiert am<br />

besten in Kraft- und Gleichgewichtstraining.<br />

Für eine gute Reaktionsfähigkeit,<br />

welche uns vor Verletzungen und Stürzen<br />

schützt, brauchen wir eine gute Musku latur.<br />

Bereits ab dem 50. Lebensjahr nimmt<br />

die Muskelmasse ab, wenn wir nichts dagegen<br />

unternehmen. Aber Muskelkraft und<br />

Gleichgewicht lassen sich in jedem Alter<br />

gut trainieren. Mit zweimal einer halben<br />

Stunde Krafttraining pro Woche erreicht<br />

man eine sehr gute Fitnessgrundlage.<br />

Training der Reaktionsfähigkeit<br />

Eine ausreichende Muskelkraft ist also die<br />

zentrale Grundlage für eine gute Reaktionsfähigkeit.<br />

Wenn Sie aber nicht gerade<br />

für die nächsten Olympischen Spiele trainieren,<br />

darf das Training der Reaktionsschnelligkeit<br />

ruhig auf Alltagssituationen<br />

und den Freizeitsport ausgerichtet sein<br />

und dort integriert werden. Denn das Ziel<br />

ist, dass wir nicht nur schnell, sondern<br />

auch der Situation angepasst richtig reagieren.<br />

So kann es bereits ein gutes Training<br />

sein, über einen unebenen Waldboden<br />

oder durch ein trockenes Bachbett<br />

zu laufen. Tolle Übungsmöglichkeiten<br />

bieten zudem Fang- oder Ballspiele. Wann<br />

haben Sie zum Beispiel das letzte Mal<br />

Federball, Tischtennis oder Tischfussball<br />

gespielt? Oder eine winterliche Schneeballschlacht<br />

veranstaltet?<br />

Alkohol beeinträchtigt die<br />

Reaktionszeit<br />

Nicht vergessen dürfen wir, dass Alkoholkonsum<br />

neben Aufmerksamkeit, Konzentration,<br />

Kritik- und Urteilsfähigkeit auch<br />

das Reaktionsvermögen beeinträchtigt. Je<br />

nach Menge des konsumierten Alkohols<br />

können diese Leistungen leicht bis sehr<br />

stark eingeschränkt sein. Die Reaktionszeit<br />

ist beispielsweise bei einem Blutalkoholwert<br />

von 0,8 Promille gegenüber dem<br />

nüchternen Zustand um 30 bis 50 Prozent<br />

verlängert.<br />

Mit freundlicher Genehmigung von CARE,<br />

dem Magazin der CONCORDIA.<br />

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unter 031 350 44 22 oder per E-Mail<br />

unter info@mediservice-<strong>vsao</strong>.ch.<br />

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mediservice<br />

Erdbeben:<br />

die unterschätzte<br />

Gefahr<br />

Erdbeben sind in der Schweizer erstaunlich häufig –<br />

und sie haben ein enormes Schadenpotenzial. Da die meisten Beben<br />

nur leicht spürbar sind, wird das Risiko jedoch meist unterschätzt.<br />

Ebenso die möglichen Auswirkungen. Der Versicherungsschutz ist oftmals<br />

unzureichend. Ein Test mit dem Erdbebenradar verrät, wie hoch<br />

das Risiko in der eigenen Region tatsächlich ist.<br />

Katrin Schnettler Ruetz, Senior Content Strategist, Zürich Versicherungs-Gesellschaft AG<br />

Dass es sich bei einem Erd beben<br />

um ein realistisches Risiko<br />

handelt, zeigen nicht zuletzt<br />

die jüngsten Ereig nisse in der<br />

Türkei, Marokko und Syrien. Auch in der<br />

Schweiz sind Erdbeben erstaunlich häufig:<br />

Der Schweizerische Erdbebendienst<br />

(SED) regi striert durchschnittlich 1000 bis<br />

1500 Beben pro Jahr in der Schweiz und im<br />

nahen Ausland. Nur wenige sind so stark,<br />

dass sie für Menschen spürbar sind – im<br />

Schnitt 10 bis 20 Beben jährlich. Das Erdbeben<br />

am 22. März <strong>2023</strong> bei Porrentruy im<br />

Kanton Jura war eines davon: Es erreichte<br />

die Stärke 4,3 auf der Richterskala und war<br />

damit in der Region deutlich zu spüren.<br />

Erdbeben: Im Wallis ist die Gefahr<br />

am höchsten<br />

Laut dem SED gehört die Schweiz zu den<br />

Ländern mit einer mittleren Erdbebengefährdung:<br />

Im Wallis ist die Gefahr am<br />

höchsten, gefolgt von Basel, Graubünden,<br />

dem St. Galler Rheintal, der Zentralschweiz<br />

und der übrigen Schweiz. «Regionen ganz<br />

Bild: Adobe Stock<br />

56<br />

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mediservice<br />

ohne Erdbebengefährdung gibt es in der<br />

Schweiz nicht», heisst es auf der Website<br />

des SED.<br />

Bild: zvg<br />

Grösste Auswirkungen in Städten<br />

Die Erdbebengefährdung beschreibt, wie<br />

gross die Wahrscheinlichkeit für ein Beben<br />

ist. Das Erdbebenrisiko hingegen zeigt zusätzlich<br />

die möglichen Auswirkungen auf<br />

Personen und Gebäude und die entsprechenden<br />

finanziellen Risiken auf. Hier stehen<br />

die Städte Basel, Genf, Zürich, Luzern<br />

und Bern an der Spitze, so der SED. Denn<br />

in diesen grossen Städten befinden sich<br />

zahlreiche Personen auf relativ engem<br />

Raum, die von einem Erdbeben betroffen<br />

wären. Zudem gibt es dort viele Gebäude,<br />

die zum Teil auf einem weichen Untergrund<br />

stehen – was Erdbebenwellen verstärken<br />

würde.<br />

1946 katastrophales Beben in Sierre<br />

Auch wenn die meisten Beben schwach<br />

sind, ist etwa alle 8 bis 15 Jahre mit einem<br />

Beben mit einer Magnitude von etwa 5 zu<br />

rechnen; dann kann es durchaus zu grösseren<br />

Schäden kommen. Das letzte Erdbeben<br />

dieser Stärke ereignete sich 1991 bei<br />

Vaz im Graubünden. Mit einem katastrophalen<br />

Erdbeben ist in der Schweiz und<br />

dem grenznahen Ausland im Schnitt alle<br />

50 bis 150 Jahre zu rechnen. 1946 kam es in<br />

Sierre (Wallis) zu einem solchen Beben, es<br />

hatte eine Magnitude von 5,8. In der Folge<br />

starben damals vier Personen, und mehr<br />

als 3500 Gebäude wurden beschädigt. Die<br />

Schadensumme betrug über 26 Millionen<br />

Schweizer Franken, wie eine Informationsbroschüre<br />

des SED aufzeigt.<br />

Genauere Berechnungen dank<br />

neuem Modell<br />

Seit <strong>2023</strong> gibt es ein Erdbebenrisikomodell<br />

der Schweiz. Damit lassen sich die Folgen<br />

von Erdbeben genauer berechnen. Gemäss<br />

diesem Modell hätte das Beben von Sierre<br />

heute noch viel weitreichendere Folgen: Es<br />

wären annähernd 50 Todesopfer zu erwarten,<br />

Tausende könnten obdachlos werden<br />

und es wäre mit direkten Gebäudeschäden<br />

im einstelligen Milliardenbereich zu rechnen.<br />

Dieses Beispiel zeigt eindrucksvoll:<br />

Erdbeben sind die Naturgefahr mit dem<br />

grössten Schadenpotenzial. Doch das Risiko<br />

wird in der Schweiz unterschätzt.<br />

Versicherungsschutz ist<br />

unzureichend<br />

Falls es wieder zu einem Erdbeben mit<br />

Gebäudeschäden käme, ist der Versicherungsschutz<br />

in der Schweiz leider unzureichend<br />

und zudem noch von Kanton zu<br />

Kanton verschieden. In der Regel kommen<br />

die Gebäudeversicherungen nicht<br />

oder nur für einen geringen Teil möglicher<br />

Erdbebenschäden auf. Auch der schweizerische<br />

Pool der kantonalen Gebäudeversicherer<br />

für Erdbebendeckungen, dem<br />

die Mehrheit der Kantone angehört, hält<br />

für Schadenereignisse lediglich zwei Milliarden<br />

Schweizer Franken bereit – doch<br />

der versicherte Gebäudewert beträgt ca.<br />

3000 Milliarden Schweizer Franken.<br />

Online-Analyse: Wie sicher<br />

ist Ihr Standort?<br />

Mit dem Naturgefahren-Radar lässt sich<br />

herausfinden, wie hoch das Risiko für ein<br />

Erdbeben oder eine andere Naturgewalt<br />

wie Hochwasser oder Sturm ist. Dazu wird<br />

einfach die gewünschte Adresse eingegeben<br />

und bestätigt – danach erscheint direkt<br />

die Auswertung.<br />

Besser geschützt mit Zusatzversicherung<br />

Gebäudeeigentümer, die einen besseren<br />

Schutz vor dem Risiko Erdbeben wünschen,<br />

können eine entsprechende Zusatzversicherung<br />

abschliessen. Im Kanton<br />

Zürich sind Hauseigentümer automatisch<br />

gegen Erdbeben versichert. Doch auch<br />

hier ist die Entschädigung für die Gesamtheit<br />

der entstandenen Gebäudeschäden<br />

auf eine Milliarde Franken limitiert. Diese<br />

Summe würde bei einem katastrophalen<br />

Erdbeben mit hoher Wahrscheinlichkeit<br />

nicht ausreichen. Deshalb lohnt sich auch<br />

im Kanton Zürich eine Zusatzversicherung<br />

im Rahmen der privaten Gebäudeversicherung.<br />

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Wer wissen möchte, wie gefährdet<br />

der eigene Standort ist, findet auf den<br />

Internetseiten des SED Karten zum<br />

Gefahren- sowie zum Schadenpotenzial.<br />

Die Zurich Versicherung hat<br />

einen Naturgefahren-Radar lanciert.<br />

Dieser erlaubt sogar eine standortgenaue<br />

Analyse, nicht nur zum Risiko<br />

Erd beben, sondern auch zu zahlreichen<br />

anderen Naturgefahren:<br />

zurich.ch/naturgefahren.<br />

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Impressum<br />

Kontaktadressen der Sektionen<br />

<strong>Nr</strong>. 5 • 42. Jahrgang • <strong>Oktober</strong> <strong>2023</strong><br />

Herausgeber/Verlag<br />

AG<br />

VSAO Sektion Aargau, Geschäftsstelle: lic. iur. Eric Vultier,<br />

Auf der Mauer 2, 8001 Zürich, vultier@schai-vultier.ch,<br />

Tel. 044 250 43 23, Fax 044 250 43 20<br />

mediservice <strong>vsao</strong>-asmac<br />

Bollwerk 10, Postfach, 3001 Bern<br />

Telefon 031 350 44 88<br />

journal@<strong>vsao</strong>.ch, journal@asmac.ch<br />

www.<strong>vsao</strong>.ch, www.asmac.ch<br />

Im Auftrag des <strong>vsao</strong><br />

Redaktion<br />

Regula Grünwald (Chefredaktorin),<br />

Maya Cosentino, Kerstin Jost, Fabian Kraxner,<br />

Bianca Molnar, Patricia Palten, Léo<br />

Pavlopoulos, Lukas Staub, Tharshika<br />

Thavayogarajah, Anna Wang<br />

Geschäfts ausschuss <strong>vsao</strong><br />

Angelo Barrile (Präsident), Nora Bienz<br />

(Vizepräsidentin), Severin Baerlocher,<br />

Christoph Bosshard (Gast), Clara Ehrenzeller<br />

(swimsa), Marius Grädel-Suter,<br />

Richard Mansky, Gert Printzen, Svenja<br />

Ravioli, Patrizia Rölli, Martin Sailer,<br />

Jana Siroka<br />

Druck, Herstellung und Versand<br />

Stämpfli AG, Kommunikationsunternehmen,<br />

Wölflistrasse 1, 3001 Bern<br />

Tel. 031 300 66 66<br />

info@staempfli.com, www.staempfli.com<br />

Layout<br />

Oliver Graf<br />

Titelillustration<br />

Stephan Schmitz<br />

Inserate<br />

Zürichsee Werbe AG, Fachmedien,<br />

Markus Haas, Laubisrütistrasse 44, 8712 Stäfa<br />

Tel. 044 928 56 53<br />

<strong>vsao</strong>@fachmedien.ch<br />

Auflagen<br />

Druckauflage: 23 000 Expl.<br />

WEMF/KS-Beglaubigung 2022: 21 679 Expl.<br />

Erscheinungshäufigkeit: 6 Hefte pro Jahr.<br />

Für <strong>vsao</strong>-Mitglieder im Jahresbeitrag<br />

inbegriffen.<br />

ISSN 1422-2086<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 6/<strong>2023</strong> erscheint im<br />

Dezember <strong>2023</strong>. Thema: Rettung<br />

© <strong>2023</strong> by <strong>vsao</strong>, 3001 Bern<br />

Printed in Switzerland<br />

BL/BS<br />

VSAO Sektion beider Basel, Geschäftsleiterin und Sekretariat:<br />

lic. iur. Claudia von Wartburg, Advokatin, Hauptstrasse 104,<br />

4102 Binningen, Tel. 061 421 05 95, Fax 061 421 25 60,<br />

sekretariat@<strong>vsao</strong>-basel.ch, www.<strong>vsao</strong>-basel.ch<br />

BE VSAO Sektion Bern, Schwarztorstrasse 7, 3007 Bern, Tel. 031 381 39 39,<br />

info@<strong>vsao</strong>-bern.ch, www.<strong>vsao</strong>-bern.ch<br />

FR<br />

ASMAC Sektion Freiburg, Rue du Marché 36, 1630 Bulle,<br />

presidence@asmaf.ch<br />

GE Associations des Médecins d’Institutions de Genève, Postfach 23,<br />

Rue Gabrielle-Perret-Gentil 4, 1211 Genf 14, info@amig.ch, www.amig.ch<br />

GR<br />

JU<br />

NE<br />

VSAO Sektion Graubünden, 7000 Chur, Samuel B. Nadig,<br />

lic. iur. HSG, RA Geschäftsführer/Sektionsjurist, Tel. 081 256 55 55,<br />

info@<strong>vsao</strong>-gr.ch, www.<strong>vsao</strong>-gr.ch<br />

ASMAC Sektion Jura, Bollwerk 10, 3001 Bern, sekretariat@<strong>vsao</strong>.ch<br />

Tel. 031 350 44 88<br />

ASMAC Sektion Neuenburg, Joël Vuilleumier, Jurist,<br />

Rue du Musée 6, Postfach 2247, 2001 Neuenburg,<br />

Tel. 032 725 10 11, vuilleumier@valegal.ch<br />

SG/AI/AR VSAO Sektion St. Gallen-Appenzell, Bettina Surber, Oberer Graben 44,<br />

9000 St. Gallen, Tel. 071 228 41 11, Fax 071 228 41 12,<br />

surber@anwaelte44.ch<br />

SO<br />

TI<br />

TG<br />

VD<br />

VS<br />

VSAO Sektion Solothurn, Geschäftsstelle: lic. iur. Eric Vultier,<br />

Auf der Mauer 2, 8001 Zürich, vultier@schai-vultier.ch,<br />

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ASMAC Ticino, Via Cantonale 8-Stabile Qi, 6805 Mezzovico-Vira,<br />

segretariato@asmact.ch<br />

VSAO Sektion Thurgau, Geschäftsstelle: lic. iur. Eric Vultier,<br />

Auf der Mauer 2, 8001 Zürich, vultier@schai-vultier.ch,<br />

Tel. 044 250 43 23, Fax 044 250 43 20<br />

ASMAV, case postale 9, 1011 Lausanne-CHUV,<br />

asmav@asmav.ch, www.asmav.ch<br />

ASMAVal, p.a. Maître Valentine Gétaz Kunz,<br />

Ruelle du Temple 4, CP 20, 1096 Cully, contact@asmaval.ch<br />

Zentralschweiz (LU, ZG, SZ, GL, OW, NW, UR)<br />

VSAO Sektion Zentralschweiz, Geschäftsstelle: lic. iur. Eric Vultier,<br />

Auf der Mauer 2, 8001 Zürich, vultier@schai-vultier.ch,<br />

Tel. 044 250 43 23, Fax 044 250 43 20<br />

ZH/SH<br />

VSAO ZH/SH, RA lic. iur. Susanne Hasse,<br />

Geschäftsführerin, Nordstrasse 15, 8006 Zürich, Tel. 044 941 46 78,<br />

susanne.hasse@<strong>vsao</strong>-zh.ch, www.<strong>vsao</strong>-zh.ch<br />

Publikation<strong>2023</strong><br />

FOKUSSIERT<br />

KOMPETENT<br />

TRANSPARENT<br />

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des Verbandes Schweizer Medien<br />

58<br />

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Dr. Pierrick Campanini,<br />

Facharzt für Allgemeine Innere Medizin FMH,<br />

Centre médical Eaux-Vives, Genf<br />

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