vsao Journal Nr. 5 - Oktober 2023
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<strong>vsao</strong><br />
<strong>vsao</strong>-Rechtsberatung<br />
Wann läuft die Frist ab?<br />
Ich bin ausgebildete Assistenzärztin<br />
und mit einem 100-Prozent-Pensum<br />
in einem Spital<br />
angestellt. Mein Arbeitsvertrag<br />
ist zwar befristet, sieht aber trotzdem<br />
eine Kündigungsfrist vor. Nach meinem<br />
Wissensstand endet ein befristeter<br />
Arbeitsvertrag jedoch ohne<br />
Kündigungsmöglichkeit zum vereinbarten<br />
Zeitpunkt.<br />
Was bedeutet diese Kündigungsfrist<br />
in meinem Vertrag? Gelten nun spezielle<br />
Regeln und endet mein Vertrag<br />
trotzdem zum vereinbarten Zeitpunkt<br />
automatisch oder muss ich (auf diesen<br />
Zeitpunkt hin) kündigen? Was gilt bei<br />
Krankheit und/oder Schwangerschaft?<br />
Grundsätzlich ist es richtig, dass ein<br />
befristeter Arbeitsvertrag ohne Kündigungsmöglichkeit<br />
zum vereinbarten<br />
Zeitpunkt automatisch endet (Art. 334<br />
Abs. 1 OR). In diesem Fall spricht man<br />
von einem sogenannten echten befristeten<br />
Arbeitsvertrag. Der Vertrag kann<br />
dabei entweder auf einen bestimmten<br />
Zeitpunkt begrenzt («bis am 30. August»)<br />
oder für eine bestimmte Dauer abgeschlossen<br />
werden («für vier Monate»)<br />
und muss von beiden Parteien bis zum<br />
Beendigungstermin erfüllt werden.<br />
In der Konsequenz bedeutet dies, dass<br />
der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis<br />
nicht vorzeitig kündigen kann und Sie<br />
als Arbeitnehmerin auch nicht kündigen<br />
müssen, um das Arbeitsverhältnis zu<br />
beenden.<br />
Allerdings gibt es – wie so oft – Ausnahmen<br />
von dieser Regel. So kann auch<br />
bei einem befristeten Arbeitsvertrag<br />
eine Kündigungsfrist vereinbart werden.<br />
In diesem Fall spricht man von einem<br />
Arbeitsvertrag mit Maximaldauer. Dabei<br />
ist es wichtig, zu beachten, dass die<br />
Kündigungsfrist für beide Parteien gleich<br />
lang sein muss und somit keine unterschiedlichen<br />
Kündigungsfristen vereinbart<br />
werden dürfen, die eine Partei<br />
benachteiligen. Im Ergebnis bedeutet<br />
dies, dass sowohl Arbeitgeber als auch<br />
Arbeitnehmende das Arbeitsverhältnis<br />
vorzeitig kündigen können, sofern<br />
die vereinbarte Kündigungsfrist eingehalten<br />
wird.<br />
Muss nun aber auch gekündigt<br />
werden, wenn das Arbeitsverhältnis<br />
beendet werden soll? Nein. Wird der<br />
Vertrag nicht vor Ablauf der vereinbarten<br />
Maximaldauer gekündigt, endet er<br />
nach Ablauf der vereinbarten Dauer<br />
automatisch und ohne Kündigung.<br />
Die vereinbarte Kündigungsfrist räumt<br />
den Vertragsparteien somit lediglich<br />
eine Möglichkeit (aber keine Pflicht) ein,<br />
den Vertrag früher als zum vereinbarten<br />
Zeitpunkt zu kündigen.<br />
Wissenswert ist auch die folgende<br />
Tatsache: Wird ein befristetes Arbeitsverhältnis<br />
von beiden Parteien stillschweigend<br />
fortgesetzt, gilt dieses als<br />
unbefristetes Arbeitsverhältnis, bei dem<br />
ordentlich innert Frist gekündigt werden<br />
kann und auch muss, um das Arbeitsverhältnis<br />
zu beenden.<br />
Die Lohnfortzahlung bei Krankheit<br />
ist grundsätzlich in Art. 324a OR geregelt.<br />
Im Falle von Krankheit oder Komplikationen<br />
bei der Schwangerschaft besteht<br />
die Lohnfortzahlung jedoch nur, sofern<br />
das befristete Arbeitsverhältnis auf mehr<br />
als drei Monate festgelegt wurde. Durch<br />
besondere Vorschriften in einem Gesamtarbeitsvertrag<br />
kann hiervon allerdings<br />
abgewichen werden.<br />
Eine weitere Besonderheit eines<br />
befristeten Arbeitsvertrags, bei dem eine<br />
Kündigungsfrist vereinbart wurde, ist,<br />
dass im Falle der Kündigung der sogenannte<br />
sachliche und zeitliche Kündigungsschutz<br />
des Art. 336c Abs. 1 OR<br />
greift. Somit kann der Vertrag während<br />
einer gewissen Zeit unter anderem nicht<br />
aufgrund von Krankheit, Schwangerschaft<br />
oder Unfall gekündigt werden.<br />
Bei echten befristeten Arbeitsverträgen<br />
ohne Kündigungsfrist gilt dieser Kündigungsschutz<br />
jedoch nicht. Auch in dieser<br />
Konstellation kann durch besondere<br />
Vorschriften in einem Gesamtarbeitsvertrag<br />
hiervon abgewichen werden.<br />
Diese Ausführungen zeigen, dass<br />
bei befristeten Arbeitsverhältnissen<br />
durchaus Vorsicht geboten ist. Bei Fragen<br />
stehen Ihnen die Sektionsjuristinnen<br />
und -juristen des <strong>vsao</strong> gerne zur Verfügung.<br />
Samuel Nadig,<br />
Geschäftsführer und Jurist<br />
der Sektion Graubünden<br />
Bild: zvg<br />
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5/23 <strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong>