vsao Journal Nr. 5 - Oktober 2023
Sprache - Verstehen, verstummen, vermitteln Politik - Zulassungssteuerung – quo vadis? Adipositas - Neue Medikamente wecken Hoffnungen Offene Handverletzungen - Tipps und Tricks für den Notfall
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Politik<br />
Das lange Warten auf die Zulassung: Im Kanton Genf bestehen bereits Wartelisten für Ärztinnen und Ärzte, die eine ambulante Tätigkeit aufnehmen möchten.<br />
Bild: Adobe Stock<br />
sonen, die auf eine Zulassung im Bereich<br />
Psychiatrie warten, drei Personen im Bereich<br />
Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie<br />
vier Ärztinnen und Ärzte im Fachgebiet<br />
Allgemeine Innere Medizin.<br />
Besonders Letzteres sticht ins Auge,<br />
da es im Kanton Genf – wie auch an anderen<br />
Orten – nicht einfach ist, eine Hausärztin<br />
oder einen Hausarzt zu finden, wie<br />
Céline Dehavay, Oberärztin am Unispital<br />
Genf und Co-Präsidentin der AMIG<br />
(<strong>vsao</strong>-Sektion Genf), sagt. Sie hält fest:<br />
«Die Unsicherheit bezüglich Laufbahnfragen<br />
ist sehr gross, auch bei den Studierenden.<br />
Die Anzahl der Anfragen, die wir bei<br />
der Sektion zum Thema erhalten, ist in den<br />
letzten Monaten stark gestiegen.» Dehavay<br />
betont, dass die AMIG nicht grundsätzlich<br />
gegen eine Steuerung sei. «Aber einerseits<br />
sind die Daten, auf deren Grundlage nun<br />
reguliert wird, schlicht ungenügend. Und<br />
andererseits ist es problematisch, dass die<br />
Steuerung erst im Moment der Zulassung<br />
erfolgt. Zu diesem Zeitpunkt sind die meisten<br />
Ärztinnen und Ärzte bereits an einen<br />
Ort gebunden und nicht mehr so mobil wie<br />
etwa direkt nach dem Studium.»<br />
Ausserdem gebe es zahlreiche andere<br />
Wege, um die Kostenfrage anzugehen, ist<br />
Céline Dehavay überzeugt. Sie erwähnt als<br />
Beispiel die Stärkung des Gatekeeper-Ansatzes<br />
und verweist auf die Niederlande,<br />
wo dies gut umgesetzt worden sei. Die<br />
AMIG setzt sich gegenüber dem Kanton<br />
dafür ein, dass wenigstens die Grundversorgung<br />
von der Beschränkung ausgenommen<br />
wird, also die Hausarztmedizin,<br />
die Kinder- und Jugendmedizin, die Psychiatrie<br />
inkl. Kinder- und Jugendpsychiatrie<br />
und die Gynäkologie.<br />
Fokus auf Versorgungssicherheit?<br />
Wie die Entwicklung weitergeht, bleibt offen,<br />
aber es gibt Anzeichen, dass eine neue<br />
Dynamik entstehen könnte. Vermehrt<br />
werden Stimmen laut, welche die Versorgungssicherheit<br />
ins Zentrum stellen<br />
möchten. Eine dieser Stimmen gehört<br />
Bernhard Pulver, Präsident der Inselgruppe<br />
und Ständeratskandidat der Berner<br />
Grünen, der im Gespräch mit der «NZZ am<br />
Sonntag» die Meinung vertrat, dass die<br />
Kostenfrage zu stark gewichtet werde.<br />
Deshalb «werden die wirklichen Probleme<br />
nicht angegangen. Der dramatische Fachkräftemangel<br />
bei den Ärzten und Pflegenden<br />
etwa, den wir mit Zugangsbeschränkungen<br />
für Ärztinnen und Ärzte noch verschlimmern.»<br />
Auch im Bundesparlament ist das<br />
Thema präsent. Der Walliser Ständerat<br />
Beat Rieder bezeichnet die Höchstzahlenverordnung<br />
in einer Interpellation vom<br />
14. Juni <strong>2023</strong> «juristisch und gesundheitspolitisch<br />
als Farce». Die Erhebungsmethodik<br />
sei «nicht bedarfsorientiert», und die<br />
Verordnung als Ganzes gefährde die medizinische<br />
Verordnung mehr, als dass sie diese<br />
sicherstelle. Seine Eingabe schliesst mit<br />
dem Satz: «Der Handlungsbedarf ist akut.»<br />
Klar ist, dass der Fachkräftemangel<br />
eine der grössten Herausforderungen für<br />
das Gesundheitswesen ist. Die Zulassungsbeschränkung<br />
wird dieses Problem<br />
nicht lösen. Stattdessen macht sie den<br />
Arztberuf unattraktiver und sorgt für zusätzlichen<br />
bürokratischen Aufwand bei<br />
den Behörden und den Spitälern. Nicht<br />
zuletzt gefährdet sie auch die ärztliche<br />
Weiterbildung, da der Weg in die freie Praxis<br />
versperrt wird und es so auch für Assistenzärztinnen<br />
und -ärzte schwieriger<br />
wird, nachzurücken und den gewünschten<br />
Weg in der vorgesehenen Zeit zu gehen.<br />
Auch diesen Aspekt gilt es zu beachten,<br />
wenn die Gesundheitsversorgung<br />
und die hohe Qualität des Schweizer Gesundheitswesens<br />
langfristig gesichert<br />
werden sollen.<br />
@<strong>vsao</strong>asmac<br />
<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 5/23 7