vsao Journal Nr. 5 - Oktober 2023
Sprache - Verstehen, verstummen, vermitteln Politik - Zulassungssteuerung – quo vadis? Adipositas - Neue Medikamente wecken Hoffnungen Offene Handverletzungen - Tipps und Tricks für den Notfall
Sprache - Verstehen, verstummen, vermitteln
Politik - Zulassungssteuerung – quo vadis?
Adipositas - Neue Medikamente wecken Hoffnungen
Offene Handverletzungen - Tipps und Tricks für den Notfall
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Perspektiven<br />
Abbildung 9. Fingerkuppendefekt mit freiliegendem Knochen, therapiert mittels Semiokklusivverband<br />
über 9 Wochen. Im Endergebnis funktionell zufriedenstellend bei leicht verkürztem Nagelbett.<br />
inzidiert, angehoben und so dann die Läsion<br />
der germinativen Nagelmatrix korrekt<br />
versorgt werden können.<br />
Fingerkuppendefekte – der<br />
Semiokklusivverband<br />
In der Therapie der Fingerkuppendefekte<br />
gewinnt die Behandlung mittels Semiokklusivverband<br />
zunehmende Beliebtheit<br />
und ersetzt in vielen Bereichen die chirurgische<br />
Lappenplastik [5, 6]. Jedoch gilt es,<br />
einige Grenzen der Methode zu beachten.<br />
Rein subkutan verlaufende Kuppendefekte<br />
im Pulpa bereich ohne Beteiligung<br />
von Hyponychialgewebe eignen sich sehr<br />
gut für die Semiokklusivverbandtherapie.<br />
Auch freiliegender Knochen ist keine Kontraindikation.<br />
Einzelne lose und potenziell<br />
irritierende Knochensplitter können<br />
noch entfernt, spitze distale Enden und<br />
deutliche Überstände der Endphalanx<br />
über das Weichteilniveau mit dem Luer<br />
abgeflacht werden.<br />
Sind entweder die Endphalanx<br />
langstreckig ossär oder Sehnen und<br />
Nerven freiliegend, ist die lokale Lappenplastik<br />
indiziert. Im Falle, dass eine Verletzung<br />
des Hyponychialgewebes oder<br />
ein grosser Knochendefekt vorliegt, kann<br />
durch die relative Überlänge des Nagelbettes<br />
eine Krallennagelfehlbildung (Onychogrypose)<br />
resultieren. Bei dieser Verletzung<br />
empfiehlt sich deshalb entweder<br />
die Kürzung des Nagelbettes vor Beginn<br />
der Semiokklusivverbandtherapie oder<br />
aber erneut die Lappenplastik mit Pulpaaufbau.<br />
Verlaufen Amputationen durch die<br />
Lunula, muss ent weder eine Rekonstruktion<br />
der germinativen Matrix oder aber<br />
dann eine komplette Entfernung der Nagelwachstumszone<br />
operativ erfolgen. Bei<br />
gelenksnahen Amputa tionen mit oder<br />
ohne Desinsertion des Streck- und Beugesehnenapparates<br />
ist eine mikrochirurgische<br />
Replantation technisch möglich.<br />
Als Folie eignet sich insbesondere<br />
OpSite ® -Folie. Die Verbandswechsel werden<br />
einmal wöchentlich terminiert, ohne<br />
dass dabei eine Desinfektion oder ein<br />
Débridement an der Amputationsstelle<br />
durchgeführt werden soll. Die Haut proximal<br />
der Amputationshöhe wird gereinigt,<br />
bei Mazeration getrocknet und mit Wundbenzin<br />
oder Cavilon ® zur erneuten Anlage<br />
der Folie vorbereitet. Über die Folie kann<br />
ein Fingerverband zum Schutz sowie eine<br />
Schicht Aktivkohle gegen die üble Geruchsentwicklung<br />
angebracht werden.<br />
Die Folie soll möglichst kurz geklebt werden,<br />
um die Beweglichkeit im PIP-Gelenk<br />
erhalten zu können. Am distalen freien<br />
Ende muss ein Reservoir verbleiben, damit<br />
sich dort das Sekret ansammeln kann<br />
und sich durch zu enges Kleben der Folie<br />
nicht eine Deforma tion der Weichteile<br />
entwickelt.<br />
Infekte werden selbst bei freiliegendem<br />
Knochen nicht beobachtet. Auch das<br />
Vorliegen eines Diabetes mellitus ist kein<br />
Risikofaktor für eine Infektion und damit<br />
keine Kontraindikation für diese Behandlungsform.<br />
Bei lokaler Ischämie, bei Sklerodermie<br />
oder peripherer arterieller Verschlusskrankheit<br />
ist eine langsamer fortschreitende<br />
Regeneration zu erwarten.<br />
Das Ende der Semiokklusivverbandstherapie<br />
ist dann erreicht, wenn durch<br />
ausreichende Epithelialisierung die Sekretion<br />
sistiert, die Folie somit allseits haften<br />
bleibt und das Niveau des Regenerates<br />
erneut eine kongruente Pulpakontur bildet.<br />
Üblicherweise sprechen wir hier von<br />
vier bis neun Wochen.<br />
Das Wichtigste für die Praxis<br />
– Bei palmarbetonten Kuppendefekten<br />
mit exponiertem Sehnen-,<br />
Nerven- und grossflächigem<br />
Knochengewebe erfolgt eine<br />
Defektdeckung mittels Lappenplastik.<br />
– Läsionen des Hyponychialgewebes<br />
benötigen entweder eine<br />
Rückkürzung des Nagelbettes<br />
oder aber eine Lappenplastik,<br />
ebenso sollten Amputationen mit<br />
Läsion der germinativen Nagelmatrix<br />
dem Spezialisten zur<br />
Rekonstruktion überwiesen<br />
werden.<br />
– Die meisten anderen Fingerkuppendefekte<br />
können mittels<br />
einmal wöchentlich neu angelegtem<br />
Semiokklusivverband<br />
(OpSite®-Folie) innerhalb von<br />
ca. vier bis neun Wochen zur<br />
ästhetisch und funktionell<br />
zufriedenstellenden Regeneration<br />
gebracht werden.<br />
Infekte im Nagelbereich<br />
Akute Weichteilinfekte entlang des Nagelkomplexes<br />
werden als Paronychie bezeichnet<br />
und sind auf Grund der exponierten<br />
Lage sehr häufig [7]. Die Keimflora<br />
setzt sich meist aus Staphylokokken,<br />
Streptokokken oder der menschlichen<br />
Mundflora zusammen. Bei chronischen<br />
Paronychien muss immer an eine Pilzinfektion<br />
oder eine Infektion mit Mykobakterien<br />
gedacht und eine konventionelle<br />
Bildgebung zum Ausschluss einer<br />
Osteomyelitis oder eines verbliebenen<br />
Fremdkörpers durchgeführt werden.<br />
Auch ein Tumor kann eine Rötung und<br />
Schwellung verursachen und ist bei chronischen<br />
Verläufen mittels Biopsie auszuschliessen.<br />
Zusätzlich zur klinischen Untersuchung<br />
und Röntgenbildgebung kann ein<br />
Ultraschall die Ausbreitung nach proximal<br />
widerspiegeln, wohingegen laborchemische<br />
Parameter wie CRP und Leukozyten<br />
mit dem Ausmass des Infektes nicht<br />
korrelieren.<br />
Erste Symptome sind pochender<br />
Schmerz, ausgeprägte Berührungsempfindlichkeit<br />
sowie lokale Rötung. In diesem<br />
Stadium kann eine konservative<br />
Therapie erfolgen. Zur Verhinderung einer<br />
Abszessbildung wird das Eponychium vorsichtig<br />
mittels Elevatorium oder Skalpell<br />
<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 5/23 47