vsao Journal Nr. 5 - Oktober 2023
Sprache - Verstehen, verstummen, vermitteln Politik - Zulassungssteuerung – quo vadis? Adipositas - Neue Medikamente wecken Hoffnungen Offene Handverletzungen - Tipps und Tricks für den Notfall
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Offene Handverletzungen - Tipps und Tricks für den Notfall
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Perspektiven<br />
Das Wichtigste für die Praxis<br />
– Bisswunden durch Tiere müssen<br />
dem kantonalen Veterinärdienst<br />
gemeldet werden.<br />
– Nebst der antibiotischen<br />
prä emptiven Therapie ist das<br />
chirurgische Débridement<br />
notwendig.<br />
– Keine Wundspülung mit<br />
Octenisept®.<br />
– Entwickeln sich trotz Débridement,<br />
antibiotischer Therapie<br />
und Ruhigstellung klinische<br />
Zeichen einer Infektion, sollte die<br />
Zuweisung zum Spezialisten<br />
evaluiert werden.<br />
Zusammenfassung<br />
Die Beurteilung und Erstbehandlung von frischen offenen Handverletzungen gehört<br />
zum Spektrum einer Notfallpraxis oder Notfallstation. In vielen Fällen kann durch dieses<br />
Team bereits die fachgerechte definitive Versorgung erfolgen. Mit dem vorliegenden<br />
Artikel möchten wir einige Tipps und Tricks für die Planung und Durchführung, aber<br />
auch die Nachbehandlung der häufigsten Verletzungen geben und Literaturverweise<br />
auf weitere Übersichtsarbeiten liefern.<br />
Abstract: Treatment of acute injuries of the hand<br />
Injuries to the hand are a common presentation in primary care units. When accurately<br />
assessed, many open injuries may be handled in the emergency department without<br />
referral to a hand surgery specialist. We would like to give some recommendations on<br />
how to treat the most frequent injuries like lesions to the nail and nailbed, fingertip<br />
amputation as well as burns, infections and bites. But first, we highlight the different<br />
methods of local anesthesia and discuss the use of a tourniquet or vasoconstriction<br />
with adrenalin – WALANT – instead.<br />
Die Dauer der antibiotischen Therapie<br />
richtet sich nach der Klinik, beträgt<br />
jedoch ohne Auftreten von Infektionszeichen<br />
fünf Tage. Zudem werden die benachbarten<br />
Gelenke während ein paar<br />
weniger Tage in funktioneller Position<br />
ruhiggestellt und dann mittels gezielter<br />
Bewegungsübungen mobilisiert.<br />
Entwickeln sich trotz dieser Therapie<br />
progrediente klinische Zeichen einer Infektion,<br />
sollte die Zuweisung zum Spezialisten<br />
zum erneuten chirurgischen<br />
Débridement, ggfs. auch zur stationären<br />
Aufnahme zur intravenösen antibiotischen<br />
Therapie erfolgen.<br />
Verbrennungen<br />
Oberflächliche Verbrennungen durch<br />
thermische Einflüsse an den oberen Extremitäten<br />
von bis zu ca. 10 % der Körperoberfläche<br />
können ambulant in der Praxis behandelt<br />
werden. Ziel der Behandlung ist<br />
eine Reduktion der Narbenbildung sowie<br />
die rasche Wiedererlangung der vollständigen<br />
Funktion [10, 11].<br />
Erstgradige sowie Verbrennungen<br />
Grad IIa können mittels konservativer Therapie<br />
zu einer vollständigen Erholung führen,<br />
wohingegen tiefergehende Verbrennungen<br />
zur Verminderung der Narbenbildung<br />
und damit Funk tions ein schränkung<br />
chirurgische Eingriffe brauchen und einem<br />
Spezialisten zugewiesen werden sollten.<br />
Beim Erwachsenen entspricht eine<br />
Handfläche ca. 1 % der Körperoberfläche<br />
(KOF), eine gesamte obere Extremität<br />
ca. 9 % (Neunerregel nach Wallace).<br />
Bei kleinflächigen Verbrennungen<br />
unter 5 % KOF erfolgen nach der initialen<br />
Kühlung für ca. 20 Minuten unter lauwarmem<br />
Leitungswasser die Reinigung sowie<br />
das Abtragen grösserer Blasen unter suffizienter<br />
Analgesie sowie sterilen Bedingungen.<br />
Erst dann kann die Ausdehnung<br />
und Tiefe der Verbrennung beurteilt werden.<br />
Zudem ist die Fotodokumentation<br />
der Befunde zur Verlaufskontrolle sinnvoll<br />
und die Erfragung und gegebenenfalls<br />
Auffrischung des Tetanusimpfstatus<br />
angezeigt.<br />
Erstgradige Verbrennungen betreffen<br />
lediglich die Epidermis, zeigen sich klinisch<br />
in einer Hautrötung. Beispiel dafür<br />
ist bereits der gewöhnliche Sonnenbrand.<br />
Initial können Pflegelotionen schmerzlindernd<br />
wirken, später sind rückfettende<br />
Salben anzuwenden.<br />
Zweitgradige Verbrennungen schädigen<br />
die Epidermis sowie die Dermis. Sie<br />
zeigen klinisch zusätzlich zur Rötung eine<br />
Blasenbildung. Wenn nur oberflächliche<br />
Schichten der Dermis betroffen sind, bleiben<br />
die Haare haften. Diese Verletzung ist<br />
äusserst schmerzhaft, da die Nervenendigungen<br />
frei liegen. Es empfiehlt sich die<br />
Anwendung einer nicht haftenden flüssigkeitsableitenden<br />
Wundauflage (z. B. Mepitel<br />
® oder Bactigras ® ), bedeckt von einem<br />
absorbierenden Kompressenverband. Der<br />
Verband sollte täglich unter suffizienter<br />
Analgesie gewechselt werden. Erst bei<br />
Auftreten einer Superinfektion wird antibiotisch<br />
behandelt. Lagerungsschienen in<br />
funktioneller Position der Gelenke sowie<br />
die frühzeitige aktive und passive Mobilisation<br />
verhindern Gelenkskontrakturen.<br />
In der Nachbehandlung sind primär die<br />
rasche Mobilisierung aller involvierter Gelenke,<br />
die Narben- und Kompressionsbehandlung<br />
sowie der konsequente Lichtschutz<br />
wichtig.<br />
Sind auch die tiefen Anteile betroffen,<br />
wo sich zum einen Haarfolikel, Schweissund<br />
Talgdrüsen, aber auch die Regenerationszone<br />
befinden, so zeigen sich klinisch<br />
nebst der Rötung und Blasenbildung teils<br />
auch weissliche Areale sowie lose Haare<br />
und es kann keine Spontanheilung ohne<br />
Narbenbildung stattfinden. Verbrennungen<br />
dieser Tiefe sollten an der Hand egal<br />
welcher Ausdehnung primär operativ vom<br />
Spezialisten versorgt werden. Ein konservativer<br />
Therapieversuch ist meist auch bei<br />
Das Wichtigste für die Praxis<br />
– Kleinflächige (bis 5 % der Körperoberfläche)<br />
Verbrennungen an<br />
der Hand sollen initial gekühlt<br />
werden.<br />
– Beim Erwachsenen entspricht<br />
eine Handfläche ca. 1 % der<br />
Körperoberfläche, eine gesamte<br />
obere Extremität ca. 9 %.<br />
– Oberflächliche Verbrennungen<br />
(bis Grad IIa) können konservativ<br />
durch Auflage nicht adhärenter<br />
Wundauflagen (z. B. Bactigras®)<br />
behandelt werden. Die frühzeitige<br />
Mobilisation verhindert<br />
Kontrakturen.<br />
– Verbrennungen an der Hand ab<br />
Grad III sollen einem Verbrennungszentrum<br />
überwiesen<br />
werden, egal welchen Ausmasses.<br />
<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 5/23 49