vsao Journal Nr. 5 - Oktober 2023
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Weiterbildung / Arbeitsbedingungen<br />
Im AA-Universum<br />
OP das überhaupt<br />
was wird?<br />
Kaum ist der erste Schock<br />
des Berufseinstiegs überlebt,<br />
steht auch schon die nächste<br />
Challenge an: die Rotation<br />
auf der Operationsabteilung.<br />
Glücklicherweise ist man als ehemalige<br />
Anästhesie-UHUline bereits<br />
im Stande, geübt ins schicke OP-Outfit<br />
zu schlüpfen. Dazu gehören – zur Information<br />
für Psychiater, Internisten und<br />
andere operationsabteilungsvermeidende<br />
Fachpersonen – ein grüner, zweiteiliger<br />
Spitaldress, modische, gartenschuhähnliche<br />
Plastikpantoffeln (in anderen Lebenssituationen<br />
ein Style-No-Go, möchte<br />
ich an dieser Stelle noch anmerken),<br />
eine Kopfhaube, wie sie auch Fabrikarbeiterinnen<br />
und -arbeiter tragen, und<br />
natürlich ein hübscher Mundschutz.<br />
Wenn das alles sitzt, betritt man die sterile<br />
und fensterlose Abteilung und bahnt sich<br />
einen Weg zum Vorraum des zugeteilten<br />
Operationssaals. Spätestens beim heiligen<br />
anderthalbminütigen Händedesinfizierungsritual<br />
könnte jedoch der erste Flop<br />
stattfinden. Die TOA-Polizei (technische<br />
Operationsassistentinnen oder – selten –<br />
-assistenten) lauert nämlich an jeder<br />
Ecke, zückt, wenn immer es sein muss,<br />
die Rote Karte und weist einen bei<br />
falschem Benehmen gekonnt zurecht.<br />
Wenn diese Etappe überstanden ist,<br />
steht der Übertritt in den eigentlichen<br />
Operationssaal an, wo man mit einem<br />
dreistimmigen «Achtung, das ist steril!»<br />
oder «Achtung, nicht da stehen!» begrüsst<br />
wird. Anschliessend hat man mit senkrecht<br />
hinaufgehaltenen Armen soldatenhaft<br />
in Bereitschaft zu stehen, bis man<br />
die Operationsschürze und die sterilen<br />
Handschuhe übergestülpt bekommt.<br />
«Jetzt kommt mein Einsatz», dachte<br />
ich mir erst. «Jetzt kann ich wenigstens<br />
einmal meine feinmotorischen Fähigkeiten<br />
unter Beweis stellen und der anwesenden<br />
Kaderärzteschaft zeigen, dass<br />
ich doch schon etwas draufhabe.» Einsatzmoment:<br />
Blasenkatheter einlegen.<br />
Mit grösstem Selbstvertrauen (gleichzeitig<br />
aber auch grösster Nervosität) schnappte<br />
ich mir das Katheterrohr und schob<br />
es in die Öffnung zwischen den Labien<br />
der bereits schlafenden Patientin.<br />
Schon rasch warf sich jedoch ein<br />
Schatten über den erhofften heldenhaften<br />
Moment – denn leider floss kein<br />
Urin in den Urinsack. Mit grösstem<br />
Widerwillen musste ich zugeben, dass<br />
ich den Katheter vor lauter Aufregung<br />
höchstwahrscheinlich nicht richtig platziert<br />
hatte. Auch weiteres Hineinschieben<br />
rettete mich nicht aus der peinlichen<br />
Situation. Nach einer Weile warf der<br />
Kaderarzt einen gelangweilten Blick<br />
hinüber und meinte nur: «Das ist die<br />
Klitoris, meine Liebe.»<br />
Zum Glück fand sich dann doch<br />
noch die richtige Öffnung, und die Blase<br />
der Patientin konnte sich während der<br />
Operation munter entleeren. Nach diesem<br />
Erlebnis musste ich jedoch zugeben:<br />
Ein männliches Geschlechtsteil hätte die<br />
Situation definitiv einfacher gemacht.<br />
Camille Bertossa,<br />
Assistenzärztin im<br />
1. Weiterbildungsjahr<br />
Bild: zvg<br />
<strong>vsao</strong> /asmac <strong>Journal</strong> 5/23 17