vsao Journal Nr. 5 - Oktober 2023

Fokus: Sprache
bereichernd sein; in manchen Fällen haben
sich aus solchen Gesprächen persönliche
Freundschaften entwickelt.
Haben Sie ein Lieblingsgenre für
Übersetzungen?
Ich mag Bücher, die mein Denken anregen
und herausfordern. In seinem lesenswerten
Essay «Die Lust am Text» bezeichnet
Roland Barthes den literarischen Text als
eine Insel, ein Refugium also, und die
Lust, Literatur zu geniessen, als Liebhaberei
von wenigen. Dem kann ich nur zustimmen.
Leider sind literarische, anspruchsvollere
Titel für die Verleger oft zu
wenig lukrativ und mittlerweile zu einer
Minorität auf dem Buchmarkt geworden.
Island boomt seit einigen Jahren,
sei es als Reiseziel, aber auch wegen der
Literatur, insbesondere der Krimis.
Spüren Sie das bei Ihrer Arbeit?
Ja, aber nicht nur im positiven Sinn. Verlage
haben für Übersetzungen aus bestimmten
Sprachen oft vorgegebene Kontingente.
Seit es eine anscheinend unauflösliche
Verbindung zwischen «Norden» und «Krimi»
gibt – Morden im Norden! –, kann ich
beobachten, dass immer weniger literarische
Werke aus nordischen Ländern die
wenigen für ihre Herkunftsregion vorgesehenen
Programmplätze bekommen und
stattdessen lieber noch ein Krimi auf den
Markt geworfen wird. Lesen ist eben für
die meisten Zerstreuung.
Inwiefern hat sich Ihre Arbeit mit dem
Aufkommen von Übersetzungstools
und KI verändert?
In meiner eigenen Arbeit spielen KI und
Übersetzungstools bislang keine Rolle.
Aber sie werden in unserer Zunft derzeit
stark beobachtet und diskutiert: Können
sie auch für literarische Übersetzer hilfreiche
Werkzeuge sein? Falls ja: Wie werden
sie mit intendierten Mehrdeutigkeiten
und versteckten Anspielungen fertig?
Werden sie bald Instrumente, mit denen
Verleger Übersetzungshonorare noch tiefer
drücken wollen? Erste Vorstösse in
diese Richtung sind bereits bekannt geworden.
Werden Sprachtools einmal das
Lektorieren automatisieren? Aber was
soll’s, wenn bis dahin die Schriftsteller ihre
Werke ebenfalls von KI erstellen lassen?
Die Menschen werden sich auch daran gewöhnen
und es ebenso als gegeben hinnehmen
wie permanente Videobeobachtung
und Datenüberwachung.
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ZERTIFIZIERT FÜR
HOHE QUALITÄT:
vsao
Journal
Nr. 4, August 2023
Das Journal des Verbandes Schweizerischer Assistenz- und Oberärztinnen und -ärzte
Publikation2023
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• Etabliert und anerkannt mit fokussierter Leserschaft
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Wild
Kinder, Käuze,
Kräuter
Seite 26
Politik
Weitblick am
Runden Tisch
Seite 8
Impfungen
Neue Ausgangslage,
neuer Aktionsplan
Seite 46
Palliativmedizin
Wie gelingt gute
Kommunikation?
Seite 50
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