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Wendelstein + Schwanstetten September 2018

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EGON PLAUDERT<br />

KEINE ZEIT FÜR EIN HOBBY<br />

von Egon Helmhagen<br />

Früher hat man von einem „Steckenpferd“ gesprochen, in der<br />

Vorrentnerzeit von „Freizeitbeschäftigung“, auf jeden Fall ist es ein<br />

Privatvergnügen, das man mit Leidenschaft betrieben hat oder noch<br />

betreibt. Etz haaßt´s „Hobby“ und artet nicht selten in Ärbert aus.<br />

Unlängst haben sich der Wörrlein und der Brandner darüber unterhalten<br />

im Wartezimmer beim Onkel Doktor.<br />

Der Brandner hat wissen wollen: „Herr Wörrlein, haben Sie eigentlich ein<br />

Hobby?“ „Wos hob i?“ „Ob Sie ein Hobby haben?“ „Ach, ob i a Hobby<br />

hob. Naa, a Hobby hob i net. Aber der Dokter, bei dem ich gestern scho do<br />

war, der wollt mir ans verschreibn, obwohl ich eigentlich a Spritzn gwollt<br />

hob. Wissen´s, ich hob mir nämlich beim Gartnzaunstreichn a weng is Kreuz<br />

verrissn. Nou hat er mir a Salbn verschriebn. Aber die hat net gholfn und etz<br />

will ich numol wegn aner Spritzn frogn!“<br />

Der Brandner hat genickt. „Ein Hobby wäre sicher sinnvoller! Und gesünder!<br />

Am besten eine Tätigkeit, die Bewegung verschafft. Walking! Oder, ganz<br />

modern Stand Up-Paddling oder Drohnenfliegenlassen.“ Der Wörrlein hat<br />

aufgelacht: „Ha! Paddling! Des werat (würde) bei mir bloß a Falling down und<br />

Drohnen, na, na, des is mir zu närrsch. Aber hobn Sie vielleicht a Hobby?“<br />

Der Brandner hat seine rechte Faust in die linke Hand geschlagen. „Ich bin<br />

Angler! Das füllt mich aus! Außerdem spiele ich noch Schach! Ich tue etwas<br />

für Körper und Geist!“ Der Wörrlein hat seinen Kopf geschüttelt und abgewunken.<br />

„Angln? Naa! Wo soll nou dou a Bewegung sei? Bloß stundnlang<br />

af´s Wasser schaua. Des machert mich doch schläfrig und ich fallert dann<br />

um und nei! Außerdem kann ich kan totn Fisch sehn. Hiemachn scho glei<br />

goar net! Außerdem hob ich´s net so mit´n Wasser. Und wos hobn´s nu vorgschlagn?<br />

Schach spieln? Früher hat ma öfters amal Mühle und Dame gspielt,<br />

aber von dem is ma ja mit dem Fernsehn a weng abkumma. Ich glaub´<br />

beim Schachspieln tät mir der Kopf weh und beim Angln vom Rumhockn<br />

des Gegnteil! Ansonstn muss ich, wenn ich etz doch a Spritzn krieg und die<br />

Schmerzn im Kreuz wieder nachlassn, mein Gartnzaun weiterstreichn! Dann<br />

müssn die Tomatn runter und die Bohna naufbundn werdn!“<br />

„Allmächt!“ hat der Brandner auf Fränkisch gesagt und den Kopf geschüttelt.<br />

„Es wird sich doch irgendwas für Ihre Freizeit finden lassen! Wie wäre es mit<br />

etwas mehr Künstlerischem - Videofilmen oder Malen?“ Jetzt hat der Wörrlein<br />

herzhaft gelacht. „Maln? Ich? Ich bring net amol a Strichmännla zsamm!<br />

Oder mana Sie malern, so wie tünchn, oder<br />

streichn? Also tünchn konn ich net gscheit.<br />

Ich hob einmal die braune Hulzdeckn von<br />

unserm Gang weiß gstrichn, weil mei Frau<br />

andauernd bemst hat, da is mir die Farb obn zum Ärml nei- und untn bei die<br />

Husnbaana wieder rausgloffn! Ja, und beim Streichn, hob ich mir ja des Kreiz<br />

verrenkt.<br />

Und wos haben´s nu gsagt? Videofilma? Do wennst mir net gäihst? Ich denk<br />

nu mit Grausn an die Diaabende, wo ma frühers immer eiglodn wordn is!<br />

Wo´s alle vorher gstöhnt haben und mittndrin eingschlofn sin. Naa, do hätt´<br />

ich werkli ka Zeit dazu. Ich bin doch Schriftführer beim Gsangverein und<br />

Kassnwart im Walkingclub!“<br />

Der Brandner hat nicht nachgegeben. „Wenn Ihnen der Arzt zu einem Hobby<br />

rät, dann doch nicht ohne Grund. Sie könnten zum Beispiel auch etwas<br />

sammeln!“ „Sammln? Wos denn? Vielleicht Bierdeckl? Dou kummert ich<br />

net weit, denn so viel Wirtshäuser gibt´s bei uns goar net. Oder Briefmarkn?<br />

Seit´s des E-Mail gibt, schreibt kein Mensch mehr an Brief und der Briefträger<br />

trägt bloß nu Päckla aus. Ansonstn hätt´ ich do dafür a werkli ka Zeit.<br />

Dienstoch geh ich zum Kegln, Mittwoch zum Gsangsverein und Freitochabnd<br />

zu die Schützn!<br />

Der Brandner hat noch einige Liebhabereien aufgezählt, unter anderem den<br />

Modellbau, aber da hat der Wörrlein nur geblasen. „Pfhmpf! Mei Schwiegersohn<br />

baut so fernglenkte Modellschiffla, der hat mich amol mitgnomma,<br />

no des is vielleicht a Woar. Ich hob sogar amol ans von den seine fernglenktn<br />

Modellschiffla fernglenkt. Des is a ganz gut ganga, bis sich der Dampfer<br />

verfahrn hat. Nou haben wir a Seenotrettung eingeleitet. A Kahnfahrer hat´n<br />

dann wieder bracht. Danoch wollt ich des Ding wieder repariern, ich bin in<br />

sowos net ungschickt, aber irgendwie hat´s nimmer hinghaut. Etz fliegt er,<br />

der Dampfer!“ „Was“? hat der Brandner gestaunt. „Der fliegt? In der Luft?“<br />

Da hat der Wörrlein gegrinst. „Naa, in Müllaamer!<br />

Da ruft die Sprechstundenhilfe „Herr Wörrlein! Zum Herrn Doktor bitte!“<br />

Der steht auf und verabschiedet sich. „Also dann alles Gute und danke für´s<br />

Gespräch. Woar nett. Vielleicht krieg ich etz doch nu mei Spritzn und wenn<br />

meine Kreuzschmerzn nochlassn, dann streich ich mein´ Gartnzaun weiter!<br />

Aber für a Hobby hob i werkli ka Zeit!“<br />

SEPTEMBER <strong>2018</strong> • WENDELSTEIN | GROSSSCHWARZENLOHE | KLEINSCHWARZENLOHE | NEUSES | RAUBERSRIED | RÖTHENBACH b. St.W. | SORG | SPERBERSLOHE<br />

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