Wendelstein + Schwanstetten September 2018
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
EGON PLAUDERT<br />
KEINE ZEIT FÜR EIN HOBBY<br />
von Egon Helmhagen<br />
Früher hat man von einem „Steckenpferd“ gesprochen, in der<br />
Vorrentnerzeit von „Freizeitbeschäftigung“, auf jeden Fall ist es ein<br />
Privatvergnügen, das man mit Leidenschaft betrieben hat oder noch<br />
betreibt. Etz haaßt´s „Hobby“ und artet nicht selten in Ärbert aus.<br />
Unlängst haben sich der Wörrlein und der Brandner darüber unterhalten<br />
im Wartezimmer beim Onkel Doktor.<br />
Der Brandner hat wissen wollen: „Herr Wörrlein, haben Sie eigentlich ein<br />
Hobby?“ „Wos hob i?“ „Ob Sie ein Hobby haben?“ „Ach, ob i a Hobby<br />
hob. Naa, a Hobby hob i net. Aber der Dokter, bei dem ich gestern scho do<br />
war, der wollt mir ans verschreibn, obwohl ich eigentlich a Spritzn gwollt<br />
hob. Wissen´s, ich hob mir nämlich beim Gartnzaunstreichn a weng is Kreuz<br />
verrissn. Nou hat er mir a Salbn verschriebn. Aber die hat net gholfn und etz<br />
will ich numol wegn aner Spritzn frogn!“<br />
Der Brandner hat genickt. „Ein Hobby wäre sicher sinnvoller! Und gesünder!<br />
Am besten eine Tätigkeit, die Bewegung verschafft. Walking! Oder, ganz<br />
modern Stand Up-Paddling oder Drohnenfliegenlassen.“ Der Wörrlein hat<br />
aufgelacht: „Ha! Paddling! Des werat (würde) bei mir bloß a Falling down und<br />
Drohnen, na, na, des is mir zu närrsch. Aber hobn Sie vielleicht a Hobby?“<br />
Der Brandner hat seine rechte Faust in die linke Hand geschlagen. „Ich bin<br />
Angler! Das füllt mich aus! Außerdem spiele ich noch Schach! Ich tue etwas<br />
für Körper und Geist!“ Der Wörrlein hat seinen Kopf geschüttelt und abgewunken.<br />
„Angln? Naa! Wo soll nou dou a Bewegung sei? Bloß stundnlang<br />
af´s Wasser schaua. Des machert mich doch schläfrig und ich fallert dann<br />
um und nei! Außerdem kann ich kan totn Fisch sehn. Hiemachn scho glei<br />
goar net! Außerdem hob ich´s net so mit´n Wasser. Und wos hobn´s nu vorgschlagn?<br />
Schach spieln? Früher hat ma öfters amal Mühle und Dame gspielt,<br />
aber von dem is ma ja mit dem Fernsehn a weng abkumma. Ich glaub´<br />
beim Schachspieln tät mir der Kopf weh und beim Angln vom Rumhockn<br />
des Gegnteil! Ansonstn muss ich, wenn ich etz doch a Spritzn krieg und die<br />
Schmerzn im Kreuz wieder nachlassn, mein Gartnzaun weiterstreichn! Dann<br />
müssn die Tomatn runter und die Bohna naufbundn werdn!“<br />
„Allmächt!“ hat der Brandner auf Fränkisch gesagt und den Kopf geschüttelt.<br />
„Es wird sich doch irgendwas für Ihre Freizeit finden lassen! Wie wäre es mit<br />
etwas mehr Künstlerischem - Videofilmen oder Malen?“ Jetzt hat der Wörrlein<br />
herzhaft gelacht. „Maln? Ich? Ich bring net amol a Strichmännla zsamm!<br />
Oder mana Sie malern, so wie tünchn, oder<br />
streichn? Also tünchn konn ich net gscheit.<br />
Ich hob einmal die braune Hulzdeckn von<br />
unserm Gang weiß gstrichn, weil mei Frau<br />
andauernd bemst hat, da is mir die Farb obn zum Ärml nei- und untn bei die<br />
Husnbaana wieder rausgloffn! Ja, und beim Streichn, hob ich mir ja des Kreiz<br />
verrenkt.<br />
Und wos haben´s nu gsagt? Videofilma? Do wennst mir net gäihst? Ich denk<br />
nu mit Grausn an die Diaabende, wo ma frühers immer eiglodn wordn is!<br />
Wo´s alle vorher gstöhnt haben und mittndrin eingschlofn sin. Naa, do hätt´<br />
ich werkli ka Zeit dazu. Ich bin doch Schriftführer beim Gsangverein und<br />
Kassnwart im Walkingclub!“<br />
Der Brandner hat nicht nachgegeben. „Wenn Ihnen der Arzt zu einem Hobby<br />
rät, dann doch nicht ohne Grund. Sie könnten zum Beispiel auch etwas<br />
sammeln!“ „Sammln? Wos denn? Vielleicht Bierdeckl? Dou kummert ich<br />
net weit, denn so viel Wirtshäuser gibt´s bei uns goar net. Oder Briefmarkn?<br />
Seit´s des E-Mail gibt, schreibt kein Mensch mehr an Brief und der Briefträger<br />
trägt bloß nu Päckla aus. Ansonstn hätt´ ich do dafür a werkli ka Zeit.<br />
Dienstoch geh ich zum Kegln, Mittwoch zum Gsangsverein und Freitochabnd<br />
zu die Schützn!<br />
Der Brandner hat noch einige Liebhabereien aufgezählt, unter anderem den<br />
Modellbau, aber da hat der Wörrlein nur geblasen. „Pfhmpf! Mei Schwiegersohn<br />
baut so fernglenkte Modellschiffla, der hat mich amol mitgnomma,<br />
no des is vielleicht a Woar. Ich hob sogar amol ans von den seine fernglenktn<br />
Modellschiffla fernglenkt. Des is a ganz gut ganga, bis sich der Dampfer<br />
verfahrn hat. Nou haben wir a Seenotrettung eingeleitet. A Kahnfahrer hat´n<br />
dann wieder bracht. Danoch wollt ich des Ding wieder repariern, ich bin in<br />
sowos net ungschickt, aber irgendwie hat´s nimmer hinghaut. Etz fliegt er,<br />
der Dampfer!“ „Was“? hat der Brandner gestaunt. „Der fliegt? In der Luft?“<br />
Da hat der Wörrlein gegrinst. „Naa, in Müllaamer!<br />
Da ruft die Sprechstundenhilfe „Herr Wörrlein! Zum Herrn Doktor bitte!“<br />
Der steht auf und verabschiedet sich. „Also dann alles Gute und danke für´s<br />
Gespräch. Woar nett. Vielleicht krieg ich etz doch nu mei Spritzn und wenn<br />
meine Kreuzschmerzn nochlassn, dann streich ich mein´ Gartnzaun weiter!<br />
Aber für a Hobby hob i werkli ka Zeit!“<br />
SEPTEMBER <strong>2018</strong> • WENDELSTEIN | GROSSSCHWARZENLOHE | KLEINSCHWARZENLOHE | NEUSES | RAUBERSRIED | RÖTHENBACH b. St.W. | SORG | SPERBERSLOHE<br />
3