10-2018 HEINZ-MAGAZIN Dortmund
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AUSSTELLUNGEN | ÜBERSICHT<br />
Jochen Gerz –The Walk, <strong>2018</strong><br />
©VGBild-Kunst, Bonn <strong>2018</strong>, Foto: Guido Meincke<br />
THE WALK – KEINERETROSPEKTIVE<br />
Jochen Gerz<br />
Nein, keine Retrospektive! Jochen<br />
Gerz kann zwar auf50Jahre Kunstschaffen<br />
zurückblicken,dochfür seine<br />
Ausstellung im DuisburgerMuseum,<br />
das ihm Raum füreineGesamtschau<br />
zur Verfügungstellenwollte, hatersich<br />
eineandereLösung ausgedacht. Ein<br />
ganz persönlicher Rückblick mit Vorschau<br />
–inWortenund im Außenraum.<br />
Alsimöffentlichen Raum tätiger Konzeptkünstler(bekanntu.a.für<br />
den<br />
Platzdes europäischenVersprechens,<br />
Bochum) nutzt Gerz die7mhohe<br />
Glasfassadedes Museums alsTextgrund.<br />
DasMuseum wirdzum Buch,<br />
jedeScheibezur Textspalte.Gerz<br />
schreibt eine Erzählung auf das Glas,<br />
die seinLeben und Werk mit 80 JahrenZeitgeschichte<br />
verbindet undeinenBlick<br />
in dieZukunft wagt.Und die<br />
jederzeit vonaußen–im Vorbeigehen,auf<br />
einem <strong>10</strong>0mlangen Weg–<br />
zu lesenist.<br />
ch<br />
❚ JOCHENGERZ Wilhelm LehmbruckMuseum,<br />
Duisburg; Dauer: bis5.5.2019<br />
ROKOKO IN DERGEGENWARTSKUNST<br />
Der flexiblePlan<br />
In den1770er-Jahrenwurde diealte<br />
Wasserburg Morsbroich durchein malerischesRokoko-Lustschloss<br />
mit Park<br />
ersetzt. Heuteist Morsbroich einMuseum<br />
fürexperimentelle Gegenwartskunst.<br />
DieAusstellung verknüpftüber<br />
dieJahrhunderte hinweg beide Funktionen<br />
desSchlosses undlud 17 internationale<br />
Künstler/-innenein.Deren<br />
Werkebeleuchtenganz unterschiedlich<br />
die widersprüchlicheRokoko-Zeit:<br />
hier Entmachtung des Adels,Aufklärung<br />
und Revolution, dort verspielter<br />
Luxus, dekadenteFesteund FrivolitäteninallenAusprägungen.Freuendarf<br />
man sich aufEinblicke in dieZeitgeschichte<br />
kombiniert mitaktueller<br />
Kunst, darunterfrechen Porzellanfiguren,<br />
floraler Malerei, pastellfarbenen<br />
Folienskulpturen undWerken wieMarkusSchinwalds<br />
Adaption desFragonard-Bildes<br />
vomMädchen aufder<br />
Schaukel.<br />
ch<br />
❚ DERFLEXIBLE PLAN Museum Morsbroich,<br />
Leverkusen; Dauer: bis 6.1.2019<br />
Markus Schinwald: Solange, 2005, Marionette, Schaukel,<br />
Kleider; Installationsansicht, Kunsthalle Münster 2005 ©<br />
VG Bild-Kunst, Bonn <strong>2018</strong>, Foto: Thomas Wrede, Münster<br />
Claudia Heinrich<br />
Blockbuster kosten …<br />
Eigentlichsollte dieaktuelle Rokoko-<br />
Ausstellung im Museum Morsbroich in<br />
kollegialer Abstimmung mit dem WuppertalerVon<br />
der Heydt-Museumentstehen,das<br />
zeitgleichdie großeSchau<br />
„Aufbruchzur Freiheit. DasZeitalter<br />
der Aufklärung“geplanthatte –mit<br />
Meisterwerkenaus renommierten französischen<br />
Museen, Schlössern, Sammlungen.Mit<br />
diesem Highlight wollte<br />
sich der WuppertalerMuseumschef<br />
GerhardFinckh in den Ruhestandverabschieden.Dochnix<br />
da: „ausfinanziellenGründen<br />
abgesagt“, auf den letztenDrückerdurch<br />
dieGremien der Museums-GmbH.<br />
Prognose: zu geringes<br />
Besucherinteresse,vermutlichnicht kostendeckend.<br />
Abstimmung mit den Füßenalso,<br />
Dollarnoten im Blick–welch<br />
einArmutszeugnis!Sowas passiert,<br />
wenn manein Museum in einenWirtschaftsbetriebumwandelt(mit<br />
massig<br />
GmbH-Personal,das bezahltwerden<br />
will).Heißt für dieAusstellungsmacher:DreiJahreVorarbeit<br />
fürdie Tonne,Direktor<br />
Finckh schwer enttäuscht,<br />
der Ruf des Museums im In-und Ausland<br />
schwer beschädigt.Der scheidende<br />
Direktor macht nunzähneknirschend<br />
das Besteaus dem kulturpolitischen<br />
Desaster,indem er in einerraschkonzipierten<br />
Ersatzpräsentation mit Werken<br />
ausder hauseigenenSammlungfür uneingeweihteBesucher<br />
offenlegt,was<br />
Museen heuteleisten undwie vielEngagement<br />
eine Ausstellung verschlingt:<br />
Idee,Recherche,Leihverträge,Finanzierung,Transport,<br />
Hängung,Begleitprogramm,Pressearbeit<br />
etc. Ab 7.<strong>10</strong>.<br />
also einBlickhinterdie Kulissen:<br />
„Blockbuster–Museum“imVon der<br />
Heydt-Museum.<br />
ClaudiaHeinrich<br />
Cesare Sofianopulo: Masken, 1930, Museo Revoltella ©Nicola Eccher<br />
BEUNRUHIGUNG IMMER<br />
Bogomir Ecker<br />
MIMIKRY UND KONFRONTATION<br />
Lutz Bacher<br />
Er wolle,soder documenta-TeilnehmerBogomirEcker,beunruhigen:„Gegenstände,die<br />
in ihrem Äußeren so<br />
etwaswie Klang undKrach,Medien,<br />
TV assoziieren, umformeninObjekte<br />
der expressivenStille.“ Es entstehen<br />
bemerkenswerte,oft kuriose skulpturale<br />
Interventionen,Installationenund<br />
hintergründige Objekte.ObPrototypenoder„illegale<br />
Räume“– Eckers archaisch-futuristischeApparate<br />
thematisierenWahrnehmung,Wissenschaft,<br />
Technik.Sie fordern Kommunikation<br />
stetsneu ein. Überraschen in der<br />
Kunsthalle frühe Nachtfotos und „Tableaus“<br />
ausanonymen Pressefotos,faszinieren<br />
im Skulpturenpark Waldfrieden<br />
seine skulpturalen Arbeiten. bws<br />
❚ BOGOMIR ECKER –Was dasFotoverschweigt<br />
vonder Heydt-Kunsthalle,Wuppertal + BOGOMIR<br />
ECKER –SKULPTUR Skulpturenpark Waldfrieden,<br />
Wuppertal; Dauer: bis 17.2. 2019;<br />
www.von-der-heydt-kunsthalle.de<br />
ww.skulpturenpark-waldfrieden.de<br />
ITALIENISCHE MALEREIDER 1920ER<br />
Unheimlichreal<br />
Diese rätselhaftenBilderhat dieÖffentlichkeit<br />
noch niegesehen: Mit<br />
rund 80 Gemäldenfördertdas Museum<br />
Folkwang erstmalsein kaum bekanntesKapitel<br />
der europäischen<br />
Kunstgeschichte zu Tage –den Magischen<br />
Realismus,italienische Malerei<br />
der 1920erJahre.Internationalen<br />
Ruhmerlangtennur wenige,darunter<br />
GiorgiodeChirico, Malervon leeren<br />
Plätzenmit Architekturen undStatuen.<br />
Oder der einstige Futurist Carlo<br />
Carrà, nunStillleben- und Landschaftsmaler.Zuentdecken<br />
sind u. a.<br />
Felice Casorati, Antonio Donghi, Ubaldo<br />
Oppi,die nach demErstenWeltkrieg<br />
derexpressiven Moderneabschworen<br />
undzum Realismus fanden.<br />
DieZeit scheintstillzustehenauf ihren<br />
Bildern,Bewegungen sind eingefroren,<br />
Motive stehen isoliert, Gesichter<br />
starrenmit leerem Blick.Mitunterverstörend,doch<br />
hoch intensiv. ch<br />
❚ UNHEIMLICH REAL Museum Folkwang,Essen;<br />
Dauer: 29.9.-13.1.2019, www.museum-folkwang.de<br />
IhremPublikumund ihrenKritikern<br />
hatsie es nieleicht gemacht, lange<br />
Zeit wusste mannicht einmal,wer sich<br />
hinterdem Pseudonym Lutz Bacher<br />
verbarg. Seit Mitteder 70erJahreist<br />
sieaktiv–und eine Randfigur. Dabei<br />
sind ihreThemen undInterventionen<br />
kritischund parodistisch zugleich.Die<br />
Foto-Text-Serien etwa verwenden unautorisierte<br />
Stalker-Bilder desPaprazzo<br />
RonGallella odergefundene pornografische<br />
Aufnahmen,die voyeuristischen<br />
Blickeauf denweiblichen Körperwerdenmit<br />
beklemmenden Textenkonfrontiert.<br />
Überwachungist ein<br />
weiteres ihrerThemen, gleichzeitig<br />
drehtBacher auch einMusikvideo in<br />
einem NewYorker Punkclub oderihre<br />
eigene Uterus-Operation.Ein vielgestaltiges<br />
Werk jedenfalls, dasinall seinen<br />
Facetten noch zu entdecken ist.kb<br />
❚ LUTZ BACHER –What’sLoveGot to Do With It<br />
K21, Düsseldorf; Dauer: bis06.01.2019;<br />
www.kunstsammlung.de<br />
Bogomir Ecker, Gargoz, 2013, ©VGBild-Kunst, Bonn <strong>2018</strong><br />
Lutz Bacher „Vegas Pants“, <strong>2018</strong>, Foto: Lutz Bacher,<br />
©Kunstsammlung NRW<br />
46| <strong>HEINZ</strong> |<strong>10</strong>.<strong>2018</strong>